Quelltext der Seite Neuumschreibung der katholischen Diözesen in Deutschland nach dem Wiener Kongress

[[Datei:Neuumschreibung katholischer Diözesen nach Wiener Kongress.png|mini|hochkant 1.7|Die alte Diözesangliederung (schwarze Grenzlinien) und die Neuumschreibung nach dem [[Wiener Kongress]] (Farbflächen) auf dem Gebiet der heutigen [[Bundesrepublik Deutschland]]]]
Die '''Neuumschreibung der katholischen Diözesen in Deutschland nach dem Wiener Kongress''' war ein wichtiger Teil der Reorganisationsaufgabe, vor der die [[römisch-katholische Kirche in Deutschland]] nach dem Ende des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reichs]] und der [[Reichskirche#Reichskirchensystem im Heiligen Römischen Reich|Reichskirche]] ([[Reichsdeputationshauptschluss]] 1803) in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts stand. Die alte Kirchenorganisation, die wesentlich auf den geistlichen Fürstentümern ([[Hochstift]]en), ihrem Rechtsstatus und ihrer Wirtschaftsleistung beruhte, musste ab 1815, nach der politischen Konsolidierung des [[Wiener Kongress]]es, durch eine Diözesanstruktur ohne staatliche Souveränität und steuerkräftige Territorien ersetzt werden. Dazu war neben dem Aushandeln von [[Säkularisation]]sausgleichen vor allem eine Neuumschreibung der [[Diözese]]n erforderlich, die den neuen politischen Verhältnissen Rechnung trug.

== Die alte Diözesangliederung ==
Die alten Diözesangrenzen waren noch unter [[Karl der Große|Karl dem Großen]] und seinen ersten Nachfolgern gezogen worden und seit der Gründung des [[Erzbistum Bamberg|Bistums Bamberg]] 1007 weitgehend unverändert geblieben.<ref>Gebietsveränderungen der mit den Bischofssitzen verbundenen Hochstifte (Fürstbistümer) wirkten sich auf die kirchenrechtliche Diözesaneinteilung nicht aus.</ref> Als Folge der [[Reformation]] gingen im 16. Jahrhundert die nord- und ostdeutschen Diözesen [[Bistum Brandenburg|Brandenburg]], [[Erzbistum Bremen|Bremen]], [[Bistum Halberstadt|Halberstadt]], [[Bistum Havelberg|Havelberg]], [[Bistum Cammin|Kammin]], [[Bistum Lebus|Lebus]], [[Bistum Lübeck|Lübeck]], [[Bistum Magdeburg|Magdeburg]], [[Bistum Meißen|Meißen]], [[Bistum Merseburg|Merseburg]], [[Bistum Minden|Minden]], [[Bistum Naumburg-Zeitz|Naumburg-Zeitz]], [[Bistum Ratzeburg|Ratzeburg]], [[Bistum Schwerin|Schwerin]] und [[Bistum Verden|Verden]] unter. Ihre Gebiete wurden im [[Apostolisches Vikariat des Nordens|Apostolischen Vikariat des Nordens]] zusammengefasst, das im 18. Jahrhundert verschiedene Teilungen und Ausgliederungen erfuhr, ohne dass jedoch neue reguläre Bistümer errichtet wurden. Im [[Augsburger Religionsfrieden]] und im [[Westfälischer Frieden|Westfälischen Frieden]] war die bischöfliche Jurisdiktion für die protestantischen Territorien suspendiert worden. Bevölkerungswanderung und politische Grenzverschiebungen führten jedoch in der Folgezeit dazu, dass auch dort wieder Katholiken lebten und katholische Gemeinden entstanden.

== Die Neuumschreibung ==
=== Voraussetzungen ===
Die neuen Staatsgebilde des Wiener Kongresses umfassten mehrheitlich sowohl katholische wie protestantische Landesteile. Die Fürsten, die für ihre protestantischen Untertanen das [[Landesherrliches Kirchenregiment|landesherrliche Kirchenregiment]] ausübten, wünschten sich auch katholische Diözesen innerhalb ihrer Landesgrenzen, auf die sie ohne Einmischung fremder Souveräne Einfluss nehmen konnten. Die [[Kurie|römische Kurie]] und die deutschen Bischöfe andererseits waren zwar auf Unabhängigkeit in geistlichen Belangen, etwa in Schul- und Eheangelegenheiten, bedacht, konnten aber auf ein geregeltes Zusammenwirken mit den staatlichen Stellen und auf [[Dotation]] ihrer Institutionen nicht verzichten. Darüber kam es zu langen und teilweise schwierigen Verhandlungen, deren Ergebnis die [[Konkordat]]e und [[Zirkumskriptionsbulle]]n der Jahre 1817 bis 1824 waren.   

=== Grundsätze ===
Bei der Neuumschreibung wurden die Diözesangrenzen mit den politischen Grenzen von 1815 zur Deckung gebracht. Jedem Staat sollten ein oder mehrere Bistümer entsprechen. In keinem Staat sollten Diözesangebiete auswärtiger Bischofssitze liegen. Mit einigen Abweichungen von diesen Grundsätzen vor allem für Kleinststaaten entstand so eine kirchliche Landkarte, von der sich wesentliche Teile bis heute erhalten haben.

=== Staaten und Diözesen ===
* [[Königreich Bayern]]:<ref>[[Bayerisches Konkordat (1817)]].</ref> 
** Erzbistümer [[Erzbistum München und Freising|München und Freising]] und [[Erzbistum Bamberg|Bamberg]] 
** Bistümer [[Bistum Augsburg|Augsburg]], [[Bistum Eichstätt|Eichstätt]], [[Bistum Passau|Passau]], [[Bistum Regensburg|Regensburg]], [[Bistum Speyer|Speyer]] und [[Bistum Würzburg|Würzburg]]  
** Aufgehoben wurden das [[Bistum Chiemsee]] und die Diözesanrechte von [[Fürstpropstei Berchtesgaden|Berchtesgaden]].
* [[Großherzogtum Baden]] sowie [[Hohenzollern-Hechingen]] und [[Hohenzollern-Sigmaringen]]:<ref name=PS>Zirkumskriptionsbulle [[Provida solersque]] (1821).</ref>
** [[Erzbistum Freiburg]]<ref name=neu>Neu errichteter Bischofssitz.</ref>
** Aufgehoben wurde das [[Bistum Konstanz]]
* [[Königreich Württemberg]]:<ref name=PS /> 
** [[Diözese Rottenburg-Stuttgart|Bistum Rottenburg]]<ref name=neu />
** Aufgehoben wurde das Bistum Konstanz
* [[Großherzogtum Hessen]]:<ref name=PS />
** [[Bistum Mainz]]
** Aufgehoben wurde das [[Bistum Worms]].
* [[Herzogtum Nassau]] und [[Freie Stadt Frankfurt]]:<ref name=PS />
** [[Bistum Limburg]]<ref name=neu />
* [[Kurfürstentum Hessen]]:<ref name=PS />
** [[Bistum Fulda]]
* [[Königreich Preußen]]<ref name=DSA>Zirkumskriptionsbulle [[De salute animarum]] (1821).</ref>
** [[Rheinprovinz]]:
*** [[Erzbistum Köln]]<ref>Das [[Bistum Aachen]] wurde erst 1930 aus dem Erzbistum Köln ausgegliedert.</ref>
*** [[Bistum Trier]]
*** [[Regierungsbezirk Kleve|Niederrhein]] zu Münster
** [[Provinz Westfalen]]:
*** [[Erzbistum Paderborn|Bistum Paderborn]]<ref>Seit 1930 Erzbistum; es umfasste auch die Fürstentümer [[Fürstentum Lippe|Lippe]] und [[Waldeck]].</ref>
*** [[Bistum Münster]]<ref name=old>Für das Großherzogtum Oldenburg war zeitweise ein eigenes Bistum erwogen worden. Wegen der alten Zugehörigkeit des [[Niederstift Münster|Niederstifts]] zu Münster wurde das Gebiet jedoch Teil des Bistums Münster mit begrenzter Autonomie.</ref>
*** Aufgehoben wurde das [[Corvey|Bistum Corvey]].
** [[Provinz Sachsen]]:
*** zu Paderborn
** [[Provinz Schlesien]]:
*** [[Erzbistum Breslau|Bistum Breslau]]
** [[Provinz Brandenburg]] und [[Provinz Pommern]]:
*** [[Erzbistum Berlin#Fürstbischöfliche Delegatur für Brandenburg und Pommern des Bistums Breslau|Fürstbischöfliche Delegatur für Brandenburg und Pommern des Bistums Breslau]];
*** [[Niederlausitz]] zu Breslau
** [[Provinz Posen]]:
*** [[Erzbistum Gnesen]]
*** [[Erzbistum Posen]]
** [[Provinz Westpreußen]]:
*** [[Bistum Kulm]]
** [[Provinz Ostpreußen]]:
*** [[Bistum Ermland]]
* [[Großherzogtum Oldenburg]]:<ref name=DSA />
** [[Bischöflich Münstersches Offizialat]] mit Sitz in [[Vechta]]<ref name=old />
* [[Königreich Hannover]]:<ref>Zirkumskriptionsbulle [[Impensa Romanorum Pontificum]] (1824).</ref>
** [[Bistum Hildesheim]]
** [[Bistum Osnabrück]]
* [[Herzogtum Braunschweig]]:
** bis 1834 beim [[Apostolisches Vikariat des Nordens|Apostolischen Vikariat des Nordens]]; dann zu Hildesheim
* [[Anhalt-Dessau]] und [[Anhalt-Köthen]]:
** [[Apostolisches Vikariat Anhalt]]
* [[Thüringische Staaten]]:
** wechselnde Zugehörigkeiten<ref>„Kompliziert war die Situation in den thüringischen Staaten; hier konsolidierte sich die Situation erst in der 2. Hälfte des 19. Jh. Außer den Teilen, die 1821 an Fulda kamen bzw. seitdem von Fulda verwaltet wurden (...), ging [[Herzogtum Sachsen-Meiningen|Sachsen-Meiningen]] an Würzburg, [[Reuß jüngere Linie]] am 15. 3. 1822 an [[Erzbistum Prag|Prag]] (!)[, später aber ans Apostolische Vikariat in den Sächsischen Erblanden (s.u.)], während [[Schwarzburg]] zunächst ohne Bistumszugehörigkeit blieb. [[Sachsen-Altenburg]] wurde seit den 20er Jahren von Sachsen aus mitverwaltet“ (Martin S. 69*, Hinzufügung in eckigen Klammern nicht Original).</ref>
* [[Königreich Sachsen]]:
** [[Bistum Dresden-Meißen#Apostolische Präfektur Meißen|Apostolische Präfektur Meißen, genannt Lausitz]] mit Sitz in [[Bautzen]]<ref name=KS>Am 24. Juni 1921 erhob [[Benedikt XV.]] die Präfektur Meißen, zuständig für die [[Kreishauptmannschaft Bautzen]], zum neuen Bistum Meißen (vgl. [[Sollicitudo omnium ecclesiarum (Benedikt XV.)|Sollicitudo omnium ecclesiarum]]), wobei der Sitz der Präfektur in Bautzen als Bischofssitz beibehalten wurde. Vgl. [http://www.catholic-hierarchy.org/diocese/ddres.html "Diocese of Dresden-Meissen"], auf: [http://www.catholic-hierarchy.org ''Catholic Hierarchy''], abgerufen am 8. Februar 2011.</ref> 
** [[Liste der Bischöfe von Dresden-Meißen#Die Apostolischen Vikare in den Sächsischen Erblanden|Apostolisches Vikariat in den Sächsischen Erblanden]] mit Sitz in [[Dresden]]<ref>Das rangniedrigere Vikariat in den Sächsischen Erblanden, das neben dem übrigen Sachsen noch [[Sachsen-Altenburg]], [[Reuß ältere Linie|Reuß ältere]] und [[Reuß jüngere Linie|jüngere Linie]] umfasste, wurde 1921 aufgehoben und sein Gebiet dem neuen Bistum Meißen eingegliedert. Vgl. [http://www.catholic-hierarchy.org/diocese/ddres.html "Diocese of Dresden-Meissen"], auf: [http://www.catholic-hierarchy.org ''Catholic Hierarchy''], abgerufen am 8. Februar 2011.</ref> 
* [[Bremen]], [[Hamburg]], [[Herzogtum Holstein]], [[Lübeck]], [[Mecklenburg-Schwerin]] und [[Mecklenburg-Strelitz]], [[Herzogtum Sachsen-Lauenburg]] und [[Schaumburg-Lippe]]:
** beim Apostolischen Vikariat des Nordens
* Die [[Hessen-Homburg|Landgrafschaft Hessen-Homburg]] war in der Zirkumskriptionsbulle ''Provida solersque'' vergessen worden. Sie wurde zunächst vom Bistum Mainz aus verwaltet, was Rom im Jahr 1862 mit der Einsetzung des Mainzer Bischofs zum Apostolischen Delegaten bestätigte. 1884 wurden die rechtsrheinischen Gebiete Hessen-Homburgs dem Bistum Limburg zugeordnet.<ref>Klaus Schatz: ''Geschichte des Bistums Limburg'', Mainz 1983, S. 188–189.</ref> <!-- Amt Meisenheim fehlt noch, da gibt meine Quelle leider nichts her. -->

== Literatur ==
* [[Jochen Martin]]: ''Die Umorganisation der katholischen Kirche in Deutschland 1802–1821/24''. In: ''Atlas zur Kirchengeschichte'', Freiburg 1987, S. 68*–69*.

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Geschichte der römisch-katholischen Kirche in Deutschland]]