Quelltext der Seite Sondervermögen (Haushaltsrecht)

Ein '''Sondervermögen''' ([[Volkswirtschaftslehre|volkswirtschaftlich]] ''Extrahaushalt'', [[Englische Sprache|engl.]] ''Extra Budget'') ist im deutschen [[Haushaltsrecht]] ein wirtschaftlich verselbständigter [[Nebenhaushalt]] („Schattenhaushalt“) zur Erfüllung bestimmter Aufgaben. Bei Sondervermögen brauchen nur die Zuführungen oder die Ablieferungen in den [[Haushaltsplan]] eingestellt zu werden ({{Art.|110|gg|juris}} Abs. 1 Satz 1 HS 2 GG). Sondervermögen dürfen jedoch – wie der Haushaltsplan selbst – nur durch Gesetz errichtet werden und unterliegen der Kontrolle durch den [[Deutscher Bundestag|Bundestag]], den [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]] und den [[Bundesrechnungshof]] ({{Art.|114|gg|juris}} GG). Sie werden entsprechend den Vorschriften der [[Bundeshaushaltsordnung]] (BHO) aufgestellt und bewirtschaftet ({{§|113|bho|juris}} BHO).<ref>[https://www.bundestag.de/resource/blob/408110/185324017a304f5c1f2b5b646ee9a911/WD-4-264-11-pdf-data.pdf ''Sonder- und Treuhandvermögen des Bundes.''] [[Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages]], Ausarbeitung vom 9. Januar 2012.</ref>

== Haushaltsverfassungsrechtliche Bedeutung ==
Das [[Grundgesetz]] (GG) schreibt in {{Art.|110|gg|juris}} GG verschiedene [[Haushaltsgrundsätze|haushaltsrechtliche Grundsätze]] fest und ist damit die zentrale Vorschrift des parlamentarischen [[Budgetrecht]]s. Die Kompetenz zur Feststellung des Haushaltsplans steht ausschließlich dem Gesetzgeber zu (parlamentarisches Budgetrecht). Die Grundsätze der Vollständigkeit des Haushaltsplanes und der Grundsatz der Haushaltseinheit füllen dieses Budgetrecht aus.<ref>vgl. [https://www.bundestag.de/resource/blob/410438/3c868f1ea2b638f03286d4a20ad25a6d/WD-4-231-10-pdf-data.pdf ''Sondervermögen des Bundes und Budgetrecht des Parlaments am Beispiel der Vereinbarung zum Atomkompromiss.''] Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung vom 14. September 2010.</ref>

Zu den in den Staatshaushalts-Etat aufzunehmenden „Einnahmen und Ausgaben des Bundes“ im Sinne von Art. 110 Abs. 1 Satz 1 HS 1 GG gehören nach traditionellem Verfassungsverständnis die „Einnahmen und Ausgaben derjenigen zu besonderen Zwecken bestimmten Fonds, über welche dem Staate allein die Verfügung zusteht, sofern diese Fonds nicht juristische Persönlichkeit besitzen.“<ref>vgl. [https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/11/es20111122_2bve000308.html BVerfG, Beschluss vom 22. November 2011 - 2 BvE 3/08] Rz. 26.</ref>

Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit sind im Haushaltsplan alle im [[Haushaltsjahr]] voraussichtlich zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben zu veranschlagen, so dass keine voraussichtliche Einnahme oder Ausgabe bewusst außer Ansatz bleiben darf ({{§|11|bho|juris}} BHO).<ref>Maunz, in: Maunz/Dürig, ''Grundgesetz'', 57. Aufl., München 2010, Art. 110 Rn. 28.</ref> Das Vollständigkeitsprinzip soll eine umfassende Kontrolle der Haushaltsplanung sichern.

Mit dem Grundsatz der Haushaltseinheit soll eine umfassende Übersicht über die Bundesfinanzen erreicht werden. Deshalb sind die Einnahmen und Ausgaben des Bundes in einem einzigen Haushaltsplan zu veranschlagen.<ref>Maunz, in: Maunz/Dürig, ''Grundgesetz'', 57. Aufl., München 2010, Art. 110 Rn. 39; Nebel, in: Piduch, ''Bundeshaushaltsrecht'' (43. EL, Dez. 2008), Art. 110 GG Rn. 19.</ref> Für die Rechnungsperiode dürfen nicht zwei oder mehrere Haushaltspläne aufgestellt oder Teile des Haushaltsplans verselbständigt werden. Der Grundsatz der Haushaltseinheit verbietet ebenso wie das Gebot der Vollständigkeit die Bildung von sog. Schattenhaushalten.<ref>[[Niklas Potrafke]], [[Stefan Korioth]]: [https://www.ifo.de/node/66711 ''Keine Schattenhaushalte!''] Handelsblatt, 30. November 2021.</ref>

Ausnahmsweise sind nur die in Art. 110 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG genannten Nebenhaushalte (Bundesbetriebe und Sondervermögen) zulässig.<ref> Reimer, in: ''Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz'' (Stand: 1. Juni 2010), Art. 110 Rn. 24.</ref>

Sondervermögen des Bundes sind abgesonderte Teile des Bundesvermögens, die ausschließlich zur Erfüllung einzelner begrenzter Aufgaben des Bundes bestimmt sind und daher von dem sonstigen Bundesvermögen getrennt verwaltet werden.<ref>Nebel, in: Piduch, ''Bundeshaushaltsrecht'' (43. EL, Dez. 2008), § 113 BHO Rn. 1.</ref> Da sie einer eigenständigen Wirtschafts- und Rechnungsführung bedürfen, werden Sondervermögen zwangsläufig außerhalb des Bundeshaushalts bewirtschaftet.<ref>Gröpl, in: ''Bonner Kommentar zum Grundgesetz'', Art. 110 Rn. 99; Nebel, in: Piduch, ''Bundeshaushaltsrecht'' (43. EL, Dez. 2008), § 113 BHO Rn. 1.</ref>

Die Durchbrechung der Grundsätze der Haushaltseinheit und Haushaltsvollständigkeit muss durch hinreichend gewichtige verfassungsrechtliche Gründe gerechtfertigt sein.<ref>vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, ''Grundgesetz'', Art. 110 Rn. 106 (Stand: Januar 2021).</ref>

Ein zwingender Grund für die Bildung eines Sondervermögens ist vor allem gegeben, wenn eine gesonderte Mittelverwaltung aufgrund rechtlicher Verpflichtung unabweisbar vorgegeben ist. Ein Beispiel ist das [[ERP-Sondervermögen|ERP-Sonderkonto]] für die amerikanischen Hilfeleistungen zum Wiederaufbau nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]].<ref>Art. IV  des ''Abkommens über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika'', {{BGBl|1950n I S. 10}}</ref><ref>Art. III des ''Gesetzes betreffend das  Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 15. Dezember 1949'', {{BGBl|1950n I S. 9}}</ref>

== Sondervermögen des Bundes ==
Es wird unterschieden zwischen Sondervermögen, die über den Bundeshaushalt oder andere Einnahmen mitfinanziert werden, und Sondervermögen mit eigener [[Kreditermächtigung]].<ref>[https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2021/02/Inhalte/Kapitel-4-Wirtschafts-und-Finanzlage/4-5-kreditaufnahme-des-bundes-und-seiner-sondervermoegen.html ''Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage: Kreditaufnahme des Bundes und seiner Sondervermögen.''] [[Bundesministerium der Finanzen]], Monatsbericht Februar 2021.</ref> Für Sondervermögen werden Kredite des Bundeshaushalts erst in dem Jahr aufgenommen, in dem die Ausgaben tatsächlich getätigt werden.<ref>[https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/kreditaufnahmebericht-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=2 ''Kreditaufnahmebericht des Bundes 2020.''] Bericht des Bundesministeriums der Finanzen über die Kreditaufnahme des Bundes im Jahr 2020, S. 26.</ref> Die Kreditaufnahme der Sondervermögen trägt zur [[Staatsverschuldung Deutschlands]] bei.<ref>vgl. Klaus Gründler et al.: [https://www.econstor.eu/bitstream/10419/227449/1/ifo-sd-2020-11-p40-49.pdf ''Rekordverschuldung nach Corona – wie steht es um die Belastung der Länderhaushalte?''] ifo Schnelldienst 11/2020, S. 40–49.</ref> Die Obergrenze für die [[Nettokreditaufnahme]] im Sinne der [[Schuldenbremse]] gilt indessen auch für die Sondervermögen des Bundes, die ab 1. Januar 2011 errichtet worden sind.<ref>Art. 115 Abs. 2 GG in der Fassung des ''Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)'' vom 29. Juli 2009, {{BGBl|2009n I S. 2248}}. [https://www.buzer.de/gesetz/5041/al19632-0.htm buzer.de]</ref><ref>Bundesministerium der Finanzen: [https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Schuldenbremse/kompendium-zur-schuldenbremse-des-bundes.pdf?__blob=publicationFile&v=9 ''Kompendium zur Schuldenregel des Bundes (Schuldenbremse).'']  25. Februar 2022, S. 26 f.</ref> Seitdem „können die Regelgrenzen des Artikels 115 nicht mehr durch die Einrichtung von Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung überschritten werden.“<ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/16/124/1612410.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)''] BT-Drs. 16/12410 vom 24. März 2009, S. 7.</ref>

=== Durch Bundeszuschüsse mitfinanzierte Sondervermögen ===
Zu den durch Bundeszuschüsse mitfinanzierten Sondervermögen gehören:
* [[Bundeseisenbahnvermögen]] (seit 1. Januar 1994)<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/bezng/BJNR237810993.html § 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen] vom 27. Dezember 1993 ({{BGBl|1993n I S. 2378}}; {{BGBl|1994 I S. 2439}})</ref>
* [[Deutscher Binnenschifffahrtsfonds]] (seit 1999)<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/binschfondsg/BJNR226600002.html Gesetz über die Errichtung des Deutschen Binnenschifffahrtsfonds] vom 26. Juni 2002 ({{BGBl|2002n I S. 2266}})</ref>
* [[Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen]] (seit 1998)<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/eaeg/BJNR184210998.html § 6 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes] vom 16. Juli 1998 ({{BGBl|1998n I S. 1842}})</ref>
* [[ERP-Sondervermögen]] (seit 1953)<ref>errichtet durch das Gesetz über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 31. August 1953 ({{BGBl|1953n I S. 1312}}); Rechtsgrundlage seit 2007: Gesetz über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 26. Juni 2007</ref>
* Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau (2007–2015)
* [[Versorgungsrücklage|Versorgungsrücklage des Bundes]] (seit 1982; VersRücklG Abschnitt 1)
* Versorgungsfonds der Bundesagentur für Arbeit
* [[Versorgungsfonds des Bundes]] (VersRücklG Abschnitt 2)
* [[Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere]] (Schlusszahlungsfinanzierungsgesetz, seit 2009)
* [[Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“|Energie- und Klimafonds]] (seit 1. Januar 2011)

=== Sondervermögen mit Kreditermächtigung ===
Die Sondervermögen mit Kreditermächtigung sind:
* [[Finanzmarktstabilisierungsfonds]] (FMS)<ref>Art. 1 des ''Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz - FMStG)'' vom 17. Oktober 2008, {{BGBl|2008n I S. 1982}}</ref> (seit 18. Oktober 2008); Kreditermächtigung: 90 Mrd. Euro. Am 31. Dezember 2020 hatte der FMS Schulden in Höhe von insgesamt 55,48 Mrd. Euro.
* [[Investitions- und Tilgungsfonds]] (ITF)<ref>Art. 6 des ''Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland'' vom 2. März 2009, {{BGBl|2009n I S. 416}}</ref> (seit 6. März 2009); Kreditermächtigung: 25 Mrd. Euro. Am 31. Dezember 2020 hatte der ITF Schulden in Höhe von 16,00 Mrd. Euro.
* [[Restrukturierungsfonds]] (RSF)<ref>Art. 3 des ''Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)'' vom 9. Dezember 2020, {{BGBl|2010n I S. 1900}}</ref> (seit 31. Dezember 2010). Am 31. Dezember 2020 hatte der RSF keine Schulden.
*  [[Wirtschaftsstabilisierungsfonds]] (WSF)<ref>''Gesetz zur Errichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG)'' vom 27. März 2020, {{BGBl|2020n I S. 543}}</ref> (seit 28. März 2020); Teil des staatlichen Schutzschildes gegen die wirtschaftlichen Folgen der [[Corona-Pandemie in Deutschland|Corona-Pandemie]]; Kreditermächtigung: insgesamt 150 Mrd. Euro,<ref>[https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/wirtschafts-stabilisierung/ ''Sondervermögen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).''] [[Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH]], abgerufen am 28. Februar 2022.</ref> Garantierahmen für Kreditbürgschaften: 400 Mrd. Euro.<ref>Martin Greive: [https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/coronavirus-instrumente-des-bundes-finanzhilfen-ueber-den-wsf/25691648.html ''Instrumente des Bundes: Finanzhilfen über den WSF.''] [[Handelsblatt]], 30. März 2020.</ref>

==== Sondervermögen Bundeswehr ====
Bereits im [[Weißbuch (Bundeswehr)|Weißbuch 2016]] war die Bundesregierung nach einer Konzentration auf friedenssichernde [[Auslandseinsätze der Bundeswehr|Einsätze der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebiets]] zur Landes- und Bündnisverteidigung als künftige sicherheitspolitische Aufgabe der Bundeswehr zurückgekehrt.<ref>[https://www.bmvg.de/resource/blob/13708/015be272f8c0098f1537a491676bfc31/weissbuch2016-barrierefrei-data.pdf ''Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr.''] Bundesregierung, 13. Juli 2016.</ref> Nicht zuletzt auch im Hinblick auf den [[Russischer Überfall auf die Ukraine 2022|russischen Überfall auf die Ukraine]] im Februar 2022 werden mit dem „Sondervermögen [[Bundeswehr]]“ einmalig 100 Mrd. Euro „zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen“ bereitgestellt.<ref>Christian Rath: [https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundestag-bundeswehr-grundgesetz-sondervermoegen-schuldenbremse-russland-ukraine-usa-verteidigung-ampel-regierung/?r=rss ''Bundesregierung plant Sondervermögen: Grundgesetzänderung für Bundeswehr-Milliarden.''] [[Legal Tribune Online]], 28. Februar 2022.</ref><ref>[[Hanno Kube]]: [https://verfassungsblog.de/optionen-und-perspektiven-eines-bundeswehr-sondervermogens/ ''Optionen und Perspektiven eines Bundeswehr-Sondervermögens.''] In: ''Verfassungsblog: On Matters Constitutional'', 28. Februar 2022, {{DOI|10.17176/20220301-001120-0}}.</ref><ref>[https://dserver.bundestag.de/brd/2022/0124-22.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (Bundeswehrsondervermögensgesetz - BwSVermG)''] BR-Drs. 124/22 vom 17. März 2022.</ref>

Zur Deckung der Ausgaben des Sondervermögens wurde das [[Bundesministerium der Finanzen]] ermächtigt, Kredite bis zur Höhe von 100 Milliarden Euro aufzunehmen. Diese Kreditermächtigung entspricht einem Neukredit im Maßstab des doppelten [[Verteidigungsetat#Deutschland|Verteidigungsetats]].<ref>Dorothee Frank: [https://www.behoerden-spiegel.de/2022/02/08/schuldenbremse-trifft-verteidigung/ ''Schuldenbremse trifft Verteidigung.''] [[Behörden Spiegel]], 8. Februar 2022.</ref> Die Kosten der Kreditaufnahme sind vom Sondervermögen zu tragen. Auf die Kreditermächtigung sind {{Art.|109|gg|juris}} Abs. 3 und {{Art.|115|gg|juris}} Abs. 2 GG nicht anwendbar, d.&nbsp;h. die Kreditermächtigung ist von den Kreditobergrenzen der sog. Schuldenbremse ausgenommen.<ref>[https://dserver.bundestag.de/brd/2022/0123-22.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a).''] BR-Drs. 123/22 vom 17. März 2022.</ref> Die Tilgung der Schulden muss spätestens am 1. Januar 2031 beginnen.<ref name="bundestag"/>

Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ und der damit zusammenhängenden Änderung des Grundgesetzes waren bei einer Expertenanhörung im [[Haushaltsausschuss]] unterschiedlich bewertet worden.<ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw17-de-grundgesetz-889618 ''Sondervermögen Bundeswehr: Zustimmung und Vorbehalte.''] bundestag.de, 9. Mai 2022.</ref> Am 3. Juni 2022 wurden vom Bundestag das Bundeswehrsondervermögensgesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses<ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/20/020/2002090.pdf ''Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 20/1409 – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (Bundeswehrsondervermögensgesetz – BwSVermG)''] BT-Drs. 20/2090 vom 1. Juni 2022.</ref><ref>''Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (Bundeswehrfinanzierungs- und sondervermögensgesetz - BwFinSVermG)'', Art. 1 des ''Gesetzes zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung'' vom 1. Juli 2022, {{BGBl|2022n I S. 1030}}</ref> und die Änderung des Art. 87a GG beschlossen.<ref name="bundestag">{{Internetquelle|url=https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw22-de-sondervermoegen-897614|titel=Bundestag beschließt das Sondervermögen für die Bundeswehr|datum=2022-06-03|abruf=2022-06-04}}</ref> In seiner Sitzung am 10. Juni 2022 stimmte der Bundesrat der Grundgesetzänderung zu ({{Art.|79|gg|juris}} Abs. 2 GG).<ref>[https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/1022/tagesordnung-1022.html;jsessionid=1F6357D180199F1D22B4EED0469626D2.1_cid349 ''1022. Sitzung des Bundesrates, 10. Juni 2022''] TOP 24a. Abgerufen am 16. Juni 2022.</ref> {{Art.|87a|gg|juris}} Abs. 1a GG trat am 1. Juli 2022 in Kraft.<ref>''Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)'' vom 28. Juni 2022, {{BGBl|2022n I S. 968}}</ref>

Mit dem ''Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz''<ref>''Gesetz zur Beschleunigung von Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr (Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz – BwBBG)'' vom 11. Juli 2022, {{BGBl|2022n I S. 1078}}</ref> sollen „der Modernisierungsstau abgebaut und die Bundeswehr zeitgemäß ausgerüstet werden.“ Das Beschaffungswesen der Bundeswehr soll optimiert werden, indem es dem Bundesministerium der Verteidigung und seinem Geschäftsbereich als Auftraggeber ermöglicht wird, für einen beschränkten Zeitraum [[Vergaberecht (Deutschland)|vergaberechtliche]] Erleichterungen zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge anzuwenden.<ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/20/023/2002353.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr (Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz – BwBBG).''] BT-Drs. 20/2353 vom 21. Juni 2022.</ref><ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw25-de-bundeswehr-beschaffung-899958 ''Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr sollen beschleunigt werden.''] bundestag.de, 24. Juni 2022.</ref>

Der [[Wirtschaftsplan]] als Anlage zum Errichtungsgesetz gibt einen Überblick über die geplanten Anschaffungen ({{§|5|BwFinSVermG|juris}} BwFinSVermG). Mit 33,4 Mrd. Euro werden Beschaffungen im Bereich der Luftwaffe der größte Ausgabeposten der nächsten Jahre sein. Weitere Vorhaben sollen unter anderem die Entwicklung und der Kauf des [[Eurofighter]] ECR sowie der Kauf von [[Lockheed Martin F-35|F-35]] als Nachfolger des [[Panavia Tornado|Tornados]] sein. Der Verteidigungsbereich „Land“ erhält laut Wirtschaftsplan 16,6 Milliarden Euro, auf den Bereich „See“ entfallen 8,8 Milliarden Euro. 20,8 Milliarden Euro können für Beschaffungen im Komplex „Führungsfähigkeit und Digitalisierung“ verwendet werden.<ref>vgl. [https://www.bmvg.de/de/aktuelles/ministerin-wir-sorgen-fuer-voll-einsatzbereite-bundeswehr-5438596 ''Ministerin: „Wir sorgen für eine voll einsatzbereite Bundeswehr“.''] Bundesministerium der Verteidigung, 3. Juni 2022.</ref>

=== Ehemalige Sondervermögen ===
Zu den ehemaligen Sondervermögen des Bundes gehören:
* [[Deutsche Bundesbahn]] (bis 31. Dezember 1993, im [[Bundeseisenbahnvermögen]] aufgegangen)<ref name="DB">[https://www.gesetze-im-internet.de/bezng/BJNR237810993.html § 2 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen] vom 27. Dezember 1993 ({{BGBl|1993n I S. 2378}}; {{BGBl|1994 I S. 2439}})</ref>
* [[Deutsche Bundespost]] (seit 1989 drei Teilsondervermögen, 1994 in die Aktiengesellschaften [[Deutsche Post AG]], [[Deutsche Postbank AG]] und [[Deutsche Telekom AG]] übergegangen)<ref>{{§|2|postumwg|juris|text=§ 2 des Gesetzes zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (PostUmwG)}}</ref>
* [[Deutsche Reichsbahn (1945–1993)|Deutsche Reichsbahn]] (bis 31. Dezember 1993, im Bundeseisenbahnvermögen aufgegangen)<ref name="DB" />
* [[Erblastentilgungsfonds]] (1995–2015);<ref>Gesetz über die Errichtung eines Erblastentilgungsfonds vom 23. Juni 1993.</ref> in ihn wurden die Altschulden der ehemaligen [[DDR]], die Schulden der [[Treuhandanstalt]] und ein Teil der Altschulden der ostdeutschen kommunalen Wohnungswirtschaft eingestellt
* [[Fonds Deutsche Einheit]] (bis 2004, Verbindlichkeiten in den allgemeinen Bundeshaushalt integriert)

== Sondervermögen der Länder und Gemeinden ==
Auch die [[Landesverfassung (Deutschland)|Landesverfassungen]] enthalten Vorschriften über Sondervermögen,<ref>vgl. Alexandra Jarchau: [https://www.derneuekaemmerer.de/finanzen/corona-finanzierung/corona-laenderhilfen-fuer-die-kommunen-2021-20373/ ''Corona-Länderhilfen für die Kommunen 2021.''] Der Neue Kämmerer, 7. Dezember 2021.</ref> die [[Gemeindeordnungen in Deutschland|Gemeindeordnungen]] regeln die [[Kommunales Sondervermögen|kommunalen Sondervermögen]].

=== Hessen ===
Das anlässlich der [[COVID-19-Pandemie in Hessen]] verabschiedete ''Gesetz über das Sondervermögen „Hessens gute Zukunft sichern“'' vom 4. Juli 2020 wurde zwar vom [[Hessischer Staatsgerichtshof|Hessischen Staatsgerichtshof]] für verfassungswidrig, aber bis zum 31. Dezember 2021 für weiter anwendbar erklärt.<ref>[https://staatsgerichtshof.hessen.de/sites/staatsgerichtshof.hessen.de/files/2783%202827%20-%20Urteil%20mit%20Leits%C3%A4tzen%20anonymisiert_0.pdf ''Leitsätze zum Urteil des Staatsgerichtshofes vom 27. Oktober 2021 - P.St. 2783, P.St. 2827.'']</ref><ref>[https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/stgh-hessen-pst2783-pst2827-verfgh-rheinland-pfalz-vghn721-corona-sondervermoegen-verfassungswidrig-debatte-gerichtsverfahren-schuldenbremse/ ''Nach Urteil des StGH Hessen: Corona-Sondervermögen auf dem Prüfstand.''] [[Legal Tribune Online]], 29. Oktober 2021.</ref>

=== Nordrhein-Westfalen ===
* [[Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen]] (seit 1. Januar 2001)<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2000&bes_id=4941 Bau- und Liegenschaftsbetriebsgesetz]</ref>
* [[Zukunftsinvestitionsgesetz|Zukunftsinvestitions- und Tilgungsfonds Nordrhein-Westfalen]] in NRW errichtetes Sondervermögen zur Verwaltung der Mittel aus dem Sondervermögen „Investitions- und Tilgungsfonds“ des Bundes<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000314 Zukunftsinvestitions- und Tilgungsfondsgesetz]</ref>
* [[Pensionsfonds]] des Landes Nordrhein-Westfalen Sondervermögen zur Vorsorge für die [[Beamtenversorgung|Versorgungsausgaben]]<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=20323&bes_id=34064 Pensionsfondsgesetz Nordrhein-Westfalen]</ref>

==== Ehemalige Sondervermögen ====
Zu den ehemaligen Sondervermögen des Landes Nordrhein-Westfalen zählt:
* [[Tierseuchenkasse]] Nordrhein-Westfalen (Zum 1. Januar 2007 an die [[Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen]] übertragen<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2000&bes_id=9907 Gesetz zur Eingliederung von Landesoberbehörden, Unteren Landesbehörden und Einrichtungen des Landes]</ref>)

== Literatur ==
* Markus Reischmann: [https://www.ifo.de/DocDL/IfoWorkingPaper-175.pdf ''Staatsverschuldung in Extrahaushalten: Historischer Überblick und Implikationen für die Schuldenbremse in Deutschland.''] Ifo Working Paper No. 175, März 2014.

== Weblinks ==
* [https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw16-sondervermoegen-890232 ''Sondervermögen – die Haushalte neben dem Haushalt.''] bundestag.de, 19. April 2022.
* [[Georg Hermes (Jurist)|Georg Hermes]], Lukas Vorwerk, Thorsten Beckers: [https://www.wip.tu-berlin.de/fileadmin/fg280/forschung/publikationen/2020/hermes_vorwerk_beckers_2020-schuldenbremse_des_bundes_und_investitionen-v800ext.pdf ''Die Schuldenbremse des Bundes und die Möglichkeit der Kreditfinanzierung von Investitionen – Rechtslage, ökonomische Beurteilung und Handlungsempfehlungen.''] 2020.
* Jan Priewe: [http://library.fes.de/pdf-files/a-p-b/19176.pdf ''Die europäischen Fiskalregeln und die deutsche Schuldenbremse: Reformoptionen.''] [[Friedrich-Ebert-Stiftung|FES diskurs]], Mai 2022.

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

{{Rechtshinweis}}
{{SORTIERUNG:Sondervermogen Des Bundes}}
[[Kategorie:Haushaltsrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Staatsverschuldung]]
[[Kategorie:Finanzpolitik]]
[[Kategorie:Finanzwissenschaft]]