GmbH-Geschäftsführer-Haftung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. November 2019 um 09:38 Uhr durch imported>Stephan Klage(541461) (→‎Haftung gegenüber der Gesellschaft: Großschreibung?).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Unter Geschäftsführer-Haftung ist die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für seine Pflichtverletzungen zu verstehen.

Haftung gegenüber der Gesellschaft

Während ein Gesellschafter einer GmbH sich aus der Geschäftsführung der GmbH weitestgehend heraushalten kann, ist der Geschäftsführer das Organ der Gesellschaft, dem die Führung der Geschäfte obliegt. Bei der Erfüllung dieser Pflicht hat der Geschäftsführer die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden“, § 43 Abs. 1 GmbHG (siehe auch ordnungsgemäße Geschäftsführung). Der Geschäftsführer haftet bei Verletzung dieser Pflichten grundsätzlich nur der Gesellschaft gegenüber, § 43 Abs. 2 GmbHG. Verfügt die Gesellschaft über mehrere Geschäftsführer, sind sie grundsätzlich gemeinschaftlich für die Unternehmensleitung verantwortlich.[1] Auch eine interne Zuständigkeitsordnung für die Geschäftsführer (Ressortzuständigkeit) hebt den Grundsatz der Gesamtzuständigkeit der Geschäftsführer grundsätzlich nicht auf, kann aber im Einzelfall die Haftung des einzelnen Geschäftsführers für Schäden in dem ihm nicht zugewiesenen Ressort beschränken. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine solche Vereinbarung der Ressortzuständigkeit zwischen den Geschäftsführern auch mündlich getroffen werden.[2]

Darüber hinaus haftet der Geschäftsführer auch nach § 64 GmbHG für sämtliche Zahlungen, welche nach Eintritt eines Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) geleistet werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich hierbei um Zahlungen handelt, die auch nach diesem Zeitpunkt „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar“ sind. Dies ist in aller Regel nur bei solchen Zahlungen der Fall, deren Unterlassung auch im Rahmen einer Insolvenz zu gravierenden Folgeschäden führen würde (etwa Abstellen des Stroms bei Kühlhaus mit verderblicher Ware o. ä.).[3] Die Haftung des Geschäftsführers wegen Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife greift (je nach Einzelfall) unter Umständen sogar dann, wenn überfällige Steuern und Abgaben bezahlt werden oder aber Material zur Fortführung des nicht profitablen Geschäftsbetriebes erworben wird.[4]

Die bis Juli 2019 umzusetzende EU-Restrukturierungsrichtlinie sieht in Art. 19 vor, dass im Falle wahrscheinlicher Insolvenz künftig die Geschäftsführer nicht nur die Interessen der Gesellschafter, sondern auch die Interessen der Gläubiger und sonstiger Beteiligter zu berücksichtigen haben. Die Tragweite dieser Regelung und ihre Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber sind noch nicht geklärt.

Haftung gegenüber Dritten

Gegenüber Außenstehenden haftet er

Verfügt die Gesellschaft über mehrere Geschäftsführer, kann der Grundsatz der Gesamtverantwortung auch haftungsbegründend für alle Geschäftsführer wirken. Verstößt einer der Geschäftsführer gegen ein gesetzliches Verbot, kann eine Haftung gegenüber den anderen Geschäftsführern entstehen, wenn sie die Rechtsverletzung ihres Mitgeschäftsführers hätten erkennen können und nicht das ihnen rechtlich Mögliche und Zumutbare unternehmen, um die Verletzung von Rechtsgütern Dritter zu beenden.[5] Auch im Außenverhältnis entbindet eine interne Zuständigkeitsordnung unter den Geschäftsführern die ressortfremden Geschäftsführer nicht, den ressortzuständigen Geschäftsführer zu kontrollieren.[6]

Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers

Bei der Frage der Haftung eines Gesellschafter-Geschäftsführers müssen beide Ebenen (Gesellschafter- und Geschäftsführerebene) für sich betrachtet werden. Ein Gesellschafter haftet grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten der GmbH. Insoweit ist die Haftung beschränkt (§ 13 GmbHG). Ein Gesellschafter kann sich jedoch nicht auf seine beschränkte Haftung berufen (§ 13 GmbHG), wenn er zugleich Geschäftsführer ist und seine Geschäftsführerpflichten vernachlässigt hat.

Haftung des „faktischen Geschäftsführers“

Siehe Hauptartikel Faktischer Geschäftsführer.

Absicherung und Haftungsminderung

Die Geschäftsführerhaftung kann – zumindest teilweise – durch eine sog. D&O-Versicherung abgesichert werden. Neben der Absicherung stehen dem Geschäftsführer zudem eine Reihe an Möglichkeiten zur Verfügung die Haftung über seinen Anstellungsvertrag (z. B. durch Haftungsklauseln, D&O-Verschaffungsklausel[7]) als auch über Entlastungen in der Gesellschafterversammlungen zu mindern.

Literatur

  • Thomas Ratka / Roman Alexander Rauter: Handbuch Geschäftsführerhaftung – mit Vorstandshaftung, 2. erw. Aufl., facultas.wuv 2011, ISBN 978-3-7089-0705-5
  • Ralf Ek: Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 1. Aufl., München 2011, Verlag C. H. Beck, ISBN 978-3-406-61181-0
  • Ingeborg Haas: Die steuerliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers. Gabler, Wiesbaden 2010. ISBN 978-3-8349-2524-4
  • Gerd Krieger / Uwe. H Schneider: Handbuch Managerhaftung – Risikobereiche und Haftungsfolgen für Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat, 2007
  • Karl Sikora: Der GmbH-Geschäftsführer in der Unternehmenskrise – Pflichten und Haftungsrisiken im Stadium der materiellen Insolvenz, NWB 2007, 2583–2602
  • Robert Weber / Florian Brügel: Die Haftung des Managements in der Unternehmenskrise: Insolvenz, Kapitalerhaltung und existenzvernichtender Eingriff, DB 2004, 1923–1928
  • Gerhard Bruschke: Die Haftung des "Geschäftsführers". Deutsche Steuer-Zeitung (DStZ) 2012, S. 407
  • Hermann Pump / Herbert Fittkau: Die Vermeidung der Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Steuerschulden der GmbH. Erich Schmidt, Berlin 2012, ISBN 978-3-503-13666-7
  • Günter Kahlert, Vertreterhaftung für Steuerschulden, insbesondere in der Unternehmenskrise, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) 2009, 2368

Einzelnachweise

  1. Bundesgerichtshof für Zivilsachen: Urteil vom 09.01.2001. In: Aktenzeichen VI ZR 407/99.
  2. BGH: II ZR 11/17. In: Urteil vom. 6. November 2018.
  3. Bundesgerichtshof für Zivilsachen: Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. Januar 2011, Aktenzeichen II ZR 169/09 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung.
  4. Bundesgerichtshof für Zivilsachen: Urteil vom 26. Januar 2016, Aktenzeichen II ZR 394/13.
  5. OLG Düsseldorf: Urteil, I-15 U 66/17. 11. Januar 2018, abgerufen am 24. Juli 2018.
  6. Jens Nyenhuis: Haftung von Geschäftsführern bei Patent- und Urheberrechtsverletzungen. Abgerufen am 24. Juli 2018.
  7. D&O-Verschaffungsklausel. Abgerufen am 1. Januar 2019.