Stern’sches Konservatorium

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Städtisches Konservatorium)
Datei:Konservatorium Briefkopf.jpg
Kopf eines Vertrages aus dem Jahr 1930
Julius Stern
Gustav Hollaender
Alexander von Fielitz

Das Stern’sche Konservatorium war ein 1850 gegründetes, ursprünglich privates Konservatorium in Berlin, das unter dieser Bezeichnung bis 1936 bestand und nach Kommunalisierung als Städtisches Konservatorium bis 1966 eine eigene Einrichtung war. Seither wird die Tradition des Konservatoriums als Julius-Stern-Institut der Universität der Künste Berlin fortgeführt. Aus ihm gingen viele bedeutende Musiker hervor.

Geschichte

Es wurde 1850 als Privatunternehmen unter der Bezeichnung „Städtisches Konservatorium für Musik in Berlin“ von Julius Stern, Theodor Kullak und Adolf Bernhard Marx gegründet. 1855 schied Kullak aus und gründete die Neue Akademie der Tonkunst. Da auch Marx 1856 zurücktrat, stand das Konservatorium schließlich unter Sterns alleiniger Leitung. Bis zur 1869 erfolgten Gründung der „Königlich Akademischen Hochschule für ausübende Tonkunst“ war das Konservatorium die führende Ausbildungsstelle für Musikberufe in Berlin und blieb auch danach eine wichtige Alternative. Vor allem unter der Inhaberschaft und Leitung Gustav Hollaenders 1895 bis 1915 erlebte es eine Blütezeit, wurde von mehr als tausend Schülern pro Jahr besucht und kam ohne jegliche Subvention aus. 1899 bezog es Räume in Berlin-Kreuzberg, Bernburger Straße 21–22 (52° 30′ 18,4″ N, 13° 22′ 38,6″ O), wo auch die Alte Philharmonie untergebracht war. In der Kaiserzeit wirkte an diesem Konservatorium der emeritierte Burgschauspieler und frühere Lehrer am Wiener Konservatorium Leo Friedrich. Er unterrichtete an der „Opernschule“ und war zugleich Leiter der versuchsweise wieder eingerichteten „Schauspielschule“.[1]

1935 wurde das Institut während der nationalsozialistischen Gleichschaltung in „Konservatorium der Reichshauptstadt Berlin“ umbenannt und durch Entlassung der jüdischen Lehrer und Schüler „arisiert“. Gustav Hollaenders Kinder Kurt Hollaender, Susanne Landsberg geborene Hollaender und Melanie Herz-Hollaender gründeten daraufhin in der Sybelstraße 9 die „Jüdische private Musikschule Hollaender“. Dort unterrichteten auch Paula Salomon-Lindberg, Anneliese Landau, Oskar Guttmann und andere. Die Schule hatte zeitweilig 24 Lehrkräfte und 150 Schüler. Kurt Hollaender und seine Ehefrau Herta wurden im Oktober 1941 in das Ghetto Litzmannstadt deportiert, wo sie vermutlich im gleichen Jahr umkamen. Susanne Hollaender wurde im Konzentrationslager Auschwitz getötet. Melanie Hollaender gelang wahrscheinlich 1939 die Emigration.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte 1945 eine weitere Änderung des Hochschulnamens in „Städtisches Konservatorium“. Seit 1966 ist das Konservatorium der Hochschule der Künste Berlin (seit 2001: Universität der Künste Berlin) angegliedert.

Innerhalb der Hochschule wird seine Tradition im „Julius-Stern-Institut“ weitergeführt. Dieses gilt bundesweit als eine der größten und renommiertesten Einrichtungen der musikalischen Nachwuchsförderung. Derzeit erhalten dort etwa 70 musikbegeisterte und besonders begabte Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 9 und 19 Jahren neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule eine umfassende musikalische Ausbildung. Die Förderung besteht vor allem im intensiven, altersgerechten Einzelunterricht. Zusätzliche Lehrveranstaltungen in Musiktheorie und Gehörbildung, das Musizieren in Ensembles wie den 12 Cellisten des Julius-Stern-Instituts und im Julius-Stern-Kammerorchester sowie regelmäßige Auftrittsmöglichkeiten inner- und außerhalb der Universität runden die musikalische Ausbildung ab. Zahlreiche Studierende des Julius-Stern-Instituts sind Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe. Von 1999 bis 2009 wurde das Julius-Stern-Institut von Doris Wagner-Dix geleitet. Seit 2010 ist Anita Rennert Leiterin des Julius-Stern-Instituts. Sie ist an der Universität der Künste Berlin als Dozentin für Gitarre und Gitarrenmethodik tätig. Im November 1999 wurde das Julius-Stern-Kammerorchester gegründet. Ergänzend zum instrumentalen Hauptfachunterricht bietet es jungen Nachwuchsmusikern die Möglichkeit, Orchestererfahrungen auf hohem Niveau zu erlangen. Seit Dezember 2005 wird das Orchester von Zvi Carmeli in Nachfolge von Andreas Schüller und Christoph Altstaedt geleitet.

Direktoren

Bekannte Lehrer

Bekannte Schüler

Literatur

  • Ernst Otto Nodnagel: Gedenkblätter zur Einweihungsfeier der neuen Räume des Stern'schen Konservatoriums der Musik zu Berlin. Berlin 1899.
  • Wilhelm Klatte und Ludwig Misch: Sternsches Konservatorium der Musik zu Berlin, 1850–1925. Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum. Julius Sittenfeld, Berlin 1925.
  • Dietmar Schenk, Das Stern’sche Konservatorium der Musik. Ein deutsch-jüdisches Privatkonservatorium der Bürgerkultur Berlins. 1850–1936, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2000, Berlin 2000, S. 57–79
  • Cordula Heymann-Wentzel: Das Stern’sche Konservatorium der Musik in Berlin – ein privates Ausbildungsinstitut im Besitz Berliner jüdischer Familien. In: Beatrix Borchard, Heidy Zimmermann (Hrsg.): Musikwelten – Lebenswelten. Köln 2000, ISBN 978-3-412-20254-5, S. 249–263.
  • Ottokar Hahn: Das Julius-Stern-Institut. Gegenwart und Geschichte. Festschrift zum 155. Jahrestag der Gründung. Im Auftrag des Europäischen Freundeskreises des Julius-Stern-Instituts und der Universität der Künste Berlin, Berlin 2005.
  • Cordula Heymann-Wentzel: Das Sternsche Konservatorium der Musik in Berlin: Rekonstruktion einer verdrängten Geschichte. Dissertation. Universität der Künste, Berlin 2010 Download
  • Katharina Schmidt-Hirschfelder: Musikschule modern. Das Julius-Stern-Institut feiert 160. Geburtstag. In: Jüdische Allgemeine, 18. November 2010.
  • Anita Rennert (Hrsg.): Musik ist für immer: Die Geschichte des Julius-Stern-Instituts. Berlin 2020, ISBN 978-3-89462-351-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Klatte, Ludwig Misch: Das Sternsche Konservatorium der Musik zu Berlin: 1850–1925. Festschrift zum 75jährigen Jubiläum. S. 50.