Mathematisch-Feinmechanisches Institut

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Fraunhofer Heliometer der Sternwarte Königsberg, Montierung mit Nachführ-Uhrwerk auf Holzstativ
Refraktor Merz 160/1790,[1] G. & S. Merz, München. Sternwarte von Artur Kraus in Pardubice, zwischen 1912 und 1930. Jetzt in Sternwarte Úpice.

Das Mathematisch-Feinmechanische Institut in München war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der europaweit bedeutendste Hersteller präziser Optiken und Messinstrumente. Es firmierte später auch als Optisches Institut München. Die Rechtsnachfolgerin G. & S. Merz GmbH bestand noch bis 1932.

Geschichte

Gegründet wurde es 1804 als optisch-mechanische Werkstätte von drei sehr innovativen und durchschlagskräftigen Personen: dem Erfinder und späteren Akademiemitglied Georg Friedrich von Reichenbach (1771–1826),[2] dem Professor und gelernten Feinmechaniker Joseph Liebherr (1767–1840) und dem Unternehmer Josef von Utzschneider.[3] Als Liebherr 1812 aus dem Institut ausschied, nahm der junge Optiker Josef Fraunhofer seine Stelle ein und trug mit seinen weltweit besten Fernrohrobjektiven dazu bei, das Unternehmen auf den Spitzenplatz bei Theodoliten und astronomischen Fernrohren zu bringen.[4]

Das Mathematisch-feinmechanische Institut bezog seine hochqualitativen Kron- und Flintgläser aus der von Utzschneider in Benediktbeuern gegründeten Kunstglashütte. Dieses hatte 1809 den jungen Fraunhofer engagiert und ihm ermöglicht, dort seine Forschungen über den Brechungsindex verschiedener Gläser und zum Spektrum der Sonne durchzuführen. Mit der Entwicklung eines von chromatischer Aberration weitgehend freien Fraunhofer-Objektivs und seiner Lieferung an bedeutende Sternwarten erlangte nicht nur die Glashütte Weltgeltung, sondern auch das Hauptunternehmen.

Nach dem Tod Fraunhofers 1826 wurde der Optiker Georg Merz Werkleiter. 1839 kaufte dieser zusammen mit Joseph Mahler das Institut und vollendete unter anderem das von Fraunhofer begonnene Königsberger Heliometer. 1851 war Merz als einziger deutscher Aussteller auf der Weltausstellung in Paris.[5] Bis in die 1870er Jahre war das Unternehmen führend bei der Herstellung großer Fernrohre, konzentrierte sich aber zunehmend auf Militäroptik und kleinere Astro-Spektroskope.

Paul Zschokke übernahm 1903 die Firma von Jakob Merz. Die G. & S. Merz GmbH bestand noch bis zum Tod Zschokkes im Jahr 1932.

Technische Leistungen des Instituts

In den über 130 Jahren ihres Bestehens baute das Unternehmen zahlreiche Refraktoren, Mikroskope, Handfernrohre, Mikrometer, Spektroskope und Gebrauchsoptik (Brillen, Lupen etc.).

Farbreine Objektive für „Riesenteleskope“

Farbreine Objektive wurden zwar schon um 1750 von John Dollond entwickelt, doch waren sie in den ersten Jahrzehnten auf Aperturen von 10 bis 15 cm beschränkt. Bei der Verwendung lichtstärkerer Objektive mussten die Astronomen stärkere Farbsäume in Kauf nehmen.

Ein Durchbruch gelang dem Institut durch Fraunhofers Entwicklung eines 245-mm-Objektivs, das zwischen den beiden Linsen des Doubletts statt der üblichen Verkittung einen Luftspalt beließ. Dadurch konnte die lichtsammelnde Fläche mit einem Schlag mehr als verdoppelt werden, ohne Verlust an Bildqualität.

Das erste Großteleskop mit diesem Objektiv und neu konzipierter Montierung wurde vom Institut 1824 an die Sternwarte Dorpat (russ. Дерпт, heute Tartu in Estland) geliefert und machte das damals russische Staatsobservatorium unter Friedrich Wilhelm Struve zur führenden Forschungsstätte, insbesondere in der brandneuen Doppelstern-Forschung. Bald trafen Bestellungen anderer Sternwarten ein, und die Werkstätte wurde dementsprechend erweitert. Ein zum Dorpater Refraktor baugleiches Exemplar erhielt 1829 – nach dem frühen Tod Fraunhofers – die Berliner Sternwarte. Mit ihm entdeckte Johann Gottfried Galle 1846 den Planeten Neptun.

Heliometer

Bemerkenswert war auch die Entwicklung des Heliometers, die noch unter Fraunhofer begann. Das genaueste Instrument dieser Art, das mit der Doppelbild-Technik kleinste Winkeldifferenzen messen kann, ging an die Sternwarte Königsberg. Mit ihm konnte Friedrich Wilhelm Bessel 1837/38 die erste Fixsternparallaxe messen und die lange vermuteten, für bisherige Vorstellungen ungeheuer großen Sternentfernungen nachweisen. Die Parallaxe des „Schnelläufers61 Cygni von 0,3″ (0,00008°) ergab 10 Lichtjahre (statt heute 11).

Quellen

  1. Anm. 160 mm Öffnung, 1790 mm Brennweite
  2. Alois Schmid, Katharina Weigand (Hrsg.): Bayern mitten in Europa: von Frühmittelalter bis ins 20. Jahrhundert. C.H.Beck, 2005, ISBN 3406528988, S. 268 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Kultur und Technik 3/1988, S. 184 PDF-Datei, S. 1.
  4. Zum 225. Geburtstag: Der "unsterbliche Fraunhofer"
  5. S. Merz: Kurzer Lebensabriss von Georg Merz. Astronomische Nachrichten, Bd. 70 (1868), S. 361.