Quelltext der Seite Robinson-Schöpf-Reaktion

[[Datei:Robert Robinson organic chemist.jpg|mini|hochkant=0.5|Robert Robinson (1886–1975)]]

Die '''Robinson-Schöpf-Reaktion''' (auch '''Robinson-Schöpf-Kondensation''', '''Robinson-Synthese''' oder '''Robinson-Tropinon-Synthese''' genannt) ist eine [[Namensreaktion]] der [[Organische Chemie|Organischen Chemie]]. Sie zählt zu den [[Multikomponentenreaktion]]en und dient der Synthese von [[Tropinon]]. Ihr Name geht auf den britischen Chemiker [[Robert Robinson|Robert Robinson (1886–1975)]] und den deutschen Chemiker [[Clemens Schöpf|Clemens J. Schöpf (1899–1970)]] zurück. 1917 wurde die Reaktion erstmals von Robinson in der Literatur beschrieben und 1935 von Schöpf verbessert.<ref name="Zerong">Z. Wang: ''Comprehensive Organic Name Reactions and Reagents.'' Volume 3, John Wiley & Sons, Hoboken 2009, ISBN 978-0-471-70450-8, S.&nbsp;2414–2417.</ref><ref name="Robinson1">R. Robinson: ''LXIII. – A Synthesis of Tropinone.'' In: ''[[Journal of the Chemical Society]].'' Band 111, 1917, S.&nbsp;762–768, [[doi:10.1039/CT9171100762]].</ref><ref name="Robinson2">R. Robinson: ''LXXV.-A Theory of the Mechanism of the Phytochemical Synthesis of certain Alkaloids.'' In: ''[[Journal of the Chemical Society]].'' Band 111, 1917, S.&nbsp;876–899, [[doi:10.1039/ct9171100876]].</ref><ref name="Schöpf1">C. Schöpf, G. Lehmann: ''Die Synthese des Tropinons, Pseudopelletierins, Lobelanins und verwandter Alkaloide unter physiologischen Bedingungen.'' In: ''[[Justus Liebigs Annalen der Chemie]].'' Band 518, Nr. 1, 1935, S.&nbsp;1–37, [[doi:10.1002/jlac.19355180102]].</ref> Dem deutschen Chemiker gelang es hierbei die Synthese unter physiologischen Bedingungen ([[pH-Wert|pH]]&nbsp;=&nbsp;5–9) ablaufen zu lassen und die Ausbeute in diesem Zuge deutlich zu steigern.<ref name="Schöpf1" /><ref name="Schöpf2">C. Schöpf: ''Die Synthese von Naturstoffen, insbesondere von Alkaloiden, unter physiologischen Bedingungen und ihre Bedeutung für die Frage der Entstehung einiger pflanzlicher Naturstoffe in der Zelle.'' In: ''[[Angewandte Chemie (Zeitschrift)|Angewandte Chemie]].'' Band 50, Nr. 40, 1937, S.&nbsp;779–787, [[doi:10.1002/ange.19370504002]].</ref>

== Übersichtsreaktion ==
Ursprünglich wurde die Reaktion von [[Methylamin]], [[Succinaldehyd]] und [[Acetondicarbonsäure]] zu [[Tropinon]] als Robinson-Schöpf-Reaktion bezeichnet. An diesem Beispiel wird die Reaktion dargestellt:<ref name="Zerong" /><br />

[[Datei:RobinsonSchoepf-UV 4.svg|rahmenlos|hochkant=3|zentriert|Übersichtsreaktion der Robinson-Schöpf-Reaktion]]<br />

Es ist möglich auch anstelle von Succinaldehyd andere [[Aldehyd]]e (außer [[Formaldehyd]]) einzusetzen, wodurch weitere [[Tropan-Alkaloide]] erhalten werden können.<ref name="Paquette">[[Leo A. Paquette|L. A. Paquette]], J. H. Heimaster: ''The Stereochemical Course of a Robinson-Schöpf Biogenetic-Type Reaction. The Conformation of Certain Tricyclic Tropane Congeners.'' In: ''[[Journal of the American Chemical Society]].'' Band 88, Nr. 4, 1966, S.&nbsp;763–768, [[doi:10.1021/ja00956a029]].</ref> Darauf wird im Abschnitt ''Anwendungsbeispiele'' näher eingegangen.

== Reaktionsmechanismus ==
Wie oben bereits beschrieben, soll ein möglicher Reaktionsmechanismus am Beispiel der Synthese von Tropinon vorgestellt werden.<ref name="Zerong" /><br />
Formal gesehen, lässt sich der Mechanismus der Robinson-Schöpf-Reaktion als doppelte [[Mannich-Reaktion]] beschreiben. In den ersten Schritten kommt es zu einer [[intermolekular]]en Mannich-Reaktion. Dabei wird der Succinaldehyd ('''1''') [[nucleophil]] von Methylamin ('''2''') angegriffen, wobei es unter Wasserabspaltung zur Bildung des [[Imin]]s kommt ('''3'''). Durch einen [[intramolekular]]en nucleophilen Angriff kommt es durch einen Ringschluss zur Ausbildung des cyclischen [[Zwitterion]]s ('''4'''). Durch dieses cyclische Zwitterion wird die Diacetoncarbonsäure ('''5''') deprotoniert, sodass sich die Enolat-Form der Säure bildet ('''5a'''). Im nächsten Schritt erfolgt die Addition des Enolats ('''5a''') an das cyclische [[Iminiumion]] ('''4a'''), wodurch die erste Mannich-Reaktion mit dem Zwischenprodukt ('''6''') abgeschlossen ist.<br />
[[Datei:RobinsonSchoepf-RM1 V4.svg|rahmenlos|hochkant=3|zentriert|1. Teil des Reaktionsmechanismus der Robinson-Schöpf-Reaktion]]

Das Zwischenprodukt ('''6''') kann auf verschiedene Arten graphisch dargestellt werden, wobei alle Arten das gleiche Molekül zeigen. Der zweite Teil des Reaktionsmechanismus wird mit Variante ('''iii''') erklärt:<br />

[[Datei:Zwischenprodukt.svg|rahmenlos|hochkant=2.5|zentriert|Verschiedene Darstellungen des Zwischenproduktes der Robinson-Schöpf-Reaktion]]

Im zweiten Teil des Reaktionsmechanismus kommt es mit dem Zwischenprodukt ('''6''') direkt zur zweiten Mannich-Reaktion, die intramolekular abläuft. Auch hierbei bildet sich unter Wasserabspaltung ein Zwitterion ('''7'''). Nach Ausbildung der Enol-Form, kommt es erneut zu einem Ringschluss, sodass die bicyclische Grundstruktur ('''8''') geschaffen ist. Durch doppelte [[Decarboxylierung|β-Decarboxylierung]] bildet sich das Endprodukt, Tropinon ('''9'''):<ref name="Zerong" /><br />

[[Datei:RobinsonSchoepf-RM2 V4.svg|rahmenlos|hochkant=3|zentriert|2. Teil der Robinson-Schöpf-Reaktion]]

== Atomökonomie ==
Eine chemische Reaktion hat eine sehr gute [[Atomökonomie]], wenn aus den Edukten nur das gewünschte Hauptprodukt gebildet wird und keine unerwünschten [[Nebenprodukt]]e auftreten. Es entsteht also kein Abfall.<ref name="Trost">B. M. Trost: ''On Inventing Reactions for Atom Economy.'' In: ''[[Accounts of Chemical Research]].'' Band 35, Nr. 9, 2001, S.&nbsp;695–705, [[doi:10.1021/ar010068z]].</ref>
Betrachtet man den Reaktionsmechanismus der Robinson-Schöpf-Reaktion, wird deutlich, dass in der Synthese von Tropinon je zwei [[Äquivalent]]e [[Wasser]] und [[Kohlenstoffdioxid]] abgespalten werden und somit als Abfall anfallen. Die Atomökonomie kann daher also eher als mittelmäßig eingestuft werden, sodass diese Namensreaktion unter diesem Gesichtspunkt nicht sehr effizient abläuft.

== Anwendungsbeispiele ==
Die Robinson-Schöpf-Reaktion wird eingesetzt, um Tropan-Alkaloide synthetisch herzustellen. Grundsätzlich ist es möglich, durch die klassische Robinson-Schöpf-Reaktion zunächst Tropinon herzustellen und davon ausgehend z.&nbsp;B. [[Atropin]] herzustellen. Dafür erfolgt zunächst eine [[Reduktion (Chemie)|Reduktion]] der [[Carbonylgruppe]] des Tropinons zu einer [[Hydroxygruppe]]. Es bildet sich also ein Alkohol, der anschließend mit [[Tropasäure]] verestert wird.<ref name="Norman">R. O. C. Norman: ''Principles of Organic Synthesis.'' 2. Auflage. [[Chapman & Hall|Chapman & Hall Ltd.]], London 1978, S.&nbsp;280.</ref><br />

[[Datei:RobinsonSchoepf-Atropin.svg|mini|zentriert|hochkant=2|Reaktion von Tropinon zu Atropin (ohne Beachtung der Stereochemie)]]

In der klassischen Robinson-Schöpf-Reaktion wird Succinaldehyd eingesetzt, nutzt man andere Aldehyde, lassen sich weitere [[Alkaloide]] herstellen. Ein Beispiel dafür ist die Synthese von [[Pseudopelletierin]] aus [[Methylamin]], [[Glutaraldehyd]] und [[Acetondicarbonsäure]], die von einer Gruppe um den US-amerikanischen Chemiker [[Arthur C. Cope|Arthur C. Cope (1909–1966)]] entwickelt wurde:<ref name="Cope">A. C. Cope, H. L. Dryden, C. F. Howell: ''Pseudopelletierine.'' In: ''[[Organic Syntheses]].'' Band 37, 1957, S.&nbsp;73, [[doi:10.15227/orgsyn.037.0073]].</ref><br />

[[Datei:RobinsonSchoepf-Pseudopelletierin.svg|rahmenlos|hochkant=3|zentriert|Synthese von Pseudopelletierin nach A. Cope]]

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Namensreaktion]]
[[Kategorie:Mehrkomponentenreaktion]]
[[Kategorie:Kondensationsreaktion]]