Quelltext der Seite Administration des chemins de fer d’Alsace et de Lorraine

[[Datei:Chemins de Fer Alsace Lorraine affiche cathédrale Strasbourg.jpg|mini|Werbeplakat der AL]]
[[Datei:Reseau AL.png|mini|Streckennetz der AL 1919]]

Die '''Administration des chemins de fer d'Alsace et de Lorraine''' (AL) betrieb von 1919 bis 1937 den überwiegenden Teil des Eisenbahnnetzes in [[Elsass]] und [[Lothringen]].

== Vorgeschichte ==
Dieses Netz war bis 1871 Teil der französischen [[Privatbahn|privaten Eisenbahngesellschaft]] [[Chemins de fer de l’Est|Compagnie des Chemins de fer de l’Est]] (EST). Mit dem [[Friede von Frankfurt|Friedensvertrag]] nach dem [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg]] wurden deren [[Aktionär]]e 1871 mit 325 Mio. [[Französischer Franc|Francs]] durch den [[Dritte Französische Republik|französischen Staat]] [[Entschädigung|entschädigt]] und die Eisenbahn von Frankreich an das [[Deutsches Reich|Deutsche Reich]] abgetreten. Dieses betrieb die Bahn als [[Staatsbahn]] „[[Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen]]“ (EL).

== Geschichte ==
=== Organisation ===
Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] wurde [[Reichsland Elsaß-Lothringen|Elsaß-Lothringen]] wieder französisch. Der französische Staat errichtete aus der übernommenen Eisenbahn zum 19.&nbsp;Juni 1919 die AL als zweite französische Staatsbahn<ref group="Anm.">Die erste französische Staatsbahn war die [[Chemins de fer de l’État (Frankreich)|ETAT]] (1878–1937).</ref>, die das Netz betrieb. Zum 30. November 1920 wurde die AL dem [[Ministerium der öffentlichen Arbeiten#Frankreich|Ministerium für öffentliche Arbeiten]] (''Ministère des Travaux publics'') unterstellt. Das alles aber war zunächst ein Provisorium, denn die Interessierten stritten heftig um eine endgültige Lösung, bei der drei Alternativen diskutiert wurden<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 43.</ref>:
* Staatsbahn,
* Anschluss an die EST (so der [[Département Haut-Rhin|Oberelsass]] – unter der Bedingung, dass die regionale Leitung in [[Straßburg]] bliebe) oder
* eigenständige Gesellschaft (so die [[Industrie- und Handelskammer|IHK]] von Straßburg, die sich davon die Stärkung der regionalen Wirtschaft versprach).
Die Regierung ernannte deshalb 1921 einen Ausschuss, der 1922 zu dem Schluss kam, dass die günstigste Möglichkeit sei, das Netz von staatlicher Seite an die EST zu verpachten. Aufgrund des empörten Aufschreis der elsässischen Wirtschaftsvertreter gegen eine solche Lösung, traute die Regierung sich aber nicht, das umzusetzen. So blieb die AL bestehen, wurde mit Dekret vom 23. September 1923 den anderen großen Bahngesellschaften Frankreichs gleichgestellt und denselben Koordinationspflichten wie diese hinsichtlich [[Fahrplan|Fahrplänen]] und [[Tarif]]en unterworfen und ihre interne Organisation endgültig auf französische Gepflogenheiten umgestellt. Gleichwohl wurde bis mindestens 1926 immer wieder über alternative Betreiberformen diskutiert.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 43.</ref>

Zum 1. Januar 1934 trat ein Abkommen zwischen der AL und der EST in Kraft, mit dem die beiden Netzbereiche neu gegeneinander abgegrenzt wurden, wobei gegenseitig jeweils kleinere Streckenstücke getauscht wurden.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 46.</ref>

=== Betrieb ===
Anfangs war der Betrieb von Zerstörungen und Beschädigungen durch Kriegshandlungen erheblich beeinträchtigt. Auch war der Fahrzeugpark zum einen weit über die Grenzen der ehemaligen EL hinaus verstreut worden – andererseits fanden sich zahlreiche Fahrzeuge fremder Bahnen im Bestand der AL. Da ein Rücktausch in den meisten Fällen nicht zustande kam, vereinnahmten die AL 1924 diese Fahrzeuge und verzichteten auf weitere Bemühungen die ehemaligen EL-Fahrzeuge zurückzuerhalten. 1922 gilt als erstes Jahr, in dem wieder ein Verkehr mit den Standards der Vorkriegszeit angeboten werden konnte.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 45.</ref>

Auch der erzwungene Personaltausch machte anfangs schwer zu schaffen: Große Teile der deutschen [[Beamter (Deutschland)|Beamtenschaft]] wurden ausgewiesen oder waren geflohen. Das französische Ersatzpersonal von anderen französischen Bahngesellschaften konnte meist kein Deutsch und war oft auch für die zugewiesenen Funktionen nicht ausreichend qualifiziert.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 45.</ref> Von den Vorschriften bis zu den Umgangsformen trafen hier unterschiedliche Stile aufeinander. Das führte zu einem hohen Grad der Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern und in der Folge zu einem sehr hohen Grad an [[gewerkschaft]]licher Organisation. 1927 lag er bei 59&nbsp;%.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 46.</ref>

Die [[Eisenbahnsignal|Signale]] wurden auf französische Standards umgestellt, der Rechtsverkehr hingegen beibehalten.<ref>Janssoone, S. 40.</ref> Das machte an allen [[Mehrgleisigkeit|mehrgleisigen]] [[Bahnstrecke]]n Gleiswechsel an den Schnittstellen zwischen AL und EST erforderlich. Um das betrieblich zu vereinfachen, fiel die Entscheidung zugunsten von [[Überwerfungsbauwerk]]en, die an allen entsprechenden Strecken ab 1923 in Betrieb genommen wurden<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 47; ''Eisenbahnatlas Frankreich. Bd. 1: Nord – Atlas ferroviaire de la France. Tome 1: Nord''. Schweers + Wall, Aachen 2015. ISBN 978-3-89494-143-7.</ref> {{Hauptartikel|Liste von Überwerfungsbauwerken zum Wechsel der Fahrordnung in Elsass und Lothringen}}

Die Hauptstrecken wurden ausgebaut um eine [[Zulässige Höchstgeschwindigkeit|Höchstgeschwindigkeit]] von 120&nbsp;km/h zu ermöglichen.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 53.</ref> Nur wenige Strecken wurden unter der Betriebsführung der AL neu eröffnet. Dazu zählten:
* der überwiegende Teil der [[Bahnstrecke Réding–Diemeringen]] zum 1. Juli 1922, mit deren Bau schon die EL begonnen hatte.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 45.</ref>
* die [[Bahnstrecke Lérouville–Metz]], deren Bau 1922 beschlossen wurde und die am 11. Mai 1931 in Betrieb ging.
* die Verbindung zwischen [[Sainte-Marie-aux-Mines]] und der [[Bahnstrecke Strasbourg–Saint-Dié]], Abschnitt der [[Bahnstrecke Sélestat–Lesseux-Frapelle]], die am 8. August 1937 eingeweiht wurde.

=== Verkehr ===
Nach der letzten Bestandsaufnahme vor der Verstaatlichung hatte die AL 1937 2.320 km [[Eisenbahnstrecke]]n, 1.332 [[Lokomotive]]n, 45.967 [[Güterwagen]], 3.390 [[Personenwagen]], 34 [[Triebwagen]] und 83 Postwagen und beschäftigte 39.039 Bedienstete.

==== Reiseverkehr ====
[[Datei:Edelweiss-Pullman, 1928, Petitjean.jpg|mini|Spitzenangebot: Pullmanzug ''[[Edelweiss (Zug)|Edelweiss]]'']]

Die AL erwirtschaftete immer Überschüsse. Diese wurden in einen [[Fonds]] abgeführt, der die Defizite anderer französischer Eisenbahnen deckte.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 43.</ref>

Spitzenangebote des Reiseverkehrs, die das Netz der AL nutzten, waren<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 50ff.</ref>:
* der [[Orient-Express]],
* der [[Orient-Express#Zwischen den Weltkriegen|Train de luxe militaire]],
* der [[Orient-Express#Der Arlberg-Orient-Express|Arlberg-Orient-Express]],
* der [[Paris-Karlsbad-Express]] (saisonal im Sommer) und
* der [[Pullmanzug]] „[[Edelweiss (Zug)|Edelweiss]]“.
Die Reisegeschwindigkeit konnte im Laufe der Jahre erheblich gesteigert werden: Während die zeitlich kürzeste Verbindung zwischen Paris und Straßburg 1919 noch 10:32 Stunden benötigte war sie Mitte der 1930er Jahre, beim Einsatz von [[Schnelltriebwagen]], auf 4:35 Stunden reduziert.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 53.</ref>

Zum 10. Januar 1930 wurde die 4. [[Wagenklasse|Klasse]] abgeschafft, ein Angebot, das von der EL übernommen worden war.<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 53.</ref>

==== Güterverkehr ====
Im Güterverkehr dominierte der Transport von [[Massengut]], vor allem der [[Schwerindustrie]]. Es machte 78&nbsp;% des gesamten Güterverkehrs im Umfang von 36,7&nbsp;Mio.&nbsp;[[Tonne (Einheit)|t]] aus. Im Einzelnen waren das<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 54.</ref>:
* 12,7 Mio. t Kohle und [[Erdöl|Öl]]
* 10,3 Mio. t [[Erz]] (überwiegend: [[Eisenerz]])
* {{0}}3,4 Mio. t metallurgische Produkte
* {{0}}2,0 Mio. t Dünger (überwiegend: [[Kalisalz]] und [[Phosphor|phosphorhaltige]] [[Schlacke (Metallurgie)|Schlacken]] aus der eisenverarbeitenden Industrie)
Aus dem AL-Netz gab es 105 [[Anschlussgleis|Anschlüsse]] zu [[Hochofen|Hochöfen]].<ref>Buchmann u.&nbsp;a., S. 55.</ref>

== Ende ==
Bei der [[Verstaatlichung]] aller großen Eisenbahnen Frankreichs zum 1. Januar 1938 wurde auch die – bereits staatliche – AL in die [[Société nationale des chemins de fer français]] (SNCF) eingegliedert und Bestandteil von deren Region 1 (Ost). Die AL war bei der Verstaatlichung die einzige der betroffenen Gesellschaften mit einer positiven Bilanz.

== Siehe auch ==
* [[Liste der Lokomotiven in Elsaß-Lothringen 1871–1938]]

== Literatur ==
* Jean Buchmann, Jean-Marc Dupuy, [[Andreas Knipping]], Hans-Jürgen Wenzel: ''Eisenbahngeschichte Elsass-Lothringen''. EK-Verlag, Freiburg 2021. ISBN 978-3-8446-6429-4
* Didier Janssoone: ''L’Histoire des chemins de fer pour les nuls''. Éditions First, Paris 2015. ISBN 978-2-7540-5928-2

== Weblinks ==
* [http://elsassbahn.free.fr/historique.htm Chemins de fer en Alsace-Lorraine] (französisch)
* [http://trainalsace.pagesperso-orange.fr/menu.htm Les Chemins de fer d'Alsace et de Lorraine] (französisch)

== Anmerkungen ==
<references group="Anm." />

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

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