Benutzer:Biopauker/Zelldifferenzierung (Pflanzen)
Unter Zelldifferenzierung (von lat. different = „verschieden“, „ungleich“) versteht man die funktionelle und strukturelle Differenzierung von sich teilenden Zellen zu spezialisierten Zelltypen innerhalb eines Organismus.
Bestandteil der Individualentwicklung
Jeder Organismus durchläuft eine Reihe von fortlaufenden Veränderungen innerhalb seines Entwicklungszyklus. Die ersten Stadien dieser Entwicklung sind bei sexueller Fortpflanzung die Zygote und der Embryo. Diese Entwicklung beinhaltet die Vorgänge: Wachstum, Differenzierung und Morphogenese, die sich jedoch überlappen.[1] Die Phase der Differenzierung beinhaltet dabei die Bereitstellung verschiedenartiger Zelltypen mit spezifischen Strukturen und Funktionen. Insgesamt entwickeln sich bei einer Blütenpflanze bis zu 70 verschiedene Zelltypen. Bei der Differenzierung wird dabei nur ein begrenzter, je nach Zelltyp unterschiedlicher Anteil der genetischen Möglichkeiten einer Zelle realisiert[2] Es handelt sich also um einen Spezialisierungsvorgang.
Zelltypen und Gewebe sind die Ergebnisse der Differenzierung
(In diesem Abschnitt werden zunächst Ergebnisse aus dem Bereich Pflanzen dargestellt )
- zu differenzierten tierischen Zellen siehe Abb.2 und :Zelltyp.
Aus den teilungsfähigen Zellen der pflanzlichen Meristeme entstehen so Dauergewebe, deren Zellen eine bestimmte Gestalt und Funktion erhalten haben und sich normalerweise nicht mehr teilen. Je nach der Aufgabe lassen sich folgende Dauergewebe unterscheiden:
- Grundgewebe (Parenchym), die sich in Speicher-, Fotosynthese-, Durchlüftungs- und Mark-Gewebe untergliedern lassen
- Abschluss- und Haut-Gewebe (Epithel) als Schutz vor Verletzungen und als Verdunstungsschutz, aber auch innere Abschlüsse wie Endodermis und Korkgewebe.
- Absorptionsgewebe für die Aufnahme von Wasser und gelösten Stoffen darin (Rhizodermis)
- Leitungsgewebe zum Transport von Wasser und den darin gelösten anorganischen und organischen Stoffen (Tracheiden, Leitbündel)
- Festigungsgewebe für die mechanische Stabilität (Kollenchym und Sklerenchym)
- Sekretionsgewebe für die Absonderung von Stoffen
- Reproduktive Gewebe für die sexuelle Fortpflanzung[3]
Eine Besonderheit stellen dabei noch Gewebesysteme dar, bei denen in den Zusammenhang sonst einheitlicher Zellen „Sonderlinge" (so genannte Idioblasten) eingestreut sind.
Musterbildung
Bei pflanzlichen Lebewesen geschieht die Zellteilung zumeist innerhalb abgrenzbarer Bildungsgewebe (Meristeme).
Solche Zellen sind weitgehend gleich, gewissermaßen spezialisiert auf Zellteilung. Wenn aber aus einer solchen Zelle durch Teilung nur eine meristematische (Teilungszelle) entsteht, während die andere Tochterzelle ein Streckungswachstum beginnt, so hat der Vorgang der Differenzierung bereits angefangen. Noch vor dem Abschluss dieses Streckungswachstums entwickeln diese Zellen sich bereits entsprechend ihrer zukünftigen Aufgaben in unterschiedliche Richtungen auseinander.[4]
Dabei ist nachweisbar, dass sich die Unterschiede aus der Wirkung unterschiedlicher Enzymmuster ergeben (siehe Abb. 3). Durch diese Musterbildung (pattern formation) erhalten die Zellen des sich entwickelnden Embryos ihre Identität. Diese führt zu einer klar definierten räumlichen Anordnung der Zellaktivitäten.
Bei Tieren wird die Hauptachse des Embryos schon früh durch mütterliche (maternale) Signalstoffe der Eizelle festgelegt.Es wird also bestimmt , wo zukünftig vorn und hinten sein wird. Diese frühen Musterbildungen beinhalten auch die Positionsinformationen für jede Zelle in Bezug auf diese Wachstumsachse und wie die Zelle zukünftig auf die molekularen Signale ihrer Nachbarschaft reagieren wird.
Das Genom bleibt erhalten
Da die Ausgangszellen aber identisches Erbgut (Genom) besitzen, heißt dies, dass in den Zellen auch ein unterschiedliches Muster an aktiven (transkibierten) Genen (siehe Transkription) entsteht. Aus Versuchen mit pflanzlichen Gewebekulturen (Abb. 4) geht eindeutig hervor, dass bei dieser Differenzierung in den Zellen kein Genverlust stattfindet.
Tatsächlich können sie in diesen Gewebekulturen zur Regeneration des ganzen Organismus veranlasst werden. Diese Zellen bleiben – solange sie leben und einen intakten Zellkern haben und im Rahmen ihrer artspezifischen Möglichkeiten – totipotent (Totipotenz).[5] Dies ist ein bedeutender Unterschied zu tierischen/menschlichen Zellen. Bei Pflanzen bestehen die Meristeme auch in fortgeschrittener Entwicklung aus adulten Stammzellen, die den verlässlichen Garant für Zell-Nachschub darstellen. Deren Geheimnis ist aber eigentlich gar keines: Nach jeder Stammzellteilung differenziert sich nur eine der Tochterzellen, während die andere Zelle undifferenziert bleibt, also den „Job" der Ausgangszelle übernimmt.
Auch bei tierischen Geweben kommt es im Verlauf der Differenzierung nicht zu einer Veränderung des Genoms,obwohl die Möglichkeiten der Zellkerne mit fortschreitender Embryonalentwicklung abnehmen. Die dabei stattfindenden Änderungen an der Chromatinstruktur können allerdings nur gelegentlich rückgängig gemacht werden (siehe Adulte Stammzellen). Die Differenzierung der jeweils einen Tochterzelle beruht demnach nicht auf unterschiedlichem Genbestand sondern ist die Folge einer geregelten unterschiedlichen (differentiellen) Genaktivität (Differentielle Genaktivität).[6] Die unterschiedlichen Zelltypen produzieren somit auch unterschiedliche Proteine, wobei in den meisten Fällen über die Transkription reguliert wird.
Das Konzept der Stammzellnischen
Mit dem Nachweis einer Stammzellnische im Drosophila-Ovar im Jahr 2000 wurde ein Konzept formuliert,dass heute auch erfolgreich in der Entwicklungsbiologie allgemein – also auch bei Menschen und Pflanzen – Anwendung findet. Der Faktor Umwelt rückte endgültig ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Allan Spradling vom Howard Hughes Medical Institute in Baltimore: „Wir zeigten erstmals, dass Stammzellen in ihrem Gewebe nicht wie kleine, autonome Maschinen arbeiten, sondern abhängig sind von den Signalen anderer Zellen."[7] Mit genetischen Techniken wie jener der Keimbahnklone konnten Spradling und seinen Kollegen zeigen, dass diese Stammzellen auf die Signale bestimmter Nachbarzellen, der Cap-Zellen, angewiesen sind, um sich auf die richtige Art und Weise zu teilen und zu differenzieren. „Diese Mikro-Umwelt, die die Aktivität von Stammzellen stabilisiert und reguliert, ist gemeint, wenn wir von der Stammzell-Nische sprechen", erklärte Spradling.[8]
Beispiele aus der Forschung an pflanzlichen Modellorganismen
Chemische Signale aus der Nachbarschaft
An dem pflanzlichen Modellorganismus Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand, konnte die Arbeitsgruppe von T. Laux die Funktionsweise von Stammzellnischen nachweisen.[9] (Siehe Abb.5) Sie liegen im apikalen Meristem, dem Teilungsgewebe an der Pflanzenspitze. Die Anordnung gleicht einem kleinen Nest, das mit wenigen Stammzellen angefüllt ist. Untersucht wurde, weshalb sich diese Zellen nicht differenzieren, jedoch ihre herausgeschobenen neuen Tochterzellen. Die Grundvorstellung dazu ist relativ einfach: Die Stammzellen werden durch Signalstoffe aus direkt angrenzenden Zellen des „Ruhenden Zentrums" in ihrer Differenzierung unterdrückt. Teilen sich die Stammzellen, dann schieben sich die nicht unmittelbar angrenzenden Zellen aus dieser Mikroumgebung heraus und werden so nicht von den Signalstoffen beeinflusst. Sie beginnen sich sofort zu differenzieren.
Gesteuert wird dieser Mechanismus im Sprossmeristem von dem WUSCHEL-Gen (WUS). Der nette Name kommt vom wuscheligen Aussehen, das die Mutante der Ackerschmalwand zeigt, bei der das Gen entdeckt wurde. WUSCHEL wirkt aus den Nachbarzellen auf die Stammzellen ein. Ist das Gen aktiv, bewirkt dies die Unterdrückung einer Differenzierung und die Nachbarzellen bleiben somit Stammzellen. In den Stammzellen wird dann das CLAVATA3-Gen (CLV3) angeschaltet und ein Signalmolekül freigesetzt. Das wiederum wirkt auf das WUSCHEL-Gen ein, das nun weniger oft abgelesen wird.
Dadurch verringert sich das Signal, weitere Stammzellen zu bilden und das Gen CLV3 zu aktivieren. Es werden dann auch weniger Signalmoleküle zum WUSCHEL-Gen geschickt. Da so dessen bremsende Wirkung reduziert ist, wird WUSCHEL wieder stärker aktiv. Die Zahl der Stammzellen steigt wieder an, wodurch WUSCHEL erneut gehemmt wird. Die Forscher konnten also nachweisen, dass sich das System selbst reguliert, indem es das aus der Enzymkinetik längst bekannte Prinzip der Endprodukthemmung nutzt.
In der molekularen Signalsprache anderer Beispiele von Stammzellnischen gibt es Unterschiede. Eines aber verbindet alle bisherigen Beispiele: Es ist nicht die Stammzelle selbst, sondern die Nische, die die Anzahl der Stammzellen und das Entwicklungsschicksal ihrer Tochterzellen kontrolliert.
Kontrollierte Genexpression entscheidet das Zellschicksal
Möglicherweise ist die Entdeckung so genannter Mikro-RNS (miRNS) bei Eukaryonten der Durchbruch zum Verständnis der Regulation pflanzlicher Entwicklung. Diese 21-24 Nucleotide umfassenden Moleküle entstehen aus langen Vorläufermolekülen unter Mitwirkung eines Verarbeitungskomplexes, der DICER genannt wurde. Man hat bisher bei Arabidopsis mehr als 110 DNS-Abschnitte gefunden, die für solche Mikro-RNS codieren. Da sich entsprechende Genabschnitte auch in Moosen finden, die entwicklungsgeschichtlich wesentlich älter als Samenpflanzen sind, könnten die damit verbundenen Kontrollmechanismen tatsächlich sehr grundlegend sein.
Mikro-RNS bilden mit normaler m-RNS und enzymatisch wirksamen Proteinen wie Histonmethylasen, DNS-Methylasen und einem als AGO = „Argonaut“ bezeichneten Protein hochmolekulare Komplexe, die den Namen RISC erhalten haben. Diese RISC-Komplexe arbeiten je nach Wirkungsort unterschiedlich an der Stilllegung von Genen:
- RISC Typ 1 arbeitet im Zellkern und lagert sich bei der Transkription an Bereiche der DNS an und inaktiviert diese (zum Beispiel durch DNS-Methylierung).
Dieser Vorgang hinterlässt jetzt Heterochromatin. Das ist inaktive DNS, die also nicht mehr transkribiert wird. Der RISC Typus 1 wird als transkriptionelle Genstilllegung bezeichnet (TGS ;engl.: transcriptional gene silencing) (Genstilllegung).
- RISC Typ 2 arbeitet im Cytoplasma,
also nach der Transkription. Dabei funktioniert das AGO-Protein („Argonaut“) als sequenzspezifische Endonuclease, denn die Mikro-RNS lagern den RISC-Komplex an spezifische m-RNS Bereiche an, die dann in Stücke geschnitten, d. h. abgebaut werden. Die Translation in Proteine bleibt demnach aus. Dieser Weg wird offenbar bei den meisten mi-RNS beschritten, scheint also in der Evolution der ursprüngliche zu sein. Da die Stilllegung der Genwirkung hier nach der Transkription erfolgt, wird dies als posttranskriptionelle Genstilllegung (PTGS, engl.: posttranscriptional silencing) bezeichnet.
- RISC Typ 3 arbeitet im Cytoplasma als Repressorkomplex der Translation, unterbindet also vor Ort die Umsetzung in Proteine.
Die Wirksamkeit der Mikro-RNS wird in den Pflanzen dadurch stark erhöht, dass nach deren Matrize nachträglich in den Zellen vielfach Kopien angefertigt können (so genannte sekundäre mi-RNS), sie besitzen also eine Verstärker-Funktion (Amplifikation). Außerdem können die mi-RNS zwischen Zellen und über Leitungsbahnen über größere Abstände transportiert werden, so dass sie ihre Wirkung auch weit ab von ihrem Bildungsort entwickeln können.[10]
Beispiele aus der Forschung an tierischen Modellorganismen
Sehr ähnlich den Pflanzen beruht die tierische Zelldifferenzierung auf zwei unterschiedlichen Mechanismen : Zum einen der ungleichen (differentielllen )Zellteilung, bei der verschiedene Transskriptionsfaktoren ungleich auf die zwei Tochterzellen verteilt werden. Dieses Prinzip asymmetrischer Zellteilungen führt z.B. zur Differenzierung innerhalb des zentralen und peripheren Nervensystems.
Zum anderen beruht Differenzierung auf Wechselwirkungen zwischen den Zelle, die durch extrazelluläre Signalstoffe bewirkt werden.
Dieses Prinzip wurde z.Beispiel bei der Augenentwicklung der Wirbeltiere nachgewiesen. Hier steuert der embryonale Augenbecher die Entwicklung der Linse aus Hautektoderm durch Abgabe determinierender Stoffe ( embryonale Induktion ). Beide Mechanismen können miteinander kombiniert sein.
[11]
Nach der
Die Taufliege Drosophila war lange Zeit der genetisch bestuntersuchte vielzellige Organismus, jetzt ist sie auch der bestuntersuchte tierische Modellorganismus für Vorgänge, die der DNA nachgeordnet sind : Epigenetik :
Mütterlicher Gen-Einfluss schafft morphogenetische Gradienten
Die Eizelle enthält am zukünftigen Vorderende des Tieres mütterliche (maternale) Bicoid-mRNA, die dort in einer Art von Kappe festgelegt ist. Nach der Befruchtung erfolgt zunächst keine Translation des Zellkern-Genoms sondern die Translation dieser mütterlichen m-RNAs (Maternaleffektgene ). So entsteht Bicoid-Protein. Es verteilt sich in einem Konzentrationsgefälle, da der Embryo in diesem Stadium noch keine Zellmembranen hat und das Protein frei diffundiert. Demnach findet man vorn (anterior) die höchste Bicoid-Konzentration, und hinten (posterior) nimmt diese ab. Als Ergebnis ist nun die Körperachse festgelegt und letztlich entsteht an der Stelle der höchsten Bicoid-Konzentration der Kopf. [12]Dieser morphogenetischer Gradient (ein Konzentrationsgefälle von Signalstoffen also ) ist eine Bestätigung dessen, was frühe Embryonalforscher schon vor fast hundert Jahren als Ursache der Differenzierung und Morphogenese angenommen hatten (siehe:Hans Spemann) .Mit dem Bicoid-Protein ist damit einer der grundlegenden gestaltbildenden Stoffe (Morphogen) identifiziert worden.
Wirkungskaskaden aktivieren regulatorische Gene
Abhängig von der jeweiligen Konzentration in den Blastula-Zellen regt das Bicoid-Protein nacheinander die Transkription von 3 Klassen von Segmentierungsgenen an (siehe Abb. 6). In einer streng geregelten (hierarchischen) Genkaskade wird zunächst eine örtliche Expression von Lückengenen (Gap-Genes) verursacht, die eine grobe Untergliederung der Hauptachse ("vorn-hinten") schaffen. Die Verteilung der gebildeten Proteine kann in den Embryos sichtbar gemacht werden . Die entsprechenden Proteine wirken wieder als Transkriptionsfaktoren die Aktivierung von Paarregelgenen . Sie unterteilen das grobe Segmentmuster in Segmentpaare. Die Paarregelgene aktivieren nun in bestimmten Regionen eines Segments Segmentpolaritätsgene, so dass von diesen Grenzen und Achsenorientierung jedes Segments festgelegt werden. Diese 3 Klassen von Segmentierungsgenen sind die ersten DNA-Abschnitte des embryonalen Erbgutes, die gelesen und realisiert werden.[13] In der Abfolge von Musterbildungsgenen werden abschließend Gene aktiv, die den einzelnen Segmenten eine eindeutige zukünftige Identität geben. Dies ist die Funktion der Homöotischen Gene.
hox-Gene und Homöoboxen legen die Gewebe fest
Die homöotischen Gene (syn :homeotische Gene)sind die Meisterkontrollgene der Entwicklung. Diese erstmals von Edward B. Lewis nachgewiesenen Gene legen fest, welche Anhänge und sonstigen Strukturen an den gebildeten Segmenten gebildet werden. Den Beleg dazu lieferten Mutationen dieser Gene, bei denen sehr grundlegende Verschiebungen im Körperbau stattfinden ,z.B. Beinpaare an der Stelle von Fühlern. Mutierte homoetische Gene legen also fest, dass Körperstrukturen die normalerweise an bestimmten Teilen des Körper auftreten nun an falschen Stellen wachsen.
Homöobox-Gene sind eine Gemeinsamkeit aller Lebewesen
Die Überraschung der Forschung an diesen Genen war, dass sich derartige Gene im gesamten Tierreich finden ließen und diese mit den sogenannten Homöoboxen weitgehend übereinstimmende Bereiche beinhalten. Die homoetischen Gene der Wirbeltiere, die mit denen der Insekten homolog sind, haben sogar die Anordnung auf dem Chromosom und die Ablesefolge gemeinsam. Genabschnitte mit einer Homöobox werden bei Wirbeltieren hox-Gene genannt, aber inzwischen wurden übereinstimmende Bereiche in nahezu jeder Gruppe von Lebewesen gefunden (Sequenzen von mehr als 1000 Homöoboxen in [14] ), sogar bei Hefen , Pflanzen und sogar Bakterien. Es muss sich also um Gene von grundlegendem Wert für die Lebewesen handeln, die sich vermutlich sehr früh in der Evolution gebildet haben (DNA-Konservierung) und die sich über sehr lange Zeiträume bewahrt haben. Es sind Belege grundsätzlicher Verwandtschaft von sonst sehr unterschiedlichen Tiergruppen ( Evolutionsgenetik).
Homöodomänen regulieren die Genaktivität ganzer Gruppen von Genen
Die Homöoboxen codieren übereinstimmend einen Bereich von 60 Aminosäuren in einem Protein, das einen Transkriptionsfaktor darstellt. Dieser Bereich wird Homöodomäne genannt und vermittelt dem Protein eine Form, die an beliebige DNA-Bereiche anlagern kann. Andere variablere Bereiche in diesen Proteinen vermitteln spezifische Bereiche an die gebunden werden kann. Als Ergebnis können solche Transkriptionsfaktoren mit Homöoboxen an den verschiedensten Stellen der DNA Genbereiche in ihrer Aktivität (Lesehäufigkeit ) beeinflussen.
Differenzierung und Determination
Insbesondere bei Tieren geht der Differenzierungsvorgang mit der sogenannten Determination einher. Das bedeutet, dass die eingeschlagene Richtung der Spezialisierung auf nachfolgende Zellgenerationen auf epigenetischem Weg weitergegeben wird. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Anlagerung von Molekülgruppen an die DNA, die zwar mitrepliziert werden können ,aber Genbereiche so verändern, dass sie dauerhaft in ihrer Lesehäufigkeit (also Aktivität) beeinflusst sind. (DNA-Methylierung). Eine determinierte Zelle behält damit ihr Entwicklungsprogramm auch dann bei, wenn sie z.B. an einen anderen Ort innerhalb des Organismus verpflanzt wird. Hierdurch schränkt sich die Potenz (siehe:Totipotenz) der Zell-Linie immer weiter ein, von pluripotenten embryonalen Stammzellen (von lat. pluriens - mehrfach), welche alle Zelltypen des Embryos hervorbringen können, über multipotente Körperstammzellen („somatische Stammzellen“, lat. multus - viel bzw. gr. σῶμα soma - Körper), welche nur die Zelltypen eines bestimmten Gewebes hervorbringen können, bis zu irreversibel differenzierten, funktionellen Körperzellen. Diese verlieren meist die Teilungsfähigkeit und haben häufig nur eine begrenzte Lebensdauer.
Allerdings können Zellen unter bestimmten Umständen ihre Determination ändern (Transdetermination), ihre Differenzierung verlieren (Dedifferenzierung) oder sich nach einer Dedifferenzierung neu differenzieren (Transdifferenzierung). Diese Prozesse spielen z.B. bei der Wundheilung und der Entstehung von Krebs eine Rolle.
Siehe auch
- Epigenetik
- Phytohormone
- Genexpression
- RNS-Interferenz
- DNS-Methylierung
- Homöobox
- Christiane Nüsslein-Volhard
Literatur
- W. K. Purves, D. Sadava, Orian, Heller: Biologie, 7. Aufl. Spektrum Vlg. München, 2006 ISBN 978-3-8274-1630-8
- Sitte et. al: Strasburger-Lehrbuch der Botanik, 34. Aufl. Spektrum Vlg. Heidelberg, 1998 ISBN 3-9274-0779-6
- H. Schulte: Bau und Funktion der Zelle, 1. Aufl. Frankfurt. a. M. 1985, S. 98f.
- L. Wolpert, Th. Jessel, P. Lawrence, E. Meyerowitz, E. Robertson, J. Smith: Principles of Development, Spektrum Vlg. 2007 ISBN 978-3-8274-1856-2
- W. Gehring (Hrsg.):Entwicklung und Gene,Spektrum Vlg.Heidelberg ,1992 ISBN 3-86025-028-0
- W. Gehring: Wie Gene die Entwicklung steuern. Die Geschichte der Homeobox Springer, 2001 ISBN 3764360399
- W. Nultsch: Allgemeine Botanik, 10. Aufl., Stuttgart 1996 ISBN 3-13-383311-1
- R. Wehner; W. Gehring: Zoologie. 24.Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart, 2007, ISBN 978-3-13-367424-9
- E. Weiler, L. Nover: Allgemeine und molekulare Botanik, Thieme Vlg. Stuttgart 2008 ISBN 978-3-13-147661-6
- Laborjournal online [1]
- Müller, W.A., Hassel, M. Entwicklungsbiologie, Springer, Heidelberg, 1999, ISBN 3-540-65867-X
- Taiz, L., Zeiger, E. Physiologie der Pflanzen, Spektrum Akademischer Verlag, 2000, ISBN 3-8274-0537-8
Einzelnachweise
- ↑ Purves, Sadava et al., 2006, S. 470f.
- ↑ W. Nultsch, S. 510
- ↑ Zusammenstellung nach W. Nultsch, S. 148ff.
- ↑ Sitte et al., 1999, S. 405
- ↑ Sitte et al., 1999, S. 405
- ↑ H. Schulte, 1985, S. 98
- ↑ Laborjournal online
- ↑ A. Spradling zu Stammzellen, Interview z. T. übersetzt
- ↑ T. Laux, Freiburg 2003
- ↑ Zusammengestellt nach E. Weiler, L. Nover (2008), S. 722f.
- ↑ R.Wehner; W.Gehring: Zoologie. 24.Aufl., Thieme Verlag, Stuttgart, 2007,S.268ff.
- ↑ nach T.Beardsley:Intelligente Gen , aus Entwicklung und Gene,2001,Spektrum Vlg.S.50f.
- ↑ nach T.Beardsley:Intelligente Gen , aus Entwicklung und Gene,2001,Spektrum Vlg.S.50f.
- ↑ Datenbank SANGER Institut
Weblinks
- Epigenetische Genregulierung bei Pflanzen als aktueller Forschungsgegenstand: [2]
- Eine ausführliche Darstellung von pflanzlichen Stammzellen in Meristemen [3]
- Eine ausführliche Darstellung von Wachstum und Differenzierung v. Prof. Sengbusch: [4]
- Ein Vortrag zum Zusammenhang zwischen Stammzellen und Differenzierung (Humanmedizin): [5]
- Eine umfangreiche Darstellung der Pflanzenentwicklung: [6]
- Allen Spradling zu Stammzellen (engl.): [7]
- Zur Forschung der Arbeitsgruppe Th. Laux (Freiburg): [8]
- DNS-Methylierung bei Arabidopsis: [9]
- Sequenzen und Modelldarstellungen von Tausenden von Homeoboxen,Datenbank des SANGER-Instituts:[10]
- eine sehr vergnügliche Animation zur Entwicklungskontrolle von Drosophila :[11]