Ignaz Trebitsch-Lincoln

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Trebitsch-Lincoln)
Ignatius Timothy Trebitsch-Lincoln circa 1915.jpg

Ignaz Trebitsch-Lincoln (* 4. April 1879 in Paks, Österreich-Ungarn; † 7. Oktober 1943 in Shanghai) war Abgeordneter im britischen Unterhaus, Hochstapler, Spion für Deutschland und Großbritannien, für die US-Abwehr tätig und wurde in China zum buddhistischen Mönch ordiniert. Er verbrachte wegen schweren Betrügereien drei Jahre im Zuchthaus. Trebitsch-Lincoln war an utopischen Tibet-Plänen beteiligt und wie Gurdjieff, Blavatsky und Roerich von der Existenz mächtiger tibetischer Meister überzeugt, die über übermenschliche Fähigkeiten verfügen.[1]

Leben

Ignaz Trebitsch-Lincoln (eigentlich Abraham Schwarz, auch: Ignaz Thimoteus Trebitzsch, auch unter dem Namen Moses Pinkeles bekannt) wurde in der ungarischen Kleinstadt Paks in eine jüdisch-orthodoxe Familie[2] geboren. Nach einem evangelischen Theologiestudium 1898 wurde er in Hamburg als Lutheraner getauft. Nächste Station war Kanada, wo er presbyterianischer Prediger wurde und eine Frau deutscher Herkunft heiratete; der Sohn aus dieser Ehe gab sich sein Leben lang als Jude aus. Darauf ging er nach Großbritannien, wo er zunächst anglikanischer Priester war, dann Quäker wurde und 1910 als Liberaler Mitglied des House of Commons für den Borough Darlington gewählt wurde. Während des Ersten Weltkriegs war er Öl-Unternehmer auf dem Balkan und militärischer Zensor.

Nachdem er der Spionage für Deutschland angeklagt wurde, floh er 1916 nach New York, von wo aus er an Großbritannien ausgeliefert, wegen schwerer Betrügereien und Urkundenfälschungen verurteilt wurde und drei Jahre Zuchthaus in London verbrachte.[1]

Nach seiner Freilassung 1919 begab er sich auf den Kontinent, versuchte in Amerongen Kaiser Wilhelm II. zu interviewen, war dann 1920 Teilnehmer am Kapp-Putsch und „Presse-Chef“ der Putschisten, flüchtete nach dem Scheitern des Putsches nach Wien und kam über den Balkan im November 1921 nach China, wo er den größten Teil seines restlichen Lebens verbrachte.

In China war er Berater des chinesischen Warlords Wu Peifu. 1925 erhielt er die Erlaubnis, nach Großbritannien zurückzukehren, um sich von seinem Sohn zu verabschieden, der als Soldat wegen Mordes zum Tode verurteilt worden war. Als sein Schiff jedoch in Marseille landete, erfuhr er, dass sein Sohn schon hingerichtet worden war.

Trebitsch-Lincoln studierte in Ceylon (Sri Lanka) den Buddhismus und wurde in China zum buddhistischen Mönch ordiniert, worauf er eine Gruppe von dreizehn westlichen Buddhisten um sich scharte, denen gegenüber er sich als Abt ausgab. Im Winter 1939 forderte er die Regierungen von England, Frankreich, Deutschland und Russland zum Rücktritt auf. Derweil betätigte er sich in China für die deutsche Abwehr. Bei Nichtbeachtung seiner Forderungen würden ihm nahestehende tibetische Herren ohne Vorurteil und Ankündigung bis dato unbekannte Mächte und Kräfte noch unbekannten Ausmaßes entfesseln, gegen die sie völlig machtlos wären. Grundlage dieser Forderungen war die Beteiligung Trebitsch-Lincolns an fantastischen Tibet-Plänen. Er glaubte wie Georges I. Gurdjieff, Helena Petrovna Blavatsky und Nicholas Roerich an die Existenz mächtiger tibetischer Meister, die über übermenschliche Fähigkeiten verfügten.[1]

Trebitsch-Lincoln behauptete, in einem tibetischen Kloster okkultes Geheimwissen erworben zu haben, obschon feststeht, dass er Tibet nie bereiste.[1]

Zu Beginn des Jahres 1932 wurde er Mitarbeiter des japanischen Geheimdienstes Kempeitai im chinesischen Shanghai sowie der ultra-nationalistischen japanischen Kokuryūkai. Bis zu seinem Tod in einem Krankenhaus in Shanghai arbeitete er für die Japaner in China.

Schriften (Auswahl)

  • Revelations of an International Spy. New York: Robert McBride, 1916.
  • J. T. Trebitsch-Lincoln: Der größte Abenteurer des XX. Jahrhunderts!? Die Wahrheit über mein Leben. Leipzig/Zürich/Wien Amalthea-Vlg. 1931

Literatur

  • Endre Gömöri: Die Wahrheit über Trebitsch. Verlag Das Neue Berlin, Berlin (Ost) 1988
  • Imré Gyomai: Trebitsch Lincoln. Les plus grand aventurier de siécle. Paris, 1939 (Les Éditions de France)
  • Joseph Nedava: Trebitsch-Lincoln. Das Leben des grossen Spions und Abenteurers. Aus dem Hebräischen übersetzt von Meir Faerber. Union Verlag Tel-Aviv 1957
  • Bernard Wasserstein: The Secret Lives of Trebitsch Lincoln. Yale University Press 1988. ISBN 0-300-04076-8.
  • Henryk Kesler: Ignatius Trebitsch-Lincoln oder Vom Talmudschüler zum Buddha-Priester. Fulda: Verlag freier Autoren, 1989; ISBN 3-88611-063-X
  • Andreas H. Drescher: Complicius Complicissimus. Edition Abel, Saarlouis 2020, ISBN 978-3-9820735-0-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Martin Brauen: Traumwelt Tibet: westliche Trugbilder. Verlag Paul Haupt Berne, Bern; Stuttgart; Wien 2000, ISBN 3-258-05639-0, S. 63.
  2. Friedbert Aspetsberger: Arnolt Bronnen: Biographie. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 1995, ISBN 3-205-98367-X, S. 22 (Google Books).