Giacomo Chizzola

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Giacomo Chizzola (* 1502 in Brescia; † 1580 in Brescia) entstammte einer angesehenen Brescianer Familie. Giacomo war ein sehr universeller Geist und Humanist, Doktor der Rechte, Richter, Ökonom, Diplomat und überaus sozial engagiert.[1] Bereits 1534 war er Mitglied des „Consiglio generale“, des Stadtrates von Brescia. Als gebildeter Mann und Richter war er mehrmals als Sonderbotschafter für Brescia oder die Republik Venedig tätig. Schon mit 29 Jahren trat Giacomo in der Öffentlichkeit sehr hervor. Er begründete 1548 eine der ersten Agrarakademien Europas in Rezzato (BS), war Protektor von Angela Merici, der Gründerin des katholischen Ursulinenordens, kümmerte sich bereits ab 1532 nach dem Vorbild von Girolamo Miani (1486–1537) um Straßenkinder und unheilbar Kranke. 1563 wurde er für seine vielfältigen Verdienste Cavaliere des Venezianischen Ritterorden von San Marco. Er war verheiratet mit Vittoria Gavazzi, Tochter des hervorragende Arztes Ludovico Gavazzi, und verstarb 1580 oder 1588.

Lebenswerk

Schon als junges Mitglied des Stadtrates konnte er, als die Republik Venedig von der Provinz Brescia jährlich 1000 Ochsen verlangte, mit Redegewandtheit und Erfolg in Verhandlungen die Abschaffung dieser Zahlung erreichen, da das Land sehr stark bevölkert war und es nicht genug Futter gab um die 1000 Ochsen und die eigenen Tiere zu versorgen. Als Doktor der Rechte und Advokat war er 17 mal als Botschafter der Republik zu den verschiedensten Problemen entsandt worden. 1553 reiste Giacomo mit Kardinal Pole Kardinal Polo und anderen Delegierten in diplomatischer Mission von Brescia nach Deutschland um über den Frieden zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich zu verhandeln, doch wurde diese Mission vom Kaiser vorzeitig abgebrochen und die Abordnung in anderer Mission nach England gesandt. Giacomo fuhr nach Brüssel, Antwerpen und Paris mit, zog es jedoch vor nach Brescia zurückzukehren, da er „die Luft von Brescia nicht mit der Luft bei Hofe tauschen wollte“. Über Paris fuhr er noch nach Rom um dem Papst Bericht zu erstatten.[2] In den Jahren 1558–1561 hatten sich die Cremoneser am Oglio (westlicher Grenzfluss) Land angeeignet und ein Edikt herausgegeben, dass dafür außer seiner Majestät Karl V. niemand anderer – weder Fürst noch Republik – zuständig sei. So fuhr Giacomo nach Venedig, Mailand und Regensburg und erlangte dort in Begleitung des Gesandten der Republik Venedig die Annullierung des Ediktes. Gegen den Senat von Mailand und gegen die Cremoneser wurden die Rechte der Brescianer bezüglich der Schifffahrt, Mühlen etc. am Oglio wieder hergestellt. 1561 vermittelte er in einem Konflikt mit Ferrara. Zu seiner Sicherheit erhielt er 1562 vom Dogen das Recht Waffen zu tragen. 1563 wurde Giacomo von der Republik Venedig in eine Kommission bestellt, um mit österreichischen Erzherzögen die Grenzen von Friaul festzusetzen; Giacomo wurde als einer der Advokaten eingesetzt war Gesandter der Republik Venedig am Kongress zu Udine. Ebenfalls 1563 verhandelte er mit dem Kaiserreich erfolgreich über Rechte der Schifffahrt in der Adria, als lebenswichtiges und seit dem Fall Konstantinopels Venedig zugefallenes und allseits respektiertes Recht.[3] Seine nachhaltigsten Werke waren die in seinem Haus in Rezzato zuerst gegründete wissenschaftlich literarische Akademie und dann insbesondere die 1548 zusammen mit seinem gleichgesinnten Freunden Agostino Gallo und dem Agronomen Camillo Tarello gegründete Agrar-Akademie zum Studium des Ackerbaues und der Kultivierung des Maulbeerbaumes. Diese Agrarakademie war weltweit eine der ersten ihrer Art. Die Akademie stand unter dem Protektorat des Bischofs Bollani und war ein Treffpunkt der Intelligenz und der bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit. So verkehrten dort z. B. auch der Mathematiker Nicolo Tartaglia und der englische Kardinal Pole, der sein Freund und Förderer war. Die Akademie dürfte bis 1575 bestanden haben. Eine umfangreiche Dokumentation über Literaturquellen und Korrespondenzen erstellte Francesco Grasso Caprioli.[4] Eine weitere historische soziale Tat war 1532 nach dem Vorbild von Girolamo Miani, der Zusammenschluss mit drei weiteren Adeligen zur Organisation einer wohltätigen Stiftung um Kinder von der Straße einzusammeln.[5] Giacomo zählt mit Gerolamo Patengola, D. Giovanni Zanetti und Agostino Galli zu den Gründern des Spitals der Unheilbaren, wo Angela Merici (1474–1540) – Gründerin des Ursulinenordens – mit ihrer Schwesterngemeinschaft tätig war. Giacomo war auch an der Errichtung der Gemeinschaft der „Töchter der St. Angela Merici“ maßgeblich beteiligt und war mit Agostino Gallo Protektor und Schirmherr der Gemeinschaft. So heißt es von ihm: „di cui si chiamò figlio spirituale”, er nannte sich: “ein geistiger Sohn“ der Angela Merici[6] Angela Merici wohnte ab 1532 in einer bescheidenen Kammer im Haus zur Kirche von Santa Afra. 1535 wurde die Gemeinschaft offiziell gegründet, nennt sich „Compagnia di Sant´ Orsola“ und erhält das Haus mit der kleinen Kirche von Santa Afra, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Chizzola. 1540 starb Angela Merici. Der Stadtschreiber von Brescia berichtete von einem Begräbnis gleich einem Fürsten.[7] 1568, in einem Prozess über Angela Merici sagte Giacomo – als einer von vier Männern, Frauen wurden nicht befragt – aus, er habe sie am Sterbebett besucht und zitierte ihre Worte der Ermahnung: „Handelt in eurem Leben so, wie ihr es im Augenblick des Todes wünschen würdet gehandelt zu haben“, „… an etwas Anderes erinnere ich mich nicht“.[8] Erst 1768 wird Angela Merici seliggesprochen, 1807 heiliggesprochen, ihr Leichnam ist unversehrt in einem Glassarg in der Kirche von Santa Afra in Brescia zur Verehrung. Zu Weihnachten am 24. Dezember 1563 erhielt er für seine besonderen Verdienste um die Republik Venedig vom Senat die Ritterwürde des Markusordens verliehen. „Er wurde geschmückt mit einer schweren Goldkette mit dem Bildnis des Hl. Marcus“ und erhielt eine jährliche Zuwendung von 300 Dukaten. Mit dieser Ehrung verbunden war das außergewöhnliche Recht den venezianischen Löwen als eigenes Hauszeichen in Wappen, Fahnen und am Siegelring zu verwenden.[9] Cav. Giacomo Chizzola dürfte 1580 mit 78 Jahren gestorben sein, nach einer anderen Quelle erst 1588.[10] Er galt in Brescia als Inbegriff der Klugheit, er war stets angesehen in der vornehmen wie in der einfachen Gesellschaft und starb als hochgeachteter Bürger, lobens- und verehrenswerter Mensch, als Vorbild für die Nachwelt.[11] Cav. Dr. Giacomo Chizzola hatte 7 Söhne und 2 Töchter. Sein Sohn Hieronimo war “Civitatis Cancellarijs & Notarijs de Collegio Brixiae” und ohne Nachkommen, Sohn Agostino folgte auf den Spuren des Giacomo, übernahm Rezzato und führte die Akademien weiter und war mit öffentlichen Missionen betraut, sodass ihm und Hieronimo mit ihren Dienern vom Dogen ausdrücklich das Tragen von Waffen erlaubt wurde.[12]

Einzelnachweise

  1. Treccani degli Alfieri, Storia di Brescia, 1964 Vol.II, S. 343 etc
  2. Rossi Ottavio, “Elogi historici” 1620, S. 373
  3. Staatsgeschichte der Republik Venedig: von ihrem Ursprunge bis auf unsere ...von Johann Friedrich Le Bret
  4. F.Grasso Caprioli, Camillo Tarello, Agostino Gallo, Giacomo Chizzola e l’Accademia di Rezzato
  5. Guerrini P., “Scuole e maestri bresciani del cinquecento”. Comm.Ateneo 1921, S. 73–127
  6. Antonio Cistellini, Figure della riforma pretridentina, 1948, S. 21, 83, 97
  7. Webseite d. Föderation deutscher Ursulinen
  8. L. Mariani-E. Tarolli-M. Seynaeve: „Angela Merici, Beitrag zu einer Biographie“ 1986, deutsche Übersetzung 1995, S. 138
  9. Archivio di Stato, Venezia
  10. L. Mariani-E. Tarolli-M. Seynaeve: „Angela Merici, Beitrag zu einer Biographie“ 1986, deutsche Übersetzung 1995, S. 136
  11. Rossi Ottavio, “Elogi historici” 1620, S. 378
  12. archivio Chizzola und Polizze estimi 1548, Archivio di stato, Brescia