Muntinadas

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. November 2017 um 09:53 Uhr durch imported>Freigut(450461).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Die Muntinadas (Plural, rätoromanisch im Idiom Sutsilvan, zu übersetzen ungefähr mit «Berggänge») bezeichnen einen jahrhundertealten Brauch im Dorf Trin eingangs der Surselva im Schweizer Kanton Graubünden.

Ablauf

Die Tradition hat Gemeinsamkeiten mit dem Engadiner Chalandamarz-Fest, wie es im Bilderbuch Schellenursli beschrieben ist. Allerdings unterscheiden sich die Muntinadas vom Engadiner Frühlings- bzw. Winteraustreibefest durch die herbstliche Jahreszeit, in der sie stattfinden: ihr Datum ist der 9. Oktober.

An diesem Tag zieht die Trinser Dorfjugend – früher ausschliesslich die männliche – in der nach Grösse der mitgetragenen Glocken bestimmten Reihenfolge durch die Dorfteile Vitg (= Dorf), Digg und Mulin, um dann auf die Maiensässe zu gehen. Von dort erfolgt am 10. Oktober der Alpabtrieb des Viehs. Früher war Sammelpunkt der heimkehrenden Hirtenbuben Fastatg, eine Waldweide oberhalb des Dorfes. Heutzutage trifft sich die Jugend bei Sursch.

Hintergrund

Soziales

Ab dem 11. Oktober durfte das Trinser Vieh überall frei die Wiesen begrasen. Es galt die Gemeinatzung, von der sich freikaufen musste, wer auf Privatbesitz seines Bodens bestand. Das Prinzip der Gemeinatzung hatte praktische Gründe, da der Bodenbesitz auf Trinser Territorium sehr zerstückelt und schwierig zu bestimmen war. Möglicherweise dienten die Muntinadas dazu, in spielerischer und zivilisierter Form eine soziale Rangfolge vor Augen zu führen, bevor zwei Tage später diese im Weiderecht bis zum 20. Oktober nicht mehr galt. Die grössten Glocken waren im Besitz von drei Familien, die damit ihren sozialen Rang demonstrierten.

Geisterglaube

Zudem ist der Brauch auch im Geisterglauben der alten Zeit verwurzelt. Das Gebimmel der Glocken und das dreimalige Umrunden der Dorfbrunnen sollte die bösen Geister, besonders die Wassergeister, aus Trin vertreiben, bevor das Vieh wieder im Dorf war und überwintern musste.

Neubeginn

Nachdem der Brauch mit der Modernisierung der Landwirtschaft zusehends in Vergessenheit geraten war, erfolgte im Oktober 2014 ein Neubeginn, an dem sich der Grossteil der Trinser Jugend und Bauernschaft beteiligte.

Literatur

  • Virginia Ritter: Der Bub mit der grössten Glocke durfte die anderen anführen. In: Bündner Tagblatt vom 2. Oktober 2014.