Diskussion:Charaktermaske
Ist es nicht genau umgekehrt? Die Charaktermaske ist das, was der entfremdete Mensch in seiner Rolle als Arbeiter oder Kapitalist tragen muss und wodurch der "eigentliche" Charakter verdeckt wird. 131.246.241.78 09:04, 30. Jan. 2007 (CET)
Ein Anfang. Nur für die Soziologie. Hat irgendwie gefehlt, weil ein Blogeintrag nicht auf Wikipedia zeigen konnte. Es fehlt die Erklärung für Charaktermasken im Theater. Ich hoffe es wird so erstmal akzeptiert und ausgebaut/korregiert, bin in der Materie nicht so fit, da Staatsbürgerkunde nicht so mein Ding war. ;)
--jero 15:20, 21. Jul 2006 (CEST)
Charaktermaske im Kapital
- Die Naturalform der Arbeit, ihre Besonderheit, und nicht, wie auf Grundlage der Warenproduktion, ihre Allgemeinheit, ist hier ihre unmittelbar gesellschaftliche Form. Die Fronarbeit ist ebensogut durch die Zeit gemessen wie die Waren produzierende Arbeit, aber jeder Leibeigne weiß, daß es ein bestimmtes Quantum seiner persönlichen Arbeitskraft ist, die er im Dienst seines Herrn verausgabt. Der dem Pfaffen zu leistende Zehnten ist klarer als der Segen des Pfaffen. Wie man daher immer die Charaktermasken beurteilen mag, worin sich die Menschen hier gegenübertreten, die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten erscheinen jedenfalls als ihre eignen persönlichen Verhältnisse und sind nicht verkleidet in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte.
[Marx: Das Kapital, S. 127. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3441 (vgl. MEW Bd. 23, S. 91-92)]
- Wir werden überhaupt im Fortgang der Entwicklung finden, daß die ökonomischen Charaktermasken der Personen nur die Personifikationen der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenübertreten.
[Marx: Das Kapital, S. 136. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3450 (vgl. MEW Bd. 23, S. 100)]
- Beide Kreisläufe zerfallen in dieselben zwei entgegengesetzten Phasen, W - G, Verkauf, und G - W, Kauf. In jeder der beiden Phasen stehn sich dieselben zwei sachlichen Elemente gegenüber, Ware und Geld - und zwei Personen in denselben ökonomischen Charaktermasken, ein Käufer und ein Verkäufer.
[Marx: Das Kapital, S. 219. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3533 (vgl. MEW Bd. 23, S. 163)]
- Die ökonomische Charaktermaske des Kapitalisten hängt nur dadurch an einem Menschen fest, daß sein Geld fortwährend als Kapital funktioniert.
[Marx: Das Kapital, S. 839. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 4153 (vgl. MEW Bd. 23, S. 591)]
- Die praktischen Agenten der kapitalistischen Produktion und ihre ideologischen Zungendrescher sind ebenso unfähig, das Produktionsmittel von der antagonistischen gesellschaftlichen Charaktermaske, die ihm heutzutag anklebt, getrennt zu denken, als ein Sklavenhalter den Arbeiter selbst von seinem Charakter als Sklave.
[Marx: Das Kapital, S. 905. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 4219 (vgl. MEW Bd. 23, S. 635)]
- Mit einem Wort, die verschiednen Faktoren des Arbeitsprozesses - gegenständliche und persönliche - erscheinen von vornherein in den Charaktermasken der kapitalistischen Produktionsperiode.
[Marx: Das Kapital, S. 2305. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 5619 (vgl. MEW Bd. 24, S. 388)]
Weitere
- Italien ist das Land der Klassizität. Seit der großen Zeit, als bei ihm die Morgenröte der modernen Welt aufging, brachte es großartige Charaktere hervor in unerreicht klassischer Vollendung, von Dante bis auf Garibaldi. Aber auch die Zeit der Erniedrigung und Fremdherrschaft hinterließ ihm klassische Charaktermasken, darunter zwei besonders ausgemeißelte Typen: den Sganarell und den Dulcamara. Die klassische Einheit beider sehn wir verkörpert in unserm illustre Loria.
[Engels: Vorwort zu Das Kapital, S. 2614. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 5928 (vgl. MEW Bd. 25, S. 28)]
- Das Ministerium Barrot war, wie wir gesehen haben, aus Legitimsten und Orleanisten zusammengesetzt, ein Ministerium der Ordnungspartei. Bonaparte hatte desselben bedurft, um die republikanische Konstituante aufzulösen, die Expedition gegen Rom zu bewerkstelligen und die demokratische Partei zu brechen. Hinter diesem Ministerium hatte er sich scheinbar eklipsiert, die Regierungsgewalt in die Hände der Ordnungspartei abgetreten und die bescheidene Charaktermaske angelegt, die unter Louis-Philippe der verantwortliche Gerant der Zeitungspresse trug, die Maske des homme de paille.
[Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, S. 77. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 11693 (vgl. MEW Bd. 8, S. 149)]
„Das Kapital ist wesentlich Kapitalist.“ (Grundrisse, 412) Wollte Marx nun das Kapital bekämpfen oder nicht?
Menschen machen Gesellschaft. Das Kapital ist ein gesellschaftliches Verhältnis, und das wird von menschen aufrechterhalten oder von ihnen gestürtzt. Gegen eine Veränderung wehren sich die Profiteure der Herrschaftsverhältnisse natürlich, auch wenn oder gerade weil sie alles durch eine ideologische Brille sehen, wie auch die unterdrückten. Aber was soll das heißen den Einzelnen kann man nicht verantwortlich machen? Natürlich, es sind keine individuellen Fehlleistungen und Motive die die Kapitalisten zu allerlei Gemeinheite und Grausamkeiten treiben. Es ist ihre gesellschaftliche Rolle (Charaktermaske) Aber gilt das gleiche auch für Klassen? Ist da auch niemand verantwortlich für den gewohnten Gang der ganzen Scheisse? Eine sehr interessante !Kapitalismuskritik!??? Alles nur ein großer Verblendungszusammenhang, daher hat auch niemand Schuld? Ein selbstlaufendes System und daneben stehen die Menschen und sehen wie Blöde dem Lauf der Dinge zu? Ist Rassismus und Sexismus nicht auch ein Verblendungszusammenhang? Gibt es dann dort auch keine Opfer und Täter, nach dieser Logik? Schöne Welt. Nein, es gibt sehrwohl Ausbeuter und Ausgebeutete, sie als Individuen mögen nicht der Ursprung des Übels sein, aber sie als Akteur einer gesellschaftlichen Klasse sind es, und diese setzt sich zusammen aus einzelnen Individuen. Ein Kampf gegen die Klasse ist auch ein Kampf mit jedem einzelnen Kapitalisten. „Nur soweit der Kapitalist personifiziertes Kapital ist, hat er einen historischen Wert und jenes historische Existenzrecht, das, wie der geistreiche Lichnowski sagt, keinen Datum nicht hat. Nur soweit steckt seine eigne transitorische Notwendigkeit in der transitorischen Notwendigkeit der kapitalistischen Produktionsweise. ... Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.“ K. Marx, Kapital I, 618. --Tets 16:22, 19. Dez. 2009 (CET)
- Das Zitat, das du angibst, gibt das genaue Gegenteil von deiner Überschrift wieder. Totalität, Kollektiv, Strukturen und Verhältnisse bestimmen als grundsätzliche Prägung und verfügbarer Aktionsrahmen bei Marx das ohnmächtige Individuum, weshalb auch allein Massen, Strukturen (und vor allem solche, die nicht nur an sich existieren, sondern auch für sich bewußt und organisiert sind) geschichtlich-gesellschaftlich ausschlaggebendes Subjekt werden können, s. auch historischer Materialismus. Hinzukommt der Fetischcharakter von Wert und Ware, der dazu führt, daß die zu Arbeitskraftbehältern verdinglichten Individuen den ganzen Scheiß namens Kapitalismus treiben, ohne wirklich zu wissen, was sie da eigentlich machen und warum. Und was die bürgerliche Wirtschafts- und Soziallehre über angeblichen Spielraum und Nutzen des Treibens der tatsächlich bislang völlig verdinglichten wie entfremdeten Individuen (was die Individuen in diesen Augen also: "als Kapitalisten respektabel" macht und was nur bei einer günstigen Entwicklung die Bedingungen zur Aufhebung des Kapitalismus schafft) so von sich gibt, ist reine affirmative bis panegyrische Ideologie als ein dumpfes Bauchgefühl namens notwendig falsches Bewußtsein, das aus den falsch eingerichteten Verhältnissen folgt.
- Die Erweiterung dieser marxschen Sichtweise auf die von dir genannten Themen Rassismus und Sexualität (mit einem so unklaren und die Verhältnisse gerade durch die Fehlübersetzung ins Deutsche eher wieder verschleiernden Begriff wie Sexismus wollen wir hier mal garnicht erst anfangen) hat dann im wesentlichen die KT von Adorno und Marcuse geleistet, siehe u. a. autoritäre Persönlichkeit, Sozialcharakter, Positivismusstreit, Dialektik der Aufklärung, Triebstruktur und Gesellschaft... Wichtige Impulse gehen hierbei auch nachwievor vom marxistisch-nietzscheanischen Sozialkonstruktivismus aus, der im wesentlichen das adornitische Gleichnis (das Nietzsches Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn illustriert) ausbaut, wonach die Beziehung zwischen einer Sache und dem Begriff, den die Individuen von ihr haben, immer geschichtlich-gesellschaftlich vermittelt ist und daher in der Regel eher der Beziehung zwischen dem Mantel und der Marke entspricht, die man an der Garderobe für ihn erhält, als einer objektiven Wiedergabe und Spiegelung der Sache selber. (Adorno setzt dabei zur Überwindung dieses Dilemmas und somit zur schrittweisen Annäherung an die Sachen vor allem die dialektische Begriffsarbeit.)
- Die KTler gehen dabei im wesentlichen von der marxschen Unterscheidung zwischen materialistisch-biologischer erster und darauf aufbauender, wesentlich flexibleren geschichtlich-gesellschaftlich vermittelten zweiten Natur aus (s. dazu dialektischer Materialismus) und befassen sich damit, wie die zweite Natur qua gesellschaftlicher Totalität sich als Sozialcharakter und falsches Bewußtsein in den Individuen abdrückt und so die erste Natur verschleiert und fehldeutet, indem die nachgängige zweite Natur sich, positivistisch essentialisierend, als vermeintlich objektiver Sachzwang und fixes Naturgesetz auf die vorgängige erste projiziert. Die KT liefert somit die interne Subjektlehre der Individuen (d. h., wie also die Individuen auf die geschichtlich-gesellschatlichen Momente reagieren und von ihnen geprägt sind, mit denen sich die marxsche Politökonomie als externe Soziallehre quasi von außen, oben und im Großen befaßt, und das Warum dieser Reaktion in den Individuen, so daß die KT also mithin die Bildung des Sozialcharakters durch die geschichtlich-gesellschaftlichen Verhältnisse im Laufe der im geschichtlich-gesellschaftlichen Rahmen eingespannten Biographie beschreibt), und komplementiert bzw. komplettiert so die marxsche Politökonomie in einem Bereich, der Marx noch verschlossen war, da er noch nichts von Freud wissen konnte.
- Das Unbewußte, das als Teil des gesamten dreiteiligen psychischen Apparats (Ich, Es, Überich) Produkt der geschichtlich-gesellschaftlichen Verhältnisse ist, ist somit laut der KT inhärent und massiv in die Entwicklung zum verdinglichten, zur permanenten Selbst- und Fremdausbeutung in Maximaleffizienz drängenden automatischen und entfremdeten Subjekt und sein aus dieser Persönlichkeitsbildung resultierendes Treiben im und als Kapitalismus involviert, so daß auch Marx' Satz verständlich wird, wonach die Menschen es: "nicht wissen, aber sie tun es". --80.187.110.67 05:03, 16. Jun. 2015 (CEST)
Einleitung
In der Einleitung steht, der Begriff bezeichne einen entfremdeten Menschen, der seine Charaktereigenschaften nur noch wie eine abwerfbare Maske trägt bzw. tragen muss. Das meint Marx doch nicht oder? --Tets 15:25, 20. Dez. 2009 (CET)
- Denke auch, dass das so nicht passt. Was mir allerdings auch nicht gefällt - wie in so manchen Artikeln im Bereich des Marxismus - ist die Anhäufung von Zitaten. Das liest kein Mensch. Wir müssen weg von dieser Insider-Mentalität und versuchen, die Gedanken in eigenen Worten glasklar zu formulieren. Die Arbeit des Begriffs wird uns nicht erspart bleiben, wenn wir den reichhaltigen Schatz der Marxschen Theorie bergen wollen. Grüße -- HerbertErwin 20:46, 20. Dez. 2009 (CET)
- Ich komme auf obige Kritik zurück (und auch auf den allerersten Diskussionsbeitrag auf dieser Seite). Der zweite Halbsatz der Einleitung ist falsch. Die Einleitung lautet derzeit: Die Charaktermaske als Begriff der marxistischen Soziologie ist die Bezeichnung für den entfremdeten Menschen im Kapitalismus, der seine Charaktereigenschaften nur noch wie eine abwerfbare Maske trägt bzw. tragen muss. Richtig wäre: Die Charaktermaske als Begriff der marxistischen Soziologie ist die Bezeichnung für den entfremdeten Menschen im Kapitalismus, der eine Personifikation der ökonomischen Verhältnisse ist. Das ist angelehnt an den Eintrag Charaktermaske im Lexikon zur Soziologie (herausgegeben von Werner Fuchs-Heinritz und anderen, 5. Auflage, Springer VS, Wiesbaden 2011, S. 112.) Ich ändere den ersten Satz entsprechend. --Jürgen Oetting (Diskussion) 10:43, 14. Apr. 2017 (CEST)