YIVO

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Das YIVO an der 16th Street in Manhattan, New York

Das (jiddisch der) Yidisher visnshaftlekher institut (jiddisch ייִדישער װיסנשאַפֿטלעכער אינסטיטוט, Akronym: YIVO / ייִוואָ, englisch YIVO Institute for Jewish Research, früher Yiddish Scientific Institute, deutsch „Jüdisches oder Jiddisches Wissenschaftliches Institut“ – ייִדיש yidish bedeutet sowohl „jüdisch“ als auch „jiddisch“) ist ein Institut zur Erforschung der Kulturgeschichte des osteuropäischen Judentums und der jüdischen Emigration nach Amerika. Es hat heute seinen Hauptsitz in New York City und ist Mitglied des Center for Jewish History[1]. Das YIVO hat drei Schwesterorganisationen: in Chicago (The Chicago YIVO Society), Argentinien (Fundación IWO) und Großbritannien (YIVO UK), die als unabhängige Institutionen fungieren.[2]

Gegenwart

Das YIVO beherbergt eine Bibliothek, die über 386.000 Bände zählt. Sein Archiv umfasst über 24 Millionen Manuskripte, alte Drucke, Photographien, Tonaufnahmen, Filme und Poster. Es besitzt damit die weltweit größte Sammlung zur Geschichte und Kultur des zentral- und osteuropäischen Judentums und der jüdischen Immigration in die Vereinigten Staaten.

Des Weiteren gibt das YIVO Publikationen zur jiddischen Sprache, Kultur und Geschichte heraus, in jüngerer Zeit etwa die YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe (2008).[3]

Geschichte

Das YIVO wurde 1925 an einer Konferenz in Berlin gegründet und – gegen den Widerstand einer Mehrheit der Gründer, die das Institut in einem großen Zentrum hätte aufbauen wollen, – im damals polnischen Vilnius als akademische Einrichtung zum Studium ostjüdischer und jiddischer Kultur und Wirtschaft eingerichtet. Zu den Gründern gehörten unter anderem der Philologe Max Weinreich (1894–1969), der Historiker Elias Tcherikower (1881–1943) und der Linguist und Autor Nochum Shtif (1879–1933).

Das YIVO wurde durch seine Arbeiten zur jüdischen Geschichte, jiddischen Literatur, jiddischen Philologie und jüdischen Ethnographie zu einem Zentrum der jüdischen Wissenschaft sowie unter anderem mit seiner 1937 festgesetzten Orthographie zur Autorität im Bereich der jiddischen Sprache. Zu den Mitarbeitern gehörten neben den schon genannten Gründern unter anderem Simon Dubnow, Saul M. Ginsburg, Alexander Harkavy, Judah A. Joffe, Zelig Kalmanovich, Jakob Lestschinsky, Yudel Mark, Samuel Niger, Noah Pryłucki, Salman Reisen, Jacob Robinson und Uriel Weinreich. Am YIVO wurden unter anderem die Periodika YIVO Bleter (gegründet 1931), Yedies fun YIVO (1929) und Yidishe Sprakh (1941) herausgegeben. In den 1990er Jahren wurde von Bibliothekaren während der sowjetischen Zeit verstecktes YIVO-Material aus Vilnius nach New York verbracht.

Der ursprüngliche Hauptsitz des Institutes war im seinerzeit polnischen Vilnius, Außenstellen gab es in Berlin, Warschau und New York City. 1940, nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, wurde der Sitz nach New York verlegt, bevor die Nationalsozialisten 1941 das Institut in Vilnius plünderten. Die Außenstelle in Buenos Aires, die Fundación IWO, gibt es heute noch.

Kurz vor Kriegsausbruch besuchte die Historikerin Lucy Dawidowicz den YIVO in Vilnius und veröffentlichte später Erinnerungen darüber.

Literatur

  • Verena Dohrn (Hrsg.): „Wissenschaft des Ostjudentums“. Vorträge, gehalten in der Niedersächsischen Landesbibliothek anlässlich der Eröffnung der Ausstellung zum 75jährigen Bestehen des YIVO-Instituts. Niemeyer, Hameln 2003, ISBN 978-3-8271-8604-1.
  • David E. Fishman: „Dem Feuer entrissen: Die Rettung jüdischer Kulturschätze in Wilna.“ Jiddischer und deutscher Text. Laurentius, Hannover 1998, ISBN 978-3-931-61497-3
  • Elisabeth Gallas: „Das Leichenhaus der Bücher.“ Kulturrestitution und jüdisches Geschichtsdenken nach 1945. V&R, Göttingen 2013 (über die Verlagerung des Gutes in die USA, passim). (Rezension von Jürgen Lillteicher[4])
  • Samuel D. Kassow: YIVO. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6: Ta–Z. Metzler, Stuttgart/Weimar 2015, ISBN 978-3-476-02506-7, S. 479–485.
  • Cecile Esther Kuznitz: YIVO and the Making of Modern Jewish Culture: Scholarship for the Yiddish Nation. Cambridge University Press, Cambridge 2014, ISBN 978-1-107-01420-6 (Print); ISBN 978-1-139-86498-5 (eBook). [Inhaltsverzeichnis: http://scans.hebis.de/HEBCGI/show.pl?33511990_toc.pdf]

Weblinks

Commons: Yidisher visnshaftlekher institut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siehe hierzu den Artikel in der engslischsprachigen Wikipedia: en:Center for Jewish History
  2. yivo.org: Branches
  3. Gedruckt in zwei Bänden sowie online.
  4. Jürgen Lillteicher: Rezension zu: E. Gallas: „Das Leichenhaus der Bücher“. Kulturrestitution und jüdisches Geschichtsdenken nach 1945. Göttingen 2013. In: H-Soz-Kult. 31. März 2014, abgerufen am 8. März 2020.