„Malediktologie“ – Versionsunterschied

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Aktuelle Version vom 19. Januar 2021, 20:16 Uhr

Die Malediktologie (von lateinisch maledicere ‚schimpfen‘, englisch maledictology, gelegentlich auch Schimpfwortforschung[1] genannt) ist ein Zweig der Psycholinguistik, Soziolinguistik und Psychologie, der sich mit dem Fluchen und Schimpfen beschäftigt. Gegründet und geprägt wurde die Malediktologie 1973 durch den deutschstämmigen Philologen und Schimpfwortforscher Reinhold Aman (Kalifornien).

Forschung

Der US-amerikanische Psychologe Timothy Jay (Massachusetts College of Liberal Arts) ist ein Nachfolger Amans, der dessen Werk fortsetzt und sich auf das Psychologische und das amerikanische Englisch beschränkt, während Aman alle akademischen Gebiete und ca. 220 Sprachen und Dialekte der letzten 5000 Jahre erforscht.

Weitere bekannte Malediktologen sind die Französin Dominique Lagorgette (Université de Savoie in Chambéry) sowie die Ukrainerin Oksana Havryliv (geb. Holod), wobei sich letztere besonders auf Schimpfwörter in der deutschen und österreichischen Literatur konzentriert. Einen Fokus auf den deutschen Sprachraum setzt weiters der österreichische Wissenschaftler Peter Probst, der im Rahmen eines sozialpsychologischen Experiments Mitte 2020 das in seiner Kindheit selbst erfundene Wort Blödstink im Internet zu verbreiten versuchte. Hans-Martin Gauger (Universität Freiburg i. Br.) widmet sich in seiner Kleinen Linguistik der vulgären Sprache (2012) dem Thema anhand von Beispielen aus über einem Dutzend Sprachen und zeigt, dass die Deutschen, wenn sie beleidigen, fluchen und überhaupt vulgär werden, normalerweise Ausdrücke verwenden, die sich auf Exkrementelles beziehen, während die Nachbarsprachen zu diesem Zweck fast immer ins Sexuelle gehen. Neuere Beobachtungen zeigen, dass jüngere deutsche Sprecher sexualisierter schimpfen, fluchen und beleidigen als ältere, die das traditionell eher fäkal tun.

Malediktologen gehen davon aus, dass das Fluchen, Verwünschungen und Schimpfwörter zum menschlichen Leben dazugehören und ein wichtiger Bestandteil der Sprache sind. Schimpfwörter können demnach sogar eine Selbstschutzfunktion darstellen, indem sie handgreiflichen Auseinandersetzungen vorbeugen können (sie aber in gewissen Situationen auch veranlassen).

Literatur

  • Reinhold Aman: Bayrisch-Österreichisches Schimpfwörterbuch. Allitera, München 2005, ISBN 978-3-86520-095-2 (Auszüge online).
  • Reinhold Aman: Maledicta: The International Journal of Verbal Aggression. (1977–2005).
  • Reinhold Aman (Hrsg.): Opus Maledictorum. A Book of Bad Words. Marlowe & Co, New York 1996, ISBN 1-56924-836-2.
  • Sebastian Freud: Handbuch der Beschimpfungen. Bassermann, München 2007, ISBN 978-3-8094-2140-5.
  • Timothy Jay: Why We Curse. A Neuro-Psycho-Social Theory of Speech. John Benjamins Publishing, Philadelphia (PA) 2000, ISBN 1-55619-758-6.
  • Andreas Lötscher: Lappi, Lööli, blööde Siech. Schimpfen und Fluchen im Schweizerdeutschen. Huber, Frauenfeld/Stuttgart 1980, ISBN 3-7193-0671-2.
  • Herbert Pfeifer: Das große Schimpfwörterbuch. 2. Auflage, Eichborn, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-8218-3444-7.
  • Hans-Martin Gauger: Das Feuchte und das Schmutzige. Kleine Linguistik der vulgären Sprache. Beck, München, 2012, ISBN 978-3-406-62989-1.

Einzelnachweise

  1. Max Fellmann: »Kruzifix Sakrament Hallelujah!«. Warum fluchen wir? Wie fluchen wir? Und wer flucht am lustigsten? Ein Gespräch mit dem Schimpfwortforscher Reinhold Aman. In: SZ-Magazin. Nr. 49, 9. Dezember 2011 (sueddeutsche.de).

Weblinks

Wiktionary: Malediktologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen