Quelltext der Seite Eurasisches Eichhörnchen

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{{Taxobox
| Taxon_Name       = Eurasisches Eichhörnchen
| Taxon_WissName   = Sciurus vulgaris
| Taxon_Rang       = Art
| Taxon_Autor      = [[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758
| Taxon2_Name      = Eichhörnchen
| Taxon2_WissName  = Sciurus
| Taxon2_Rang      = Gattung
| Taxon3_Name      = Baumhörnchen
| Taxon3_WissName  = Sciurini
| Taxon3_Rang      = Tribus
| Taxon4_Name      = Baum- und Gleithörnchen
| Taxon4_WissName  = Sciurinae
| Taxon4_Rang      = Unterfamilie
| Taxon5_Name      = Hörnchen
| Taxon5_WissName  = Sciuridae
| Taxon5_Rang      = Familie
| Taxon6_Name      = Hörnchenverwandte
| Taxon6_WissName  = Sciuromorpha
| Taxon6_Rang      = Unterordnung
| Bild             = Eichhörnchen Düsseldorf Hofgarten edit.jpg
| Bildbeschreibung = Eichhörnchen (''Sciurus vulgaris'')
}}
Das '''Eurasische Eichhörnchen''' (''Sciurus vulgaris''), häufig nur als '''Eichhörnchen''' bekannt, ist ein [[Nagetier]] aus der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Hörnchen]] (Sciuridae). Es ist der einzige natürlich in Mitteleuropa vorkommende Vertreter aus der [[Eichhörnchen|Gattung der Eichhörnchen]] und wird zur Unterscheidung von anderen Arten wie dem [[Kaukasisches Eichhörnchen|Kaukasischen Eichhörnchen]] und dem in Europa eingebürgerten [[Grauhörnchen]] auch als '''Europäisches Eichhörnchen''' bezeichnet.

Regionale Bezeichnungen des Tieres sind ''Eichkätzchen, Eichkatz(er)l, Eichkater,'' überdies – umgesetzt aus der jeweiligen Mundartform – ''Eicher(li)'' (Schweiz), ''Eichhase'' (Österreich), ''Baumfuchs'' (Hessen), ''Konradchen'' (Nassau), ''Eichhalm'' (Württemberg) sowie niederdeutsch ''Katteker (Katzeicher)'' und ''Ekenaape (Eichenaffe)''.<ref>''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 18. Aufl., bearb. von Walther Mitzka. Walter de Gruyter, Berlin 1960, S.&nbsp;154&nbsp;f.; ''[[Schweizerisches Idiotikon]],'' Band I, Sp.&nbsp;73.</ref> Zur nicht restlos geklärten Wortherkunft siehe Artikel [[Eichhörnchen#Wortherkunft|''Eichhörnchen'']].

== Merkmale ==
=== Körperbau und Maße ===
[[Datei:Sciurus vulgaris 183919328.jpg|mini|Eichhörnchen auf einem Wegpfosten]]
In seinem Körperbau ist das Eichhörnchen an eine baumbewohnende und kletternde Lebensweise angepasst. Es wiegt etwa 200–400&nbsp;g. Die [[Kopf-Rumpf-Länge]] beträgt 20–25&nbsp;cm. Der zweizeilig behaarte, buschige Schwanz ist 15–20&nbsp;cm lang. Er dient beim Klettern als Balancierhilfe und beim Springen als Steuerruder. Beim Laufen wird der Schwanz stets in der Luft gehalten.<ref name="gewalt">Wolfgang Gewalt: ''Das Eichhörnchen''. A. Ziemsen Verlag, 1956, ISBN 3-89432-164-4.</ref> Die Geschlechter sind anhand von Größe und Fellfarbe nicht zu unterscheiden.

[[Datei:Red squirrel on tree trunk.jpg|mini|Die kräftigen Krallen helfen Eichhörnchen beim Klettern]]
Eichhörnchen gehören zu den [[Sohlengänger]]n. Sie haben an den Vorderpfoten vier lange, sehr bewegliche, mit langen gebogenen Krallen ausgestattete Finger. Den verkümmerten Daumen haftet ein winziger Nagelrest an.<ref>Stefan Bosch, Peter W. W. Lurz: ''Das Eichhörnchen.'' (= ''Die Neue Brehm-Bücherei.'' Band 183). Westarp-Verlag. 1. Auflage, 2011, S. 44, ISBN 978-3-89432-164-2.</ref>  Die Hinterbeine sind überproportional lang, sehr kräftig und haben jeweils fünf Zehen. Die langen, gebogenen Krallen bieten den Eichhörnchen auch beim schnellen Kopfüber-Klettern an glatten Stämmen guten Halt.

=== Schädel ===
[[Datei:Sciurus vulgaris 04 MWNH 579.jpg|mini|Schädel (Sammlung [[Museum Wiesbaden]])]]
Der [[Schädel]] des Eichhörnchens ist breit, eben und abgerundet mit einem hohen, weitgehend eiförmigen Hirnschädel und einer kurzen, schmalen und hohen [[Schnauze]].<ref name="LuM2005:FF" /> Im Vergleich zum Schädel des Grauhörnchens ist der Schädel des Eichhörnchens kleiner, der Hirnschädel ist höher, die [[Postorbitalfortsatz|Postorbitalfortsätze]] sind länger und schmaler,<ref name="LuM2005:Dia">Lurz und Mitarbeiter, 2005 („Diagnosis“ S.&nbsp;1–2).</ref> und die [[Stirn]] ist vorne zwischen den Augenhöhlen leicht eingedellt.<ref name="W1978:B" /> Vom Kaukasischen Eichhörnchen unterscheidet sich das Eichhörnchen ebenfalls durch den höheren Hirnschädel sowie durch die längere Schnauze, den langen unteren Rand des [[Jochbogen]]s, der mittig zum hinteren oberen Vorbackenzahn am Oberkiefer ansetzt, und größere [[Bulla tympanica|Paukenblasen]]<ref name="GJ1995" /> mit zwei statt drei Scheidewänden.<ref name="W1978:D">Wiltafsky, 1978 („Diagnose“ S.&nbsp;87).</ref> Im Gegensatz zum Kaukasischen Eichhörnchen ist zudem die Breite des [[Unterkiefer]]<nowiki />astes in der Mitte größer als die Länge der [[Backenzahn]]<nowiki />reihe.<ref name="GJ1995:Sciurus" />

Abhängig von der Unterart variieren die [[Messstrecken am Schädel|Schädelmaße]] des Eichhörnchens über das Verbreitungsgebiet.<ref name="LuM2005:GC" /> So nimmt die Größe des Schädels in ganz Eurasien unabhängig von Klimafaktoren von Norden nach Süden zu. In Europa ist diese Beziehung jedoch nicht sehr klar, und in Mitteleuropa wurde eine Größenzunahme von Süden und Westen nach Nordosten festgestellt.<ref name="W1978:M">Wiltafsky, 1978 („Merkmalsvariationen“ S.&nbsp;92–98).</ref> Die [[Condylobasallänge]] des Eichhörnchens beträgt 44,0–49,3&nbsp;mm, die [[Basallänge]] 40,2–48,4&nbsp;mm, die [[zygomatische Breite]] 29,0–35,2&nbsp;mm, die [[Nasalialänge]] 14,0–18,7&nbsp;mm und die Länge der oberen Backenzahnreihe 8,5–10,4&nbsp;mm.<ref name="LuM2005:GC">Lurz und Mitarbeiter, 2005 („General Characters“ S.&nbsp;2).</ref> Bei Jungtieren scheint der Schädel noch etwas über das erste Jahr hinaus zu wachsen.<ref name="W1978:M" /> Ein [[Sexualdimorphismus|Geschlechtsdimorphismus]] in Bezug auf die Schädelmaße besteht nicht.<ref>Münch, 2005 („Beschreibung“ S.&nbsp;153–156).</ref>

=== Gebiss ===
{{Zahnformel|1|0|2|3|P=1|Gesamt=22|Titel=[[Zahnformel]] des Eichhörnchens}}
Das für Hörnchen typische [[Gebiss]] des Eichhörnchens<!--unbelegt/trivial--> weist in jeder Kieferhälfte einen [[Nagezahn]], zwei [[Prämolar|Vorbackenzähne]] oben und einen Vorbackenzahn unten sowie drei [[Molar (Zahn)|Backenzähne]] auf. [[Eckzahn|Eckzähne]] sind nicht vorhanden, die Gesamtzahl der Zähne beträgt 22.<ref name="LuM2005:FF">Lurz und Mitarbeiter, 2005 („Form and Function“ S.&nbsp;3).</ref>

Die Größe der Vorbacken- und Backenzähne nimmt von vorne nach hinten zu.<ref name="W1978:B">Wiltafsky, 1978 („Beschreibung“ S.&nbsp;86–87).</ref> Der vordere obere Vorbackenzahn des Eichhörnchens ist klein, stiftförmig,<ref name="LuM2005:FF" /> etwas einwärts gerückt, nahezu funktionslos<ref name="W1978:B" /> und anders als beim Kaukasischen Eichhörnchen immer in beiden Kieferhälften vorhanden.<ref name="GJ1995:Sciurus">{{Internetquelle | autor=Gromow und Jerbajewa | datum=1995 | url=http://zoometod.narod.ru/grom/gromov_II_2_1_1.html | titel=Rod belki – ''Sciurus'' | archiv-url=https://web.archive.org/web/20070320001132/http://zoometod.narod.ru/grom/gromov_II_2_1_1.html | archiv-datum=2007-03-20 | sprache=russisch | zugriff=2013-01-25}}</ref> Der hintere obere Vorbackenzahn entspricht in Form und Größe fast den oberen Backenzähnen. Wie diese weist er zungenseitig einen großen, halbmondförmigen Höcker und backenseitig vier Höcker auf. Von den höheren, zweiten und vierten Höckern ziehen Querleisten zum zungenseitigen Höcker. Am hinteren Vorbackenzahn ersetzt ein gut abgegrenzter Höcker die sonst mit dem vierten Höcker verbundene Leiste, und am hinteren Backenzahn fehlt sie. Der untere Vorbackenzahn und die unteren Backenzähne sind rautenförmig mit eingetieftem Zentrum. An den vier Ecken weisen sie je einen Haupthöcker auf. Vorne und an den beiden Seiten befindet sich je ein kleiner Nebenhöcker, der mit zunehmender Abnutzung verschwindet. Wiltafsky (1978) gibt die Anzahl der [[Zahnwurzel]]n beim vorderen oberen Vorbackenzahn mit eins, beim hinteren oberen Vorbackenzahn, bei den oberen Backenzähnen und beim unteren Vorbackenzahn mit drei und bei den unteren Backenzähnen mit vier an.<ref name="W1978:B" /> Die Anzahl der [[Zahnfach|Zahnfächer]] geben Niethammer und Krapp (1978) beim vorderen oberen Vorbackenzahn mit eins, beim unteren Vorbackenzahn mit zwei, beim hinteren oberen Vorbackenzahn, bei den oberen Backenzähnen und beim hinteren unteren Backenzahn mit drei sowie beim vorderen und mittleren unteren Backenzahn mit vier an.<ref>{{ Literatur| Herausgeber=Jochen Niethammer und Franz Krapp| Titel=Handbuch der Säugetiere Europas. Band&nbsp;1. Nagetiere&nbsp;I| Verlag=Akademische Verlagsgesellschaft| Ort=Wiesbaden| Jahr=1978| ISBN=3-400-00458-8| Kommentar=476 Seiten; Abb.&nbsp;12}}</ref>

Der hintere obere und der untere Vorbackenzahn haben Vorläufer im [[Milchgebiss]], die im Alter von 16&nbsp;Wochen ausfallen.<ref name="LuM2005:FF" /> Bei Jungtieren ist der hintere obere Vorbackenzahn wesentlich kleiner als die Backenzähne, seine Hinterkante ist stets stark abgenutzt, und er bildet mit der Vorderkante des vorderen oberen Backenzahns eine Kaufläche.<ref name="W1978:M" /> Die Abnutzung der Vorbacken- und Backenzähne und das Wachstum des [[Wurzelzement]]s können ebenfalls zur Altersbestimmung herangezogen werden.<ref name="LuM2005:FF" />

=== Behaarung und Färbung ===
Die dichte Behaarung ist kurz, seidig bis gröber (8.000 bis 10.000 Haare pro cm²). Die Länge der [[Grannenhaar]]e beträgt auf der Nase 3–11&nbsp;mm (Mittelwert 5,9&nbsp;mm), am Bauch 13–23&nbsp;mm (Mittelwert 16,4&nbsp;mm), auf dem Rücken 17–23&nbsp;mm (Mittelwert 22,5&nbsp;mm). Im Haargrund haben die Haare einen Durchmesser von 0,04&nbsp;mm, im Bereich der Granne steigt der Durchmesser bis auf 0,12&nbsp;mm. Die [[Wollhaar]]e sind unterschiedlich lang, gewellt oder spiralförmig gewunden. Ihr Durchmesser beträgt 0,010–0,015&nbsp;mm. Sie sind zur Spitze und zur Haarzwiebel hin verjüngt. Die ausgewachsenen Ohrpinselhaare sind 3–5&nbsp;cm lang, die Schwanzhaare 5–8&nbsp;cm (gelegentlich auch bis 10&nbsp;cm) lang.

Die Oberseitenfarbe variiert von Hellrot bis zu Braunschwarz; die Bauchseite ist, sauber abgegrenzt vom Rückenfell, weiß oder cremefarben. Das Winterfell ist wesentlich dichter als das Sommerfell. Im Winter wird die Fellfarbe oft dunkler und kann auch graue Farbtöne annehmen. Im Winterfell haben Eichhörnchen bis zu 3,5&nbsp;cm lange rotbraune Ohrpinsel. Im Sommerfell sind diese Ohrpinsel klein oder nicht vorhanden. Im Winter sind außerdem die sonst nackten Fußsohlen behaart.

<gallery>
Datei:Flitzi bearbeitet.jpg|Mit Sommerfell
Datei:Sciurus vulgaris 185856318.jpg|Dunkelbraune Farbvariante
Datei:Eichhörnchen im Herbst.jpg|Im Herbst mit Ohrpinseln
Datei:Eichhörnchen auf Schnee.jpg|Mit Winterfell
</gallery>

[[Albinismus]] und [[Melanismus]] sind auf dem europäischen Kontinent recht häufige Phänomene unter Eichhörnchen.

Das Eichhörnchen wechselt zweimal jährlich das Fell. Der [[Fellwechsel|Haarwechsel]] im Frühjahr verläuft vom Kopf über den Rücken und die Körperseiten bis zu den Hinterschenkeln, der Herbsthaarwechsel verläuft in umgekehrter Richtung, beginnend an der Schwanzwurzel hin zum Kopf. Ohren und Schwanz wechseln ihr Haar nur einmal im Jahr. Zuerst gehen im Frühjahr ein Teil der Grannen und die gesamte Unterwolle des Schwanzes aus. Während des Sommers erneuern sich die Schwanzhaare dann völlig, beginnend von der Mitte, zu den Seiten hin endend. Die Ohrpinselhaare wachsen vom Sommer bis in den Winter hinein. Der Haarwechsel im Frühjahr dauert etwas länger als der Herbsthaarwechsel. Weibchen beginnen den Frühjahrshaarwechsel etwas später als die männlichen Tiere, beim Werfen der Jungen haben sie ihn abgeschlossen.<ref name="Dathe-Schöps">Heinrich Dathe, Paul Schöps: ''Pelztieratlas''. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1986, S. 95–98.</ref>

== Verbreitung und Lebensraum ==
[[Datei:Sciurus vulgaris habitat.png|mini|Lebensraum der eurasischen Eichhörnchen]]
Das Verbreitungsgebiet des Eurasischen Eichhörnchens ist [[Paläarktis|paläarktisch]] und umfasst beinahe ganz Europa einschließlich [[Großbritannien (Insel)|Großbritannien]] und [[Irland]] sowie große Teile von Nordasien vom [[Ural]] ostwärts bis an die Pazifikküste in [[Kamtschatka]], der [[Volksrepublik China]] und [[Korea]] sowie die Inseln [[Sachalin]] und [[Hokkaidō]].<ref name="IUCN" /> In Europa fehlt es nur im Südosten Englands sowie im Südwesten Spaniens und dem Süden Portugals und in manchen Regionen Italiens. In der [[Südosteuropa|Balkanregion]] kommt die Art nur sporadisch vor und auf den meisten Inseln des Mittelmeeres ist das Eichhörnchen nicht anzutreffen. In der [[Türkei]] umfassen die Vorkommen die europäischen Teile ([[Ostthrakien]]) sowie die nordöstliche Türkei.<ref name="IUCN" />

Eichhörnchen kommen bis in einer Höhe von 2000 Meter<ref name="gewalt" />, nach anderen Angaben bis 3100 Meter in den [[Alpen]]<ref name="IUCN" />, vor.

Die typischen Lebensräume sind, auf das gesamte Verbreitungsgebiet bezogen, überwiegend [[Borealer Nadelwald|boreale Nadelwälder]]. Nur im europäischen Teil des Verbreitungsgebiets sind Eichhörnchen auch in Laub- und Mischwäldern heimisch. Als [[Kulturfolger]] sind sie dort heute in Parks und Gärten häufig zu finden.

== Lebensweise ==
=== Aktivität ===
[[Datei:Eichhörnchen am Kirschbaum.jpg|mini|Eichhörnchen klettert kopfüber]]
[[Datei:Nid d'écureuil roux.JPG|mini|Kobel eines Eichhörnchens]]
[[Datei:Eichhörnchen (Sciurus vulgaris).JPG|mini|Eichhörnchen transportiert sein Jungtier in [[Tragestarre]]]]
[[Datei:Eichhörnchen mit Baby.jpg|mini|Eichhörnchen mit Jungtier]]
Eichhörnchen sind tagaktiv. Die Tiere klettern sehr geschickt und bewegen sich stoßweise voran, ihre Bewegungen sind sehr schnell und präzise. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie einen Baumstamm oder eine raue Hausfassade hinauf- oder mit dem Kopf voran hinunterklettern. Wenn sie abwärts klettern, drehen sie ihre hinteren Pfoten nach außen und hinten.<ref name="gewalt" /> Mit einem Sprung können die Tiere leicht Entfernungen von vier bis fünf Metern überbrücken. Eichhörnchen wagen sich wegen ihres geringen Gewichtes auch auf sehr dünne Zweige, dabei bewegen sie sich stets springend vorwärts und sind damit jedem Verfolger absolut überlegen. Auch auf dem Boden bewegen sie sich in Sprüngen, nicht im Galopp wie andere Vierbeiner; dabei sind sie relativ langsam und können leicht von Hunden und Katzen gegriffen, auf Straßen auch von Autos überfahren werden. Immer öfter wird beobachtet, dass Eichhörnchen als deutliche Kulturfolger auch an Hausfassaden herumklettern, sofern es dort mehr als die absolut glatte Wand gibt, und sich auf Balkonen und Dachterrassen füttern lassen bzw. selbst mit Nahrung (z.&nbsp;B. Vogelfutter aus Vogelhäuschen) versorgen.

Zum Schlafen und Ruhen bauen Eichhörnchen Nester, die '''Kobel''' genannt werden. Das sind hohlkugelförmige Bauten. Sie werden in einer Astgabel oder an der Basis eines Astes platziert, normalerweise in Höhen über sechs Metern. Der Durchmesser des Nestes beträgt etwa 30–50&nbsp;cm, während der Innendurchmesser bei 15–20&nbsp;cm liegt. Der Kobel wird aus Zweigen, Nadeln und Blättern errichtet, innen wird er mit Moosen, Blättern und Gras ausgepolstert. Er ist beinahe wasserdicht; durch die dicke Wandstärke bietet er im Winter einen guten Wärmeschutz.<ref name="gewalt" /> Die Kobel haben mindestens zwei Schlupflöcher, von denen eines immer nach unten weist, weil Eichhörnchen, anders als Vögel, von unten in ihre Behausung gehen.

Der Bau eines Kobels dauert etwa drei bis fünf Tage. Da es recht häufig vorkommt, dass die Tiere wegen [[Parasiten]]&shy;befall oder Störungen umziehen müssen, bauen sie zwei bis acht Nester und nutzen alle Nester in unregelmäßigem Wechsel.<ref name="gewalt" /> Dabei wird zwischen Schlafkobeln für die Nacht und Schattenkobeln für Ruhephasen am Tage unterschieden. Auch werden verlassene Höhlen von [[Spechte]]n gern genutzt, ebenso verlassene Vogelnester als Fundament für den Kobel.

Das Eichhörnchen ist ganzjährig aktiv, es hält keinen echten [[Winterschlaf]]. Allerdings kann es in strengen Wintern verminderte Aktivität zeigen, bei der es das Nest nicht verlässt ([[Winterruhe]]). In sehr warmen Sommern halten sie in ihren Kobeln ausgiebigen Mittagsschlaf. An heißen Tagen streifen sie dann nur sehr früh am Morgen oder am Abend umher, um sich mit Nahrung zu versorgen.

=== Raumorganisation ===
Der [[Aktionsraum]] eines Eichhörnchens variiert je nach Gegend. Auf Inseln gibt es Tiere mit Aktionsräumen von unter einem [[Hektar]], während diese im [[Bayerischer Wald|Bayerischen Wald]] bis 47&nbsp;ha groß sein können.

Männchen haben größere Aktionsräume als Weibchen. In England betragen die der Männchen 23–40&nbsp;ha, die der Weibchen 14–26&nbsp;ha. Die Aktionsräume verschiedener Individuen überschneiden einander. Wenn Weibchen Junge haben, verringern sie die Größe ihres Aktionsraums. Innerhalb dieses Gebiets werden Wege und Aufenthaltsorte mit [[Urin]] und mit einem Sekret der Kinndrüsen markiert.

=== Sozialverhalten ===
Eichhörnchen sind meist [[Solitär (Zoologie)|Einzelgänger]]. Nur zur [[Paarungszeit]] verfolgen die Männchen die Weibchen innerhalb der Baumkronen. Jedoch leben sie gelegentlich auch außerhalb der Fortpflanzungszeit in Gesellschaft; dann nutzen mehrere Tiere denselben Kobel. Innerhalb einer Gruppe dominieren die größeren und älteren Tiere. Männchen sind größeren und älteren Weibchen gegenüber nicht unbedingt [[Dominanz (Psychologie)|dominant]], allerdings dominieren sie Weibchen gleicher Größe und gleichen Alters.

=== Ernährung ===
[[Datei:Red Squirrel in Berlin.webm|mini|Ein Eichhörnchen im Berliner [[Rosengarten im Großen Tiergarten|Rosengarten]] frisst ausgelegtes Futter]]
Eichhörnchen gehören zu den [[Allesfresser]]n. Dabei variiert die Nahrung der Tiere je nach Jahreszeit. Sie besteht in erster Linie aus Beeren, Nüssen und anderen Früchten sowie Samen. Daneben werden auch Knospen, Rinde, Baumsaft, Blüten, Flechten, Körner, Pilze, Obst und [[wirbellose]] Tiere wie beispielsweise Würmer gefressen. Auch Vogeleier und Jungvögel<ref name="robiller">Franz Robiller: ''Tiere der Nacht.'' Urania-Verlag, ISBN 3-332-00108-6.</ref> sowie Insekten, Larven und Schnecken gehören zum Nahrungsspektrum.<ref name="gewalt" /> Typischerweise wird die Nahrung beim Fressen in den Vorderpfoten gehalten.

Eichhörnchen verbrauchen die Samen von bis zu 100 Fichtenzapfen pro Tag; durchschnittlich sind es täglich 80–100&nbsp;g. Eichhörnchen unterscheiden sich beim Fichtenzapfenschälen von anderen Nagern dadurch, dass sie die Deckschuppen der Zapfen mit ihrer großen Körperkraft einfach abreißen. Dagegen müssen zum Beispiel Mäuse die Schuppen abbeißen, um an die nahrhaften Samen zu gelangen. Eichhörnchen öffnen [[Haselnüsse]] und [[Walnüsse]] innerhalb weniger Sekunden. Mit den unteren Schneidezähnen nagen sie mit schabenden Bewegungen zunächst ein Loch in die Nuss. Ist das Loch groß genug, setzen sie die unteren Schneidezähne wie einen Hebel ein und sprengen ein Stück Schale heraus. Dies ist ein erlerntes Verhalten; es ist nicht angeboren. Eichhörnchen benötigen zusätzlich aufgenommenes Wasser.<ref name="gewalt" />
<gallery>
Datei:Squirrel posing.jpg|Eichhörnchen beim Fressen einer Nuss
Datei:Sciurus vulgaris haselnuss.jpg|Benagte Haselnuss
Datei:Sciurus vulgaris damaging 3 beentree.jpg|Benagte Fichtenzapfen
Datei:Sciurus vulgaris damaging 2 beentree.jpg|Eichhörnchen-Abfallhaufen
Datei:EIchhörnchen-Futterbox.jpg|Futterbox für Eichhörnchen, zur Nahrungsergänzung in Wintermonaten
File:Lebensraum Friedhof.jpg|[[Tränke]] auf dem [[Friedhof]]
</gallery>

Eichhörnchen legen im Herbst Vorräte für den Winter an. Dafür ist es wichtig, dass sie ausreichend Nahrung finden, um die Vorratslager zu füllen. Nicht immer gelingt dies, in strengen Wintern verhungern unter Umständen viele der Tiere. Sie vergraben die Nahrung entweder im Boden, oft in der Nähe von Baumwurzeln, oder verstauen sie in Rindenspalten oder Astgabeln als [[Wintervorrat]]. Im Kobel lagern sie keine Vorräte. Die Einlagerung im Boden erfolgt immer gleich: Loch scharren, Nahrung hineinlegen, zuscharren, die Erde festdrücken, mit der Schnauze nachstoßen.

Im Winter dienen die Vorräte oft als einzige Nahrungsquelle. Werden die eingegrabenen Vorräte vergessen, beginnen die Samen im Frühjahr zu keimen. Deshalb spricht man den Eichhörnchen eine wichtige Rolle bei der Erneuerung und Verjüngung des Waldes zu. Für das Wiederfinden der im Herbst gesammelten Nahrung ist der Geruchssinn sehr wichtig. Auch wenn sich Eichhörnchen einige ihrer vergrabenen Vorräte merken, sind sie doch nicht fähig, sich alle Verstecke einzuprägen.<ref name="gewalt" />

[[Datei:Eichhörnchen auf Hand.jpg|mini|Zahmes Eichhörnchen]]
Das Vergraben von Vorräten ist ein Verhalten, das man vor allem bei den Populationen der europäischen Laub- und Mischwälder findet. In borealen Nadelwäldern fehlt dieses Verhalten meistens, da die immer zur Verfügung stehenden [[Zapfen (Botanik)|Zapfen]] als Winternahrung dienen können.

An manchen Orten kommt es infolge Angewöhnung vor, dass freilebende Eichhörnchen dargebotene Nahrung direkt aus der Hand von Menschen fressen, wie beispielsweise beim sogenannten ''Eichhörnli-Weg'' in [[Arosa]].<ref>[http://footage.framepool.com/de/shot/480202503/eichh%C3%B6rnliweg-zahm-eichh%C3%B6rnchen-nuss/ Videoclip 1 Fütterung am Eichhörnli-Weg Arosa (1957)]</ref><ref>[http://footage.framepool.com/de/shot/811691119/eichh%C3%B6rnliweg-eichh%C3%B6rnchen-nuss-f%C3%BCttern-tierpflege/ Videoclip 2 Fütterung am Eichhörnli-Weg Arosa (1957)]</ref> Im Leipziger [[Clara-Zetkin-Park (Leipzig)|Clara-Zetkin-Park]] bedienen sich Eichhörnchen ohne Scheu aus den Taschen von auf Parkbänken sitzenden Menschen. Im Park des [[Schloss Pillnitz|Pillnitzer Schlosses]] bei [[Dresden]] kann man die Tiere ebenso mit der Hand füttern.

Eichhörnchen fressen Pilze, die für Menschen giftig sind.

=== Fortpflanzung und Entwicklung ===
==== Paarung ====
Abhängig von Lebensraum und Nahrungsangebot sind ab Ende Dezember Paarungen zu beobachten.<ref>Stefan Bosch, Peter W. W. Lurz: ''Das Eichhörnchen.'' (= ''Die Neue Brehm-Bücherei.'' Band 183). Westarp-Verlag. 1. Auflage, 2011, S. 66, ISBN 978-3-89432-164-2.</ref> Die Männchen werden durch Vaginalsekrete angelockt, die von den brünstigen Weibchen verströmt werden.<ref name="gewalt" /> Bei den Annäherungsversuchen kommt es zu wilden Verfolgungsjagden. Sind die Weibchen noch nicht zur Paarung bereit, kommt es zu Kämpfen.

Sobald das Weibchen paarungsbereit ist, werden die Paarungsjagden zu einem Spiel. Vor der Begattung gibt das Weibchen etwas Harn ab. In manchen Fällen kann es jedoch Tage dauern, bis es tatsächlich zur Paarung kommt. Ist es soweit, umklammert das Männchen die Lenden des Weibchens und begattet es von hinten, mit aufgestelltem Schwanz.

In den meisten Jahren gibt es zwei [[Paarungszeit]]en, eine im Winter, eine weitere ab dem späten Frühjahr mit Wurf zwischen Mai und August. Stehen am Jahresbeginn zu wenig Nahrungsressourcen zur Verfügung, kann die erste Paarungszeit entfallen. Treffen mehrere Männchen bei einem Weibchen ein, kann es zu aggressivem Verhalten mit Schreien und Bissen kommen. Eichhörnchen sind [[Polygynie|polygyn]] – die Männchen verlassen das Weibchen bald wieder und suchen neue Partnerinnen, mit der Aufzucht der Jungen haben sie nichts zu tun. Hält sich ein Männchen bis zur Geburt der Jungen in der Nähe des Weibchens auf, wird es spätestens jetzt vom Weibchen verbissen. Das Männchen wehrt sich selbst dann nicht, wenn es deutlich stärker als das Weibchen ist ([[Beißhemmung]]); das Männchen räumt dann kampflos das Feld.<ref name="gewalt" />

==== Jungenaufzucht ====
[[Datei:S vulgaris breast feeding.webm|mini|Muttertier, das drei Jungtiere [[Säugen|säugt]]]]
[[Datei:JJM SquirrelBaby 01.jpg|mini|Eichhörnchen-Jungtier]]
[[Datei:Kurre10.jpg|mini|Eichhörnchen, mehrere Wochen alt]]
Nach einer Tragzeit von 38 Tagen kommen ein bis sechs Junge im Kobel zur Welt. Sie sind bei der Geburt nackt, taub und blind ([[Nestling|Nesthocker]]) und haben ein Gewicht von etwa 8,5&nbsp;g. Die Körperlänge beträgt etwa 6&nbsp;cm, die Schwanzlänge bis zu 3&nbsp;cm.

Die jungen Eichhörnchen sind nach drei Wochen vom ersten Haarflaum vollständig bedeckt; gleichzeitig brechen die ersten Zähne durch. Die Jungen öffnen nach 30–32&nbsp;Tagen die Augen.<ref name="gewalt" /> Zwischen dem 37. und dem 41.&nbsp;Tag brechen die oberen Schneidezähne durch den Kiefer. Nach sechs Wochen verlassen sie erstmals das Nest, nach acht bis zehn Wochen werden sie nicht mehr gesäugt und suchen selbständig nach Nahrung. Bei Gefahr reagieren die Mütter sehr schnell und tragen ihre Jungen im Maul in einen Ausweichkobel.

Die Jungtiere bleiben noch einige Monate in der Nähe des mütterlichen Nestes. Geschlechtsreif werden Eichhörnchen schon nach elf Monaten, doch meistens ziehen sie erst nach zwei Jahren selbst Junge groß. Etwa 80&nbsp;Prozent der Jungtiere überleben das erste Jahr nicht.

Überlebt ein Eichhörnchen die ersten sechs Monate, verbleibt eine durchschnittliche [[Lebenserwartung]] von drei Jahren. Selten werden Eichhörnchen sieben, in Gefangenschaft auch bis zu zehn Jahre alt.

=== Fressfeinde und Parasiten ===
Zu den natürlichen Fressfeinden des Eichhörnchens zählt der [[Baummarder]]. Er klettert fast so geschickt wie das Eichhörnchen. Während das Eichhörnchen am Tage durch sein geringeres Gewicht im Vorteil ist, überrascht der [[nachtaktiv]]e Baummarder das Eichhörnchen gern im Schlaf. Weitere Feinde sind die [[Wildkatze]], der [[Uhu]],<ref name="robiller" /> der [[Habicht]] und der [[Mäusebussard]]. Den Greifvögeln können die Eichhörnchen häufig entkommen, indem sie in kreisenden Bewegungen um den Baumstamm herumlaufen. In höchster Not kann sich das Eichhörnchen aus großer Höhe bis zum Boden fallen lassen, ohne sich zu verletzen.<ref>[http://www.eifelnatur.de/Deutsch/eifelnatur-sites/Eichhoernchen.html ''Das Eichhörnchen'' bei Eifelnatur]</ref> Junge Eichhörnchen fallen in den Kobeln oft [[Wiesel]]n zum Opfer. In Parks und Gärten ist die [[Hauskatze]] der größte Feind des Eichhörnchens.

Eichhörnchen werden von vielen [[Ektoparasit]]en befallen. Die wichtigsten sind der [[Eichhörnchenfloh]] (''Monopsyllus sciurorum'') und die [[Eichhörnchenlaus]] (''Neohaematopinus sciuri'').

Bei Untersuchungen von Eichhörnchen in Großbritannien wurden Erreger der [[Lepra]] nachgewiesen, die teilweise auch zu tödlichen Erkrankungen führten. Bei den nachgewiesenen Bakterien ''[[Mycobacterium leprae]]'' handelt es sich den Untersuchungen der Arbeitsgruppe zufolge wahrscheinlich um einen Stamm, der sich nach einer Epidemie unter Menschen bei den Hörnchen gehalten und entwickelt hat. Neben diesen wurde als zweite Art auch ''[[Mycobacterium lepromatosis]]'' nachgewiesen.<ref name="Avanzi et al. 2016">Charlotte Avanzi, Jorge del-Pozo, Andrej Benjak, Karen Stevenson, Victor R. Simpson, Philippe Busso, Joyce McLuckie, Chloé Loiseau, Colin Lawton, Janne Schoening, Darren J. Shaw, Jérémie Piton, Lucio Vera-Cabrera, Jesùs S. Velarde-Felix, Fergal McDermott, Stephen V. Gordon, Stewart T. Cole, Anna L. Meredith: ''Red squirrels in the British Isles are infected with leprosy bacilli.'' [[Science]] 354 (6313), 11. November 2016; S. 744–747, {{DOI|10.1126/science.aah3783}}.</ref>

== Systematik ==
Das Eurasische Eichhörnchen wird als eigenständige [[Art (Biologie)|Art]] innerhalb der Gattung der [[Eichhörnchen]] (''Sciurus'') eingeordnet, die heute aus insgesamt 28 Arten besteht. Die wissenschaftliche [[Erstbeschreibung]] stammt von [[Carl von Linné]], der die Art im Jahr 1758 in der 10. Auflage seines [[Systema Naturae]] als eine der ersten Hörnchenarten beschrieb und sie auch bereits der von ihm erstbeschriebenen Gattung ''Sciurus'' als einer von sechs Nagetiergattungen zuordnete. Diese enthielt neben dem eurasischen Eichhörnchen auch die amerikanischen [[Fuchshörnchen]] ''S.&nbsp;niger'' und ''S.&nbsp;cinereus'', das [[Europäisches Gleithörnchen|Europäische Gleithörnchen]] (''S.&nbsp;volans'', heute ''Pteromys volans''), das [[Atlashörnchen]] (''S.&nbsp;getulus'', heute ''Atlantoxerus getulus''), das [[Streifen-Backenhörnchen]] (''S.&nbsp;striatus'', heute ''Tamias striatus'') sowie die nicht zuzuordnende Art ''Sciurus flavus''.<ref name="Linné 1758">[[Carl von Linné]]: ''Systema naturae.'' 10. Auflage, 1758; Band 1, S. 60, 63–64 ([http://www.biodiversitylibrary.org/item/10277#page/71/mode/1up Digitalisat]).</ref>

Variationen der Fellfarbe und der [[Morphologie (Biologie)|Morphologie]] führten zur [[Erstbeschreibung|Beschreibung]] von mehr als 40 [[Unterart]]en des Eichhörnchens. So ändert sich in Europa die Färbung von Süden nach Norden und Nordosten in ein reineres Grau. In einigen Gegenden kommen gleichzeitig rötliche und schwärzliche Typen vor.<ref name="Dathe-Schöps" /> Vom Ural aus gesehen, wird das Fell nach Westen flacher und heller, die Färbung ist in Westeuropa und Mitteleuropa rötlich bis dunkelrot. Nach Osten wird das Fell voller und dunkler, am dunkelsten ist es in Ostsibirien. Der [[Taxonomie|taxonomische]] Status einiger Unterarten ist unsicher, und die Anzahl der anerkannten Unterarten unterscheidet sich von Autor zu Autor.<ref name="LuM2005:CC">Lurz und Mitarbeiter, 2005 („Context and Content“ S.&nbsp;1).</ref> Die folgende Systematik mit 23 Unterarten sowie der Zuordnung einiger Synonyme folgt Thorington und Hoffmann (2005).<ref name="TH2005">{{ Literatur| Autor=Richard W. Thorington junior und Robert S. Hoffmann| Titel=Familie Sciuridae| Herausgeber=Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder| Sammelwerk=[[Mammal Species of the World]]. A Taxonomic and Geographic Reference| Auflage=3.| Verlag=Johns Hopkins University Press| Ort=Baltimore| Jahr=2005| ISBN=0-8018-8221-4| Seiten=754–818| Kommentar=[https://www.departments.bucknell.edu/biology/resources/msw3/browse.asp?id=12400219 „''Sciurus vulgaris''“] S.&nbsp;764}}</ref> Die Angaben zur Verbreitung basieren auf Sidorowicz (1971),<ref name="S1971:LuM1971:CC">Sidorowicz, 1971. Zitiert in: Lurz und Mitarbeiter, 2005 („Context and Content“ S.&nbsp;1).</ref> Wiltafsky (1978),<ref>Wiltafsky, 1978 („Verbreitung“ S.&nbsp;90–92, Abb.&nbsp;22).</ref> Gromow und Jerbajewa (1995)<ref name="GJ1995">{{Internetquelle | autor=Gromow und Jerbajewa | datum=1995 | url=http://zoometod.narod.ru/grom/gromov_II_2_1_1_1.html | sprache=russisch | zugriff=2013-01-25 | titel=Obyknowennaja belka – ''Sciurus (Sciurus) vulgaris''| archiv-url=https://web.archive.org/web/20070319083135/http://zoometod.narod.ru/grom/gromov_II_2_1_1_1.html| archiv-datum=2007-03-19}}</ref> sowie Hoffmann und Smith (2008).<ref>{{ Literatur| Autor=Robert S. Hoffmann, Andrew T. Smith| Titel=Family Sciuridae| Herausgeber=Andrew T. Smith, Xie Yan| Sammelwerk=A Guide to the Mammals of China| Verlag=Princeton University Press| Ort=Princeton/Oxford| Jahr=2008| ISBN=978-0-691-09984-2| Seiten=172–196| Kommentar=„Eurasian Red Squirrel“ S.&nbsp;181}}</ref>

* ''S. v. fuscoater'' in [[Mitteleuropa]] und als ''russus'' in [[Frankreich]]
* ''S. v. leucourus'' auf [[Großbritannien (Insel)|Großbritannien]] und auf [[Irland (Insel)|Irland]]
* ''S. v. alpinus'' in [[Südeuropa]] mit ''alpinus'', ''numanitus'', ''infuscatus'', ''segurae'' und ''hoffmanni'' auf der [[Iberische Halbinsel|Iberischen Halbinsel]] sowie ''italicus'' auf der [[Apennin-Halbinsel]]
* ''S. v. lilaeus'' im Westen der [[Balkanhalbinsel]] mit ''lilaeus'' und ''ameliae'' im Süden sowie ''croaticus'' im Norden
* ''S. v. balcanicus'' im Osten der Balkanhalbinsel
* ''S. v. vulgaris'' im Süden der [[Skandinavische Halbinsel|Skandinavischen Halbinsel]] und als ''carpathicus'' in den [[Karpaten]] oberhalb von 600&nbsp;Metern
* ''S. v. varius'' im Norden der Skandinavischen Halbinsel, auf der [[Kola-Halbinsel]], in [[Finnland]] und in [[Karelien]]
* ''S. v. formosovi'' im [[Nordrussisches Tiefland|Nordrussischen Tiefland]]
* ''S. v. fedjushini'' im Norden von [[Belarus]] und im angrenzenden [[Russland]]
* ''S. v. ukrainicus'' im Osten der [[Ukraine]] und im angrenzenden Russland sowie als ''kessleri'' im Süden von Belarus und in der Ukraine
* ''S. v. ognevi'' in [[Zentralrussland]] bis zum [[Ural]] sowie als ''bashkiricus'' im Ural und als ''golzmajeri'' südöstlich des Urals
* ''S. v. cinerea''
* ''S. v. exalbidus'' als ''argenteus'' im [[Westsibirisches Tiefland|Westsibirischen Tiefland]] sowie als ''kalbinensis'' im [[Altai]] und in [[Xinjiang]]
* ''S. v. altaicus'' in den [[Südsibirische Gebirge|Südsibirischen Gebirgen]]
* ''S. v. martensi'' einschließlich ''jenissejensis'' im [[Mittelsibirisches Bergland|Mittelsibirischen Bergland]]
* ''S. v. arcticus'' einschließlich ''jacutensis'' im Südosten [[Sacha]]s, in [[Oblast Magadan|Magadan]] und auf [[Kamtschatka]]
* ''S. v. anadyrensis'' auf der [[Tschuktschen-Halbinsel]]
* ''S. v. fusconigricans'' in [[Daurien]] und im Norden der [[Mongolei]]
* ''S. v. dulkeiti'' in [[Region Chabarowsk|Chabarowsk]] und auf den [[Schantar-Inseln]]
* ''S. v. rupestris'' auf [[Sachalin]]
* ''S. v. mantchuricus'' in der [[Mandschurei]], in der [[Region Primorje|Primorje]] und auf der [[Koreanische Halbinsel|Koreanischen Halbinsel]]
* ''S. v. chiliensis'' im Osten [[Volksrepublik China|Chinas]]
* ''S. v. orientis'' auf [[Hokkaidō]]

== Status, Bedrohung und Schutz ==
=== Genereller Status ===
Die [[IUCN]] (''International Union for Conservation of Nature'') stuft das Eichhörnchen aufgrund des sehr großen Verbreitungsgebietes und der großen Bestände als nicht gefährdet (''Least Concern'') ein.<ref name="IUCN">{{IUCN|Year=2015-4|ID=20025|ScientificName=Sciurus vulgaris|YearAssessed=2002|Assessor=S. Shar, D. Lkhagvasuren, S. Bertolino, H. Henttonen, B. Kryštufek, H. Meinig|Download=19. Mai 2016}}</ref> Global wird keine Gefährdung der Bestände gesehen, obwohl es regional zu Rückgängen durch Lebensraumverluste und Fragmentierung der verfügbaren Lebensräume kommt.<ref name="IUCN" />

Vor allem in der [[Mongolei]] stellt die starke Bejagung als Pelztier und der Pelzhandel ein potenzielles Risiko für die Eichhörnchenbestände dar.<ref name="IUCN" />

In Deutschland gehört das Eichhörnchen nach der [[Bundesartenschutzverordnung]] als heimische Art zu den „[[Artenschutz#Geschützte Arten in Deutschland|besonders geschützten Arten]]“. Die Tiere dürfen daher nicht gejagt, gefangen, getötet oder privat gehalten werden. Ebenso dürfen Kobel nicht entfernt und nicht geleert werden.

=== Konkurrenz durch Grauhörnchen ===
[[Datei:Eastern Grey Squirrel in St James's Park, London - Nov 2006 edit.jpg|mini|Das Grauhörnchen (''Sciurus carolinensis'') verdrängt auf den britischen Inseln allmählich das Europäische Eichhörnchen]]
Das in Großbritannien, Irland und Italien als [[Neozoon]] eingebürgerte nordamerikanische [[Grauhörnchen]] führt in Regionen gleichen Vorkommens zu einem dramatischen Bestandsrückgang des Europäischen Eichhörnchens aufgrund der Konkurrenz. Das Grauhörnchen ist erfolgreicher als das heimische Eichhörnchen, weil es die im Herbst vergrabenen Nahrungsvorräte mit größerer Sicherheit wiederfindet und dabei außerdem die Vorräte des heimischen Eichhörnchens nutzt. Befürchtet wird, dass ein Vordringen der Grauhörnchen auf dem Kontinent das Eichhörnchen hier weiter zurückdrängen könnte und die Grauhörnchen weite Teile des Verbreitungsgebiets der Eichhörnchen besiedeln könnten.<ref name="IUCN" /> Allerdings gilt die Überlegenheit der Grauhörnchen nur für Laub- und Mischwaldhabitate, in Nadelwäldern dagegen können sich die Eichhörnchen weiter gegen die nordamerikanischen Konkurrenten behaupten.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.lwf.bayern.de/waldoekologie/naturschutz/aktuell/2009/37203/index.php | titel=„Kampf“ der Hörnchen – Grauhörnchen verdrängt Eichhörnchen | zugriff=2017-01-31 | archiv-url=https://web.archive.org/web/20120206000244/http://www.lwf.bayern.de/waldoekologie/naturschutz/aktuell/2009/37203/index.php | archiv-datum = 2012-02-06}}</ref><ref>[http://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/tierwelt-auge-um-auge-nuss-um-nuss-1192758.html FAZ Tierwelt]</ref>

Hinzu kommt, dass Grauhörnchen nicht durch eine [[Infektion]] mit dem [[Parapoxvirus der Hörnchen]] an [[Parapoxvirus|Parapocken]] erkranken und dass sie das Virus als [[Wirt (Biologie)|Reservoirwirte]] an das Eichhörnchen übertragen, für das diese Virusinfektion oft tödlich ist. Bei Studien in Großbritannien wurde festgestellt, dass mehr als 60 Prozent der Grauhörnchen mit dem Virus infiziert sind und dass die Verdrängung des Eichhörnchens in Gebieten, in denen das Virus festgestellt wurde, etwa 20-mal so schnell stattfindet wie in Gebieten ohne Virusnachweis. In Italien wurde das Virus bislang nicht festgestellt.<ref name="IUCN" />

Einer irischen Studie zufolge kann eine ausreichende Population von [[Baummarder]]n die Verdrängung der Europäischen Eichhörnchen durch das Grauhörnchen verhindern. Wissenschaftler vermuten, dass die Europäischen Eichhörnchen vergleichsweise sicherer vor dem Baummarder sind, weil sie flinker sind als die Grauhörnchen und sich zur Nahrungsaufnahme seltener auf dem Boden aufhalten.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.theguardian.com/environment/2013/feb/22/red-squirrel-pine-marten-survival|titel=Red squirrel finds pine marten a fearsome ally in its fight for survival|hrsg=The Guardian|datum=2013-02-22|zugriff=2015-11-21|sprache=en}}</ref>

=== Eichhörnchen als Neozoon ===
Vor allem in Japan, wo das Eichhörnchen nicht heimisch ist, wird es regelmäßig als Haustier eingeführt. Durch eine unkontrollierte Verbreitung stellt es hier ein potenzielles Risiko für die Bestände des [[Japanisches Eichhörnchen|Japanischen Eichhörnchens]] (''Sciurus lis'') dar, mit dem es sehr nah verwandt ist.<ref name="IUCN" />

== Eichhörnchen in der Kultur ==
[[Datei:AM 738 4to Ratatoskr.png|mini|hochkant|Ratatöskr an der Weltenesche Yggdrasil. Aus einer isländischen Handschrift des 17. Jahrhunderts.]]
Von der in der Antike verbreiteten Ansicht, dass sich Eichhörnchen mit ihrem gewaltigen Schwanz selber Schatten geben könnten, stammt ihr griechischer (in die wissenschaftliche Gattungsbezeichnung eingegangener) Name σκιοῦρος ''skiuros'' („Schattenschwanz“).<ref>Henry George Liddell, Henry Stuart Jones, Robert Scott: ''A Greek-English lexicon, A new ed. (9th), rev. and augm. throughout / by Henry Stuart Jones, Oxford,'' Clarendon Pr. 1951.</ref>

In der [[Nordische Mythologie|nordischen Mythologie]] findet man das Eichhörnchen [[Ratatöskr]], das an der Weltenesche [[Yggdrasil]] auf und ab läuft.<ref name="grzimek" />

Eichhörnchenfelle werden seit alters zur Herstellung von [[Kleidung]]sstücken benutzt, die Felle werden als ''[[Feh]]'' bezeichnet.<ref name="grzimek" /> Die Winterfelle der sibirischen Unterarten des Europäischen Eichhörnchens<ref>das im Pelzhandel als „Feh“ bekannte Sibirische Eichhörnchen „Sciurus vulgaris exalbidus“ (Synonyme: S. v. argenteus, S. v. kalbinensis) [http://www.zoodirektoren.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=251:eichhoernchen-sciurus-vulgaris Eintrag auf www.zoodirektoren.de; abgerufen am 12. November 2017]</ref> mit dem blaugrauen Rücken und der weißen Bauchseite galten als besonders wertvoll. Das verarbeitete Fell wird als symbolhaftes Standeskennzeichen als [[Feh (Heraldik)|heraldisches Feh]] in Wappen dargestellt.

Dass Eichhörnchen früher auch gegessen wurden, belegen Funde von Überresten in den [[jungsteinzeit]]lichen [[Pfahlbau]]ten der Schweiz.<ref name="grzimek">Bernhard Grzimek (Hrsg.): ''Grzimeks Tierleben'', Band 11: ''Säugetiere 2''. dtv-Verlag, 1979, S. 250 ff.</ref>

Die Stadt [[Eckernförde]] sowie die Gemeinden [[Westensee (Gemeinde)|Westensee]] und [[Emkendorf]] u.&nbsp;a. zeigen das Tier jeweils auf dem [[Wappen]], siehe [[Eichhörnchen (Wappentier)]]

== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=[[Richard W. Thorington|Richard W. Thorington Jr.]], John L. Koprowski, Michael A. Steele |Titel=Squirrels of the World. |Verlag=Johns Hopkins University Press |Ort=Baltimore MD |Datum=2012 |ISBN=978-1-4214-0469-1 |Seiten=73–76}}
* {{Literatur |Autor=Igor Michailowitsch Gromow, Margarita Alexandrowna Jerbajewa |Titel=Mlekopitaiushchie fauny Rossii i sopredelnykh territorii. Zaitseobraznye i gryzuny |TitelErg=(Die Säugetiere Russlands und angrenzender Gebiete. Hasenartige und Nagetiere) |Verlag=Russische Akademie der Wissenschaften |Ort=Sankt Petersburg |Datum=1995 |Sprache=ru |Kommentar=520 Seiten, russischer Originaltitel: Млекопитающие фауны России и сопредельных территорий. Зайцеобразные и грызуны |Online={{Webarchiv |url=http://zoometod.narod.ru/grom/gromov_oglav.html |text=Volltext |wayback=20050315}} |OCLC=490694051}}
* {{Literatur |Autor=Peter W. W. Lurz, John Gurnell, Louise Magris |Titel=Sciurus vulgaris |Sammelwerk=[[Mammalian Species]] |Nummer=769 |Datum=2005 |ISSN=1545-1410 |Seiten=1–10 |Online=[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/769_Sciurus_vulgaris.pdf Volltext als PDF]}}
* {{Literatur |Autor=Sibylle Münch |Hrsg=Monika Braun, Fritz Dieterlen |Titel=Eichhörnchen. ''Sciurus vulgaris'' Linnaeus, 1758 |Sammelwerk=Die Säugetiere Baden-Württembergs |Band=Band&nbsp;2 |Verlag=Eugen Ulmer |Ort=Stuttgart |Datum=2005 |ISBN=3-8001-4246-5 |Seiten=153–166}}
* {{Literatur |Autor=J. Sidorowicz |Titel=Problems of subspecific taxonomy of squirrel (''Sciurus vulgaris'' L.) in Palaearctic |Sammelwerk=Zoologischer Anzeiger |Band=Bd.&nbsp;187 |Datum=1971 |ISSN=0044-5231 |Seiten=123–142}}
* {{Literatur |Autor=Herbert Wiltafsky |Hrsg=Jochen Niethammer, Franz Krapp |Titel=''Sciurus vulgaris'' Linnaeus, 1758 – Eichhörnchen |Sammelwerk=Handbuch der Säugetiere Europas |Band=Band&nbsp;1. Nagetiere&nbsp;I |Verlag=Akademische Verlagsgesellschaft |Ort=Wiesbaden |Datum=1978 |ISBN=3-400-00458-8 |Seiten=86–105}}
* [[Josef H. Reichholf]], Johann Brandstetter (Illustrator): ''Das Leben der Eichhörnchen.'' Hanser, München 2019, ISBN 978-3-446-26407-6.

== Weblinks ==
{{Commons|Sciurus vulgaris|Eurasisches Eichhörnchen (''Sciurus vulgaris'')}}
{{Wikispecies|Sciurus vulgaris|Eurasisches Eichhörnchen (''Sciurus vulgaris'')}}
{{Wikiquote|Eichhörnchen}}
* [http://www.waldwissen.net/wald/tiere/saeuger/wsl_eichhoernchen/index_DE ''waldwissen.net'': Eichhörnchen – Kobolde im Wald]
* [http://www.eichhoernchen-schutz.de/daseichhoernchen.html Eichhörnchen Schutz Aktionsgemeinschaft]
* {{IUCN|Year=2015-4|ID=20025|ScientificName=Sciurus vulgaris|YearAssessed=2002|Assessor=S. Shar, D. Lkhagvasuren, S. Bertolino, H. Henttonen, B. Kryštufek, H. Meinig|Download=19. Mai 2016}}
* [http://www.spurenjagd.de/index.php?option=com_fabrik&view=list&listid=5&Itemid=145&resetfilters=1&tbl_trackdoc___speciesid_fk_raw=2 ''spurenjagd.de'': Eichhörnchen – Tierspuren Enzyklopädie]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{SORTIERUNG:Eichhornchen}}
[[Kategorie:Baumhörnchen]]
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]