Quelltext der Seite Grenzvertrag zwischen Württemberg und Baden

[[Datei:Am Historischen Grenzweg Württemberg - Baden - panoramio (3).jpg|mini|Am Historischen Grenzweg Württemberg – Baden]]
Der '''Grenzvertrag zwischen dem [[Königreich Württemberg]] und dem [[Großherzogtum Baden]]''' vom 2. Oktober 1810 gehört in eine Kaskade von Verträgen, die zwischen den [[Rheinbund]]staaten [[Königreich Bayern|Bayern]], Württemberg, Baden und [[Großherzogtum Hessen|Hessen]] in Paris 1810 geschlossen wurden. Die in diesem Vertrag geschaffene Grenze zwischen Württemberg und Baden hatte in [[Baden-Württemberg]] bis zur großen [[Kreisreform Baden-Württemberg 1973|Verwaltungsreform 1973]] Bestand und ist darüber hinaus bis heute zum Beispiel in den Zuständigkeitsgebieten der evangelischen Landeskirchen und der katholischen Diözesen weitgehend erhalten geblieben.  

== Politische Voraussetzungen ==
Die Präambel des Vertrages, der nicht zufällig in [[Paris]] geschlossen wurde, umreißt etwas nebulös „die Absicht, um diejenigen Stipulationen, welche in den beiderseitigen mit [[Frankreich]] zu [[Compiegne]] am 24. April und zu Paris am 7. September dieses Jahres abgeschlossenen Traktaten in Beziehung auf beide Höfe getroffen worden sind, in Erfüllung zu bringen.“ Deutlicher beschreibt der zwischen [[Grenzvertrag zwischen Bayern und Württemberg|Bayern und Württemberg]] am 18. Mai 1810 geschlossene Grenzvertrag die politische Ausgangslage. Es mussten sowohl „bisher unberichtigt gebliebene Grenzdifferenzen und sonstige gegenseitige Ansprüche mit einem Male und auf dauerhafte Weise“ beendigt werden, als auch „diejenigen Stipulationen, welche in den beiderseitigen mit Frankreich neuerdings abgeschlossenen Traktaten festgesetzt worden sind, durch einen abschließenden Vertrag in Erfüllung“ gebracht werden. Hiermit wird ohne Umschweife der Druck des Kaisers der Franzosen, [[Napoleon Bonaparte]], auf die süddeutschen Rheinbundfürsten umschrieben. Napoleon lag daran, in Süddeutschland drei leistungsfähige Staaten – Bayern, Württemberg und Baden – zu schaffen, die in der Lage wären, seine Forderungen auf Truppengestellungen auch zu erfüllen. Hier war nach den Bestimmungen im [[Friede von Pressburg|Frieden von Pressburg]] vom 26. Dezember 1805 und dem [[Friede von Schönbrunn|Frieden von Schönbrunn]] vom 14. Oktober 1809 das Königreich Bayern zu großzügig bedacht worden. Als [[Entschädigung|Kompensation]] für den Gewinn von Tirol und Salzburg sollte Bayern im Westen Gebiete an Württemberg abtreten, das im weiteren Verlauf dann Baden entschädigen sollte. Dabei sollte jeder der drei Staaten einen Zugang zum Bodensee erhalten. Baden schließlich sollte das [[Großherzogtum Hessen]] entschädigen. Während der Vertrag zwischen Bayern und Württemberg keine bestimmte Anzahl von Einwohnern nennt, bestimmt Artikel I des Vertrags zwischen Württemberg und Baden einen Umfang von „45 000 Seelen“ für den Gebietsaustausch.

== Vertragschließende Parteien ==
König [[Friedrich (Württemberg)|Friedrich I.]] von Württemberg ernannte seinen außerordentlichen Gesandten [[Heinrich Levin von Wintzingerode]], Großherzog [[Karl Friedrich (Baden)|Karl Friedrich]] von Baden seinen Innenminister Freiherr [[Conrad Karl Friedrich von Andlau-Birseck]] als Bevollmächtigten. Der Vertrag fixiert den Grenzverlauf, „um dem bestimmten Ansinnen Seiner Majestät des Kaisers“ (Napoleon) zu entsprechen, und legt im Einzelnen genau die Gebietsabtretungen Württembergs an Baden fest.

Der logisch vorausgehende [[Grenzvertrag zwischen Bayern und Württemberg]] wurde am 18. Mai 1810 ebenfalls in Paris geschlossen.

== Grenzverlauf ==
[[Datei:KgrWuerttemberg.png|mini|Grenzverlauf ab 1810]]
[[Datei:Baden.svg|mini|Baden]]
Die wichtigste Abtretung betraf die 1805 an Württemberg gefallene ehemals [[vorderösterreich]]ische [[Landgrafschaft Nellenburg]] mit ihrem Zubehör. Der auch als [[Hegau]] bezeichnete Raum nahm eine Schlüsselstellung ein: für Württemberg sicherte er die für den Handel wichtige Verbindung zur [[Schweiz]], für Baden ermöglichte er den Zugang zu den 1803 bis 1805 erworbenen Besitzungen am Bodensee. Deutlich wird dies im Artikel XIII des Vertrags, wenn der „badische großherzogliche Hofe unter obenerwähnter kaiserlichen französischen Garantie“ sich verpflichtete, auf den Routen von [[Tuttlingen]] über [[Engen]], [[Thayngen]] nach [[Schaffhausen]] und von [[Riedlingen]], [[Mengen]] über [[Meßkirch]], [[Stockach]] und [[Radolfzell am Bodensee|Radolfzell]] keine Zölle zu erhöhen und keine „Commercialhindernisse zu erregen.“

Weiterhin wurden auch altwürttembergische Gebiete wie das Oberamt Hornberg mit [[Sankt Georgen im Schwarzwald]], [[Schiltach]], [[Hornberg]], [[Gutach (Schwarzwaldbahn)|Gutach]] und [[Reichenbach (Hornberg)|Reichenbach]] sowie weiteren Gebieten Baden zugeschlagen. Das Bestreben, durch die Gebietsabtretungen bestehende [[Kondominium|Kondominien]] aufzulösen, ist klar erkennbar.

Von Württemberg wurden an Baden abgetreten:

* [[Landkreis Stockach|Oberamt Stockach]] (zu den badischen Bezirksämtern [[Landkreis Stockach|Stockach]], [[Landkreis Konstanz|Konstanz]] und [[Bezirksamt Engen|Engen]], [[Aach-Linz|Linz]] zum [[Landkreis Überlingen|Bezirksamt Heiligenberg]], [[Sipplingen]] zum [[Landkreis Überlingen|Bezirksamt Überlingen]]):
* Landgrafschaft Nellenburg
** mit Stadt Stockach (Amtssitz der Landgrafschaft Nellenburg), Stadt Radolfzell (Direktorialstadt für Nellenburg), Stadt [[Aach (Hegau)|Aach]],
** mit den Kameralorten [[Eigeltingen#Heudorf im Hegau|Heudorf im Hegau]], [[Stockach#Stadtgliederung|Hindelwangen]], [[Emmingen-Liptingen|Liptingen]], [[Schwandorf (Neuhausen)|Schwandorf]] (Landgericht im [[Hegau]] und [[Madach (Landschaft)|Madach]]), [[Stockach#Stadtgliederung|Mahlspüren im Hegau]], [[Orsingen-Nenzingen|Nenzingen]], [[Stockach#Stadtgliederung|Raithaslach]], [[Sipplingen]], [[Stockach#Stadtgliederung|Winterspüren]], [[Zoznegg (Mühlingen)|Zoznegg]],
** Standesherrschaft [[Hilzingen#Gemeindegliederung|Schlatt am Randen]] ([[Fürstentum Fürstenberg]]),
** Standesherrschaft [[Böhringen (Radolfzell)|Rickelshausen]] (von [[Senger und Etterlin]]),
** Standesherrschaft [[Singen (Hohentwiel)|Singen]] und [[Burg Mägdeberg|Mägdeberg]] ([[Enzenberg (Adelsgeschlecht)|Enzenberg]]),
** Standesherrschaft [[Büsingen am Hochrhein|Büsingen]] ([[Im Thurn|Junker im Thurn]]),
** Standesherrschaft [[Stockach#Stadtgliederung|Zizenhausen]] ([[Krafft von Festenberg]] auf Frohnberg),
** Standesherrschaft [[Friedingen (Singen)#Ortsgliederung|Hof Neuhaus bei Radolfzell]] ([[Kreisarzt|Physicus]] Dr. Allmayer),
** Obervogteiamt [[Eigeltingen#Münchhöf-Homberg|Münchhöf]] ([[Reichsabtei Salem|Abtei Salmannsweiler]] unter nellenburgischer Landeshoheit),
** Standesherrschaft [[Gailingen am Hochrhein#Gemeindegliederung|Obergailingen]] ([[Kloster St. Katharinental]] unter nellenburgischer Landeshoheit),
** Herrschaft [[Stockach#Stadtgliederung|Hoppetenzell]] ([[Johanniterorden]], Kommende [[Überlingen]]),
** Spitalisches Amt [[Bodman-Ludwigshafen#Ludwigshafen|Sernatingen]] im Nellenburgischen (Reichsstadt Überlingen) (1826 Umbenennung von Sernatingen in [[Bodman-Ludwigshafen#Ludwigshafen|Ludwigshafen]]),
** Herrschaft [[Eigeltingen#Reute|Reute im Hegau]] (Stadt Schaffhausen unter nellenburgischer Landeshoheit)
** [[Reichsritterschaft]], [[Schwäbischer Ritterkreis]], [[Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee|Kanton im Hegau, Allgäu und am Bodensee]] (Der Kanton zerfiel in die Bezirke Allgäu-Bodensee mit Kanzlei in [[Wangen im Allgäu|Wangen]] und Hegau mit Kanzlei in Radolfzell):
*** [[Ruine Hohenstoffeln|Herrschaft Hohenstoffeln]] (Freiherr von [[Hornstein (Adelsgeschlecht)|Hornstein]]),
*** [[Hilzingen#Gemeindegliederung|Pfaffwiesen]] in der Herrschaft Hohenstoffeln ([[Waldburg-Zeil#Waldburg-Zeil-Trauchburg|Truchsess von Waldburg-Zeil-Zeil und Trauchburg]]),
*** [[Burg Hohenkrähen|Herrschaft Hohenkrähen]] (Freiherr von [[Reischach (Adelsgeschlecht)|Reischach]]),
*** Herrschaft [[Ruine Heilsberg|Heilsberg]] und [[Gottmadingen#Gemeindegliederung|Randegg]] (Freiherr von [[Deuring (Adelsgeschlecht)|Deuring]]),
*** Herrschaft [[Gailingen am Hochrhein|Gailingen]] (Freiherr von Liebenfels, Kondominium mit Stadt Schaffhausen),
*** [[Schloss Bodman|Herrschaft Bodman]] ([[Bodman (Adelsgeschlecht)#Linien und Besitzungen|Bodman zu Bodman]]),
*** Herrschaft [[Schlatt unter Krähen]] (Bodman zu Bodman),
*** Herrschaft [[Ruine Kargegg|Kargegg]] ([[Bodman (Adelsgeschlecht)#Linien und Besitzungen|Bodman zu Kargegg]]),
*** [[Schloss Langenstein|Herrschaft Langenstein]] (Freiherr von [[Schloss Welsperg|Welsperg]]),
*** Herrschaft [[Beuren an der Aach]] (Freiherr von Liebenfels, später an Freiherr von Welsperg),
*** Herrschaft [[Steißlingen]] (Freiherr von [[Stotzingen (Adelsgeschlecht)|Stotzingen]]),
*** Herrschaft [[Mühlingen]] (Freiherr von [[Buol-Berenberg|Buol]]),
*** [[Buol-Berenberg|Herrschaft Berenberg]] ([[Joseph Ignaz von Beroldingen|Graf von Beroldingen]]),
*** Herrschaft [[Aach-Linz|Linz]] (Erzherzog von [[Österreich]]),
*** Herrschaft [[Mainwangen]] (Abtei Salmannsweiler),
*** [[Homburg (Stahringen)|Herrschaft Homburg]] ([[Hochstift Konstanz]]).

* Vom [[Oberamt Tuttlingen]] (zum badischen [[Bezirksamt Donaueschingen]], [[Gutenstein (Sigmaringen)|Gutenstein]] zum badischen [[Bezirksamt Stetten am kalten Markt]]):
** Pfarrgemeinde [[Öfingen]],
* Landgrafschaft Nellenburg
** [[Biesingen (Bad Dürrheim)|Biesingen]]
** Standesherrschaft [[Schloss Gutenstein|Gutenstein]] (Graf [[Schenk von Castell]]).

* Vom [[Oberamt Balingen|Oberamt Ebingen]] (zu den badischen Bezirksämtern [[Bezirksamt Meßkirch|Meßkirch]] und [[Bezirksamt Stetten am kalten Markt|Stetten am kalten Markt]]):
* Obere Reichsgrafschaft [[Hohenberg (schwäbisches Adelsgeschlecht)|Hohenberg]] ([[Vorderösterreich]]),
** [[Burgruine Kallenberg|Burg Kallenberg]] ohne die zugehörigen Dörfer ([[Carl von Ulm zu Erbach|Freiherr von Ulm zu Erbach]]),
** [[Schloss Werenwag|Herrschaft Werenwag]] (Freiherr von Ulm zu Erbach),
** Obervogteiamt [[Stetten am kalten Markt]] (Abtei Salmannsweiler unter hohenbergischer Landeshoheit),
** Herrschaft [[Hausen im Tal]] (Abtei Salmannsweiler in der Reichsritterschaft, im Schwäbischen Ritterkreis und im Kanton im Hegau, Allgäu und Bodensee).

* [[Hornberg#Bis zum 19. Jahrhundert|Oberamt Hornberg]] (zum badischen [[Landkreis Wolfach|Bezirksamt Hornberg]]):
** das altwürttembergische Oberamt Hornberg mit [[Hornberg]], [[Schiltach]], [[Buchenberg (Königsfeld im Schwarzwald)|Buchenberg]], [[Gutach (Schwarzwaldbahn)|Gutach]], [[Kirnbach (Wolfach)|Kirnbach]], [[Königsfeld im Schwarzwald]], [[Lehengericht]], [[Mönchweiler]], [[Peterzell (St. Georgen im Schwarzwald)|Peterzell]], [[Reichenbach (Hornberg)|Reichenbach]], [[Weiler (Königsfeld im Schwarzwald)|Weiler]],
** Teile des altwürttembergischen [[Kloster Sankt Georgen im Schwarzwald|Klosteroberamt St. Georgen]] mit [[Sankt Georgen im Schwarzwald|St. Georgen]], [[Brigach (St. Georgen im Schwarzwald)|Brigach]], [[Langenschiltach]], [[Oberkirnach]], [[Stockburg]], [[Tennenbronn|Ev. Tennenborn]].

* Vom [[Oberamt Rottweil]] (zum badischen [[Landkreis Villingen|Bezirksamt Villingen]]):
** Teile des altwürttembergischen Klosteroberamt St. Georgen mit [[Kappel (Niedereschach)|Kappel]], [[Schabenhausen]],
** Besitz der Reichsstadt [[Rottweil]]:
*** Bruderschaftsoberpflegeamt ([[Dauchingen]], [[Weilersbach (Villingen-Schwenningen)|Weilersbach]]),
*** Pürschvogteiamt ([[Fischbach (Niedereschach)|Fischbach]], [[Fischbach (Niedereschach)#Verwaltung|Sinkingen]]),
*** Reichsritterschaft, Schwäbischer Ritterkreis, [[Ritterkanton Neckar-Schwarzwald|Kanton am Neckar und Schwarzwald]] ([[Niedereschach]]).

* Vom [[Oberamt Maulbronn]] (zum badischen [[Landkreis Pforzheim|Bezirksamt Pforzheim]], Ruit zum [[Bezirksamt Bretten]]):
** Teile des altwürttembergischen [[Kloster Maulbronn|Klosteroberamt Maulbronn]] ([[Bretten#Stadtgliederung|Ruit]], [[Niefern-Öschelbronn|Öschelbronn]]),
** Kondominium Kieselbronn in der Reichsritterschaft, Schwäbischer Ritterkreis, [[Ritterkanton Kraichgau|Kanton Kraichgau]] ([[Göler von Ravensburg]]).

* Vom [[Oberamt Brackenheim]] (zum badischen [[Bezirksamt Bretten]]):
** Vogtei [[Kürnbach]] (Kondominium [[Herzogtum Württemberg]] mit [[Landgrafschaft Hessen-Darmstadt]], Kürnbach württembergischen Anteils an Baden).

* Vom [[Oberamt Mergentheim]] (zum badischen [[Bezirksamt Gerlachsheim]]):
** Amt [[Balbach (Tauber)|Balbach]] (Kondominium Herzogtum Württemberg mit [[Meistertum Mergentheim|Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Tauberoberamt Mergentheim]], [[Oberbalbach]] württembergischen Anteils an Baden),
** Vom [[Amt Lauda]] des [[Hochstift Würzburg|Hochstifts Würzburg]] das Dorf [[Unterbalbach]].

== Weblinks ==
* [http://www.documentarchiv.de/nzjh/1810/grenzvertrag_wuertemberg-baden.html „Gränzvertrag zwischen dem Königreich Würtemberg und dem Großherzogthum Baden vom 2. Oktober 1810“] auf der Webseite ''documentArchiv.de''

== Siehe auch ==
* [[Pariser Vertrag (1810)]]
* [[Grenzvertrag zwischen Bayern und Württemberg]] 1810
* [[Grenzvertrag zwischen Baden und Hessen]] 1810

[[Kategorie:Ereignis 1810]]
[[Kategorie:Badische Geschichte]]
[[Kategorie:Württembergische Geschichte]]
[[Kategorie:Grenzvertrag|Wurttemberg und Baden 1810]]
[[Kategorie:Historische Geographie (Baden-Württemberg)]]
[[Kategorie:Deutsche Geschichte (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Vertrag (Deutschland)]]
[[Kategorie:Vertrag (19. Jahrhundert)]]