Quelltext der Seite Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft

'''Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft''' war bis 18. Juli 2022 ein Tatbestand des deutschen Strafrechts. Er war in § 219a [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuch]] (StGB) normiert und zählte zu den [[Straftaten gegen das Leben]]. 

Am 24. Juni 2022 beschloss der [[Deutscher Bundestag|Deutsche Bundestag]] die Aufhebung dieses Paragrafen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw25-de-werbeverbot-schwangerschaftsabbruch-897782 |titel=Werbeverbot für Schwangerschaftsabbruch aufgehoben |hrsg=Deutscher Bundestag |datum=2022-06-24 |sprache=de |abruf=2022-06-25}}</ref><ref name="tagesschau-24.06.2022">{{Internetquelle |autor=[[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]] |url=https://www.tagesschau.de/inland/219a-gestrichen-101.html |titel=Bundestag streicht Abtreibungs-Paragraf 219a |sprache=de |abruf=2022-06-24}}</ref> Am 8. Juli 2022 passierte die Aufhebung den [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]], ohne dass dieser Einspruch einlegte.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/22/1023/1023-pk.html |titel=Ausblick auf die Plenarsitzung am 8. Juli 2022 |sprache=de |abruf=2022-07-08}}</ref> Am 11. Juli 2022 wurde die Aufhebung vom [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] ausgefertigt und am 18. Juli 2022 im [[Bundesgesetzblatt (Deutschland)|Bundesgesetzblatt]] verkündet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl122s1082.pdf#__bgbl__//*%5B@attr_id=%27bgbl122s1082.pdf%27%5D__1658248744633 |titel=Bundesgesetzblatt |abruf=2022-07-19}}</ref> Strafgerichtliche Urteile, die aufgrund des § 219a StGB nach dem 3. Oktober 1990 ergangen sind, wurden ebenfalls aufgehoben.

Zugleich wurde der Anwendungsbereich des [[Heilmittelwerbegesetz]]es (HWG) erweitert und ein Verbot der irreführenden [[Arztwerberecht|Werbung]] für Schwangerschaftsabbrüche eingeführt. Vorsätzliche Verstöße werden mit [[Freiheitsstrafe (Deutschland)|Freiheitsstrafe]] bis zu einem Jahr oder mit [[Geldstrafe (Deutschland)|Geldstrafe]] bestraft. Fahrlässige Verstöße werden mit einer [[Geldbuße]] bis zu zwanzigtausend Euro geahndet (§§ 1, 3, 14, 15 HWG). Damit will der Gesetzgeber „der Gefahr begegnen, dass nach Aufhebung des § 219a StGB unsachliche oder gar anpreisende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche betrieben wird“.<ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/20/016/2001635.pdf ''Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB), zur Änderung des Heilmittelwerbegesetzes und zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch.''] BT-Drs. 20/1635 vom 2. Mai 2022, S. 2.</ref>

== Rechtslage ==

Der §&nbsp;219a StGB lautete seit seiner letzten Änderung zum 29. März 2019 wie folgt: {{Gesetzestext|(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§&nbsp;11 Abs.&nbsp;3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise

1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder

2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung

anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz&nbsp;1 Nr.&nbsp;1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des §&nbsp;218a Abs.&nbsp;1 bis 3 vorzunehmen.

(3) Absatz&nbsp;1 Nr.&nbsp;2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handeln mit den in Absatz&nbsp;1 Nr.&nbsp;2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.

(4) Absatz&nbsp;1 gilt nicht, wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen

1. auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des §&nbsp;218a Absatz&nbsp;1 bis 3 vornehmen, oder

2. auf Informationen einer insoweit zuständigen Bundes- oder Landesbehörde, einer Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz oder einer Ärztekammer über einen Schwangerschaftsabbruch hinweisen.}}

Die Vorschrift sollte verhindern, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und durch [[Arztwerbung]] kommerzialisiert wird.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/07/019/0701981.pdf#page=17 |titel=Erster Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zu dem von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts (5. StrRG) |werk=[[Bundestagsdrucksache|BT-Drs.]] 7/1981 (neu) |hrsg=[[Deutscher Bundestag]] |datum=1974-04-24 |format=PDF; 1 MB |abruf=2018-03-26}}</ref> Es handelte sich um ein [[Gefährdungsdelikt#Abstrakte Gefährdungsdelikte|abstraktes Gefährdungsdelikt]], das als [[Rechtsgut]] das ungeborene Leben schützen sollte.<ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;1. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref><ref>[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;1. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref><ref>Perdita Kröger: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;1. In: {{BibISBN|9783899497885}}</ref>

== Geschichte ==

Die Norm ging auf §&nbsp;219 und §&nbsp;220 des [[Reichsstrafgesetzbuch]]es in der Fassung vom 1. Juni 1933, in der frühen [[Zeit des Nationalsozialismus]], zurück. 

§&nbsp;219 RStGB lautete:

{{Gesetzestext|Wer zum Zwecke der Abtreibung Mittel, Gegenstände oder Verfahren öffentlich ankündigt oder anpreist oder solche Mittel oder Gegenstände an einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Vorschrift des Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn Mitte, Gegenstände oder Verfahren, die zur ärztlich gebotenen Unterbrechungen der Schwangerschaft dienen, Ärzten oder Personen, die mit solchen Mitteln oder Gegenständen erlaubterweise Handel treiben, oder in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachzeitschriften angekündigt oder angepriesen werden.}}

§ 220 RStGB lautete:

{{Gesetzestext|Wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbietet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.}}

§ 219 und §&nbsp;220 StGB waren Ergebnis einer rechtspolitischen Debatte, die in die [[Weimarer Republik]] und die Zeit des [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreiches]] zurückreichte. Sie sollten Schwangere vor einer durch Werbung vorangetriebenen Kommerzialisierung ihrer Notlage schützen und außerdem dem Entstehen eines Marktes für Schwangerschaftsabbrüche entgegentreten.<ref name="wissdienst">{{Internetquelle |autor=[[Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages]] |url=https://www.bundestag.de/blob/538834/60779eb2c0eaa65571152a3354b7fca3/wd-7-159-17-pdf-data.pdf |titel=Entstehungsgeschichte des §&nbsp;219a StGB |werk= |hrsg=[[Deutscher Bundestag]] |datum=2017-12-08 |format=PDF; 186 kB |abruf=2018-03-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=[[Michael Kubiciel]] |url=https://www.juris.de/perma?d=jpr-NLSFADG000418 |titel=Streichung des §&nbsp;219a StGB? erforderlich und angemessen? |titelerg=5 Anm.&nbsp;1 |werk=jurisPR-StrafR |hrsg=[[juris]] |datum=2018-03-14 |abruf=2018-05-23}}</ref> 

Die ersten drei Absätze der zuletzt gültigen Fassung des Gesetzestextes beruhen auf einer Reform des [[Arztwerberecht]]s zum [[Schwangerschaftsabbruch#Bundesrepublik|Schwangerschaftsabbruch]] durch das 5. Strafrechtsreformgesetz von 1974 in [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990) |Westdeutschland]] (von 1976 bis 1993 als §&nbsp;219b nummeriert). Der Anwendungsbereich wurde dabei durch die Tatbestandsmerkmale {{"|seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise}} eingeschränkt.<ref name="wissdienst" />

Absatz&nbsp;4 resultierte aus einer rechtspolitischen Debatte, die dadurch ausgelöst wurde, dass das [[Amtsgericht Gießen]] im November 2017 die Ärztin [[Kristina Hänel]] wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft zu einer Geldstrafe verurteilte, da sie in Erwartung des üblichen ärztlichen Honorars auf der Website ihrer Praxis erklärt habe, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen.<ref name="aggießen">[[Amtsgericht Gießen|AG Gießen]], Urteil vom 24. November 2017, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190000405 507 Ds 501 Js 15031/15].</ref> Am 12. Oktober 2018 verwarf das [[Landgericht Gießen]] die Berufung gegen das Urteil.<ref name="lggießen2018">[[Landgericht Gießen|LG Gießen]], Urteil vom 12. Oktober 2018, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190006030 3 Ns 406 Js 15031/15].</ref> Der Fall rief öffentliche Kritik und eine Diskussion über eine Abschaffung oder Reform des Tatbestandes hervor. Auf Initiative der Bundesregierung beschloss der Bundestag am 21. Februar 2019, die Norm um den in Absatz&nbsp;4 enthaltenen Tatbestandsausschluss zu ergänzen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw08-de-schwangerschaftsabbruch-do-594758 |titel=Bundestag stimmt für Neufassung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches |hrsg=[[Deutscher Bundestag]] |datum=2019-02-21 |abruf=2019-03-29}}</ref> Auf die [[Revision (Recht)#Revision im Strafprozess|Revision]] der Angeklagten hob das [[Oberlandesgericht Frankfurt am Main]] ihre Verurteilung im Juli 2019 auf und verwies den Fall an das Landgericht Gießen zurück, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass ihr Verhalten aufgrund des neuen Tatbestandsausschlusses straflos sei.<ref name="olgfrankfurt1">[[Oberlandesgericht Frankfurt am Main|OLG Frankfurt]], Beschluss vom 26. Juni 2019, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190035509 1 Ss 15/19].</ref> Das Landgericht Gießen verurteilte Hänel im Dezember 2019 erneut zu einer Geldstrafe, weil ihr Verhalten auch nicht dem neuen Tatbestandsausschluss unterfalle.<ref name="lggießen2019">[[Landgericht Gießen|LG Gießen]], Urteil vom 12. Dezember 2019, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200000511 3 Ns 406 Js 15031/15].</ref> Eine hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Dezember 2020, wodurch das Urteil rechtskräftig wurde.<ref name="olgfrankfurt2">[[Oberlandesgericht Frankfurt am Main|OLG Frankfurt]], Beschluss vom 22. Dezember 2020, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000196 1 Ss 96/20].</ref>

{{Anker|Abschaffung}}Die seit Dezember 2021 amtierende [[Regierung Scholz]] äußerte früh die Absicht, § 219a ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.<ref>[[Katholische Nachrichten-Agentur|KNA]]: [https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/baetzing-werbeverbot-fuer-abtreibungen-nicht-abschaffen-17722156.html ''Katholische Kirche warnt vor Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen''] (in: faz.net 8. Januar 2022)</ref><ref>zur Rezeption siehe z. B. Andrea Ritter: [https://www.stern.de/politik/deutschland/abtreibungen--paragraf-219a-wird-gestrichen--aber-das-reicht-nicht-30961532.html ''Abtreibung weiter eine Straftat? Das Problem bleibt der Paragraf 218''], stern.de 26. November 2021.</ref> Am 17. Januar 2022 legte Justizminister [[Marco Buschmann]] einen Entwurf zur Abschaffung des § 219a vor. Darin hieß es, dass das Verbot, sachliche Informationen über das Thema des Schwangerschaftsabbruches bereitzustellen, betroffenen Frauen die Auswahl einer Ärztin oder eines Arztes erschwere. Dies verletze sie in ihrem Selbstbestimmungsrecht.<ref>faz.net: [https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/abtreibungen-buschmann-will-paragraf-219a-streichen-17735946.html ''Buschmann legt Entwurf für Streichung von Paragraph 219a vor'']</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.bmj.de/SharedDocs/Artikel/DE/2022/0124_Aufhebung_Vorschrift_Paragraph_219a_Strafgesetzbuch.html |titel=Aufhebung der Vorschrift des § 219a Strafgesetzbuch |sprache=de |abruf=2022-02-06}}</ref>
Am 9. März 2022 beschloss das [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundeskabinett]] formell, den Paragrafen aufzuheben. Auch alle seit 1990 erlassenen Strafurteile gegen Ärzte gemäß diesem Paragraphen sollten rückwirkend aufgehoben werden.<ref>[https://rp-online.de/politik/deutschland/kabinett-beschliesst-abschaffung-von-werbeverbot-fuer-abtreibungen_aid-66994489 ''Kabinett beschließt Abschaffung von Werbeverbot für Abtreibungen.''] [[RP online]] vom 9. März 2022</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/paragraf-219a-kabinett-werbeverbot-abtreibungen-100.html |titel=Kabinett beschließt Abschaffung von §&nbsp;219a |werk=ZDFheute |hrsg=Zweites Deutsches Fernsehen |datum=2022-03-09 |sprache=de |abruf=2022-03-10}}</ref> Der Gesetzentwurf von Justizminister Buschmann wurde am 24. Juni 2022 vom Bundestag angenommen.<ref name="tagesschau-24.06.2022" /> Am 8. Juli 2022 fand berief der Bundesrat diesbezüglich keinen Vermittlungsausschuss an, dessen Zustimmung in diesem Fall allerdings nicht notwendig war.<ref>[https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/291a-stgb-abgeschafft-beschluss-des-bundestages-abtreibung-werbeverbot/ Bundestagsbeschluss zum Werbeverbot für Abtreibunge:n § 219a StGB ist abgeschafft], [[Legal Tribune Online]] vom 24. Juni 2022; Zugriff am 24. Juni 2022</ref><ref>[https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-werbeverbot-fuer-abtreibung-ist-aufgehoben-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220624-99-779006 Werbeverbot für Abtreibung ist aufgehoben], [[Süddeutsche Zeitung]] vom 24. Juni 2022; Zugriff am 24. Juni 2022</ref>

== Objektiver Tatbestand ==
=== Dienste oder Mittel ===

Tatgegenstand waren nach §&nbsp;219a Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;1 StGB eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs. Dies umfasste alle Schwangerschaftsabbrüche ungeachtet einer in den [[Schwangerschaftsabbruch#Fristenlösung mit Beratungspflicht und Indikationen|Ausnahmefällen der medizinischen oder kriminologischer Indikation]] gegebenen Legalität.<ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;3. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref><ref>[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;2. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref> Weitere Tatgegenstände stellten nach §&nbsp;219a Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;2 StGB Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, dar, soweit auf diese Eignung hingewiesen wurde.

=== Anbieten, Ankündigen, Anpreisen oder Bekanntgabe von Erklärungen solchen Inhalts ===

Tathandlungen bildeten das Anbieten, Ankündigen, Anpreisen oder die Bekanntgabe von Erklärungen solchen Inhalts. Bei einem Anbieten handelte es sich um die Erklärung der Bereitschaft, die bezeichneten Dienste oder Mittel zugänglich zu machen. Es musste sich damit nicht um ein [[Angebot (Recht)|Angebot im zivilrechtlichen Sinne]] handeln, vielmehr genügte bereits die ''[[Aufforderung zur Abgabe eines Angebots|invitatio ad offerendum]]''.<ref name="fischer11">{{BibISBN|9783406754241|Kapitel=§&nbsp;219a, Rn.&nbsp;11}}</ref><ref name="lk4">Perdita Kröger: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;4. In: {{BibISBN|9783899497885}}</ref><ref name="merkel12">[[Reinhard Merkel]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;12. In: {{BibISBN|9783848731060}}</ref> Eine Minderheitenauffassung in der Literatur verlangte einschränkend, dass von der Erklärung ein dem Anpreisen gleichkommender Werbeeffekt ausgehen sollte.<ref name="rahe">{{Literatur |Autor=Michael Rahe |Titel=Strafbare Werbung bei Hinweis auf legalen Schwangerschaftsabbruch? |Sammelwerk=[[Juristische Rundschau]] |Band=2018 |Nummer=5 |Verlag=Walter de Gruyter |Ort=Berlin |Datum=2018-04-06 |ISSN=0022-6920 |Seiten=232–238 |DOI=10.1515/juru-2018-0052}}</ref><ref name="woerner">{{Literatur |Autor=Liane Wörner |Titel=Anmerkung zu AG Gießen, Urteil vom 24. November 2017, Az.&nbsp;507 Ds 501 Js 15031/15 |Sammelwerk=[[Neue Zeitschrift für Strafrecht]] |Nummer=7 |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2018-04-07 |ISSN=0720-1753 |Seiten=417–419 |Online=https://beck-online.beck.de/?bcid=Y-300-Z-NSTZ-B-2018-S-417 |Abruf=2020-06-24}}</ref> Ankündigen heiße, eine Gelegenheit zur Verschaffung von Gegenständen oder Verfahren mitzuteilen.<ref name="beckok8">{{Literatur |Autor=[[Ralf Eschelbach]] |Hrsg=Bernd von Heintschel-Heinegg |Titel=§&nbsp;219a |TitelErg=Rn.&nbsp;8 |Sammelwerk=Beck'scher Onlinekommentar StGB |Auflage=48. Edition |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2020-11-01}}</ref><ref name="merkel12" /> Anpreisen bedeute, die lobende oder empfehlende Erwähnung und Beschreibung, Hervorhebung von Vorzügen, Anerkennung günstiger Wirkungen, rühmende Darstellung oder eine Beimessung hohen Wertes.<ref name="lk4" /><ref name="merkel12" /> Unter die Bekanntgabe von Erklärungen solchen Inhalts falle jede Handlung, durch die diese einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden, etwa Zeitungsinserate oder die Verbreitung im Internet.<ref name="fischer11" /><ref name="müko6">[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;6. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref> Allen Varianten sei gemein, dass die Dienste oder Mittel dem Adressaten als zugänglich dargestellt werden müssten.<ref name="beckok8" /><ref name="müko6" /><ref>[[Kristian Kühl]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;3. In: {{BibISBN|9783406700293}}</ref>

=== Öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ===

Die Tathandlung musste ferner öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von [[Schrift (Strafrecht)|Schriften]] erfolgen. Öffentlich geschah sie, wenn sie sich an einen nicht überschaubaren, unbestimmten Adressatenkreis richtete.<ref name="beckok13">{{Literatur |Autor=[[Ralf Eschelbach]] |Hrsg=Bernd von Heintschel-Heinegg |Titel=§&nbsp;219a |TitelErg=Rn.&nbsp;13 |Sammelwerk=Beck'scher Onlinekommentar StGB |Auflage=48. Edition |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2020-11-01}}</ref><ref>[[Reinhard Merkel]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;13. In: {{BibISBN|9783848731060}}</ref> Die individuelle Beratung wurde damit nicht von der Norm erfasst.<ref name="beckok13" /><ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;7. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref>

=== Seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise ===

Als weitere Modi verlangte der Tatbestand, dass der Täter die Tathandlung seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise vornahm. Für den angestrebten Vermögensvorteil genügte auch ein rechtmäßiger. Damit erfüllten auch Ärzte den Tatbestand, wenn sie eine der Tathandlungen in Erwartung des üblichen Honorars begingen.<ref name="berghäuser">{{Literatur |Autor=Gloria Berghäuser |Titel=Die Strafbarkeit des ärztlichen Anerbietens zum Schwangerschaftsabbruch im Internet nach §&nbsp;219a StGB – eine Strafvorschrift im Kampf gegen die Normalität |Sammelwerk=[[JuristenZeitung]] |Band=73 |Nummer=10 |Verlag=Mohr Siebeck |Ort=Tübingen |Datum=2018-05-18 |ISSN=0022-6882 |Seiten=497–504 |DOI=10.1628/jz-2018-0114}}</ref><ref name="fischer13">{{BibISBN|9783406754241|Kapitel=§&nbsp;219a, Rn.&nbsp;13}}</ref><ref>[[Kristian Kühl]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;4. In: {{BibISBN|9783406700293}}</ref><ref name="merkel15">[[Reinhard Merkel]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;15. In: {{BibISBN|9783848731060}}</ref> Wiederholt hatten Gerichte daher Ärzte wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft verurteilt, weil diese auf der [[Website]] ihrer Praxis angegeben hatten, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen.<ref name="aggießen" /><ref name="lggießen2018" /><ref name="lgbayreuth">[[Landgericht Bayreuth|LG Bayreuth]] [http://www.juristen-vereinigung-lebensrecht.de/media/zfl_2007_1_1-36.pdf#page=18 ZfL 2007, 16].</ref><ref name="kg">[[Kammergericht|KG Berlin]] [https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-NSTZ-B-2020-S-550-N-1 NStZ&nbsp;2020, 550].</ref> Als grob anstößig galt die Tathandlung, wenn durch sie die durch die allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des Anstandes weit überschritten worden.<ref>[[Kristian Kühl]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;5. In: {{BibISBN|9783406700293}}</ref><ref name="merkel15" /> Davon war jedenfalls auszugehen, wenn sie in reißerischer Weise geschah<ref name="müko8">[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;8. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref> oder sich auf strafbare Schwangerschaftsabbrüche bezog.<ref name="müko8" /><ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;8. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref>

=== Tatbestandsausschlüsse ===

Die Absätze 2 bis 4 enthielten verschiedene Tatbestandsausschlüsse. Absatz 2 und 3 betrafen Fälle, in denen die abstrakte Gefahr der Verharmlosung und der Ausbeutung im Zusammenhang mit der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen von vornherein nicht bestand, weil die Handlung einem Personenkreis gegenüber erfolgte, der von Berufs wegen und im Sinne der gesetzgeberischen Vorgaben in das System des straffreien Schwangerschaftsabbruchs eingebunden war.<ref name="müko9">[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;9. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref>

Absatz 4 enthielt einen Tatbestandsausschluss für den Fall, dass Ärzte entweder darauf hinwiesen, dass sie straffreie Schwangerschaftsabbrüche vornähmen, oder auf Informationen bestimmter Stellen verwiesen. Die Vorschrift stellte eine Reaktion auf die Verurteilung der Gießener Ärztin [[Kristina Hänel]] wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft dar, die auf ihrer Website angegeben hatte, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. In der Literatur gilt als unklar, ob dieser Tatbestandsausschluss in der ersten Variante erforderte, dass sich die Erklärung in dem bloßen Hinweis darauf erschöpfte, dass der Erklärende straffreie Schwangerschaftsabbrüche vornahm.<ref name="fischer21ff">{{BibISBN|9783406754241|Kapitel=§&nbsp;219a, Rn.&nbsp;21&nbsp;ff.}}</ref> In diesem Sinn schlussfolgerten sowohl das [[Kammergericht]] als auch das [[Oberlandesgericht Frankfurt am Main]] aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik des §&nbsp;219a Abs.&nbsp;4 Nr.&nbsp;1 StGB, dass sich der Tatbestandsausschluss lediglich auf Angaben beziehe, die sich darin erschöpfen, ''dass'' der Arzt Schwangerschaftsabbrüche anbiete. Nicht vom Tatbestandsausschluss seien demgegenüber Angaben zum ''Wie'' der angebotenen Schwangerschaftsabbrüche umfasst.<ref name="olgfrankfurt2" /><ref name="kg" /> Das [[Amtsgericht Kassel]] stellte hingegen ein Strafverfahren wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft gegen zwei Ärztinnen, die auf der Website ihrer Praxis erklärten hatten, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, gemäß {{§|206b|StPO|juris}} [[Strafprozessordnung (Deutschland)|StPO]] ein, weil dieses Verhalten nach §&nbsp;219a Abs.&nbsp;4 Nr.&nbsp;1 StGB straflos sei.<ref name="agkassel">[[Amtsgericht Kassel|AG Kassel]], Beschluss vom 5. Juli 2019, Az.&nbsp;[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190035903 284 Ds-2660 Js 28990/17].</ref>

== Subjektiver Tatbestand ==

Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „seines Vermögensvorteils wegen“ war [[Absicht (Recht)|Absicht]] erforderlich, in Ansehung der übrigen Tatbestandsmerkmale genügte jeglicher [[Vorsatz (Deutschland)#Grade des Vorsatzes|Grad des Vorsatzes]].<ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;12. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref><ref>[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;12. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref><ref>Perdita Kröger: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;9. In: {{BibISBN|9783899497885}}</ref>

== Gesetzeskonkurrenzen ==

Beging der Täter in Folge der Tathandlung einen {{§|218|StGB|juris}} StGB unterfallenden Schwangerschaftsabbruch, stand dieser zu §&nbsp;219a StGB in [[Tatmehrheit]]. Bezog sich die Tathandlung auf strafbare Schwangerschaftsabbrüche, lag [[Tateinheit]] mit [[Öffentliche Aufforderung zu Straftaten|Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten]] ({{§|111|StGB|juris}} StGB) vor.<ref>[[Albin Eser]], Bettina Weißer: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;14. In: {{BibISBN|9783406703836}}</ref><ref>[[Walter Gropp]]: ''§&nbsp;219a'', Rn.&nbsp;13. In: {{BibISBN|9783406685545}}</ref>

== Kriminologie ==

Die forensische Bedeutung der Norm war gering. Die Strafverfolgungsstatistik erfasst das Delikt gemeinsam mit {{§|219b|StGB|juris}} StGB (Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft) und weist jeweils in den Jahren 2015–2017 eine<ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00030947/2100300157004.pdf#page=31 |titel=Rechtspflege. Strafverfolgung. 2015 |hrsg=[[Statistisches Bundesamt]] |datum=2017-02-09 |format=PDF; 2,1&nbsp;MB |abruf=2019-12-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00034869/2100300167004.pdf#page=100 |titel=Rechtspflege. Strafverfolgung. 2016 |hrsg=[[Statistisches Bundesamt]] |datum=2017-12-04 |format=PDF; 2,49&nbsp;MB |abruf=2019-12-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00040937/2100300177004.pdf#page=34 |titel=Rechtspflege. Strafverfolgung. 2017 |hrsg=[[Statistisches Bundesamt]] |datum=2018-11-28 |format=PDF; 2,49&nbsp;MB |abruf=2019-12-20}}</ref>, im Jahr 2018 keine<ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspflege/Publikationen/Downloads-Strafverfolgung-Strafvollzug/strafverfolgung-2100300187004.pdf?__blob=publicationFile |titel=Rechtspflege. Strafverfolgung. 2018 |hrsg=[[Statistisches Bundesamt]] |datum=2019-12-18 |format=PDF; 2,52&nbsp;MB |abruf=2019-12-20}}</ref> und im Jahr 2019 zwei Verurteilungen für beide Taten aus.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspflege/Publikationen/Downloads-Strafverfolgung-Strafvollzug/strafverfolgung-2100300197004.pdf?__blob=publicationFile#page=300 |titel=Rechtspflege. Strafverfolgung. 2019 |hrsg=[[Statistisches Bundesamt]] |datum=2020-10-29 |format=PDF; 2,63&nbsp;MB |abruf=2021-01-26}}</ref>

== Kritik ==

In Folge der Verurteilung der Ärztin [[Kristina Hänel]], die auf ihrer Website erklärt hatte, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft durch das [[Amtsgericht Gießen]]<ref name="aggießen" /> gerieten Legalität und Legitimität der Strafvorschrift in Kritik.

=== Verfassungsmäßigkeit ===

Kritiker halten die Norm in der Auslegung der Instanzgerichte für verfassungswidrig. Sie verletze die [[Artikel 12 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland#Berufsfreiheit|Berufsfreiheit]] ({{Art.|12|gg|text=Art.&nbsp;12 Abs.&nbsp;1 |juris}} [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]]) der Ärzte und die [[Artikel 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland#Informationsfreiheit|Informationsfreiheit]] schwangerer Frauen ({{Art.|5|gg|text=Art.&nbsp;5 Abs.&nbsp;1|juris}} GG), indem sie es Ärzten verbiete, Auskunft darüber zu geben, dass sie straffreie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.<ref>{{Literatur |Autor=Paula Fischer, Henrike von Scheliha |Titel=Anmerkung zu AG Gießen, Urteil vom 24. November 2017, Az.&nbsp;507 Ds 501 Js 15031/15 |Sammelwerk=[[Medizinrecht (Zeitschrift)|Medizinrecht]] |Band=37 |Nummer=1 |Verlag=Springer Science+Business Media |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2019-01-29 |ISSN=0723-8886 |Seiten=79–80 |DOI=10.1007/s00350-018-5136-0}}</ref> Sie werde auch im Übrigen dem strafrechtlichen [[Ultima Ratio#Rechtswissenschaft|Ultima-Ratio-Prinzip]] nicht gerecht, da schon das [[Standesrecht#Berufsordnung (Heilberufe)|ärztliche Standesrecht]] unsachliche Werbung verbiete.<ref name="rahe" />

Im juristischen Schrifttum überwiegt jedoch die Ansicht, die Vorschrift sei verfassungskonform. Bei dem Grundrechtseingriff handle es sich um eine bloße [[Artikel 12 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland#1. Stufe: Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit|Berufsausübungsregelung]], die durch den Schutz der [[Menschenwürde]] ([[Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Art.&nbsp;1 Abs.&nbsp;1]] GG) und des [[Recht auf Leben|Rechts auf Leben]] ([[Artikel 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland#Absatz 2|Art.&nbsp;2 Abs.&nbsp;2]] GG) des [[Nasciturus (Deutschland)|Nasciturus]] gerechtfertigt sei. Die Eingriffsintensität stelle sich als gering dar, da die [[Schwangerschaftskonfliktberatung]] die erforderlichen Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch und Kontaktdaten von Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, bereitstelle. Die Norm komme der Forderung des [[Bundesverfassungsgericht]]s aus dem [[Fristenregelung#Deutschland|2. Fristenregelungsurteil]] nach, dass der rechtliche Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewusstsein zu erhalten und zu beleben sei.<ref>{{BVerfGE|88|203}} Ls.&nbsp;10.</ref> Überdies sichere sie die Ergebnisoffenheit der Schwangerschaftskonfliktberatung, die verfassungsrechtlich erforderlich sei, damit der Schwangerschaftsabbruch unter den Bedingungen des §&nbsp;218a StGB seiner Rechtswidrigkeit zum Trotz straffrei bleiben könne.<ref name="woerner" /><ref name="fischer3a">{{BibISBN|9783406754241|Kapitel=§&nbsp;219a, Rn.&nbsp;3a&nbsp;f.}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Nino Goldbeck |Hrsg=Juristenvereinigung Lebensrecht |Titel=Zur Verfassungskonformität des §&nbsp;219a StGB |Sammelwerk=Zeitschrift für Lebensrecht |Nummer=1 |Ort=Köln |Datum=2007 |ISSN=0944-4521 |Seiten=14–16 |Online=http://www.juristen-vereinigung-lebensrecht.de/media/zfl_2007_1_1-36.pdf#page=16 |Abruf=2018-04-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Scarlett Jansen |url=https://www.juris.de/perma?d=jpr-NLSF000002418 |titel=Werbung für Schwangerschaftsabbruch auf ärztlicher Homepage |titelerg=7 Anm.&nbsp;2 |werk=jurisPR-StrafR |hrsg=[[juris]] |datum=2018-04-11 |abruf=2018-05-23}}</ref><ref name="kubicielzrp">{{Literatur |Autor=[[Michael Kubiciel]] |Titel=Reform des Schwangerschaftsabbruchsrechts? |Sammelwerk=[[Zeitschrift für Rechtspolitik]] |Band=51 |Nummer=1 |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2018-01-19 |ISSN=0514-6496 |Seiten=13–15 |Online=https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-ZRP-B-2018-S-13-N-1 |Abruf=2018-03-26}}</ref> Aus diesen Gründen haben es auch zahlreiche Gerichte abgelehnt, die Norm zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit nach {{Art.|100|gg|text=Art.&nbsp;100 Abs.&nbsp;1|juris}} GG dem [[Konkrete Normenkontrolle#Situation in Deutschland|Bundesverfassungsgericht vorzulegen]].<ref name="aggießen" /><ref name="lggießen2018" /><ref name="lggießen2019" /><ref name="lgbayreuth" /><ref name="kg" />

Von der Rechtswissenschaftlerin [[Liane Wörner]] wird in einer Stellungnahme zu einem Abschaffungsentwurf angeführt, der Paragraph sei bis jetzt fasch ausgelegt worden, eine vollständige Streichung selber sei aber „verfassungsrechtlich nicht haltbar“. Das sowieso schlecht ausgebaute Beratungsnetz für Schwangere werde so geschwächt und diese würden so auf die selbstständige Rechersche zurückgeworfen werden, ohne in dieser existentiellen Situation staatliche Hilfe bekommen zu können. Dies würde nicht zu mehr Selbstbestimmung, sondern einem „freie[n] Wildwuchs von sachlichen Informationen“ ohne Reglementierung führen. Vielmehr sollte die [[Bundesverfassungsgericht]] geforderte Verifizierung der Beratungsverfahren in Schwangerschaftskonflikten umgesetzt und vollumfassend Informiert sowie staatliche Hilfen während und im Anschluss an eine Schwangerschaft ausgebaut werden.<ref>Liane Wörner: [https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2022/Downloads/0217_Stellungnahme_Prof_Woerner_Aufhebung_Paragraph_219a_StGB.pdf?__blob=publicationFile ''Stellungnahme''.] In: ''bmj.de''. 17. Februar 2022, abgerufen am 19. Juli 2022.</ref>

=== Widerspruchsfreiheit ===

Kritiker erkennen einen Wertungswiderspruch in der Rechtslage, dass Schwangerschaftsabbrüche unter den Bedingungen des §&nbsp;218a StGB zwar straffrei, eine bloße Vorfeldhandlung nach §&nbsp;219a StGB aber strafbar sei.<ref name="rahe" /> Die herrschende Gegenansicht betont, dass die Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft nicht die Vorbereitung einer straffreien Haupttat, sondern eine von ihr unabhängige Beeinträchtigung eines kollektiven Rechtsguts sanktioniere. Sie solle verhindern, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Gesellschaft als unproblematisch und sozialadäquat aufgefasst werde.<ref name="berghäuser" /><ref name="kubicielzrp" /><ref>{{Literatur |Autor=Theresa Schweiger |Titel=Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche – Das nächste rechtspolitische Pulverfass? |Sammelwerk=[[Zeitschrift für Rechtspolitik]] |Band=51 |Nummer=4 |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2018-05-25 |ISSN=0514-6496 |Seiten=98–101 |Online=https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-ZRP-B-2018-S-98-N-1 |Abruf=2018-05-31}}</ref>

== Literatur ==

* {{Literatur
   |Autor=Gloria Berghäuser
   |Titel=Die Strafbarkeit des ärztlichen Anerbietens zum Schwangerschaftsabbruch im Internet nach §&nbsp;219a StGB – eine Strafvorschrift im Kampf gegen die Normalität
   |Sammelwerk=[[JuristenZeitung]]
   |Band=73
   |Nummer=10
   |Verlag=Mohr Siebeck
   |Ort=Tübingen
   |Datum=2018-05-18
   |ISSN=0022-6882
   |Seiten=497–504
   |DOI=10.1628/jz-2018-0114}}
* {{Literatur
   |Autor=[[Monika Frommel]]
   |Hrsg=[[Stephan Barton]] et al.
   |Titel=Der Streit um §&nbsp;219a StGB – das Verbot des öffentlichen Anbietens oder anstößigen Werbens für Dienste, die zum Schwangerschaftsabbruch geeignet sind
   |Sammelwerk=Festschrift für Thomas Fischer
   |Verlag=C. H. Beck
   |Ort=München
   |Datum=2018
   |ISBN=978-3-406-72459-6
   |Seiten=1049–1064}}
* {{Literatur
   |Autor=Nino Goldbeck
   |Hrsg=Juristenvereinigung Lebensrecht
   |Titel=Die Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft
   |Sammelwerk=Zeitschrift für Lebensrecht
   |Nummer=4
   |Ort=Köln
   |Datum=2005
   |ISSN=0944-4521
   |Seiten=102–113
   |Online=http://www.juristen-vereinigung-lebensrecht.de/media/zfl_2005_4_101-136.pdf#page=4
   |Abruf=2018-03-26}}
* {{Literatur
   |Autor=[[Michael Kubiciel]]
   |Titel=Reform des Schwangerschaftsabbruchsrechts?
   |Sammelwerk=[[Zeitschrift für Rechtspolitik]]
   |Band=51
   |Nummer=1
   |Verlag=C. H. Beck
   |Ort=München
   |Datum=2018-01-19
   |ISSN=0514-6496
   |Seiten=13–15
   |Online=https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-ZRP-B-2018-S-13-N-1
   |Abruf=2018-03-26}}
* {{Literatur
   |Autor=Tamina Preuß
   |Titel=Strafbare Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft, §&nbsp;219a StGB – Unerlässlicher Schutz für das ungeborene Leben oder sachwidrige Kriminalisierung im Vorfeld eines erlaubten Verhaltens?
   |Sammelwerk=Zeitschrift für Medizinstrafrecht
   |Band=4
   |Nummer=3
   |Verlag=C.F. Müller
   |Ort=Heidelberg
   |Datum=2018-05-18
   |ISSN=2199-4323
   |Seiten=131–135}}

== Weblinks ==

* [https://dejure.org/gesetze/StGB/219a.html §&nbsp;219a StGB] auf [[dejure.org]] – Gesetzestext mit Hinweisen zu Rechtsprechung und Querverweisen

== Einzelnachweise ==

<references responsive />

{{Rechtshinweis}}

[[Kategorie:Besondere Strafrechtslehre (Deutschland)]]
[[Kategorie:Nebenstrafrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Ordnungswidrigkeitenrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Medizinrecht (Deutschland)]]
[[Kategorie:Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland]]