Quelltext der Seite Dispache

Die '''Dispache''' ({{enS|average adjustment}}) ist in der [[Seeschifffahrt]] und im [[Versicherungswesen]] eine [[Abrechnung]], mit der ein [[Sachverständiger]] ([[Dispacheur]]) bei der [[Havarie|Großen Havarie]] die Verteilung der [[Schaden|Schäden]] auf die Beteiligten vornimmt. 

== Allgemeines ==
Dem Juristen [[Hermann Langenbeck]] zufolge führte [[Philipp II. (Spanien)|Philipp II.]] das Wort im Rahmen seines [[Versicherungsrecht]]s von 1563 für die Abfertigung der Havarien ein.<ref>[https://books.google.de/books?id=ptFXAAAAcAAJ&pg=PA192&dq=Dispache+spanisch&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiurc3Xu4nkAhXMsKQKHUGoAJMQ6AEILTAB#v=onepage&q=Dispache%20spanisch&f=false Herman Langenbeck, ''Anmerckungen über das Hamburgische Schiff- und Seerecht'', 1727, S. 192]</ref> Diese Abfertigung ({{esS|dispacho}})<ref>heute heißt die Dispache {{esS|arbitraje}}</ref> gelangte in die französische Sprache, wo das Wort als Seeschadensberechnung ({{frS|dispache}}) entlehnt wurde. Es tauchte im Jahre 1831 in einem Buch des Staatsrechtslehrers [[Karl von Kaltenborn-Stachau]] über europäisches Seerecht auf,<ref>[https://books.google.de/books?id=MBoXAAAAYAAJ&pg=PA222&dq=Dispache+spanisch&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiurc3Xu4nkAhXMsKQKHUGoAJMQ6AEIQzAF#v=onepage&q=Dispache%20spanisch&f=false Karl von Kaltenborn-Stachau, ''Grundsätze des praktischen europäischen Seerechts'', Band 2, 1831, S. 222 ff.]</ref> 1838 in einem deutschen Wörterbuch.<ref>[https://books.google.de/books?id=owJEAAAAcAAJ&pg=PA166&dq=Dispache+franz%C3%B6sisch&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjL0ZWpsYnkAhVrk4sKHa2bC78Q6AEIMTAC#v=onepage&q=Dispache%20franz%C3%B6sisch&f=false Johann Friedrich Schaffer, ''Neues französisch-deutsches und deutsch-französisches Wörterbuch'', Bände 2-3, 1838, S. 166]</ref> Ein nautisches Wörterbuch aus 1850 erklärte den Begriff als Schätzung und Berechnung eines Seeschadens und einer Havarie.<ref>[https://books.google.de/books?id=KzJkAAAAcAAJ&pg=PA238&dq=Dispache+franz%C3%B6sisch&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjL0ZWpsYnkAhVrk4sKHa2bC78Q6AEILDAB#v=onepage&q=Dispache%20franz%C3%B6sisch&f=false Eduard Bobrik, ''Allgemeines nautisches Wörterbuch mit Sacherklärungen'', 1850, S. 238]</ref> 

Beteiligte bei der Dispache sind [[Reederei|Reeder]], [[Fracht (Handelsrecht)|Fracht]]&shy;schuldner und Eigentümer der [[Frachtgut|Schiffsladung]].

== Rechtsfragen ==
Die „Große Haverei“ ist ein [[Schiffsunfall]], bei dem gemäß {{§|588|hgb|juris}} Abs. 1 [[Handelsgesetzbuch|HGB]] das [[Schiff]], der [[Kraftstoff|Treibstoff]], die [[Frachtgut|Ladung]] oder mehrere dieser Sachen zur Errettung aus einer gemeinsamen Gefahr auf [[Anordnung (Recht)|Anordnung]] des [[Kapitän]]s [[Vorsatz (Deutschland)|vorsätzlich]] beschädigt oder aufgeopfert ([[Seewurf]]) werden. Liegt eine „Große Haverei“ vor, so haben im [[Seehandelsrecht (Deutschland)|deutschen Seehandelsrecht]] die Beteiligten (Reeder, Frachtschuldner und Eigentümer der Ladung) gemeinschaftlich als [[Gesamtschuldner]] die entstandenen [[Schaden|Schäden]] und Aufwendungen anteilig zu tragen.<ref>{{BT-Drs|17|10309}} vom 12. Juli 2012, ''Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Seehandelsrechts'', S. 125</ref> 

Voraussetzung für die Erstellung („Aufmachung“) einer Dispache ist die [[Verklarung]]. Hierin berichtet der Kapitän über den Schiffsunfall. Die dann folgende Aufmachung der Dispache obliegt dem Dispacheur, der hierzu einen [[Auftrag]] von einem Beteiligten erhalten muss ({{§|595|hgb|juris}} Abs. 1 HGB). Die Dispache wird durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen oder eine vom Gericht besonders ernannte sachverständige Person ([[Dispacheur]]) aufgemacht (§ 595 Abs. 2 HGB). Bereits das [[Reichsgericht]] (RG) sah im Oktober 1880 die Dispache bei einer Großen Havarie als zulässig an.<ref>RG, Urteil vom 30. Oktober 1880, Rep. I 827/80</ref> In der Dispache als [[Rechnung]] für die Große Haverei werden die [[Haverei]]schäden unter den Beteiligten verteilt.<ref>BGH, Urteil vom 26. Januar 1959, Az.: II ZR 119/57</ref> 

Als [[Rechtsbegriff]] taucht die Dispache auch im Rahmen der [[Freiwillige Gerichtsbarkeit (Deutschland)|freiwilligen Gerichtsbarkeit]] in {{§|404|famfg|juris}} Abs. 2 [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] auf, wonach der Dispacheur verpflichtet ist, jedem Beteiligten Einsicht in die Dispache zu gewähren. Lehnt der Dispacheur den Auftrag eines Beteiligten zur Aufmachung der Dispache ab, weil ein Fall der großen Haverei nicht vorliege, entscheidet über die Verpflichtung des Dispacheurs auf Antrag des Beteiligten gemäß {{§|403|famfg|juris}} FamFG das Gericht. Die rechtskräftig bestätigte Dispache ist ein [[Vollstreckungstitel]] ({{§|409|famfg|juris}} Abs. 2 FamFG). In {{§|68|gnotkg|juris}} [[Gerichts- und Notarkostengesetz|GNotKG]] ist der [[Streitwert|Geschäftswert]] der Dispache im Gerichtsverfahren definiert.
 
In der [[Binnenschifffahrt]] wird nicht von Dispache gesprochen. Gemäß {{§|11|binschprg|juris}} Abs. 1 [[BinSchG]] ist eine Beweisaufnahme über den tatsächlichen Hergang sowie über den Umfang des eingetretenen Schadens und über die zur Abwendung oder Verringerung desselben angewendeten Mittel zu beantragen. {{§|78|binschprg|juris}} BinSchG regelt für die Binnenschifffahrt deckungsgleich die Große Havarie.

== Versicherung ==
Die Dispache ist in der [[Transportversicherung]] die Dokumentation über die bei einer Großen Havarie anerkannten Kosten, Aufopferungen und Verluste und deren Verteilung.<ref>[https://books.google.de/books?id=oKNE_W44NkMC&pg=PA173&dq=Dispache&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiIqNOooojkAhXLMewKHf2ID5AQ6AEITTAH#v=onepage&q=Dispache&f=false Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth/Alfons Weiss, ''VersicherungsAlphabet (VA)'', 2001, S. 173]</ref> Sie wird auf Veranlassung der Reederei oder des Kapitäns vom Dispacheur erstellt. Der [[Versicherungsnehmer]] muss dem Versicherer eine Schadensrechnung übersenden, die auf der Grundlage der [[York-Antwerpener Regeln]]  aufgestellt ist. Der Umfang der Haftung des [[Versicherer]]s wird gemäß § 30 [[Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen|ADS]]<ref>[https://books.google.de/books?id=qJGFBwAAQBAJ&pg=PA267&dq=Dispache&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiIqNOooojkAhXLMewKHf2ID5AQ6AEIOjAD#v=onepage&q=Dispache&f=false Jochen Ohling, ''Handbuch Export — Import — Spedition'', 1986, S. 267 f.]</ref> von der Dispache bestimmt.<ref>[https://books.google.de/books?id=wn-VDwAAQBAJ&pg=PA514&dq=Dispache+yar&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiU-ZjcyYnkAhUO6KQKHZSYDTgQ6AEILTAB#v=onepage&q=Dispache%20yar&f=false Carl Ritter, ''Das Recht der Seeversicherung'', Band 1, 1967, S. 511]</ref>  

== Literatur ==
*  {{DNB-Portal|Dispache|TYP=Literatur über}} 
* Stichwort: ''Dispache.'' In: [[Creifelds (Rechtswörterbuch)|''Creifelds. Rechtswörterbuch'']], C.H. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-55392-9.
* Johannes Holzer: ''Das Dispacheverfahren nach dem [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]].'' In: ''Transportrecht.'' Bd.&nbsp;36 (2013), S.&nbsp;357–365.

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Rechtshinweis}}

[[Kategorie:Transportrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Seerecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Versicherungsrecht]]