Benutzer:Jacman80/Wolfgang Tittelbach-Helmrich

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Wolfgang Tittelbach-Helmrich(geb. 7. März 1931) ist ein deutscher Theologe.

Am 7. März 1931 wird Wolfgang Friedrich Tittelbach-Helmrich (TH) als viertes Kind seiner Eltern, des Pfarrer Walter Tittelbach-Helmrich und Ehefrau Hedwig geb. Hülsemann, in Arnstadt, Pfarrhof 8, geboren. Das Geburtshaus "Haus zum Trappen" www.zum-trappen.de hatten seine Großeltern mütterlicherseits, der Arzt in Arnstadt Dr. Carl Hülsemann und Ehefrau Adele, geb. Behrens, im Jahr 1918 erworben und mit der Praxis bezogen.

Mit seinen drei älteren Geschwistern:

  • Ursula Tittelbach-Helmrich * 15.6.1924 in Arnstadt; + 29.11.2010 in Wipfratal,
  • Klaus Tittelbach-Helmrich * 5.8.1926 in Arnstadt; + gefallen 16.11.1944 in Clay/Frankreich und
  • Dr. Werner Tittelbach-Helmrich * 18.7.1928 in Arnstadt; +12.06.2008 in Ahrenshoop,

wuchs TH zunächst in diesem elterlichen Hause in Arnstadt auf. Schließlich zog die sechsköpfige Pfarrfamilie nach Jena. Hier übernahm sein Vater Walter Tittelbach-Helmrich 1937-1960 die Klinikpfarrstelle. Nach der Konfirmation in Jena besuchte Wolfgang Tittelbach-Helmrich das Humanistische Gymnasium und legte 1949 das Abitur ab.

Als sogenannter "weißer Jahrgang" brauchte TH keinen Militärdienst zu absolvieren.

TH studierte Theologie und Kunstgeschichte u.a. in Jena, Greifswald und Rostock. Er schloss das Studium wiederum in Jena mit dem 1.Theologischen Examen und dem Diplom ab. An der Theologischen Fakultät der Universität in Lund/Schweden studierte der Diplomtheologe anschließend postgradual im Auftrag des Bundes der Evangelischen Kirchen. Während dieses Jahres beschäftigte er sich mit Forschungsarbeiten über die Theologie Martin Luthers.

Wolfgang Tittelbach-Helmrich lernte seine Ehefrau, die Diplomtheologin Ingrid Tittelbach-Helmrich, geb. Bratfisch, älteste Tochter des Pfarrers Hermann Bratfisch und Ehefrau Charlotte, geb. Päßler, kennen und lieben. Sie heirateten am 28.12.1957 in Gera-Untermhaus.

Der Schwiegervater Hermann Bratfisch hatte 1932 – 1950 (dazwischen 1939 –1950 Kriegsdienst und russische Gefangenschaft) die Pfarrstelle Langenleuba-Niederhain im Altenburger Land inne. Im dortigen Pfarrhaus wurde die Bekennende Kirche in Thüringen begründet, deren zweites und drittes Gründungsmitglied die Schwiegereltern waren. Als Oberpfarrer trug Bratfisch nach der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft 1950 bis 1958 in der Pfarrstelle Gera-Untermhaus Verantwortung. Er baute das Lutherhaus in Gera-Untermhaus als kirchliches Tagungs- und Begegnungshaus auf. Bratfisch verstarb am 26.11.1958 an den Folgen der Gefangenschaft 53jährig, seine Ehefrau Charlotte 94jährig am 17.12.2001 in Gera-Untermhaus.

Aus der Ehe von Wolfgang und Ingrid Tittelbach-Helmrich gingen 10 Kinder hervor sowie 14 Enkel und vier Urenkel.

Wolfgang Tittelbach-Helmrich hatte viele Interessen. So beschäftige er sich intensiv mit der Heimatgeschichte der Stadt Arnstadt und Thüringens. Dazu veröffentlichte er zahlreiche Beiträge. Er sammelte Kunstbände und Briefmarken besonders zu kirchlichen und kunsthistorischen Motiven.

Engagiert und liebevoll setzte er sich für die Entwicklung seiner zehn Kinder ein. Als Schüler wurden ihnen in Schule und Ausbildung vielfach Steine in den Weg gelegt, weil sie in einem Pfarrhaus lebten, keine Mitglieder in der Pionierorganisation waren und nicht an der Jugendweihe teilnahmen, nicht zu reden von dem Spott, den sie wegen ihres christlichen Glaubens und dem Leben in der Großfamilie zu ertragen hatten. Der fürsorgliche Vater freute sich mit jedem seiner Kinder über Erfolge und trug die Enttäuschungen mit innerer Anteilnahme und im Gebet mit.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des 2.Staatsexamens und seiner Ordination zum Pfarrer 1958 hatte Wolfgang Tittelbach-Helmrich folgende Pfarrstellen inne:

Jahre
1957 – 1963 Casekirchen
1963 – 1971 Finsterbergen/Thür.Wald
1971 - 1992 Arnstadt, Oberkirche

Als zu seiner Zeit jüngster berufener Superintendent in der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Thüringen trug TH von 1971 bis 1992 für die Kirchengemeinden, Einrichtungen und Werke sowie die Mitarbeitenden in der Superintendentur Arnstadt Verantwortung. Er gehörte dem Verwaltungsrat des Marienstiftes in Arnstadt an.

In seinem Dienst setzte er sich besonders für seine Mitarbeiter im Kirchenkreis ein und gewährte zahlreichen Ausreisewilligen vor der Wendezeit seelsorgerliche Begleitung sowie Schutz in einer Anstellung bei der Kirchengemeinde Arnstadt.

Als Pfarrer hielt Wolfgang Tittelbach-Helmrich in der Kirchengemeinde quartalsweise öffentliche  Vorträge über Themen der Kirche, der Geschichte, der Kultur, Kunst und Wissenschaft. Als Redakteur gab er das Mitteilungsblatt der Kirchengemeinde Arnstadt heraus. Der Superintendent schrieb regelmäßig Texte für die Kirchenzeitung "Glaube und Heimat".

Prägend für ihn war das unerschrockene und an der christlichen  Botschaft orientierte Wort auf der Grundlage des lutherischen Bekenntnisses. Öffentlichkeit, Kontrollierbarkeit und Verlässlichkeit waren ihm im Dienst der Evangelischen Kirche hohe Werte. So hörte er beispielsweise selbst regelmäßig seine eigenhändig auf Kassette aufgenommenen Predigten ab und stellte sie im Pfarrkonvent den Kollegen zur Diskussion.

Durch viele Benachteiligungen durch den sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat wurde das christliche Leben in den Familien und Kirchengemeinden behindert und so verließen viele Menschen die christliche Gemeinschaft. Auf dem Hintergrund der lutherischen Zwei-Reiche-Lehre machte TH Mut, als Christ in der Gesellschaft zu leben und trat gleichzeitig bei den staatlichen Behörden couragiert für benachteiligte Menschen ein.

Der Hauskreis mit Familien der Kirchengemeinde bildete eine Zelle des gemeinsam gelebten christlichen Lebens. Regelmäßige Treffen der kirchlichen Mitarbeiter auf dem Pfarrhof, so insbesondere mit der Familie des Kantors Alwin Friedel, trugen zu einem guten Miteinander auf dem Pfarrhof bei. Die große Mitarbeiterschaft des Kirchenkreises freute sich jedes Mal nach Weihnachten auf die gemütlichen Zusammenkünfte in der großen Dienstwohnung des Superintendenten.

Als Mentor begleitete TH in der Kirchengemeinde eine Reihe von Vikaren und Praktikanten auf ihrem Ausbildungsweg zum Pfarrer. Der Diskurs mit jungen Menschen regte den Superintendenten selbst zum Weiterdenken an.

Es schmerzte Wolfgang Tittelbach-Helmrich, dass die Oberkirche Arnstadt nach der letzten Amtshandlung, der Taufe seiner jüngsten Tochter, 1977 geschlossen werden musste. In den Folgejahren bemühte er sich intensiv, den Verfall der Franziskanerklosterkirche am Pfarrhof aufzuhalten und auf das Gotteshaus sowie das Kulturgut aufmerksam zu machen. Dabei half ihm die in der Superintendentur intensiv gelebte Partnerschaft zum Partner-Dekanat Ludwigsburg in Württemberg. So organisierte TH z.B. in der DDR-Zeit Dachziegel für das knapp 100 m lange Kirchendach gesponsert von der Firma Salamander und rüstete die Oberkirche mit dem transferierten Gerüst der Fa.Leyer aus dem Westen für Sicherungsarbeiten ein. Die wertvolle und berühmte Bibliothek der Oberkirche verwaltete TH: „Die Kirchenbibliothek der Oberkirche ist der Fachwelt ein Musterbeispiel einer kleinen Bibliothek der Renaissance.“

TH scheute sich dabei nicht, alle seine Kinder für Kirchenführungen oder Erhaltungsarbeiten an den Kirchen in die Pflicht zu nehmen ebenso wie z.B. zur Mitwirkung in Gottesdiensten und Chören und als Kreuzträger auf dem Friedhof. Sein Sohn H.  trug als bei der Denkmalpflege ausgebildeter  Baufacharbeiter zur Substanzerhaltung an den kirchlichen Gebäuden in Arnstadt bei.

Lange Zeit trug TH im Vorstand der Thüringer Pfarrervertretung, der „Standesvertretung“, Verantwortung. So organisierte er z.B. die Erstausstattung der jungen, gering bezahlten Pfarrer mit Talar, Kühlschrank und Waschmaschine, sowie für zahlreiche Pfarrfamilien z.B. Reifen für den Trabant und Forsterheizungen für die maroden Pfarrhäuser.

Tittelbach-Helmrich erforschte  das Schicksal jüdischer Menschen in der Nazizeit und gab 1995 das Buch „Arnstadts jüdische Mitbürger“ heraus. Auf seine Anregung wurde 1988 auf dem alten Friedhof ein Gedenkstein für die von den Nazis zerstörte jüdische Synagoge in Arnstadt errichtet.

Am Beginn seiner Dienstzeit in Arnstadt stellte TH der katholischen Kirchgemeinde, der die Elisabethkapelle zu klein geworden war, die Himmelfahrtskirche als Gotteshaus zur Verfügung. Auch hat er dazu beigetragen, dass die Oberkirche und die Liebfrauenkirche nicht dem Verfall preisgegeben wurden. Intensiv bemühte er sich um den Erhalt der Liebfrauenkirche z.B. mit dem Einbau der Schuke-Orgel, um die Bachkirche mit Dacheindeckung, und um intensive Konzerttätigkeit der Kirchengemeinde. Der Superintendent sang im Arnstädter Bachchor mit: „Musik ist ein Kennzeichen der biblischen Religion. Kirchenmusik dient der Ehre Gottes und der Freudenbotschaft an die Menschen.“  so der Kirchenrat.

Jeden Montag um 7.30 Uhr hielt der Superintendent die Andacht für die Mitarbeiterschaft des Stadtkirchenamtes am Pfarrhof und der Kirchengemeinde. TH sorgte für regelmäßige Gottesdienste in den allen „Altersheimen“ der Stadt. Zahlreiche Konfirmanden führte er zur Konfirmation. Regelmäßig begleitete er Menschen auf ihrem letzten Weg auf dem Friedhof. Fast sonntäglich predigte er zusätzlich zum Vormittagsgottesdienst in Arnstadt am frühen Nachmittag in einer der vielen Dorfkirchen des Kreises: „Von den vielen Aufgaben, die ich habe, ist mir die Predigt die liebste. … Gern predige ich konkret und situationsbezogen. Ich bleibe all denen dankbar, die mich in meinem Predigtdienst treu begleitet haben.“ – so der Superintendent in seinem Buch „Arnstädter Predigten im Sozialismus“.

Vom 10.-12. Juni 1988 fand der Erfurter Kirchentag statt. Der hatte das Thema „Umkehr führt weiter“. Das Verhältnis Staat-Kirche war gespannt. TH organisierte in Arnstadt das zweitägige Programm der Arbeitsgruppen „Kehrt um, damit die Kirche neu wird“. Auch viele katholische Mitchristen waren eifrige Besucher dieses evangelischen Kirchentages. Seine Abschlusspredigt des Kirchentagtreffens findet sich ebenfalls in diesem Buch.

Markant für das Auftreten des Arnstädter Pfarrers war die scheinbare Strenge, zugleich die vertrauensvolle und wegbegleitende Ermutigung in der Begegnung mit Menschen, das zwinkernde linke Auge, sein Dienst-Trabant mit dem Kennzeichen LF 98-76 sowie die Zigarette „Juwel 72“ in der Hand.

Nach der politischen Wende und Wiedervereinigung Deutschlands führte der Superintendent den staatlichen Kindergarten, Pfarrhof 12, in Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde. Mit seiner Ehefrau Ingrid baute TH die Ehe- und Familienberatung der Diakonie auf, die von seiner Frau in ihrer langjährigen Ausbildung als Therapeutin, Beraterin und Theologin geleitet wurde. In der Zeitung „Thüringer Allgemeine“ initiierte TH das „Wort zur Wochenwende“. Der Arnstädter Pfarrer lud beispielsweise vor dem Abzug Soldaten aus der Kaserne der Sowjetarmee in Rudisleben in das Gemeindehaus am Pfarrhof zur Begegnung ein und stellte russische Bibeln zur Verfügung.

Zu seinem 60.Geburtstag verlieh ihm die Thüringer Landeskirche den Titel „Kirchenrat“.

In die Zeit nach der Wende fiel der Brand in der Dienstwohnung, Pfarrhof 10, ausgelöst durch einen Schwelbrand im Schornstein des Dachstuhles und der tödliche Verkehrsunfall eines Sohnes im Februar 1992.

Von seiner Erkrankung gezeichnet schob er mit der ihm verbliebenen Energie umgehend die notwendige Sanierung und den Umbau des Gebäudes Pfarrhof 10 an. Gleichzeitig baute das Ehepaar Tittelbach-Helmrich in unmittelbarer Nachbarschaft das eigene ruinöse Familienhaus Pfarrhof 8 „Zum Trappen“ zur Ruhestandswohnung aus.

Am 27.November 1993 wurde Wolfgang Tittelbach-Helmrich zum Ehrenbürger der Stadt Arnstadt ernannt. Der damalige Direktor des Marienstifts Arnstadt, Pfarrer Jürgen Friedrich, würdigte ihn in der Laudatio, dass er „Menschen, die vom Staat aus politischen Gründen in ihrer Existenz beschädigt und ruiniert wurden, eine Arbeit verschafft und ihnen Beistand gegeben hat… Das Gemeindehaus und die Kirchen wurden wichtige Anlaufstellen in jener Zeit, für das gemeinsame Suchen, für Diskussionen und Streiten und für das Gebet um den friedlichen Fortgang der Veränderungen.“

Wolfgang Tittelbach-Helmrich starb 68jährig am 2.Advent, dem 10.12.2000 in seinem Geburtshaus Pfarrhof 8 in Arnstadt. Auf den Tag genau ein halbes Jahr später am 10.06.2001 verstarb seine Ehefrau Ingrid 67jährig.