Zentralstelle für private Überspielungsrechte

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Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in München. Ihre Funktion besteht darin, die urheberrechtlichen Vergütungsansprüche der an ihr beteiligten Verwertungsgesellschaften aus der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch zentral geltend zu machen und die Erlöse anschließend an die Verwertungsgesellschaften auszuschütten. Im Jahr 2017 betrug die Ausschüttungssumme rund 575 Millionen Euro.[1]

Stellung

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) sieht für bestimmte Nutzungshandlungen gesetzliche Lizenzen vor. Damit ist gemeint, dass die Nutzung eines Werkes unter bestimmten Umständen auch ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers zulässig ist, der Gesetzgeber aber im Gegenzug dem Rechteinhaber einen Vergütungsanspruch zubilligt. Einer der wichtigsten gesetzlichen Vergütungsansprüche resultiert aus der so genannten Freiheit der Privatkopie: Nach § 53 UrhG dürfen Werke zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch vervielfältigt (also kopiert, eingescannt, aufgenommen etc.) werden. Die Vergütung der Privatkopie wird nicht direkt beim Kopierenden erhoben; dies wäre praktisch wohl auch unmöglich. Stattdessen hat der Urheber einen Vergütungsanspruch gegen sämtliche Hersteller und Importeure von Geräten und von Speichermedien, die sich zur Vornahme derartiger Vervielfältigungen eignen (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Anspruch kann nicht direkt durch die einzelnen Rechteinhaber selbst, sondern ausschließlich durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden (§ 54h Abs. 1 UrhG).

Vergegenwärtigt man sich, wie viele verschiedene urheber- bzw. leistungsschutzrechtlich geschützte Erzeugnisse mithilfe entsprechender Geräte und Speichermedien zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch vervielfältigt werden können, wird deutlich, dass an diesem Vergütungsanspruch tatsächlich viele Verwertungsgesellschaften teilhaben werden. Dies ist vor allem in Bereichen frappant, in denen ein und derselbe Nutzungsvorgang mehrere Rechte betrifft. So liegt es beispielsweise oft bei Audiowerken und audiovisuellen Werken: Wird ein modernes Mobiltelefon zum Speichern von Musik verwendet, berührt dies die Rechte der Komponisten und Textdichter (→ GEMA), aber auch die Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller (→ GVL). Auf dem Telefon können zusätzlich nicht nur Musik-, sondern etwa auch Hörbuchtitel abgespeichert werden können. Dies tangiert dann wiederum die Urheberrechte der jeweiligen Buchautoren (→ VG Wort) sowie die Rechte des Sprechers als ausübendem Künstler (→ GVL). Et cetera. Ein Hersteller von Mobiltelefonen sieht sich somit im Bereich von Audiowerken und audiovisuellen Werken Ansprüchen einer großen Zahl von Verwertungsgesellschaften konfrontiert.

Würde jede Verwertungsgesellschaft einzeln an den Telefonhersteller herantreten, wäre dies nicht nur wegen der Mehrfacharbeit mit hohen administrativen Kosten verbunden. Es wäre auch von hohen Koordinationskosten auszugehen, weil die Verwertungsgesellschaften um möglichst hohe Vergütungsanteile für „ihre“ Rechteinhaber buhlen werden; bei den Verhandlungen mit dem Telefonhersteller würde simultan und gewissermaßen „über Bande“ auch noch mit den anderen Verwertungsgesellschaften um den eigenen Vergütungsanteil gerungen. Daraus erklärt sich, warum ein Zusammenschluss der betroffenen Verwertungsgesellschaften – bei denen diese geschlossen an den Telefonhersteller herantreten und dann untereinander die Anteile aushandeln – Effizienzsteigerungen verspricht. Für den Vergütungsanspruch bei Audiowerken und audiovisuellen Werken erfolgt dieser Zusammenschluss in der ZPÜ. Die Effizienz wird dabei auch in umgekehrter Richtung erhöht: So wäre es auch für die Telefonhersteller aufwendig, sich zur Erfüllung der ihnen obliegenden Meldepflichten nach § 54b Abs. 3 und § 54e UrhG an jede einzelne betroffene Verwertungsgesellschaft wenden zu müssen. Daher hat der Gesetzgeber den Verwertungsgesellschaften auferlegt, eine gemeinsame Empfangsstelle für derartige Meldungen zu hinterlegen (§ 54h Abs. 3 Satz 1 UrhG). Auch in dieser Funktion tritt die ZPÜ in Erscheinung.[2]

Die ZPÜ ist selbst keine Verwertungsgesellschaft im Sinne von § 2 des Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG).[3] Während dies zu Zeiten des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes eine weitgehende Freistellung von den besonderen Regelungen für Verwertungsgesellschaften nach sich zog,[4] unterliegt die ZPÜ seit Inkrafttreten des Verwertungsgesellschaftengesetzes im Jahr 2016 diesem als so genannte abhängige Verwertungseinrichtung weitgehend und untersteht in dieser Rolle der behördlichen Aufsicht durch das Deutsche Patent- und Markenamt (§§ 90, 3 VGG).[5]

Organisation

Die ZPÜ hat die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.[6] Geschäftsführerin ist die GEMA.[7] Laut Gesellschaftsvertrag dient die ZPÜ der „Administration der gesetzlichen Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen von Audiowerken und von audiovisuellen Werken zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch gemäß § 53 Abs. 1–3 UrhG für Verwertungsgesellschaften sowie [der] Administration von Vergütungsansprüchen und Rechten, welche die erstgenannten Ansprüche nach derzeitiger oder künftiger Gesetzeslage ergänzen, erweitern oder an deren Stelle treten. Zur Administration gehört die Geltendmachung und Durchsetzung aller Rechte gegenüber den Anspruchsverpflichteten, die Einziehung, Verwaltung und Verteilung der Einnahmen aus den Rechten sowie Betätigungen, welche diese Aufgaben fördern.“[8] Zu diesen ergänzenden Ansprüchen zählen vor allem auch die Auskunftsansprüche, die das Urheberrechtsgesetz den Rechteinhabern gewährt, um ihre Vergütungsansprüche überhaupt erst beziffern zu können.

Die Zentralstelle ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet.[9] Ihre neun Gesellschafter sind (Stand: November 2018):[10]

Somit sind die allermeisten der insgesamt 13 (Stand: November 2018) zugelassenen Verwertungsgesellschaften in der ZPÜ organisiert.[11] Will eine Verwertungsgesellschaft Gesellschafterin der ZPÜ werden, so muss sie zugelassen sein und eine „repräsentative Stellung für bestimmte Berufsgruppen oder Kategorien von Rechtsinhabern“ innehaben.[12] Ihre Aufnahme bedarf sodann der Zustimmung aller bisherigen Gesellschafter.[13]

Die Gesellschafter bringen die ihnen jeweils zur Wahrnehmung übertragenen Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen von Audiowerken und von audiovisuellen Werken im Rahmen der Privatkopie in die ZPÜ ein und treten diese hierzu zur treuhänderischen Wahrnehmung ohne gesämthänderische Bindung an die ZPÜ ab.[14] Anschließend nimmt die ZPÜ die übertragenen Ansprüche im eigenen Namen und auf eigene Rechnung wahr. Sie kann für einzelne oder alle eingebrachten Ansprüche Tarife aufstellen und mit den Rechtenutzern darüber Gesamtverträge abschließen.[15] So macht die ZPÜ beispielsweise im eingangs genannten Markt für Mobiltelefone seit 2004 Ansprüche geltend. Es besteht sowohl ein Tarif, der die anfallende Vergütung, gestaffelt nach Jahr und Art des Mobiltelefons (Verbraucher-Mobiltelefon vs. Business-Mobiltelefon), spezifiziert, als auch ein Gesamtvertrag für Mobiltelefone mit Bitkom, dem Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche.[16] Ein Hersteller oder Importeur, der nicht Bitkom angehört, zahlt unter diesem Regime den gewöhnlichen Tarif und wird zur Auskunftserteilung und Zahlung regelmäßig von der ZPÜ aufgefordert; Bitkom-Angehörige erhalten aufgrund der mit dem Gesamtvertrag bewirkten Verwaltungsvereinfachung einen Rabatt. Dieses Muster findet sich auch in anderen Bereichen wieder, in denen die ZPÜ Vergütungsansprüche geltend macht.

Über die Wahrnehmung der Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen von Audiowerken und von audiovisuellen Werken hinaus nimmt die ZPÜ auch Inkassomandate für bestimmte nicht eingebrachte Vergütungsansprüche von Verwertungsgesellschaften wahr. Solche Inkassovereinbarungen bestehen insbesondere für Ansprüche aus der Vervielfältigung von Text- und Bildwerken aus dem Repertoire der VG Wort und der VG Bild-Kunst.[17] Dieses Vorgehen folgt den technischen Gegebenheiten: Viele der heute gebräuchlichen Geräte und Speichermedien eignen sich sowohl für die Vervielfältigung von Audio- und audiovisuellen Werken als auch von Bild- und Textwerken (Beispiel: USB-Stick, Festplatten etc.). Vor diesem Hintergrund erschien es den beteiligten Verwertungsgesellschaften vorteilhaft, bei solchen Geräten und Speichermedien die Ansprüche für Bild- und Textwerke gleich auch über die ZPÜ geltend zu machen. ZPÜ, VG Wort und VG Bild-Kunst führen die Gesamtvertragsverhandlungen hier gemeinsam und veröffentlichen gemeinsame Tarife.[18]

Ausschüttung

Die Ausschüttung der Einnahmen an die Trägergesellschaften erfolgt (nach Abzug der Verwaltungskosten) gemäß Verteilungsplänen, die von den Gesellschaftern einstimmig beschlossen werden müssen.[19] Der Gesetzgeber hat hier keine näheren Regelungen getroffen; ganz allgemein statuiert nur § 54h Abs. 2 Satz 1 UrhG, dass jedem Berechtigten ein „angemessener Anteil“ an den gezahlten Vergütungen zusteht.[20] In der Praxis kann dies naturgemäß auch innerhalb der in der ZPÜ zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften zu Meinungsverschiedenheiten führen.

Geschichte

Die ZPÜ wurde 1963 in ihrer heutigen Rechtsform gegründet.[21] Gründungsgesellschafter waren die GEMA, die VG Wort und die GVL.[22] Sie war ursprünglich selbst als Verwertungsgesellschaft konzipiert und verfolgte in der Anfangszeit zunächst nur den seit Einführung des Urheberrechtsgesetzes im Jahr 1965 vorgesehenen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegen die Hersteller und Importeure von Tonband- und Videogeräten.[23] Den Status als Verwertungsgesellschaft legte die ZPÜ wenig später durch Satzungsänderung wieder ab.[24] 1985 übernahm die ZPÜ auch die Geltendmachung der neu eingeführten und von Leerkassettenherstellern und -importeuren zu entrichtenden Leerkassettenvergütung.[25] Nachdem Videorekorder zunehmend Verbreitung gefunden hatten und somit auch in diesem Bereich eine Vergütung angemessen erschien, traten 1988 auch die für Filmurheber und Filmleistungsschutzberechtigte tätigen Verwertungsgesellschaften der ZPÜ als Gesellschafter bei und brachten ihre Rechte ein.[26]

Literatur

  • Reinhold Kreile: Einnahme und Verteilung der gesetzlichen Geräte- und Leerkassettenvergütung für private Vervielfältigung in Deutschland: Ein System hat sich bewährt. In: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil. Band 41, Nr. 1, 1992, S. 24–36.

Weblinks

  • zpue.de – Offizielle Website
  • zpue.de/... – Gesellschaftsvertrag der ZPÜ in der Fassung der Beschlüsse der Gesellschafter vom 30. November 2016 (PDF-Datei, 0,2 MB)

Einzelnachweise

  1. ZPÜ, Transparenzbericht der ZPÜ 2017 (PDF-Datei, 0,2 MB), abgerufen am 19. November 2018, S. 8.
  2. Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl. 2017, § 54h Rn. 7.
  3. Rossbach, Die Vergütungsansprüche im deutschen Urheberrecht, 1990, op. cit., S. 220 f. So auch die eigene Einschätzung, vgl. ZPÜ, Transparenzbericht der ZPÜ 2017 (PDF-Datei, 0,2 MB), abgerufen am 19. November 2018, S. 3.
  4. Vgl. noch Reinhold Kreile, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, in: Reinhold Kreile, Jürgen Becker und Karl Riesenhuber (Hrsg.), Recht und Praxis der GEMA: Handbuch und Kommentar, 2. Aufl., De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-89949-460-0, S. 783–791, Rn. 22; kritisch dazu auch Martin Vogel, Wahrnehmungsrecht und Verwertungsgesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland: Eine Bestandsaufnahme im Hinblick auf die Harmonisierung des Urheberrechts in der Europäischen Gemeinschaft, in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Bd. 95, Nr. 6, 1993, S. 513–531, hier S. 517.
  5. Wintergerst in Moser/Scheuermann/Drücke, Handbuch der Musikwirtschaft, 7. Aufl. 2018, § 31 Rn. 15.
  6. § 1 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  7. § 6 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  8. § 2 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  9. § 2 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  10. ZPÜ, Gesellschafter der ZPÜ, abgerufen am 19. November 2018.
  11. DPMA, Liste der Verwertungsgesellschaften, abgerufen am 19. November 2018.
  12. § 3 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  13. § 3 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  14. § 4 Abs. 1 f. Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  15. § 4 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016).
  16. ZPÜ, Mobiltelefone, abgerufen am 23. März 2018.
  17. Wintergerst in Moser/Scheuermann/Drücke, Handbuch der Musikwirtschaft, 7. Aufl. 2018, § 31 Rn. 18.
  18. ZPÜ, Verteilungsplan der ZPÜ für Einnahmen für PCs mit und ohne eingebauten Brenner für die Jahre 2008 bis 2010, abgerufen am 19. November 2018.
  19. § 5 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag (in der Fassung vom 30. November 2016); Wintergerst in Moser/Scheuermann/Drücke, Handbuch der Musikwirtschaft, 7. Aufl. 2018, § 31 Rn. 38.
  20. Müller, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, 2018, op. cit., Rn. 19; Karl Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, De Gruyter, Berlin 2004, ISBN 978-3-89949-183-8, Modul:Vorlage:Handle * library URIutil invalid, S. 19.
  21. Müller, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, 2018, op. cit., Rn. 9.
  22. Müller, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, 2018, op. cit., Rn. 10.
  23. Müller, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, 2018, op. cit., Rn. 10 f.
  24. Müller, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, 2018, op. cit., Rn. 11.
  25. Reinhold Kreile, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, in: Reinhold Kreile, Jürgen Becker und Karl Riesenhuber (Hrsg.), Recht und Praxis der GEMA: Handbuch und Kommentar, 2. Aufl., De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-89949-460-0, S. 783–791, Rn. 7.
  26. Reinhold Kreile, Die Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften, in: Reinhold Kreile, Jürgen Becker und Karl Riesenhuber (Hrsg.), Recht und Praxis der GEMA: Handbuch und Kommentar, 2. Aufl., De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-89949-460-0, S. 783–791, Rn. 8.