Benutzer:Dr. Klaus Dirschauer/Entwurf

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Fetter Text

Die säkulare Traueransprache, die der Mittelpunkt der säkularen Trauerfeier ist, spricht vorrangig die Trauersituation der Zuhörer an. Dabei vollzieht sie mit der reflektierten Biographie des Verstorbenen eine lebensgeschichtliche Würdigung und weist sie auf einen verheißungsvollen Horizont (Transzendenz) hin. Gegenüber der Trauerrede, die seit der Antike der Tradition der Wahrheitsfindung und Aufklärung verpflichtet ist und mit der Rhetorik über eine eigene Wissenschaft verfügt,[1] besteht die Aufgabe der Traueransprache [2] in erster Linie in der emotionalen Hilfestellung (Empathie) innerhalb einer existentiellen Lebenskrise.[3] Bei der Trauerrede tritt die zu ehrende Persönlichkeit mehr in den Vordergrund.

Die Trauerrede würdigt, die Traueransprache tröstet.

Die weltliche Traueransprache[4] ist der entscheidende Dreh- und Angelpunkt des Passagerituals der säkularen Bestattung. Die vom Tode betroffenen Menschen werden in der extremen Ausnahmesituation ihres Lebens auf ihre Trauer hin angesprochen. Die Traueransprache umfasst die Traurigen gleichsam mit Worten, um der fassungslosen Lebenssituation wenigstens vorübergehend einen Halt zu bieten. Von der schicksalsbedingten Trauergemeinschaft geht ein solidarischer Trost aus. Eine vertrauensvolle Zusammenarbéit dessen, der die Traueransprache hält, mit dem Bestatter ist unverzichtbar. Den Worten einer säkularen Traueransprache kommt die Kompetenz zu, persönlich anzusprechen, zukuftweisendes Tröstliches auszusprechen und Kommunikatives zuzusprechen.

Bestandteile

Die Einleitung der Traueransprache

Die Todesursache - die Art zu sterben, die näheren Umstände des Ortes, der Zeit wie der Art und Weise - ist im konkreten Todesfall für die Traueransprache sehr wichtig, um die Todeswirklichkeit einigermaßen einschätzen zu können: Das trifft für den alten Menschen, der mit seinem Leben seit langem abgeschlossen hat, ebenso zu, wie für den befürchteten Suizid, der eingetreten ist, für den Unglücksfall nicht weniger zu als für den Tod eines Kindes. Die Tatsache allein kann noch keinesfalls bereits der Inhalt sein. Sie sollte in jedem Fall angesprochen werden. Ein jeder Mensch lebt anders, ein jeder stirbt anders, ein jeder trauert auch anders.


Der Hauptteil der Traueransprache

Jede Traueransprache trägt ein unverwechselbares Passepartout des Lebens, Sterbens, Todes eines Menschen und der Trauer um ihn, dessen Rahmen die Trauer um ihn darstellt. Der Verstorbene ist - wenn auch in ganz anderer Weise als zu seinen Lebzeiten - im Leben der ihn Überlebenden präsent. Manchmal dominiert er sogar so, alles ihm zuliebe oder in seinem Sinne noch ausrichten zu wollen. Diese Gegenwärtigkeit des Verstorbenen, der gleichsam verinnerlicht eine postmortale Existenz gewinnen kann, hängt unmittelbar mit seiner lebensgeschichtlichen Anerkennung zusammen. Die herausragende lebensgeschichtliche Würdigung eines Menschen postum eröffnet das fortwährende Gespräch mit ihm. Nur sehr wenige Menschen [5] haben zu Lebzeiten überhaupt eine derartige vergleichbare lebensgeschichtliche Würdigung in der Öffentlichkeit erfahren wie jetzt bei ihrer feierlichen Bestattung.

Der Schluss der Traueransprache

Die Nahtstelle zwischen dem biographischen Mittelteil und dem Bestattungsvollzug betrifft den Horizont der Hoffnung der Menschen, deren Leben durch den Todesfall zerbrochen und sinnlos erscheint oder es auch ist: Der Tod ist schweigsam. Er verschlägt uns die Sprache. [6] Ein hoffnungsvoller Ausblick einer weltlichen Trauerfeier ist für den, der zu Grabe getragen wird und dort auf dem Friedhof seine letzte Stätte gefunden hat, ebenso zu reflektieren wie für diejenigen, die ihn überleben, vom Grabe wieder weggehen, den Friedhof verlassen, und in ihre eigene Lebenswelt zurückkehren müssen, um mit dem Toten leben zu können.[7]

Die Hoffnung hat eine bildhafte Bedeutung. Sie geht den Zukunftsbezug des Menschen und seine Erwartung an. Die Traueransprache kann religiös oder literarisch [8] angereichert oder in einer philosophischen Vorstellung ausgestaltet oder nihilistisch angelegt werden. Dazu empfehlen sich Literaturzitate aus der Philosophie und Dichtung als Worte zur Trauer. Im Grunde ist für den Horizont der Hoffnung und des Trostes nach dem Ausspruch des römischen Philosophen Seneca [9] im ersten nachchristlichen Jahrhundert zu verfahren: Mors quid est? Aut finis aut transitus. Was ist der Tod? Entweder ein Ende oder ein Übergang.

Literatur

  • Peter Noll: Diktate über Sterben & Tod. Mit der Totenrede von Max Frisch, Pendo Verlag, Zürich 1984, ISBN 3-492-25723-2
  • Arnold van Gennep: Übergangsriten, Campus-Verlag, Frankfurt/M. 2005, ISBN 3-593-37836-1
  • Willy Sanders: Gutes Deutsch– Besseres Deutsch. Praktische Stillehre der deutschen Gegenwartssprache, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, ISBN 3-534-09480-8
  • Jan Hermelink: Die weltliche Bestattung und ihre kirchliche Konkurrenz. Überlegungen zur Kasualpraxis in Ostdeutschland. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 39. Bd., Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000 S. 65-86, ISBN 978-3-525-57206-1
  • Marianne Kramer Abebe: Aufbruch zu neuen Ritualen. Eine Annäherung an die Praxis freiberuflicher Ritualbegleiter und Ritualbegleiterinnen: Jahrbuch für Liturgik und Hymno
  • logie 39.Bd., Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2000, S. 35-64, ISBN 978-3-525-57206-1
  • Jan Hermelink: Christlich, weltlich oder von allem ein wenig. In: Praktische Theologie, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 37.Jg. 2002, S.206-209.
  • Reiner Sörries: Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Wörterbuch zur Sepulkralkultur, Thalacker Medien, Braunschweig 2002. ISBN 978-3-7954-2254-7
  • Dudenredaktion(Hg.): Reden gut und richtig halten! Ratgeber für wirkungsvolles und modernes Reden, 3. Aufl., Dudenverlag Mannheim, 2004. ISBN:978-3-411-04683-6
  • Klaus Dirschauer: Traueransprachen persönlich gestalten. Konzepte, Mustertexte, Formulierungshilfen, Claudius Verlag, München, 2006. ISBN 978-3-532-62339-8
  • Traueransprachen: Bestattungsfachkraft. Modul 3. Kultur, Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 2007
  • Gert Otto: Tod und Trauer brauchen Sprache. Hg.v. Ursula Baltz-Otto, Radius Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-87173-108-2
  • Klaus Dirschauer, Herzliches Beileid. Ein kleiner Knigge für Trauerfälle, Claudius Verlag, München 2009, 2. Aufl. 2011, ISBN 978-3-532-62402-9
  • Bruno Kern: Die bedeutendsten Grabreden, Marixverlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8438-0059-4
  • Klaus Dirschauer: Mit Worten begraben. Traueransprachen entwerfen und gestalten, Donat Verlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-943425-08-6

Einzelnachweise

  1. Historisches Wörterbuch der Philosophie, Hg. v. Joachim Ritter u. Karlfried Gründer, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, Bd.8: R-Sc, S. 1014-1025. Alfons Weische, Willy Sanders: Gutes Deutsch - Besseres Deutsch. Praktische Stillehre der deutschen Gegenwartssprache, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 35-37. Bruno Kern: Die bedeutendsten Grabreden, marixverlag, Wiesbaden 2010
  2. Klaus Dirschauer: Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten, Donat Verlag, Bremen 2012, S. 15ff.
  3. Erich Garhammer u.a.: Zwischen Schwellenangst und Schwellenzauber. Kasualpredigt als Schwellenkunde, Don Bosco Verlag, München 2002, S.160ff.
  4. Klaus Dirschauer: Die Kennzeichen und Rituale der weltlichen Trauerfeier. In: Friedhofskultur. Zeitschrift für das gesamte Friedhofswesen, Haymarket Media, Braunschweig 102. Jg. 20012, S.15-17. Traueransprachen. In: Bestattungsfachkraft. Modul 3. Kultur, Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbe , Düsseldorf 2007.
  5. Eindrucksvolle Beispiele für die eigene Biographiearbeit des Trauerredners sind die Totenrede des Schriftstellers Max Frisch für den Schweizer Juristen Peter Noll, die er nach dessen Bestattung am 18. September 1982 im Zürcher Großmünster gehalten hat und die Trauerrede des früheren Hamburger Bürgermeisters Henning Voscherau auf die Frau des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt, Loki Schmidt (Hannelore Schmidt) am 1. November 2010 in der Hamburger Hauptkirche St.Michaelis (Internetquelle|url=http://www.bild.de/politik/2010/hamburg/abschiedsrede-von-henning-voscherau-trauerrede-loki-schmidt_news_-14497672.bild.html%7Ctitel=Die Trauerrede für Loki Schmidt im Wortlaut|zugriff=2012-10-08|hrsg=bild.de) Beide Traueransprachen zeichnen sich durch einen sehr persönlichen Charakter eines Freundschaftsdienstes aus.
  6. Hans Jürgen Schultz: Sprache ist Hoffnung, gehört zu werden. In: Hans Jürgen Schultz (Hrsg.): Einsamkeit, Kreuz Verlag Stuttgart. u.a., Berlin 1980, S.239
  7. Die vierte Trauerphase, die adaptive Phase genannt wird, schließt das Trauerjahr ab.
  8. Klaus Dirschauer: Worte zur Trauer. 500 ausgewählte Weisheiten und Zitate für Todesanzeigen und Kondolenzbriefe, Claudius Verlag 5. Aufl, München 2011
  9. Lucius Annaeus Seneca: Epistulae morales ad Lucillium. Briefe an Lucillius.Rowohlt Verlag Nr.65,24, Reinbek 1965.

Kategorie:Bestattung Kategorie:Bestattungsritual