Diskussion:Guadalcanal (Insel)
Teil Deutsch-Neuguineas?
Guadalcanal war Ende des 19. Jahrhunderts Teil der deutschen Südsee-Kolonie Deutsch-Neuguinea. ... Im Konflikt um Samoa 1899 tauschte das Deutsche Reich die Insel mit den Briten gegen Teile von Samoa. So wurde Guadalcanal Teil des Britischen Weltreichs.
Meines Wissens waren nur die nördlichen Salomonen deutsche Kolonie. Im dt. Koloniallexikon heißt es z.B.: „Die zu meist stark bewaldeten, aber doch auch recht gut bevölkerten Inseln wurden 1886 in der Weise zwischen England und Deutschland ver teilt, daß Buka, Bougainville, Choiseul und Ysabel mit ihren Nebeninseln zu Deutschland fielen, den Rest England erhielt. Durch den Samoavertrag 1899 gingen aber leider Choiseul, Ysabel und die Shortlandinseln sowie das Atoll Ongtong - Java in britischen Besitz über.“ [1] Guadalcanal zählte demnach von Anfang an nicht dazu. Ich würde daher die entsprechenden Sätze streichen/ändern. --Chrischerf (Diskussion) 19:27, 13. Apr. 2015 (CEST)
- Sicher falsch ist, daß Guadalcanal im Jahr 1899 Teil des im Zitat beschriebenen Tausches war. Sicher richtig ist, daß Bouka, Bougainville, Choiseul und Ysabel im Jahr 1886 deutsches Schutzgebiet wurden. (Zunächst wurden die Inseln allerdings in das Schutzgebiet der Neuguinea-Kompagnie integriert, Ausstellung einer Charter am 15. Dezember 1886. Zu Deutsch-Neuguinea zählten die Inseln streng genommen erst mit Übernahme der Verwaltung durch das Reich (1899).) – Zu klären in Hinblick auf die Frage, ob Guadalcanal je dazugehörte, in wie abgeschwächter Form auch immer, wäre imho noch, ob vor 1886 vom Reich Ansprüche auf die südlichen Salomonen erhoben wurden. Dies könnte sich aus den ersten Flaggenhissungen im späteren Bismarckarchipel (Nov./Dez. 1884) ergeben haben, konkret bei den ersten Verhandlungen zwischen England und Deutschland zur Abgrenzung der Gebietsansprüche in der Südsee im Jahr 1885. Die alte Kolonialgeschichte von Koschitzky o.ä. könnte da weiterhelfen. VG, --Mr Südsee (Diskussion) 00:46, 14. Apr. 2015 (CEST)
- Okay, dann warte ich vorerst noch ab. Möglich, dass ganz früh Ansprüche erhoben wurden, die in späteren Zeiten ungenannt blieben. Schätze, da habe ich keine passenden Quellenbelege. --Chrischerf (Diskussion) 22:45, 15. Apr. 2015 (CEST)
- Wenn ich mich nicht irre, erkennt man auf dieser Karte (S. 141) aus dem Buch Koschitzkys, dass Guadalcanal auch vor 1888 nicht zum deutschen Anspruchsraum zählte. --Chrischerf (Diskussion) 11:50, 10. Feb. 2018 (CET)
- Imho zeigt die Karte die Lage nach dem deutsch-englischen Abkommen vom 8. November 1899. Im Rahmen der Samoa-Frage wurden hier die deutsche und englische Interessensphäre in der Südsee ein nächstes Mal abgegrenzt. England bekam Choiseul und Ysabel; Bouka und Bougainville blieben deutsch. In der Karte markiert diese Abgrenzung die gepunktete Linie zwischen Choiseul und Bougainville. Interessensphären vor 1899 bzw. etwaige Ansprüche lassen sich meiner Meinung nach nur schlecht ablesen. Trotzdem danke, es ist toll zu wissen, daß es den Koschitzky jetzt digitalisiert gibt! --Mr Südsee (Diskussion) 06:39, 16. Feb. 2018 (CET)
- Nachtrag: Die früheste Karte zu der Frage, die ich auf die Schnelle finde, ist eine von ca. 1887, Bundesarchiv, Akte R1001/3081. Da gehört Guadalcanal schon nicht mehr zur deutschen Interessensphäre. Also zumindest für die Lage 1887ff. hätten wir Klarheit. VG, --Mr Südsee (Diskussion) 06:59, 16. Feb. 2018 (CET)
- Wenn ich mich nicht irre, erkennt man auf dieser Karte (S. 141) aus dem Buch Koschitzkys, dass Guadalcanal auch vor 1888 nicht zum deutschen Anspruchsraum zählte. --Chrischerf (Diskussion) 11:50, 10. Feb. 2018 (CET)
- Okay, dann warte ich vorerst noch ab. Möglich, dass ganz früh Ansprüche erhoben wurden, die in späteren Zeiten ungenannt blieben. Schätze, da habe ich keine passenden Quellenbelege. --Chrischerf (Diskussion) 22:45, 15. Apr. 2015 (CEST)
- Das Buch von Koschitzky ist von 1887/88. Seine Karte müsste daher älter sein. Hier noch eine andere Karte, die die Verhältnisse kurz vor 1899 zeigt. Beste Grüße, --Chrischerf (Diskussion) 18:29, 10. Mär. 2018 (CET)
- Sorry wegen des Irrtums zum Datum der Karte in Koschitzky. Folgende Quellen zur weiteren Klärung:
- Das Buch von Koschitzky ist von 1887/88. Seine Karte müsste daher älter sein. Hier noch eine andere Karte, die die Verhältnisse kurz vor 1899 zeigt. Beste Grüße, --Chrischerf (Diskussion) 18:29, 10. Mär. 2018 (CET)
- Herbert Bismarck an Otto v. Bismarck, 23.06.1885, in Bundesarchiv: R1001/2518, pag. 13 bis pag. 18 verso. Auf pag. 15 schreibt Herbert Bismarck zu den Londoner Verhandlungen, 1885: „Unser Kommissar hatte anfänglich vorgeschlagen, auch die Solomons-Inseln in der Weise zu theilen, daß der für die Grenzregulierung in Neu-Guinea angenommene 8te Grad südlicher Breite die Scheide des Deutschen und Englischen Territoriums bilden sollte.“ In den weiteren Verhandlungen wurde das nur insoweit nivelliert, als man die Scheidegrenze innerhalb der Salomongruppe, d.i. den SO-NW verlaufenden Teil der Grenzlinie, etwas weiter nach Osten verlegte, damit dem Deutschen Reich „das kleine aber fruchtbare Pleasant Island [Nauru]“ erhalten blieb. Guadalcanal bildete demnach im gesamten Verhandlungsverlauf nie einen Teil deutscher Ansprüche.
- Bestätigt wurde die Abgrenzung der Gebietsansprüche zwischen dem Deutschen Reich und England am 6. April 1886 (Hermann Joseph Hiery (Hg.): Die deutsche Südsee 1884-1914. 2. durchgesehene und verbesserte Auflage. Schöningh, Zürich 2002, S. 45).
- Das britische Protektorat über die südwestlichen Inseln wurde hingegen erst 1893 eingerichtet (https://en.wikipedia.org/wiki/British_Solomon_Islands).
- Also da, 1893, und nicht im „Konflikt um Samoa“, 1899, wurde Guadalcanal Teil des Britischen Weltreichs. Trifft das auf Zustimmung?
- Viele Grüße! --Mr Südsee (Diskussion) 06:40, 14. Mär. 2018 (CET)
- Herzlichen Dank für die Recherche und Aufklärung! Ich teile den Befund, wonach Guadalcanal nie deutsch war. Zur Geschichte der britischen (Süd-)Salomonen kenne ich mich leider nicht gut genug aus, um das abschließend bestätigen zu können. Viele Grüße und frohe Ostern --Chrischerf (Diskussion) 17:36, 28. Mär. 2018 (CEST)
- Viele Grüße! --Mr Südsee (Diskussion) 06:40, 14. Mär. 2018 (CET)
Noch scheint mir die Frage, ob Guadalcanal deutsche Kolonie war oder nicht, nicht geklärt. Siehe im Artikel: Österreichische Expeditionsfahrten unter Guadalcanal, wonach Deutschland die Insel von Österreich übernahm. Weitere Daten habe ich im Augenblick dazu noch nicht zur Verfügung.--Rakell (Diskussion) 10:21, 31. Mär. 2018 (CEST)
- Es ist in der Tat interessant, mehr über die österreichische Expedition zu erfahren. Denn nur wenn Österreich-Ungarn vorher Anspruch anmeldete, kann sie ja die Insel später an das Deutsche Reich übergeben haben. In dem verlinkten Artikel steht die entsprechende Passage leider ohne Einzelnachweis. Viele Grüße --Chrischerf (Diskussion) 19:48, 31. Mär. 2018 (CEST)
- Es gab weder einen österreichischen Anspruch auf die Insel, noch eine Übergabe an Deutschland. --Otberg (Diskussion) 00:10, 1. Apr. 2018 (CEST)
Otberg sagt zwar "Nein", aber irgendwoher muß ja die Behauptung, Guadalcanal sei von Österreich ans Deutsche Reich abgetreten worden herkommen. In der 'Literatur' ist Köhlers Flottenkalender von 1996 angegeben. Dort sollte man mal nachschauen. Ich habe den Kalender aber erst in vier Wochen zur Verfügung. Grüße --Rakell (Diskussion) 05:21, 1. Apr. 2018 (CEST)
- Da kann ich leider nicht mit dienen. Ich hatte nur den 95er. Gruß --Chrischerf (Diskussion) 10:06, 1. Apr. 2018 (CEST)
- Wenn man diesen Vertrag über Samoa von 1899, wo Guadalcanal angeblich an England abgetreten wurde, einsehen könnte, wäre man ja auch ein Stück weiter.--Rakell (Diskussion) 10:26, 1. Apr. 2018 (CEST)
- Wo hast Du die Behauptung, Guadalcanal sei von Österreich ans Deutsche Reich abgetreten worden, her? Ich fürchte Du hast den Satz („Daraufhin übernahm das Deutsche Reich die Insel.“) im verlinkten Artikel falsch verstanden. --Otberg (Diskussion) 10:33, 1. Apr. 2018 (CEST)
Das stimmt wohl, aber sollte tatsächlich Deutschland 1896 die Insel beansprucht haben, wird es auch einen diplomatischen Schriftwechsel zwischen Berlin und Wien dazu gegeben haben. Wir brauchen jetzt einfach beweisfähiges Material in der Sache. Übrigens hätten die Österreicher wohl keine Absichten aaf Guadalcanal gehabt wenn England die Insel für sich reklamiert hätte.--Rakell (Diskussion) 05:57, 2. Apr. 2018 (CEST)
- Im Sydneyer Daily Telegraph vom 28. Dezember 1897 gibt es einen Artikel über die politischen und kommerziellen Verhältnisse auf den südlichen Salomon-Inseln; die Inseln werden dort als "under British protection" beschrieben. Von einem politischen Anspruch Österreichs auf Guadalcanal ist nichts gesagt. Aber laut dem Artikel war es so, daß die Exporte der Insel (und einiger benachbarter Inseln) vorrangig nach Deutschland und Österreich gingen. VG, --Mr Südsee (Diskussion) 03:39, 3. Apr. 2018 (CEST)
- Ein Transkript des Samoa-Vertrages (1899) gibt es hier. Die Schlüsselstelle zur Frage von Rakell ist in Artikel II: "[Deutschland] erkennt an, daß von der deutschen Salomonsgruppe die östlich beziehungsweise südöstlich von Bougainville gelegenen Inseln, welches letztere nebst der zugehörigen Insel Buka bei Deutschland verbleibt, an Großbritannien fallen." Es ist damit ausdrücklich gesagt, daß es im Samoa-Vertrag re Salomon-Inseln einzig und allein um Abtretungen an Großbritannien innerhalb der deutschen Salomonsgruppe ging. Guadalcanal, das zur britischen Salomonsgruppe gehörte, kann nicht Teil dieser Abtretungen gewesen sein. --Mr Südsee (Diskussion) 04:01, 3. Apr. 2018 (CEST)
- Zur Stelle Österreichische Expeditionsfahrten unter Guadalcanal: 1893 erkundete die Korvette Saida und 1896 das Kanonenboot Albatros die Insel Guadalcanal im Pazifik, in der Hoffnung dort Nickel zu finden, um dann die Insel zu einer österreichischen Kolonie zu machen. – Mit einer Prise Spekulation lese ich das so: Österreich und Deutschland hatten die Vorherrschaft im Außenhandel Guadalcanals. 1893 und 1896 wollte Österreich die Möglichkeit einer Expansion ausloten (zusätzlich zu Exporten von Steinnüssen und Kopra künftig auch Erze). Im Fall eines günstigen Ergebnisses wäre Österreich mit Großbritannien in Verhandlungen getreten, hätte sich auf seine Vorrangstellung im Handel berufen und z.B. einen Vorschlag unterbreitet, die Insel zu kaufen. Wegen des fatalen Endes der 1896er Expedition wurde die Sache aber abgeblasen. Es kam nicht zu Verhandlungen zwischen Österreich und Großbritannien über Guadalcanal – und deshalb auch nicht zu Folgeverhandlungen zwischen Österreich und Deutschland über die Insel. --Mr Südsee (Diskussion) 04:20, 3. Apr. 2018 (CEST)
- Mr Südsee, danke für deine klasse Recherche. Zu: "[Deutschland] erkennt an, daß von der deutschen Salomonsgruppe die östlich beziehungsweise südöstlich von Bougainville gelegenen Inseln, welches letztere nebst der zugehörigen Insel Buka bei Deutschland verbleibt, an Großbritannien fallen." Sollte seit 1896 Guadalcanal zum Reich gehört haben, wäre die Insel Teil der "deutschen Salomonsgruppe", und würde laut Vertragstext "an Großbritannien fallen". Wie auch immer fallen also Inseln aus deutschem Besitz an Großbritannien. Nur welche?--Rakell (Diskussion) 16:11, 3. Apr. 2018 (CEST)
- Hallo Rakell, vielen Dank für die Rückmeldung und das Lob! Nach dem zu urteilen, was ich an zeitgenössischen Quellen kenne, dürfte Guadalcanal politisch auch dann nicht zur deutschen Salomonsgruppe gezählt haben, wenn es nach 1885/86 als Schutzgebiet an Deutschland kam. Das deshalb nicht, weil die deutsche Salomonsgruppe immer durch jene Scheidelinine definiert wurde, die man in den Verhandlungen 1885/86 erstmals zog und dann 1899 quasi verschob (Abtretungen innerhalb der deutschen Salomonsgruppe an England). Wenn also Guadalcanal jemals deutsch gewesen wäre, dann als Exklave des Deutschen Reiches in Form eines Schutzgebiets (nicht aber als Exklave der deutschen Salomonsgruppe). Nach der Protektoratsübernahme hätte man Guadalcanal höchstens verwaltungstechnisch der deutschen Salomonsgruppe zugeschlagen. Aber selbst wenn das alles so gewesen sein sollte, müßte unter den beschriebenen Voraussetzungen Guadalcanal im 1899er Samoa-Vertrag als Gegenstand der Abtretung gesondert und ausdrücklich erwähnt worden sein, eben weil die Insel territorial nicht zur deutschen Salomonsgruppe gezählt hätte, sondern nur von deren Verwaltung mitverwaltet worden wäre. Imho gibt es der Artikel II des Samoa-Vertrages nicht her, daß Guadalcanal mit dem Vertrag an England ging.
- Wie überhaupt hätte Guadalcanal an das Deutsche Reich kommen können? Das wäre, wie ich es sehe, ziemlich kompliziert gewesen: Direkt von England hat das Deutsche Reich Guadalcanal sicher nicht bekommen. Denn das hätte eine Novelle der 1885/86er Vereinbarungen zwischen England und Deutschland mit sich gebracht, auf die ich trotz recht gründlicher Recherche in den betreffenden Akten des Bundesarchivs nicht gestoßen bin. – Da es aber zwischen Österreich und England keine Einigung über Interessensphären in der Südsee gab, eröffnet sich hier – theoretisch, völkerrechtlich – ein anderer Spielraum. Bei einem Protektorat überträgt das Geberland an das Nehmerland seine Souveränität nur teilweise, unter jeweils auszuhandelnden Bedingungen. Die anderen großen Nationalstaaten erkennen das im Fall des Falles an – oder auch nicht. Wie das bei der Protektoratserklärung Englands über die südlichen Salomonen gelaufen ist, müßte man in einem ersten Schritt klären. Daraus ergäbe sich, je nach dem, völkerrechtlich eine "Lücke", die Österreich sich z.B. mit Nicht-Anerkennung des britischen Protektorats über die südlichen Salomonen geschlagen haben könnte, um Guadalcanal zu annektieren. Nur bei einer Annexion jedoch wäre die gesamte Souveränität über die Insel an Österreich gefallen, d.h. England völkerrechtlich ganz zurückgedrängt worden. Und nur dann hätte Österreich die Insel später in einer näher zu bestimmenden Weise an Deutschland abtreten können, ohne daß es zu einer Verletzung des deutsch-englischen Abkommens von 1885/86 gekommen wäre. Daß das alles so gelaufen ist, müßte man anhand von zuverlässigem Quellenmaterial beweisen. Persönlich finde ich es ziemlich unwahrscheinlich, denn es müßte ja auch in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum – zwischen 1886 und 1899 – geschehen sein. Ferner ist mir die Motivation Österreichs nicht klar, und zuletzt kann man sich am Beispiel des späteren Konflikts um die Falklandinseln überlegen, zu welchen Verstimmungen es seinerzeit im Fall von Guadalcanal zwischen England und Österreich gekommen wäre. Wenn Du Dich an einem Nachweis versuchen möchtest, fände ich das trotzdem toll, denn ich lerne gerne dazu. Ein einvernehmlicher Verkauf der Insel von England an Österreich wäre ja wie gesagt auch eine Möglichkeit, die man checken könnte. Viele Grüße! --Mr Südsee (Diskussion) 00:47, 4. Apr. 2018 (CEST)
- Danke Mr Südsee für deine aufschlußreichen Ausführungen. Der Artikel Heinrich Foullon von Norbeeck gibt uns wohl in Bezug auf Guadalcanal die entscheidenden Hinweise auf die Geschichte.--Rakell (Diskussion) 06:37, 4. Apr. 2018 (CEST)
- Wie überhaupt hätte Guadalcanal an das Deutsche Reich kommen können? Das wäre, wie ich es sehe, ziemlich kompliziert gewesen: Direkt von England hat das Deutsche Reich Guadalcanal sicher nicht bekommen. Denn das hätte eine Novelle der 1885/86er Vereinbarungen zwischen England und Deutschland mit sich gebracht, auf die ich trotz recht gründlicher Recherche in den betreffenden Akten des Bundesarchivs nicht gestoßen bin. – Da es aber zwischen Österreich und England keine Einigung über Interessensphären in der Südsee gab, eröffnet sich hier – theoretisch, völkerrechtlich – ein anderer Spielraum. Bei einem Protektorat überträgt das Geberland an das Nehmerland seine Souveränität nur teilweise, unter jeweils auszuhandelnden Bedingungen. Die anderen großen Nationalstaaten erkennen das im Fall des Falles an – oder auch nicht. Wie das bei der Protektoratserklärung Englands über die südlichen Salomonen gelaufen ist, müßte man in einem ersten Schritt klären. Daraus ergäbe sich, je nach dem, völkerrechtlich eine "Lücke", die Österreich sich z.B. mit Nicht-Anerkennung des britischen Protektorats über die südlichen Salomonen geschlagen haben könnte, um Guadalcanal zu annektieren. Nur bei einer Annexion jedoch wäre die gesamte Souveränität über die Insel an Österreich gefallen, d.h. England völkerrechtlich ganz zurückgedrängt worden. Und nur dann hätte Österreich die Insel später in einer näher zu bestimmenden Weise an Deutschland abtreten können, ohne daß es zu einer Verletzung des deutsch-englischen Abkommens von 1885/86 gekommen wäre. Daß das alles so gelaufen ist, müßte man anhand von zuverlässigem Quellenmaterial beweisen. Persönlich finde ich es ziemlich unwahrscheinlich, denn es müßte ja auch in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum – zwischen 1886 und 1899 – geschehen sein. Ferner ist mir die Motivation Österreichs nicht klar, und zuletzt kann man sich am Beispiel des späteren Konflikts um die Falklandinseln überlegen, zu welchen Verstimmungen es seinerzeit im Fall von Guadalcanal zwischen England und Österreich gekommen wäre. Wenn Du Dich an einem Nachweis versuchen möchtest, fände ich das trotzdem toll, denn ich lerne gerne dazu. Ein einvernehmlicher Verkauf der Insel von England an Österreich wäre ja wie gesagt auch eine Möglichkeit, die man checken könnte. Viele Grüße! --Mr Südsee (Diskussion) 00:47, 4. Apr. 2018 (CEST)
(links!) Naja, klipp & klar steht es nur in der Seklit, die in dem Artikel angegeben ist. Bei Karin Winter: "'Die Untersuchung der Insel Guadalcanar mußte aufgegeben werden' ...", in: Hermann Mückler, Österreicher in der Südsee, Wien und Berlin: Lit, 2012, S. 257-270, habe ich jetzt nachgesehen:
Die Ratifizierung des deutsch-englischen Vertrages vom 4. April 1886 war der Regierung Österreichs bekannt. Im Vorfeld der 1896er österreichischen Expedition stellte deshalb die k.u.k Marineleitung bereits fest, daß die politische Lage "den Gedanken an eine militärische Besetzung oder Annexion einzelner Inseln [innerhalb der Salomongruppe] durch eine dritte Macht ausschließt". (Präsidialkanzlei, MS, I-1/9 1894, Nr. 1334).
Arthur Krupp war Initiator von von Norbeecks Expeditionen. Zur Durchführung der Ideen Krupps für Guadalcanal meinte die k.u.k. Marineleitung: "Auf das Project Krupp zurückkommend, könnte ... nur noch die käufliche Erwerbung von Landbesitz durch Herrn A. Krupp im Falle von Erzvorkommen [auf Guadalcanal] in Betracht gezogen werden ... . Dieses Unternehmen würde sich als rein privatrechtliches qualificiren ... ." (Präsidialkanzlei, MS, I-1/9 1894, Nr. 1334).
Ich finde, das sagt eindeutig, daß Österreich niemals an eine Annexion Guadalcanals auch nur dachte. Es bleibt damit ein sehr schmaler Rest, wie die Insel doch – vorübergehend – an das Deutsche Reich gekommen sein könnte. Persönlich halte ich es nicht für lohnend, diesen Grat weiter abzulaufen. Viele Grüße! --Mr Südsee (Diskussion) 07:33, 4. Apr. 2018 (CEST)
- Nach der jetzigen Datenlage ist die Darstellung im Artikel Österreichische Expeditionsfahrten über eine wie auch immer geartete Übernahme Guadalcanals durch Deutschland offensichtlich falsch. Für eine konkrete deutsche Absicht auf Guadalcanal zwischen 1896 und 1899 sehe ich auch keinerlei Hinweise. Natürlich lese ich noch bei nächster Gelegenheit den Artikel: Die Entwicklung der maritimen Herrschaftsgebiete der habsburgischen Erblande vom XIV. Jahrhundert bis 1806 sowie des Kaiserreichs Österreich bzw. Österreich-Ungarn von 1804 bis 1918 in Köhlers Flottenkalender von 1996. Du schreibst: "daß Österreich niemals an eine Annexion Guadalcanals auch nur dachte", aber anhand der von dir zitierten Schriftstücke hat man das wohl gedacht, nur die Tatsachenlage verhinderte eine Ausführung. Grüße aus Thailand --Rakell (Diskussion) 09:50, 4. Apr. 2018 (CEST)
- Einverstanden – und prima, daß Du Dich um den Artikel im Flottenkalender kümmerst! Mit "niemals ... auch nur dachte" bezog ich mich auf die Formulierung im Zitat "den Gedanken ... ausschließt". Aber für eine neutrale Darstellung in einem Wiki-Artikel paßt Deine Formulierung besser. Ich hab' die Disk auf meiner Beo und sehe ja dann, was Du zu Ergebnissen aus dem Flottenkalender-Artikel schreibst. Danach könnten wir uns ggf. abstimmen, wer was in welchem Artikel ändert. Jedenfalls ändere ich nichts, bevor ich nicht von Dir höre. Grüße aus Australien! --Mr Südsee (Diskussion) 23:33, 4. Apr. 2018 (CEST)
Ich habe den Fehler mit der „österreichisch-deutschen Kolonie Guadalcanal“ aus dem Artikel entfernt. Erstaunlich finde ich, wie der dort hineingekommen ist. --Otberg (Diskussion) 00:27, 5. Apr. 2018 (CEST)
- Danke für die Korrektur! --Mr Südsee (Diskussion) 02:17, 5. Apr. 2018 (CEST)
Ich habe nun den Artikel: Die Entwicklung der maritimen Herrschaftsgebiete der habsburgischen Erblande vom XIV. Jahrhundert bis 1806 sowie des Kaiserreichs Österreich bzw. Österreich-Ungarn von 1804 bis 1918 in Köhlers Flottenkalender von 1996 durchgesehen und keinerlei Hinweis auf eine Übernahme Guadalcanals durch Österreich oder gar eine Übergabe an Deutschland gefunden. Damit ist das Thema denn wohl endgültig erledigt. Grüße --Rakell (Diskussion) 17:01, 24. Apr. 2018 (CEST)