Quelltext der Seite Zwischenfaserbruchkriterium nach Puck

Das '''Zwischenfaserbruchkriterium nach [[Alfred Puck|Puck]]''' dient zur Berechnung des [[Versagen]]s auf [[Zwischenfaserbruch]] von [[unidirektional]]en [[Faser-Kunststoff-Verbund]]en. Dieses [[Bruchkriterium]] ist ein physikalisch fundierter Ansatz, der auf Überlegungen von [[Christian Otto Mohr]] und [[Zvi Hashin]] beruht.

== Vorbemerkungen ==
[[Datei:Puck Bruchebene.jpg|mini|400px |Spannungszustand an einem UD-Element mit Schichtebene <math>(1, 2)</math>. Gezeigt ist die Stellung des <math>(1, 2, 3)</math>- und des <math>(1, x {n}, x {t})</math>-Koordinatensystems. Letzteres ist um den Bruchwinkel <math>\theta {fp}</math> gedreht. Mögliche Bruchebenen <math>(1, x {t})</math> beim Zwischenfaserbruch liegen zwischen −90° und +90° Bruchwinkel.]]
Faser-Kunststoff-Verbunde zeigen sowohl bei [[Faserbruch]] als auch bei Zwischenfaserbruch ein [[Sprödigkeit|sprödes]] Bruchverhalten. <!-- Bei Faserbruch sind die Bruchebenen häufig sehr zerklüftet, während Zwischenfaserbruch zu relativ glatten Bruchebenen führt.  -->Aus diesem Grund sind für Faser-Kunststoff-Verbunde die [[Vergleichsspannung|Festigkeitshypothesen]] für Stoffe mit [[Sprödbruch]]-Charakter, wie die [[Schubspannungshypothese|Hypothesen von Coulomb und Mohr]], den [[Fließspannung|Fließkriterien]] für [[Duktilität|duktile]] Werkstoffe vorzuziehen.

Dem Zwischenfaserbruchkriterium nach Puck liegt eine makromechanische Betrachtungsweise zugrunde. Zur Beschreibung des Bruchzustands werden die über Faser- und Matrixquerschnitte gemittelten [[Beanspruchung]]en der [[Unidirektionale Schicht|UD-Schicht]] und die dazugehörigen [[Festigkeit]]en benutzt.

Bei allen bisherigen 3D-Bruchkriterien wurden die aus der schichtweisen Spannungsanalyse ermittelten [[Mechanische Spannung|Spannungen]] auf das feste <math>(1, 2, 3)</math>-[[Koordinatensystem]] bezogen. Um jedoch eine physikalisch begründete Bruchbedingung unter Beachtung der [[Mohrscher Spannungskreis|Mohrschen Hypothese]] aufzustellen, war es notwendig ein <math>(1, x_{n}, x_{t})</math>-Koordinatensystem einzuführen, das um die Faserrichtung (1-Richtung) drehbar ist. Abhängig vom örtlichen [[Spannungszustand]] wird das <math>(1, x_{n}, x_{t})</math>-Koordinatensystem durch eine Rechenoperation so gegenüber dem <math>(1, 2, 3)</math>-Koordinatensystem gedreht, dass die <math>x_{n}</math>-Richtung zur [[Normalenvektor|Flächennormalen]] der zu erwartenden Bruchebene wird und damit die <math>x_{t}</math>-Richtung zur Flächentangentialen. Die Flächennormale der Bruchebene (englisch ''fracture plane''; fp) wird bei Zwischenfaserbruch im Allgemeinen um einen Winkel −90° < <math>\theta_{fp}</math> < +90° gegenüber der Schichtebene geneigt sein; dies ist gerade der Winkel, um den das Koordinatensystem gedreht werden muss.

== Versagensvorhersage ==
Die Aufgabe eines Bruchkriteriums ist die Bestimmung, ob eine beliebig aufgebrachte Last (Spannungszustand) an einer UD-Schicht zu einem [[Bruchmechanik|Bruch]] führt oder nicht. Unter Bruch wird in diesem Zusammenhang die Werkstofftrennung durch Spannungseinwirkung verstanden. Die physikalischen Annahmen über die Bruch verursachenden Zustände können über die Bruchhypothese beschrieben werden. Die mathematische Formulierung für diejenigen Spannungs- und Verformungszustände, bei denen ein Bruch stattfindet, nennt man Bruchbedingung.

Der [[experiment]]elle Nachweis, wann es bei einer UD-Schicht aufgrund eines definierten Spannungsstandes zu einer Werkstofftrennung (Bruch) kommt, kann durch geeignete [[Prüfverfahren]] erfolgen, z.&nbsp;B. durch [[Zug-Druck-Torsion-Prüfung]]. Anhand dieser Prüfverfahren können die [[Anisotropie|richtungsabhängigen]] Basis-Festigkeiten einer UD-Schicht ermittelt werden:
* Längs-[[Zugfestigkeit]] <math>R_{\parallel}^{(+)} </math>
* Längs-[[Druckfestigkeit]] <math>R_{\parallel}^{(-)} </math>
* Quer-Längs-[[Schubfestigkeit]] <math>R_{\perp\parallel} </math>
* Quer-Zugfestigkeit <math>R_{\perp}^{(+)} </math>
* Quer-Druckfestigkeit <math>R_{\perp}^{(-)} </math>.

== Wirkebenen-bezogenes Bruchkriterium ==
Die Wirkebene ist eine [[Schnittebene]], in der eine einzeln wirkende Beanspruchung in einem [[Werkstoff]]<nowiki/>element maximal wird. Erwartungsgemäß müsste in dieser Ebene der Bruch erfolgen.

Von einem unter Druck belasteten [[Beton]]-[[Prüfkörper|Probekörper]] ist jedoch bekannt, dass er ''nicht'' normal zur Druckbelastung – also ''nicht'' in der Wirkebene des Drucks – versagt, sondern unter einem schrägen Schnitt abgleitet. Beim Versagen der UD-Schicht durch Zwischenfaserbruch zeigt sich Ähnliches: bei einer unter Quer-Druck beanspruchten UD-Schicht fällt die Bruchebene ''nicht'' mit der Wirkebene der Beanspruchung zusammen. Es handelt sich also nicht um Druck-, sondern um [[Scherung (Mechanik)|Schub]]<nowiki/>versagen.

Aufgrund dieser Tatsache führte Puck einen neuen Begriff ein, den ''Bruchwiderstand'' der Wirkebene:<blockquote>''"Der Bruchwiderstand einer Wirkebene ist derjenige Widerstand, den eine Schnittebene ihrem Bruch infolge einer einzelnen in ihr wirkenden Beanspruchung entgegensetzt."''</blockquote>Um eine Verwechselung mit den o.&nbsp;g. Festigkeiten <math>R </math> zu vermeiden, wird der Bruchwiderstand <math>R^{(A)} </math> zusätzlich mit einem hochgestellten A versehen (A = ''action plane'' = Wirkebene).

== Ebenes Zwischenfaserbruchkriterium ==
Bei dünnwandigen Strukturen kann ein [[Spannungszustand #Ebener Spannungszustand|ebener Spannungszustand]] angenommen, weshalb bzgl. Zwischenfaserbruch nur die Spannungenen in dieser Ebene bewertet werden.

== Dreidimensionales Zwischenfaserbruchkriterium ==
Mit diesem Kriterium werden alle 5 Spannungen bewertet, die einen Beitrag zum Zwischenfaserbruch leisten (vgl. die o.&nbsp;g. Basis-Festigkeiten).

== Literatur ==
* A. Puck: ''Festigkeitsanalyse von Faser-Matrix-Laminaten''. Hanser, 1996. ISBN 3-446-18194-6
* H. Schürmann: ''Konstruieren mit Faser-Kunststoff-Verbunden''. Springer Verlag, 2007. ISBN 978-3-540-72189-5
* M. Knops: ''Analysis of Failure in Fibre Polymer Laminates – The Theory of Alfred Puck''. Springer, 2008. ISBN 978-3-540-75764-1

[[Kategorie:Werkstoffeigenschaft]]
[[Kategorie:Faserverbundtechnik]]