Benutzer:Muesse/Humanismus-Diskussion

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Zur Streichung des römischen Humanismus (Rom-Abschnitt a.F.)

Die Streichung des Rom-Abschnitts ist m.E. ein Fehler. Siehe hierzu ECKARD LEFÈVRE: Humanismus und humanistische Bildung, in: Helmut Engler: Humanismus in Europa. Heidelberg: Winter, 1998, S. 3 ff. . Siehe hierzu ebenfalls Johannes Christes: Cicero und der römische Humanismus, Antrittsvorlesung vom 24. Januar 1995. Christes selbst resümiert: „Kann man nach allem überhaupt von einem römischen Humanismus reden? Ich meine, man darf das bejahen und begründe es so: Wenn Menschenbild und Humanismus in Korrelation stehen, so wird die je anders gewichtete Ausprägung verständlich. Scipio und Cicero sehen den Menschen als Glied eines Gemeinwesens; aber der Adlige und der homo novus unterscheiden sich darin, daß für den einen die Ethik, für den anderen das intellektuelle Bildungserlebnis im Vordergrund steht. Für Seneca steht eine im Vergleich zu Scipio noch vertiefte Sicht der ethischen Dimension des Menschen im Mittelpunkt. Aber im Unterschied zu Scipio wie Cicero geht es ihm um den Menschen als Menschen und um die Verwirklichung individuellen Menschseins. Allen Repräsentanten des römischen Humanismus aber ist gemeinsam, daß sie durch die Schule griechischer Bildung gegangen sind“. Als PDF online a.a.O. S. 26 bzw. gedruckt in: Stiftung „Humanismus heute“ (Hrsg.), Humanismus in Europa, 1998, S. 72. Die Rückbesinnung auf die griech. Paideia ist also das verbindende Element. Dies wurde in der alten Artikelfassung Stand 22.09.2013 bereits ziemlich deutlich gemacht, Christes ist dort wörtlich in Fußnote 15 zitiert worden. Warum man nun auf einen Rom-Abschnitt verzichtet, ist nach der Lektüre von Lefevre und Christes nicht nachvollziehbar.--87.179.56.85 17:37, 24. Okt. 2013 (CEST)

Da die Verwendung des Begriffs Humanismus tatsächlich in moderner Literatur auf die römische Antike ausgedehnt wird, ist grundsätzlich gegen einen Rom-Abschnitt in der zu erarbeitenden Neufassung nichts einzuwenden. In diesem kann natürlich auch Material aus der gelöschten Altfassung verwertet werden. Interessant ist da vor allem der Satz in der Altfassung: Die Existenz eines römischen Humanismus ist umstritten. Eine solche Forschungskontroverse ist zweifellos enzyklopädisch relevant. Hier zeigt sich aber auch deutlich ein Mangel der Altfassung: In der zugehörigen damaligen Fußnote 15 wurde nur Christes als Befürworter der Begriffsverwendung ausführlich zitiert; warum es umstritten ist und wie die Gegenseite argumentiert, hat der Leser nicht erfahren. Das müsste in einem Bericht über eine umstrittene Frage aber unbedingt dargestellt werden, wenn ein bestimmter POV derart ausführlich zitiert wird wie in diesem Fall der von Christes. Ich muss übrigens bekennen, dass mir die konstitutiven Merkmale des "römischen Humanismus" weder aus dem Christes-Zitat noch aus dem Fließtext des alten Rom-Abschnitts klar geworden sind. Unklar ist, (1) ob die in der alten Einleitung genannten fünf Grundüberzeugungen (als quasi überzeitliche Definitionsmerkmale des Humanismus) allen Römern, die als Humanisten bezeichnet werden sollen, unterstellt werden, und in einer Untersuchung aufgezeigt worden ist, dass sie tatsächlich bei ihnen allen so vorhanden waren; (2) ob/inwieweit antike humanitas und Humanismus explizit oder implizit gleichgesetzt werden und wie das gegebenenfalls begründet wird; (3) ob/inwieweit eine breite Rezeption griechischer Bildung durch einen Römer diesen bereits zum Humanisten macht; (4) Cicero wurde in dem Abschnitt sehr breit dargestellt; unklar war für den Leser, inwieweit das, was dort über Cicero zu lesen war, nur dessen individuelle Ausprägung des "römischen Humanismus" darstellt oder ob es sich um für diesen Humanismus schlechthin, also für alle römischen Humanisten, konstitutive Merkmale handelt. Ferner wurde zwar nicht explizit behauptet, aber doch angedeutet, dass auch Lukan und Persius Humanisten gewesen seien; diese Behauptung müsste deutlicher plausibel gemacht werden, als es mit dem Dahlmann-Zitat geschah. Das alles sollte, wenn es in der Neufassung thematisiert wird, präziser werden. Nwabueze 21:28, 24. Okt. 2013 (CEST)
Der Rekurs vieler neuerer Humanismus-Auffassungen auf die Antike, und zumal auf die römische, ist unverkennbar. Ohne auf Deine noch der Klärung bedürfenden Monita zu diesem Zeitpunkt eingehen zu können, Nwabueze, befürworte jedenfalls auch ich die eingehendere Wiederberücksichtigung dieses geistesgeschichtlichen Zusammenhangs in der Darstellung.
Morgengrüße -- Barnos -- (Diskussion) 06:53, 25. Okt. 2013 (CEST)

Die Verantwortung für die völlig unabgestimmte und vandalistische Löschung des Rom-Abschnitts im Artikel Humanismus trägt übrigens das Benutzerkonto Serten mit seinem Edit vom 15. Oktober 2013, 16:32 Uhr. Das Benutzerkonto Serten ist ausweislich seines Sperrlogbuchs aufgrund seiner Beteiligung an Editwars bereits mehrfach gesperrt worden. Nach eigenen Angaben auf der Benutzerseite handelt es sich um das Nachfolgekonto eines infinit gesperrten Benutzers. Wir haben es also mit einer Sperrumgehung zu tun und die Frage stellt sich: Welchem Qualitätsautor ist es überhaupt zumutbar, bei solchen Arbeitsbedingungen auch nur einen Finger krumm zu machen für die deutschsprachige Wikipedia?--87.179.42.11 15:03, 25. Okt. 2013 (CEST)

Habe mich schon gewundert wo der Abschnitt hinverschwunden ist. In diesem Sinne spricht ja nichts gegen eine Wiederherstellung des m.E. sehr wichtigen Abschnittes. Kann durchaus als algemeiner Abschnitt über die Geschichte des Begriffes sein. Gruß, Kmw2700 (Diskussion) 20:00, 27. Okt. 2013 (CET)
Eine völlig unveränderte Wiederherstellung hätte allerdings den Nachteil, dass sie der Kritik, die in der weiterhin laufenden Löschdiskussion geübt wurde, überhaupt nicht Rechnung trüge. Das könnte sich auf die Löschdiskussion ungünstig auswirken. Daher empfehle ich, von übereilten Aktionen Abstand zu nehmen und in einem künftigen Rom-Abschnitt aus der Löschdiskussion Lehren zu ziehen. Es ist sicher nicht ratsam, falls der Löschantrag abgelehnt wird, so zu tun als wäre nichts gewesen und nur eine unliebsame, grundlose Störung überstanden. Nwabueze 22:15, 27. Okt. 2013 (CET)
Das sehe ich anders. Die Abschnitte wurden ohne vorherige Absprache und ohne Nennung eines Grundes gelöscht. Sehe keinen Grund warum man sie nicht wieder eingefügt werden sollten. Gruß, Kmw2700 (Diskussion) 21:49, 2. Nov. 2013 (CET)
Zum aktuellen Diskussionsstand - auch speziell zu diesem Punkt - siehe unten. Nwabueze 23:01, 2. Nov. 2013 (CET)


Zum weiteren Vorgehen

[...]

Auslegung und Anwendung von POV in hiesigen Zusammenhängen

Nwabuezes an verschiedenen Stellen wiederholte Äußerungen zum Thema POV und NPOV sind für jemanden, der zumindest rudimentäre Kenntnisse der Wissenschaftstheorie aufweisen kann, eher amüsant. Es gibt eigentlich nur POV, da auch wissenschaftliche Veröffentlichungen immer eine Frage der Perspektive des Verfassers sind: Da es für uns keinen Standpunkt Gottes gibt, sondern nur die unterschiedlichen Perspektiven wirklicher Personen, kann Wahrheit nicht in einer Übereinstimmung mit unabhängig gegebenen Gegenständen bestehen, sondern nur in der rationalen Akzeptierbarkeit einer Aussage bezüglich der Kohärenz unserer Überzeugungen untereinander und in Bezug auf unsere Erfahrung (Holm Bräuer: Perspektivismus, in: UTB-Online-Wörterbuch Philosophie). Das POV-Gerede ist demnach meist eher zweifelhafter Natur und dient häufig als Totschlag-Argument zur Durchsetzung der eigenen Perspektive. Ist es also tatsächlich falsch, Radbruch hier zu erwähnen? Zu Gustav Radbruch vgl. Wolfgang Sellert, Vom Reichsjustizamt zum Bundesjustizministerium, in: NJW 1979, S. 1974: Gleichwohl war Radbruch eine vom Humanismus geprägte persona moralis, deren politische Weltanschauung in einem von urchristlichen Idealen bestimmten Sozialismus wurzelte. Vgl. ebenso Arthur Kaufmann, Gustav Radbruch, 1987, S. 189: Radbruch war Humanist nicht nur in jenem vordergründigen Sinne, daß er eine sogenannte humanistische Schulbildung genossen hat. Der Humanismus war der Adel seines Wesens. Alles, was er war: Sozialist, Homo religiosus, akademischer Lehrer, Gelehrter, Politiker ..., das war er als Humanist. In diesem Sinne hat er sich auch zu den freimaurerischen Idealen bekannt: Humanität, Toleranz, Vernunft, Vervollkommnung, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Radbruch hat Humanität nicht als Schwächlichkeit und Weichlichkeit, als »Humanitätsduselei« aufgefaßt, zu der sie im 19. Jahrhundert verkommen war. Selbst Kant hat in der Metaphysik der Sitten im Hinblick auf die strafrechtsreformerischen Bestrebungen Cesare Beccarias von »teilnehmender Empfindelei einer affektierten Humanität« gesprochen (Akademieausgabe S. 335). Ganz anders war Radbruchs Auffassung, gerade auch im Hinblick auf die Reform des Strafrechts. Ihm ging es darum, an Stelle des Sadismus die Humanität, an Stelle der Abschreckung und Vergeltung die Besserung und Erziehung — »aber nicht etwa an die Stelle der Unmenschlichkeit die Schwäche zu setzen, denn gerade der Erzieher muß [...] zwar ein erbarmungsvolles Herz haben, aber auch eine feste Hand« (MiR / 1961 109f.). Radbruch hat, worauf oben schon einmal kurz hingewiesen wurde, Humanität sehr nüchtern und rational als einen Rechtsbegriff verstanden, der sich nach drei Seiten wendet: als Menschenfreundlichkeit gegen unmenschliche Grausamkeit... Soweit der große Arthur Kaufmann in seiner Radbruch-Biographie. Natürlich kann man alles auch anders darstellen: insbesondere natürlich dann, wenn man eine andere Perspektive einnimmt. Deshalb ist es auch eher müßig, über die allein seligmachende Darstellungsweise und die ihr zugrunde liegende Perspektive bei einem Artikel zu streiten, was gleichwohl zu den Vorlieben der überwiegend männlichen Wikipedia-Autoren mit gesundem Testosteron-Pegel zu gehören scheint. Dass man alles verbessern und weiter ausbauen oder durch Neufassungen ersetzen kann, steht außer Frage und liegt in der Natur der Sache. Nur mit dem POV-Vorwurf sollte man gelegentlich vielleicht etwas vorsichtiger sein, da er häufig von der mangelnden Einsicht in die Relativität des eigenen Standpunkts zeugt. Mit diesem Hinweis soll die herausragende Leistung Nwabuezes ansonsten aber keineswegs in Abrede gestellt oder seine Motivation beeinträchtigt werden - und für einen wahren Platoniker ist es ja verständlicherweise auch nicht fernliegend, dass er sich im Besitz der EINEN Wahrheit wähnt (bei gesprochener Rede wäre im letzten Halbsatz der ironische Unterton dezent vernehmbar).--87.179.57.30 18:17, 30. Okt. 2013 (CET)

„Was aus dem alten Abschnitt "Humanismus und Recht" werden soll, ist noch zu diskutieren...“, schreibt Nwabueze oben, und legt zutreffend dar, dass der Bezug zum Humanismus in dem Abschnitt nicht deutlich wird. Er befürchtet, dass eher Missverständnisse daraus resultieren können, auch weil von Humanismus darin gar nicht explizit die Rede ist (sondern allein vom humanistisch geprägten Denken Radbruchs). Daran scheint mir nichts falsch, möchte ich in beschwichtigender Absicht bereits vor der zu erwartenden Erwiderung Nwabuezes anmerken – und: Um einen so betitelten Abschnitt beizubehalten, wird am thematischen Bezug zu arbeiten sein.
-- Barnos (Post) 20:04, 30. Okt. 2013 (CET)
Zunächst zum Grundsätzlichen. Vielleicht haben meine Äußerungen zu POV/NPOV dich deswegen amüsiert, weil du sie auf eine bestimmte Art zu ernst genommen hast, nämlich im Sinne eines auf ein Absolutum zielenden Neutralitätsfanatismus. Ein solcher kann tatsächlich durch seine Naivität amüsieren, liegt mir aber fern. Mit deiner Feststellung Es gibt eigentlich nur POV, da auch wissenschaftliche Veröffentlichungen immer eine Frage der Perspektive des Verfassers sind rennst du bei mir offene Türen ein. Selbstverständlich ist das richtig und gilt auch für uns. Schon die Auswahl der verwerteten Literatur, die Gliederung, die Ausführlichkeit, mit der man auf einzelne Epochen und Denker eingeht, die Entscheidung, ob man einen separaten Abschnitt "Altrömischer Humanismus" will oder Cicero nur bei den Renaissance-Humanisten als deren Vorbild behandelt, hat einen POV-Aspekt. Das bestreitet niemand. Fast jeder Satz ist - zumindest wenn man ihn mit der Lupe oder dem Mikroskop betrachtet - irgendwo, irgendwie POV. Empirisch gibt es keine Absoluta, also auch keine absolute Neutralität, und im Bereich der studia humaniora, mit dem wir es hier zu tun haben, am allerwenigsten. Nun aber die Frage an dich: Worauf läuft deine Feststellung, dass es eigentlich nur POV gibt, konkret hinaus, worauf zielt sie ab? Worauf läuft die Behauptung hinaus, das "POV-Gerede" sei meist zweifelhafter Natur und diene als Totschlag-Argument? Wenn du davon wirklich überzeugt bist, müsstest du dafür plädieren, die Richtlinie Wikipedia:Neutraler Standpunkt umgehend ersatzlos abzuschaffen. Denn wenn es NPOV in Wirklichkeit nicht gibt, behandelt die Richtlinie ein Phantom. Eine Richtlinie, deren Zweck und Wirkung sich darin erschöpft, Totschlag-Argumente bereitzustellen, ist sicher nicht projektfördernd. Also weg damit? Mit allen Konsequenzen, die das hat?
Du siehst, worauf ich hinauswill: Dein Protest gegen ein illusionäres Absolutum, gegen die - von mir nicht erhobene - Forderung "vollkommene Neutralität", führt genau zum entgegengesetzten Extrem, nämlich: Neutralität ist illusionär, es gibt sie nicht, alles ist POV, also ist POV in Ordnung, da ohnehin unvermeidbar. Also verzichten wir auf NPOV und POV soll für uns kein Thema, kein Problem mehr sein. Allerdings: Spätestens wenn Benutzer:Serten den Artikel "Humanismus" schreibt, wirst du wieder mehr Wertschätzung für die Neutralitätsrichtlinie entwickeln ...
Was ich meine, wenn ich von NPOV rede: nicht vollkommene Neutralität. In der empirischen Realität gibt es nichts Vollkommenes und insbesondere für Wikipedia ist Vollkommenheit prinzipiell unerreichbar und wird auch gar nicht angestrebt. Sondern gemeint ist: Eine gute, d.h. für Wikipedia-Zwecke ausreichende Annäherung an das Neutralitätsideal. Also nach bestem Wissen und Gewissen sich um Neutralität bemühen durch Distanzierung vom eigenen POV. Auch hier gilt: nicht eine (illusorische) vollkommene Distanzierung von ihm, sondern - ganz pragmatisch - nur soweit es für den Zweck des Verfassens eines guten, kandidaturfähigen Artikels erforderlich ist. Und das scheint mir in der Altfassung nicht der Fall gewesen zu sein. Wenn ich mich in die Lage eines unbefangenen Lesers versetze und die Altfassung lese, erhalte ich zumindest streckenweise den Eindruck, es handle sich um einen Text, der für ein bestimmtes Humanismuskonzept werben will.
Dabei geht es mir nicht darum, die Altfassung schlechtzumachen. Sie enthielt eine Fülle wichtiger Informationen und war sprachlich auf gutem Niveau. Aber es war darin sehr deutlich POV spürbar, da beißt die Maus keinen Faden ab. Der empirische Beweis dafür, dass dieser Eindruck nicht nur eine Marotte von mir ist, ist die Existenz und der Verlauf der Löschdiskussion. Hätte es im Artikel keinen deutlich spürbaren POV gegeben, so gäbe es keinen Löschantrag, denn der hätte dann ganz einfach keinen Ansatzpunkt. Und die Befürworter von Behalten haben überwiegend mit der Relevanz des Lemmas argumentiert und den dringenden Überarbeitungsbedarf nicht bestritten.
Zum Speziellen. Ich bin nicht generell gegen einen Abschnitt "Humanismus und Recht" - schon die Existenz des juristischen Humanismus im 16. Jahrhundert kann einen solchen Abschnitt rechtfertigen - und auch nicht grundsätzlich gegen eine Erwähnung von Radbruch, wenn und insoweit dieser nicht nur von anderen als Humanist bezeichnet worden ist, sondern auch nachweislich (1) sich selbst ausdrücklich als Humanisten bezeichnet, zum Humanismus (nicht nur zur Humanität!) bekannt hat und (2) erklärt hat, dass sein Rechtsdenken in einer spezifisch humanistischen (nicht nur christlichen oder sozialistischen oder aufklärerischen) Tradition steht. Wenn (1) und (2) nachweisbar sind, gehört er in den Artikel - sonst nicht. Denn sonst kann man jeden Humanitätsbefürworter und Menschenrechtler zum Humanisten erklären und hier behandeln. Wo kommen wir dann hin? Es gibt einen eigenen Artikel Menschlichkeit, wo die Geschichte der Humanität zu behandlen ist, bei Bedarf kann auch ein Lemma Geschichte der Humanitätsidee angelegt werden, das Lemma Humanitas existiert schon - wer darüber schreiben will, hat dort jede Menge Spielraum und Entfaltungsmöglichkeit. "Humanist" ist nicht ein Synonym von "Humanitätsbefürworter" oder "Menschenrechtler". Nicht jeder Renaissance-Humanist war für Humanität im heutigen Sinne des Begriffs und bei weitem nicht jeder Humanitätsbefürworter, Menschenrechtler und Verfechter der Grundrechte hält sich für einen Humanisten. Nebenbei bemerkt liegt es übrigens im ureigensten Interesse der Humanisten, dass der Begriff eine gewisse Kontur behält oder neu erhält und nicht jeder Nicht-Misanthrop und jeder Gerechtigkeitsanhänger und human Agierende zum Humanisten erklärt wird. Der Abschnitt "Humanismus und Recht" handelt nur von Menschenwürde, Menschenrechten, Grundrechten und Gerechtigkeit. Damit wird implizit der Eindruck erweckt, das seien spezifisch humanistische Anliegen. Fakt ist aber, dass man sich auch als erklärter Nichthumanist oder gar Antihumanist für die besagten Anliegen einsetzen kann; dass ein solches Engagement auch eine christliche oder aufklärerische Wurzel ganz ohne Zusammenhang mit der humanistischen Tradition haben kann; dass auch Nicht- und Antihumanisten das Radbruch-Zitat im Artikel problemlos unterschreiben können, wenn sie dessen naturrechtlichen Hintergrund akzeptieren. Nwabueze 01:47, 31. Okt. 2013 (CET)

Die konkrete Ausformulierung von "WP:neutraler Standpunkt" halte ich in der aktuellen Fassung für ziemlich unglücklich. Alleiniger Maßstab sollte die angemessene Abbildung von relevanter Fachliteratur sein im steten Bewusstsein, dass Fachliteratur ihrerseits immer eine bestimmte Perspektive darstellt. Denn tatsächlich ist es doch so: Je tiefer ich in die Fachliteratur zu einem bestimmten Thema eindringe, umso polyphoner wird üblicherweise das Konzert. Wenn ich also wie oben auf einschlägige, aktuelle und relevante Fachliteratur zum Thema römischer Humanismus hinweise, die teilweise in der Altfassung sogar wörtlich zitiert war (ECKARD LEFÈVRE: Humanismus und humanistische Bildung, in: Helmut Engler: Humanismus in Europa. Heidelberg: Winter, 1998, S. 3 ff. sowie Johannes Christes: Cicero und der römische Humanismus, Antrittsvorlesung vom 24. Januar 1995), so ist Dein Hinweis darauf, dass Christes POV sei, ziemlich fragwürdig. Damit nutzt Du das wissenschaftstheoretisch unhaltbare Wikipedianerklischee, dass es einen neutralen Standpunkt gäbe, um aktuelle, zitierfähige und einschlägige Fachliteratur zu desavouieren. Frei nach dem Motto: "Christes ist POV, POV ist schlecht, Löschung des Abschnitts ist prima". Wissenschaftlich richtig und damit enzyklopädisch allein vertretbar ist aber eine andere Vorgehensweise: "Christes und Lefevre sind aktuelle Fachliteratur, es gibt vielleicht noch andere aktuelle und inhaltlich abweichende Fachliteratur zur Frage des römischen Humanismus, und diese arbeiten wir gemeinsam ergänzend ein, damit es zu einer angemessenen Abbildung der verschiedenen Literaturauffassungen kommt" - und ein POV-Vorwurf gegen aktuelle und einschlägige zitierfähige Fachliteratur hat generell zu unterbleiben, weil wir uns hier sonst gegenseitig behindern, das Leben schwer machen und kostbare Zeit rauben. Ähnlich verhält es sich mit der künstlichen Hürde, Radbruch dürfe nur dann erwähnt werden, wenn er sich selbst ausdrücklich als Humanisten bezeichnet habe. Wer bezeichnete sich im 20. Jahrhundert schon vernünftigerweise selbst als Humanisten? Wahrscheinlich hat sich noch nicht einmal Werner Jaeger selbst als Humanist bezeichnet. Es ist ein rhetorischer Trick, wenn man eine solche künstliche Hürde aufstellt, von der man selbst genau weiß, dass sie realistischerweise nicht übersprungen werden kann. Wissenschaftlich richtig und damit enzyklopädisch allein vertretbar ist die Frage: Wird Radbruch in der aktuellen und relevanten Fachliteratur als Vertreter eines näher zu beschreibenden Humanismus behandelt, und wollen wir dies hier im Artikel ebenfalls behandeln oder erscheint es uns WP-Autoren nur als nebensächlich? Der von mir oben zitierte Arthur Kaufmann ist jedenfalls einer der besten Radbruch-Kenner überhaupt, und persönlich teile ich seine wissenschaftliche Perspektive. Mit der POV-Keule und künstlichen Hürden möchte ich meine Zeit in Diskussionen nicht verschwenden.--87.179.14.212 13:06, 31. Okt. 2013 (CET)

Für mich ist es keine Zeitverschwendung, denn es geht um Grundsätzliches, dessen Bedeutung weit über den aktuellen Anlass hinausreicht. Du siehst es als die "POV-Keule". Mit der Metapher von der Keule ist ein grobes und destruktives Instrument gemeint, das pauschal, ungenau und willkürlich eingesetzt wird und daher an der falschen Stelle trifft. Aus meiner Sicht ist genau das Gegenteil der Fall: Meine Argumentation ist präzis und sehr differenziert und stets auf die jeweiligen konkreten Umstände bezogen. Also gerade das Gegenteil von Keule. Das will ich im folgenden zeigen.
Zu Christes. Nach meinem Eindruck hast du nicht genau gelesen, was ich dazu geschrieben habe. Frei nach dem Motto: "Christes ist POV, POV ist schlecht, Löschung des Abschnitts ist prima". Nein: Nicht frei nach diesem Motto, sondern überhaupt ganz und gar nicht nach diesem verrückten Motto. Im Gegenteil. Selbstverständlich ist Christes - wie jeder Wissenschaftler - POV-Vertreter: Er hat seinen POV und legt ihn dar. Hätte er keinen POV, so hätte er nichts zu publizieren. Daran ist selbstverständlich absolut nichts verkehrt. POV für schlecht zu erklären wäre Irrsinn - Wissenschaft lebt davon, das Wissenschaftler ihre POVs haben, darlegen und begründen. Es ist überhaupt nichts schlecht daran, dass Christes seinen POV hat und vertritt und dass wir darüber berichten, und an der Seriosität und enzyklopädischen Relevanz besteht in diesem Fall kein Zweifel. Was ich kritisiert habe, ist etwas völlig anderes: Ich habe kritisiert, dass (1) im Fließtext stand Die Existenz eines römischen Humanismus ist umstritten; (2) im Beleg zu dieser Aussage ausschließlich eine der beiden Seiten dieses Streits, nämlich Christes, sehr ausführlich zitiert wurde; (3) verschwiegen wurde, wer die Gegenmeinung(en) vertritt und wie sie lauten. Die Kombination von 1, 2 und 3 - das macht den Verstoß gegen NPOV aus. Weiter: ein POV-Vorwurf gegen aktuelle und einschlägige zitierfähige Fachliteratur hat generell zu unterbleiben, weil wir uns hier sonst gegenseitig behindern. Ich würde niemals einen POV-Vorwurf gegen Fachliteratur erheben, denn es ist das gute Recht, ja die Aufgabe jedes Forschers, seinen POV zu haben und zu vertreten, und unsere Aufgabe ist es, darüber zu berichten. Aber eben ausgewogen! Wenn das mangels Literaturzugang unmöglich ist, dann lieber gar nichts schreiben als einseitig berichten. Damit nutzt Du das wissenschaftstheoretisch unhaltbare Wikipedianerklischee, dass es einen neutralen Standpunkt gäbe, um aktuelle, zitierfähige und einschlägige Fachliteratur zu desavouieren. Nein, völliges Missverständnis. Es gibt keineswegs einen neutralen und damit objektiv "richtigen" Standpunkt, den wir als den unsrigen vertreten und im Artikel als einzigen zur Geltung bringen sollen. Das wäre krasse Theoriefindung und zugleich Unterdrückung von Information. Neutral sein heißt nicht einen eigenen neutralen Standpunkt haben und durchsetzen, sondern (möglichst) gar keinen haben und über die verschiedenen POVs sachlich und unbefangen berichten.
Zu Radbruch. Ähnlich verhält es sich mit der künstlichen Hürde, Radbruch dürfe nur dann erwähnt werden, wenn er sich selbst ausdrücklich als Humanisten bezeichnet habe. Wer bezeichnete sich im 20. Jahrhundert schon vernünftigerweise selbst als Humanisten? Wahrscheinlich hat sich noch nicht einmal Werner Jaeger selbst als Humanist bezeichnet. Mit "sich selbst als Humanisten bezeichnen" meine ich, dass jemand als Humanist identifizierbar wird, indem er sich zum Humanismus bekennt. Ganz einfach. Es ist nicht erforderlich, dass er den Satz "Ich bin Humanist" schreibt. Wenn Werner Jaeger leidenschaftlich für seine Variante des Humanismus plädiert und eine seiner Publikationen Humanistische Reden und Vorträge betitelt, kann dann jemand, der bei Verstand ist, auf die Idee kommen, er habe sich selbst möglicherweise als Nichthumanisten betrachtet? Wenn Sartre Existenzialist ist (was wohl unstrittig ist) und als solcher einen Essay mit dem Titel L'existentialisme est un humanisme publiziert, folgt daraus nicht absolut zwingend, dass er sich als Humanisten betrachtet hat? Analoges gilt für Fromm usw. Es ist also keineswegs so, dass moderne Humanisten sich schämen, sich als solche zu outen, und ihr Humanismus daher nur aus Sekundärliteratur erschlossen werden kann. Humanisten sind ja keine Heiligen, die selbst nicht sagen dürfen, dass sie heilig sind, sondern das der Umgebung überlassen müssen. Sondern es gilt: Humanist ist, wer sich zum Humanismus bekennt. Genauso wie man Christ oder Marxist ist, wenn man sich dazu bekennt, und nicht anders. Es ist ein rhetorischer Trick, wenn man eine solche künstliche Hürde aufstellt, von der man selbst genau weiß, dass sie realistischerweise nicht übersprungen werden kann. Nein, die Hürde ist nicht künstlich, sondern natürlich: Humanist ist (in der Moderne), wer sich in eine der humanistischen Traditionen oder Strömungen - welche auch immer - hineinstellt und sich dazu bekennt. Ich bin kein Radbruch-Spezialist, aber es gibt doch eine zwanzigbändige Gesamtausgabe seiner Werke, die hoffentlich ein Gesamtregister hat, da könnte man ja nachschauen, oder in den Einzelausgaben seiner Hauptwerke, wie oft er sich zum Humanismus geäußert hat und in welcher Weise. Das sehe ich nicht als unüberwindliche Hürde. In meiner Artikelarbeit ist derartiges Alltagsroutine. Oder wenn Kaufmann seine Behauptung, Radbruch sei Humanist gewesen, ganz konkret und handfest belegt, dann reicht das auch schon. - Noch wichtiger ist aber etwas anderes: Im Abschnitt "Humanismus und Recht" wird Radbruch als (einziger) Repräsentant des Humanismus im modernen Rechtswesen namentlich genannt und mit einem längeren Zitat vorgestellt, das offenbar seinen Humanismus belegen und illustrieren soll. Aber ich sehe nicht, was an dem Zitat spezifisch humanistisch sein soll - diesen Text kann auch jeder Nicht- oder Antihumanist unterschreiben, wenn er die naturrechtliche Denkweise Radbruchs akzeptiert. Nicht jeder Humanist ist Naturrechtler und nicht jeder Naturrechtler Humanist. Auch wenn man akzeptiert, dass R. Humanist war - woher weiß man, dass die Denkweise, die seinem Zitat zugrunde liegt, bei ihm eine humanistische Wurzel hat? Aus dem Zitat selbst ist das nicht ersichtlich. Es könnte doch ebensogut eine christliche, sozialdemokratische oder aufklärerische Wurzel sein.
Dasselbe gilt für den gesamten Abschnitt "Humanismus und Recht": Nichts was dort steht ist erkennbar spezifisch humanistisch. Bundesverfassung, Staatsgrundgesetz von 1867, Staatsverträge von Saint-Germain (1919) und Wien (1955), Europäische Menschenrechtskonvention von 1958, Zivildienstgesetz und Datenschutzgesetz - wo ist der Beleg dafür, dass das alles spezifisch humanistische Produkte sind (und nicht etwa z.B. Früchte der Aufklärung)? Was genau ist z.B. am Österreichischen Staatsvertrag von 1955 humanistisch? Etwa der Schutz der Minderheitenrechte der Slowenen? Ist dann weltweit jede vertragliche oder gesetzliche Bestimmung, die den Schutz ethnischer Minderheiten vorsieht, eine Frucht des Humanismus? Wer sagt das und wie ist es belegt? Nwabueze 03:15, 1. Nov. 2013 (CET)
Das Neutralitätsgebot ist für die Daseinsberechtigung der Wikipedia theoretisch ebenso grundlegend, wie es in der Projektalltagspraxis oft unpassend verabsolutiert und widersinnig missbraucht wird. (Für Letzteres wäre ich – das muss in der vorliegenden Auseinandersetzung gesagt sein – auf Nwabueze nun gerade nicht gekommen.) Es kann ja offenbar gar nicht oft genug betont werden, dass es sich auch unter Wikipedianern bei der besagten Neutralität um ein tatsächlich unerreichbares Annäherungsziel handelt. Schon bei der (unterschiedlich gründlichen und unterschiedlich gewissenhaften) Sichtung und Auswertung der Literatur treten bei uns die nämlichen Diskrepanzen auf wie im Wissenschaftsbetrieb. Der prinzipielle Unterschied zwischen Wikipedianern und Wissenschaftlern kommt erst darin zum Tragen, dass die in der Wikipedia Mitwirkenden aus ihrer Materialsammlung, -sichtung und –verwendung keine anderweitig unbelegten Schlussfolgerungen zu ziehen berechtigt sind.
Es bekommt dem Projekt nicht gut und vertreibt auch gut qualifizierte Mitwirkungsinteressenten, wenn man die Richtlinienhürden in der Praxis unnötig hoch legt (oder auch nur so tut, als forderten sie kaum Erreichbares). Wünschenswert und in der Langzeitperspektive nötig ist eine kompetente Erfassung des jeweiligen Gegenstands sowie eine sachgerechte und belegte Form seiner Darstellung. Das ist im ersten Anlauf genug an Neutralität. Wer dann findet, das bestimmte einschlägige Sichtweisen zu kurz oder gar nicht vorkommen, der soll das vortragen und mit dem angemessenen Respekt vor der Vorleistung anderer zur Geltung bringen. Erweist sich das Vorbringen in der Sache fruchtbar, hat der jeweilige Wikipedia-Artikel den Gewinn.
Im vorliegenden Fall entspricht aus der Sicht beider, die sich angesichts des nun abgewiesenen Löschantrags an die Überarbeitung dieses Artikels gemacht haben, sowohl der bisherige Abschnitt zu Rom als auch der zur Rechtsentwicklung nicht den o. a. Langzeitanforderungen. Wir sind aber hoffentlich nicht vergeblich auf der Suche nach dauerhaft tragfähigen Lösungen.
Morgengrüße -- Barnos (Post) 07:53, 1. Nov. 2013 (CET)
Amen.Amen.Amen. (... musikalisch untermalt von den Schlussklängen aus Gioacchino Rossinis "Stabat Mater": Coro: In sempiterna saecula! Amen! - und unter Beibehaltung meiner grundsätzlichen Perspektive sowie zugleich im vollständigen Bewusstsein der Erfreulichkeit der Weiterentwicklung durch zwei für mich stets vorbildhafte Mitautoren).--2003:75:8F82:8201:A899:9E36:503B:2254 09:20, 1. Nov. 2013 (CET)