Quelltext der Seite Agnus Dei

{{Weiterleitungshinweis|''Opferlamm'' und ''Osterlamm''|Zum Spielfilm siehe [[Opferlamm (Film)]]. Siehe auch: [[Communitas Agnus Dei]]. Zum Bergwerk siehe [[Osterlamm Fundgrube]].|mehrzahl=ja}}
[[Datei:08. Jahrhundert circa, Tympanon-Rest in der Kirche St. Alexandri in Eldagsen (Region Hannover). Das Lamm Gottes bezwingt den geflügelten Lindwurm.jpg|mini|Das Lamm Gottes besiegt den [[Lindwurm]], den [[Hure Babylon|Drachen Babylon]]<br />
Rest eines [[Tympanon (Architektur)|Tympanons]] in der [[St.-Alexandri-Kirche (Eldagsen)|St. Alexandri-Kirche]] in [[Stadt Eldagsen|Eldagsen]], um 796]]
[[Datei:Ghent Altarpiece D - Adoration of the Lamb 2.jpg|mini|hochkant|Anbetung des Lammes ([[Jan van Eyck]], [[Genter Altar]], 15. Jahrhundert)]]
[[Datei:Welche Bedeutung hat das Osterlamm?.webm|mini|Video: Welche Bedeutung hat das Osterlamm?]]
'''Agnus Dei''' ([[latein]]isch für '''Lamm Gottes''', oder {{grcS|Ἀμνὸς τοῦ Θεοῦ|Amnòs toû Theoû}}) ist ein seit ältester Zeit im [[Christentum]] verbreitetes [[Symbol]] für [[Jesus Christus]]. Als Osterlamm, gekennzeichnet mit der Siegesfahne, ist es ein Symbol für die [[Auferstehung]] [[Jesus Christus|Jesu Christi]]. Es ist häufiger Bestandteil der [[Christliche Kunst|christlichen Kunst]] und ein [[Christliche Symbole in der Heraldik#Agnus Dei|christliches Symbol in der Heraldik]].

''Agnus Dei'' sind außerdem [[Incipit|die ersten Worte]] eines Gebets oder Gesangs der [[Eucharistie|eucharistischen]] [[Liturgie]]. Es gehört zum [[Ordinarium]], den feststehenden Teilen der [[Heilige Messe|heiligen Messe]], deren Schlussteil es bildet, und ist dadurch in der Regel auch Bestandteil von [[Messe (Musik)|Mess-Vertonungen]]. Auch [[Litanei]]en schließen mit dem ''Agnus Dei''.

== Bibel ==
=== Altes Testament ===
Diese Vorstellung des Agnus Dei bezieht sich auf das [[Lamm]] als [[Opfertier]] im [[Altes Testament|Alten Testament]], besonders auf die [[Pessach]]-Lämmer, deren Blut in der Nacht des Auszugs der Israeliten aus Ägypten ([[Auszug aus Ägypten|Exodus]]) auf Gebot Gottes hin als Schutzzeichen vor der [[Zehn Plagen#Liste der Zehn Plagen|Zehnten Plage]] an den Türpfosten gestrichen wurde {{Bibel|Ex|12}}.  Sie betraf den ''Tod aller Erstgeborenen'' ({{he|מֵת כָל־בְּכוֹר&lrm;|mēt kōl-bəchōr}}) von Mensch und Vieh: „Und Mose sprach: So spricht der Herr: Um Mitternacht will ich durch Ägyptenland gehen, und alle Erstgeburt in Ägyptenland soll sterben, vom ersten Sohn des Pharao an, der auf seinem Thron sitzt, bis zum ersten Sohn der Magd, die hinter ihrer Mühle hockt, und alle Erstgeburt unter dem Vieh“ {{Bibel|2 Mos|11|4|LUT}}. Neben dem Backen von ungesäuertem Brot wurde das Schlachten eines Lammes zur zentralen Praxis des Pessach-Festes.

[[Seroa (Seder)|Seroa]] ({{heS|זרוֹע&lrm;}}) ist eine angebratene [[Lamm]]keule (oder ein gebratener [[Geflügel#Geflügelprodukte|Hühnerflügel]]), mit wenig Fleisch, die an die biblische Vorschrift der [[Tieropfer|Opferung]] eines Pessach-Lamms ({{he|קרבן פסח&lrm;|Korban Pessach}})&lrm;, im [[Jerusalemer Tempel]] erinnert. Der Seroa ist eines der sechs vorgeschriebenen Speisen auf dem [[Seder#Die symbolischen Speisen|Sederteller]], [[Maror]], Seroa, [[Charosset]], [[Chaseret]], [[Karpas (Seder)| Karpas]], [[Beitzah]]. Er wird am [[Seder]]abend zu Beginn von [[Pessach]] auf den festlich gedeckten Tisch gestellt. Da der Tempel nicht mehr steht, wird seitdem die Lammkeule nicht mehr gegessen.

Auch das vierte [[Gottesknechtslieder|Gottesknechtslied]] bei [[Jesaja]] {{Bibel|Jes|52|13ff}} verbindet sich mit der Symbolik des Lammes. Dort heißt es vom Gottesknecht: „Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf.“ {{Bibel|Jes|53|7}}. Bei [[Jeremia]] steht das Bild des Lammes für Ahnungslosigkeit und Vertrauen des Propheten gegenüber den Absichten seiner Widersacher: „Ich selbst war wie ein zutrauliches Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und ahnte nicht, dass sie gegen mich Böses planten: Wir wollen den Baum im Saft verderben; wir wollen ihn ausrotten aus dem Land der Lebenden, sodass man seinen Namen nicht mehr erwähnt.“ {{Bibel|Jer|11|19}}.

=== Neues Testament ===
[[Datei:Dürer-Apokalypse Lamm Gottes.png|mini|hochkant|Das Lamm und das Buch mit sieben Siegeln. Ausschnitt aus der Zweiten Figur des [[Apokalypse (Dürer)|Apokalypsen-Zyklus]] von [[Albrecht Dürer]]]]
Insbesondere in den [[Johannes (Evangelist)|johanneischen Schriften]] des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] spielt die Lamm-Gottes-Symbolik eine besondere Rolle. An zwei Stellen des [[Johannes-Evangelium]]s weist [[Johannes der Täufer]] auf [[Jesus Christus]] mit den Worten hin: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ ({{B|Joh|1|29}}, {{B|Joh|1|36}}). Die [[Kreuzigung]] Jesu fand nach dem [[Johannesevangelium]] zu der Zeit statt, als die [[Pessach]]-Lämmer geschlachtet wurden. Nach dem Bericht der [[Synoptische Evangelien|drei synoptischen Evangelien]] fand das [[Abendmahl Jesu|Abendmahl Jesu Christi]] in der Nacht des Pessachfestes statt, woher die enge Verbindung zwischen der [[Eucharistie]] und der Symbolik des Lammes herrührt.

Im Kontext eines [[Kirchenzucht|Gemeindezuchtfalles]] wird im 1. Brief des [[Paulus von Tarsus|Paulus]] an die Gemeinde in Korinth Jesus Christus als das Pessach-Lamm bezeichnet, das schon geopfert ist {{Bibel|1 Kor|5|7}}. Dass das Blut des Lammes zur Erlösung der Menschen dient, wird in {{B|1 Petr|1|19}} deutlich. [[Simon Petrus|Petrus]] versichert den Adressaten, dass sie nicht mit vergänglichen Wertstoffen wie Silber oder Gold losgekauft (erlöst) wurden, „sondern mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel“.

In der [[Offenbarung des Johannes]] nimmt die Vorstellung des Lammes, das hier identisch mit Jesus Christus ist, einen breiten Raum in der apokalyptischen Schau des Sehers ein. In der großen Thronsaalvision des Johannes wird das Aussehen des Lammes als „wie geschlachtet“ beschrieben {{Bibel|Offb|5|6}}. Es ist das Zentrum der Anbetung {{Bibel|Offb|5|8f}}. Allein das Lamm kann das [[Buch mit den sieben Siegeln]] öffnen, was die einzelnen endzeitlichen Geschehnisse des Buches in Gang setzt {{Bibel|Offb|5|5}}. Im selben biblischen Buch wird auf die „Hochzeit des Lammes“ verwiesen, die am Ende der Zeiten stattfinden wird, wenn Christus die erlöste Menschheit als seine „glückliche Braut“ zu Gott heimführt (vgl. {{B|Offb|19|9}}). Am Ende ist es das Lamm, das zusammen mit Gott das Zentrum des [[Neues Jerusalem|neuen Jerusalems]] ist (vgl. {{B|Offb|14}}).

[[Datei:Apokalyptisches Lamm.JPG|mini|Das Lamm auf dem Buch mit sieben Siegeln, Johann Heinrich Rohr, um 1775.]]
So wie das Lamm traditionell als Zeichen des Lebens und der Unschuld verstanden wird und sein weißes Fell die innere Reinheit und Frömmigkeit symbolisiert, verweist das Osterlamm darauf, dass Jesus Christus christlichem Glauben gemäß unschuldig für die Menschen gestorben ist. Jesus Christus ist als Gottes Sohn das reine und sündlose Lamm Gottes, das für die [[Sünde]]n der Menschen von Gott geopfert worden ist. Nach christlicher Theologie ist Jesus Christus der Mittler, der durch seinen [[Sühnopfer|Opfertod]] die Versöhnung zwischen Gott und der [[Sündenfall|gefallenen Schöpfung]] {{Bibel|Gen|3}} hergestellt hat und so den Sieg über Sünde und Tod errungen hat. Diese Versöhnung wird im Glauben an Jesus als Erlöser und bei der Taufe dem Menschen übertragen und in der Feier des [[Eucharistie|Abendmahles]] vergegenwärtigt.

== Kirchengeschichte ==
Auf Befehl des [[Liste der byzantinischen Kaiser|byzantinischen Kaisers]] [[Justinian II.|Justinians II.]] wurde 691 die Darstellung Christi als ''Agnus Dei'' im Kanon 82 der [[Trullanische Synode|Trullanischen Synode]] untersagt. Dieser [[Konzil]]sbeschluss wurde jedoch im Westen nicht anerkannt. Begründet wurde dies mit der Vorläufigkeit der Darstellung Christi als ''Agnus Dei'' und der notwendigen Darstellung Christi in seiner menschlichen Gestalt als Abbildung des Vollkommenen.

So lautet es im entsprechenden Abschnitt des Synodenbeschlusses:
{{Zitat
 |Text=Auf gewissen heiligen Bildern ist der Vorläufer abgebildet, wie er mit dem Finger auf das Lamm zeigt. Diese Darstellung wurde als Symbol der Gnade gedeutet. Sie war ein verborgenes Sinnbild des wahren Lammes, das Christus ist, unser Gott, der uns offenbart wird gemäß dem Gesetz. Da wir nun diese Sinnbilder und Schatten als Symbole der uns von der Kirche übermittelten Wahrheit übernommen haben, bevorzugen wir heute die Gnade und die Wahrheit selbst als Erfüllung dieses Gesetzes. Daher, um mit Hilfe der Bilder das Vollkommene aufzuzeigen, setzen wir fest, dass von nun an Christus, unser Gott, in seiner menschlichen Gestalt dargestellt werde und nicht mehr in der des Lammes.
 |Quelle=Trullanische Synode, Can. 82.
 |ref=<ref>In deutscher Übersetzung aus dem Lateinischen zitiert nach Piero Marini: [http://www.vatican.va/news_services/liturgy/2005/documents/ns_lit_doc_20050120_marini_ge.html ''Die Konzilsakten des Zweiten Konzils von Nizäa – des Siebten Ökumenischen Konzils. Ikonographie und Liturgie. II. Der Bilderstreit.''] Herausgegeben vom [http://w2.vatican.va/content/vatican/de.html Heiligen Stuhl], [http://w2.vatican.va/content/liturgy/de.html Amt für die liturgischen Feiern des Papstes.] Veröffentlicht am 5. Februar 2005. Abgerufen am 31. März 2018. Anmerkung: Im ersten Satz ist mit dem „Vorläufer“ [[Johannes der Täufer]] gemeint.</ref>}}

Die [[Konfession#Überkonfessionell|überkonfessionelle]] ''Unitas Fratrum'' ''(Brüder-Unität)'', im deutschsprachigen Raum besser bekannt als [[Herrnhuter Brüdergemeine]] (engl. ''Moravian Church''), benutzt das ''Agnus Dei'' als Logo. Umrahmt wird das Logo international vom Schriftzug „VICIT AGNUS NOSTER – EUM SEQUAMUR“, in Deutschland häufig vom Schriftzug „UNSER LAMM HAT GESIEGT – LASST UNS IHM FOLGEN“.

Die [[Wehrkirche Herschdorf]] in Thüringen trug den Namen „Zum Lamme Gottes“.

== Liturgie ==
Das [[Abendmahl Jesu]] nimmt auf das [[Pessach]]lamm Bezug, da Jesus in der Nacht vor seiner Hinrichtung mit seinen Jüngern das Pessachmahl hielt. Danach reichte er gemäß der Tradition den Jüngern ungesäuertes Brot und Wein. Dem Auftrag Jesu folgend feiert die Kirche das [[Pascha-Mysterium]], vorzugsweise in der Eucharistie. {{"|''Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.''}} {{Bibel|1 Kor|11,23–26}}
[[Datei:Basilika Seckau, Engelskapelle, Fresko "Seckauer Apokalypse" von Herbert Boeckl, 1952-1960, 5.JPG|mini|„Das springende Lamm Gottes mit den sieben Augen, umgeben von zwei Engeln“, Ausschnitt eines Freskos von [[Herbert Boeckl]], Nordwand der Engelkapelle, [[Basilika Seckau]]]]

In der [[Liturgie]] ist das ''Agnus Dei'' ein an Jesus Christus gerichtetes [[litanei]]artiges Gebet, das seit dem 7. Jahrhundert in der römisch-katholischen und allen von ihr abstammenden Liturgien während der [[Eucharistie]] beim Brechen des Brotes nach dem [[Friedensgruß]] gesungen oder gesprochen wird. In der Abendmahlsliturgie in der [[Evangelisch-lutherische Kirchen|lutherischen Kirche]] wird das ''Agnus Dei'' nach den Einsetzungsworten von der Gemeinde gesungen.

Außerhalb der [[Heilige Messe|heiligen Messe]] kommt das ''Agnus Dei'' auch am Ende von [[Litanei]]en wie der [[Allerheiligenlitanei]] oder der [[Lauretanische Litanei|Lauretanischen Litanei]] vor, gefolgt von einer [[Oration]].

Lateinischer Text:<ref>Basilikachor Enns St. Laurenz: ''Agnus Dei.'' In: ''Texte der lateinischen Messe mit deutscher Übersetzung.'' S. 2;[http://www.basilikachor.at/Elemente/Messtext.pdf basilikachor.at] (PDF; 103 kB); abgerufen am 31. März 2018.</ref>
<poem lang="la" style="margin-left:2em; font-style:italic;">Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona nobis pacem.
</poem>

In der [[Totenmesse]] wurde vor der [[Liturgiereform]] des Zweiten Vatikanischen Konzils folgende Abwandlung gesungen:
<poem style="margin-left:2em; font-style:italic;" lang="la">Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem.
Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona eis requiem sempiternam.
</poem>

Da heute das ''Agnus Dei'' nicht als [[Fürbittengebet|Fürbitte]], sondern wieder als Begleittext zur ''Fractio'' (Brotbrechen) verstanden wird, gebraucht man auch im [[Requiem]] den gewöhnlichen Text.

Deutscher Text in der [[Heilige Messe|heiligen Messe]]:
<poem style="margin-left:2em; font-style:italic;">Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib uns deinen Frieden.
</poem>

Früherer deutscher Text in der Totenmesse:
<poem style="margin-left:2em; font-style:italic;">Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, gib ihnen die (ewige) Ruhe
</poem>

Deutscher Text in der Fassung der lutherischen Messe:
<poem style="margin-left:2em; font-style:italic;">Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser.
Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser.
Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, gib uns deinen Frieden, Amen.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.ekir.de/schellenbeck-einern/gdagnus.gif | wayback=20141226224104 | text=Text mit Melodie}}</ref></poem>

Während die deutsche Übersetzung in Anlehnung an {{B|Joh|1|29|EU}} im Singular „Sünde der Welt“ lautet, wird in der lateinischen Fassung des Agnus Dei der Plural ''peccata'' (entgegen auch der [[Vulgata]] {{B|Joh| 1|29|VUL}}); die Liturgie in einigen Sprachen (etwa Englisch oder Italienisch) übernimmt ebenfalls den Plural.<ref>Josef Andreas Jungmann SJ: ''Missarum Sollemnia – eine genetische Erklärung der römischen Messe'', Band 2, Herder Verlag, Wien, Freiburg, Basel, 1952, S. 420. In diesem Standardwerk wird ohne weitere Erläuterung oder Beleg vermerkt, es sei der „sachlich darin enthaltene Plural eingesetzt“ und verweist auf {{Bibel|Jes|53,5-7}}. Möglich ist aber auch ein Einfluss von {{Bibel|1 Joh|3|5}} („dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme“, Luther 2017).</ref>

=== Das Agnus Dei als Sakramentale ===
[[Datei:Agnus Dei représentant Saint André Bobola.jpg|mini|hochkant|Agnus Dei von Papst [[Pius&nbsp;XI.]], 1938, mit der Darstellung des in jenem Jahr heiliggesprochenen [[Andreas Bobola]].]]
[[Datei:Agnus Dei 1 a.JPG|mini|hochkant|120px|links|Fragment eines päpstlichen Agnus Dei (mittig) in einem [[Reliquiar]] zum [[Jubeljahr|Heiligen Jahr]] 1933]]
<span style="white-space:nowrap">In der Stadt Rom war es seit dem 9. Jahrhundert</span><!-- Mindestbreite der Textspalte wegen dreispaltigem Layout --> üblich, Wachstäfelchen mit dem eingeprägten Relief des Gotteslammes während der [[Kartage]] zu segnen und am Samstag nach [[Ostern]] an die Gläubigen auszuteilen, die sie für die private Andacht nach Hause nahmen. Seit dem 15. Jahrhundert segnete der [[Papst]] selbst diese Wachstäfelchen, und zwar im ersten und danach in jedem siebenten Jahr seiner Regierung. Sie hatten die Form von ovalen Wachsmedaillons und gelten als [[Sakramentale]]. Auf der Vorderseite trugen sie die Darstellung des ''Agnus Dei'', sowie das Weihejahr mit Namen des weihenden Papstes, auf der Rückseite ein Heiligenbild.<ref>Joseph Marzohl: ''Liturgia sacra: oder die Gebräuche und Alterthümer der katholischen Kirche'', 5. Teil, Erste Hälfte, S. 168 bis 179, Luzern, 1843; [https://books.google.de/books?id=3fOIEPKMlvYC&pg=PA168 (Digitalscan)]</ref> Zur Verwahrung der auch nördlich der Alpen begehrten ''Agnus Dei''s dienten Metallkapseln oder [[monstranz]]artige Behälter [[Ostensorium|(Ostensorien)]], die meist kunstvoll ausgestaltet waren. Oft wurden die Täfelchen auch zerteilt und als kleine Partikel in Reliquienbehälter eingearbeitet.<ref>Josef Braun SJ: ''Agnus Dei''. In: ''Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte''. Band 1. Stuttgart 1933, Sp. 212–216, [http://rdk.zikg.net/gsdl/cgi-bin/library.exe zikg.net]. ''Agnus Dei''. In: [http://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_189.html Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann]</ref><ref>[https://unigeschichte.unibas.ch/550-jahre-im-ueberblick/die-gruendungszeit/erfolgreicher-start-1460/der-stifter.html Webseite zu einem Agnus Dei von Papst Pius&nbsp;II. und dem zugehörigen Ostensorium in Basel]</ref> Nach dem Osterfest 1964 wurde der Brauch von den Päpsten aufgegeben.<ref>[http://www.sacramentals.org/agnusdei.htm sacramentals.org]</ref>

== Ikonografie/Heraldik ==

In der christlichen [[Ikonografie]] wird das Lamm Gottes häufig als [[Symbol]] für Christus verwendet. Oft wird es mit der Siegesfahne (rotes Kreuz auf weißem Grund) als [[Attribut (Kunst)|Attribut]] dargestellt, um den Sieg Christi über den Tod und damit seine Auferstehung zu versinnbildlichen. In dieser Darstellung wird es auch als Osterlamm bezeichnet. Eine andere Variante zeigt das Lamm liegend, wobei die Beine mit einem Strick gebunden sind. Eine Darstellung des ''Agnus Dei'' wird in manchen Fällen mit der [[Inschrift]] ''Agnus Dei, qui tollis peccata mundi'' oder den dazugehörigen Bibelstellen verbunden. Im [[Insigne|Amtsabzeichen]] des [[Pallium]]s sind Verweise auf die komplexe biblische Symbolik von Lamm und Hirte enthalten. Der Träger des [[Bischof|Hirtenamtes]] legt das aus Lammwolle gewebte Pallium über seine Schultern wie der Hirte das wiedergefundene Schaf.

Aufgrund der großen symbolischen Bedeutung des Lammes Gottes für die [[Eucharistie]] wurde das Motiv häufig in [[Kirche (Bauwerk)|Kirchen]] dargestellt, beispielsweise direkt am [[Altar]] oder als Deckengestaltung. Auch an Kirchenportalen sind Abbildungen des Lammes Gottes zu finden. Als Ausdruck, dass Jesus von seiner Geburt an dazu bestimmt war, das Lamm Gottes zu sein, wird auf einer modernen [[Weihnachtskrippe]] in der [[Jesuitenkirche (Heidelberg)|Jesuitenkirche Heidelberg]] das Jesuskind in den Armen seiner Mutter als Lamm dargestellt.

In [[Wappen]] ist es ebenfalls zu finden, siehe hierzu: [[Christliche Symbole in der Heraldik#Agnus Dei]].

Das Lamm Gottes ist auch [[Zunftzeichen]] der [[Fleischer]]innung.

<gallery class="center">
   Agnus-dei-st-remigius-ingelheim.jpg|Osterlamm auf einem romanischen Türsturz von [[St. Remigius (Ingelheim)]]
   Hof Iben Kapelle09.JPG|Lamm Gottes mit Siegesfahne auf dem Schlussstein des Chorgewölbes der [[Hof Iben|Templerkapelle Iben]], um 1240
   Agnus dei.jpg|Agnus Dei als Schnitzerei im [[Bonner Münster]]. Anstelle der Siegesfahne trägt es ein Kreuz.
   Germany Luebeck Heiligen-Geist-Hospital interior 4.jpg|Fenster im [[Heiligen-Geist-Hospital (Lübeck)]]
   Josefbolzum15.jpg|Osterlamm mit [[Kreuznimbus]], Kreuzfahne und Kelch ([[St. Josef (Sehnde-Bolzum)|St. Josef, Bolzum]])
   Agnus noster.jpg|Logo der Herrnhuter Brüdergemeine an einer Kirche in [[Nieuw-Amsterdam (Suriname)]]
   Lammgottes.jpg|Darstellung des Lammes Gottes über dem Portal von [[St. Andreas (Braunschweig)|St. Andreas]] in Braunschweig
   Schlachter P7100251a.JPG|Lamm Gottes als Zunftzeichen
</gallery>
== Musik ==
[[Datei:Heidelberg Jesuitenkirche Weihnachtskrippe 1.JPG|mini|Darstellung des Jesuskindes als Lamm in einer modernen [[Weihnachtskrippe]] in der [[Jesuitenkirche (Heidelberg)|Jesuitenkirche Heidelberg]]]]
Das „Agnus Dei“ gehört bei Vertonungen der [[Messe (Musik)|Messe]] zu den feststehenden Bestandteilen („[[Ordinarium]]“) und ist von Komponisten aller Epochen und Konfessionen vertont worden.

''Agnus Dei'' wurde als einzelnes Werk vertont, zum Beispiel 1967 von [[Samuel Barber]] als ''[[Agnus Dei (Barber)|Agnus Dei]]'' (einer vokalen Bearbeitung seines ''[[Adagio for Strings]]''). 1997 übernahm [[Sean Combs|Puff Daddy]] ein Sample des Anfang von Barbers ''Agnus Dei'' als [[Intro]] der Album-Version seines [[Coverversion|Cover]]-Songs ''[[I’ll Be Missing You]]''.<ref>Wayne Wentzel: ''Samuel Barber: A Research and Information Guide.'' 2. Auflage. Routledge, New York / London 2010, ISBN 978-0-415-87558-5, S. 186 ({{Google Buch |BuchID=BvKChvs3_7gC |Seite=186 |Hervorhebung="I'll Be Missing You" "Puff Daddy"}}).</ref>

Die letzten Worte, die Friedensbitte ''Dona nobis pacem'', waren vielfach Motiv für separate Vertonungen. Zu nennen sind unter anderem:

* [[Johann Pachelbel]]: ''Dona Nobis Pacem''
* [[Wolfgang Amadeus Mozart]]: ''Dona Nobis Pacem''
* [[Marie-Joseph Erb]]: ''Missa Dona nobis pacem'' für Chor, Orgel und Orchester (op. 89), 1914
* [[Ralph Vaughan Williams]]: ''Dona nobis pacem'', Kantate für Sopran, Bariton, Chor und Orchester, 1936
* [[Ernst Pepping]]: ''Missa Dona Nobis Pacem'' (Friedensmesse) für Chor, 1948
* [[Heinz Holliger]]: ''Dona nobis pacem'' für gemischten Chor (12 Solostimmen), 1969
* [[Violeta Dinescu]]: ''Dona nobis pacem'' für Mezzosopran, Cello und Schlagzeug, 1987
* [[Pēteris Vasks]]: ''Dona nobis pacem'' für gemischten Chor und Streichorchester oder Orgel, 1996/97

Als [[Geistliches Lied|Kirchenlied]] ist der lutherische Gesang ''[[O Lamm Gottes, unschuldig]]'' von [[Nikolaus Decius]] (1485–1546) überliefert.

== Kulturelle Rezeption ==
{{siehe auch|Agnus Dei – Die Unschuldigen|Agnus dei (1971)}}

== Osterlämmer im christlichen Brauchtum ==
[[Datei:2018 04 Osterlamm IMG 0027.jpg|mini|Osterlamm als Gebildebrot]]
Im [[Christentum]] führte die Symbolik des Lammes für die [[Auferstehung Christi]] zum Backen von Osterlämmern als [[Gebildbrot]], die mit der Siegesfahne der Auferstehung versehen, in der Osterfeier zur [[Speisenweihe#Verbreitung und ähnliche Bräuche|Speisen-]] oder [[Fleischweihe]] gebracht und dann neben anderen Speisen zum Osterfrühstück verzehrt werden.

== Literatur ==
* Gerald Unterberger: ''Agnus Dei – das Gotteslamm mit dem Kreuzstab. Ikonographie und religiöse Vorstellung.'' In: ''PAX – Magazin des Benediktinerstiftes Admont'', Nr. I/2001.
* Franz Meinecke: ''Das Symbol des apokalyptischen Christuslammes als Triumphbekenntnis der Reichskirche''. Diss. Straßburg 1908.
* Wilhelm Molsdorf: ''Christliche Symbolik der mittelalterlichen Kunst''. Leipzig 1926. [Nachdruck: Graz 1964, ISBN 3-201-00411-1].
* [[Franz Nikolasch]]: ''Das Lamm als Christussymbol in den Schriften der Väter'' (''Wiener Beiträge zur Theologie'', Band 3). Herder, Wien 1963.
* Gerhard Reichelt: ''Das Buch mit den sieben Siegeln in der Apokalypse des Johannes''. Göttingen 1975, ISBN 3-451-19426-0.
* [[Christoph Markschies]]: ''„Hie ist das recht Osterlamm“. Christuslamm und Lammsymbolik bei Martin Luther und Lucas Cranach''. In: ''Zeitschrift für Kirchengeschichte'', 102, 1991, S. 209–230.

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
{{Wiktionary|Lamm Gottes}}
{{Wikibooks|1=Liederbuch/ Agnus Dei|suffix=Noten zum Agnus Dei}}
* {{WiBiLex|51943|Lamm / Lamm Gottes|Autoren=Jesper Tang Nielsen|Abruf=2015-08-26}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{NaviBlock
|Navigationsleiste Elemente des Ordinariums
|Navigationsleiste Aufbau der heiligen Messe
}}

{{Normdaten|TYP=s|GND=4510117-6}}

[[Kategorie:Ordinarium]]
[[Kategorie:Christliche Kunst (Christus)]]
[[Kategorie:Lateinische Phrase]]
[[Kategorie:Osterliturgie]]
[[Kategorie:Tier (Bildende Kunst)|Lamm]]
[[Kategorie:Eucharistie]]
[[Kategorie:Schaf in der Kultur]]
[[Kategorie:Christliche Ikonografie]]
[[Kategorie:Christliches Symbol]]
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]