Scoop (Roman)
Scoop ist ein 1938 erschienener Roman des britischen Schriftstellers Evelyn Waugh, in dem er den Sensationsjournalismus und das Leben von Auslandskorrespondenten karikiert. Der Roman erschien in deutscher Sprache 1953 erstmals mit dem Titel Die große Meldung und wurde 1988 mit dem Titel Der Knüller veröffentlicht. Die aktuelle deutschsprachige Auflage erscheint unter dem englischen Originalartikel. Alle Veröffentlichungen verwenden die Übersetzung von Elisabeth Schnack.
Der Roman gilt heute als ein Klassiker der englischen Literatur des 20. Jahrhunderts. 2015 wählten 82 internationale Literaturkritiker und -wissenschaftler den Roman gemeinsam mit Waughs Erstlingswerk Verfall und Untergang zu einem der bedeutendsten britischen Romane.[1]
Handlung
Lord Copper, Besitzer der Tageszeitung Daily Beast, wird durch eine kunstvolle Intrige dazu gebracht, den Romanschriftsteller John Boot nach Ishmaelia zu schicken, wo ein Krieg bevorzustehen scheint. Eine Verwechselung führt jedoch dazu, dass nicht der Romanautor, sondern William Boot, Autor einer Natur-Rubrik im Daily Beast, auf die Reise nach Ishmaelia geht.
William Boot ist Teil einer mittlerweile verarmten Familie des Landadels und lebt mit acht Familienmitgliedern und zehn mittlerweile hochbetagten Dienstboten auf dem Familiensitz Boot Magna. Wohlhabendstes Mitglied des Haushalts ist die ehemalige Kinderfrau Nannie Bloggs, die seit dreißig Jahren bettlägerig ist und ihre Ersparnisse in einem roten Flanellbeutel aufbewahrt. Seinen Posten als Verfasser der Rubrik, die mit Sätzen wie „Leichtfüßig durchs glucksende Moor schweift die pirschende Wühlmaus...“ brilliert, hatte Boots einst durch die Witwe des Pfarrers von Boot Magna vermacht bekommen. Die Rubrik ist zwar lieblos auf die letzte Seite der Zeitung verbannt und erscheint zwischen Gutenachtgeschichten für Kinder und Rezepten, bringt ihm aber mit jedem Beitrag eine Guinee ein. Vor die Wahl gestellt, entweder als Sonderkorrespondent für das Daily Beast abzureisen oder entlassen zu werden, nimmt Boot diesen Auftrag an.
Boot soll aus einem Land berichten, das von einem Konflikt zwischen Kommunisten und Faschisten geprägt ist. Schon bei der Beschaffung eines Visums in London muss er mit den Konsulaten beider Seiten Kontakt aufnehmen, was zu Schwierigkeiten führt. Auch die Reise gestaltet sich unter anderem wegen seines Übergepäcks, das völlig sinnlose Überlebenshilfen enthält, chaotisch. Er erlebt seinen Aufenthalt in Ismaelia als eine wirre Abfolge von Ereignissen. Ihm gelingt jedoch der „Scoop“ – die Berichterstattung über ein Ereignis, bevor andere Auslandskorrespondenten es aufgreifen. Nach Großbritannien zurückgekehrt, findet er sich mit Ehre überschüttet. Ein weiteres Missverständnis führt jedoch dazu, dass John Boot statt seiner in den Adelsstand erhoben wird. William Boot trägt dies mit Erleichterung. Zufrieden kehrt er nach Boot Magna zurück, um wieder seine Natur-Rubrik zu schreiben.
Entstehungsgeschichte
Waugh, der den Journalismus als Feind des Romans bezeichnete und alle Journalisten mit literarischen Ambitionen nötigte, den Beruf zu wechseln, griff für Scoop auf seine Erfahrungen als Auslandskorrespondent in Abessinien zurück. 1930 berichtete er von dort über die Krönung von Haile Selassie und im August 1935 war er als Korrespondent der Daily Mail vor Ort, um über den drohenden Angriffs- und Eroberungskrieg durch das faschistische Königreich Italien zu berichten. In seinem Vorwort schreibt Waugh über seine dortige Tätigkeit:
„Ich hatte kein großes Talent dafür, studierte aber mit großem Vergnügen die Schrullen und Ausschweifungen meiner Kollegen. Die geographische Lage Ishmaelias, nicht aber die Staatsordnung, stimmt mit der Abessiniens überein, und das Leben der Journalisten in Jacksonburg entspricht in etwa dem von Addis Abeba im Jahr 1935“[2]
Bill Deedes, ein britischer Journalist und später geadelter Politiker, gilt allgemein als die Person, nach der Evelyn Waugh seinen unglückseligen Protagonisten William Boot entwickelte. Deedes, der erst 22 Jahre alt war, als er gemeinsam mit Waugh aus Addis Abeba berichtete, wo er mit einer Vierteltonne Gepäck angekommen war, hielt später in seinen Memoiren allerdings fest, dass Waugh, wie die meisten guten Schriftsteller, seine Romanpersonen aus mehr als einer realen Person entwickelte. Deedes gestand jedoch ein, dass sein übergroßes Gepäck und seine Naivität sich in William Boot wiederfindet.[3]
Auch andere Figuren sind leicht identifizierbar, so Sir Jocelyn Hitchcock als Sir Percival Phillips, dem 1931 ebenfalls ein Scoop gelang. Lord Copper soll nach den Vorbildern von Lord Northcliffe, dem ersten Herausgeber großer Boulevardzeitungen, und Lord Beaverbrook, dem Inhaber eines Pressimperiums und Kriegspropagandisten, gestaltet sein.[4]
Adaptionen
- Scoop wurde in Großbritannien zwei Mal für das Fernsehen adaptiert. Es gab 1972 eine Fernsehserie und 1987 einen Fernsehfilm, die beide auf dem Roman basierten. In dem Fernsehfilm spielten unter anderem Michael Maloney und Denholm Elliott mit. Das Drehbuch stammte von William Boyd. Regie führte Gavin Miller.
- Der fiktive Name von Lord Coppers Zeitung war die Inspiration für den Namen von Tina Browns Online-Nachrichten The Daily Beast.[5]
- Als Radiosendung wurde Scoop 2009 von BBC Radio 4 ausgestrahlt.
Ausgaben
- Die große Meldung, dt. von Elisabeth Schnack. Die Arche, Zürich 1953
- Der Knüller, gleiche Übersetzung. Diogenes, Zürich 1988. ISBN 3-257-21176-7
- Scoop, gleiche Übersetzung. Diogenes, Zürich 2014. ISBN 978-3-257-24274-4
Literatur
- Margaret Drabble (Herausgeberin): The Oxford Companion to English Literature, Oxford University Press, Oxford 1985.
Einzelnachweise
- ↑ The Guardian:The best British novel of all times – have international critics found it?, aufgerufen am 2. Januar 2016
- ↑ Vorwort des Autors zu Scoop. Übersetzung von Elisabeth Schnack
- ↑ William Francis Deedes: At War with Waugh: The Real Story of "Scoop", Macmillan, 2003, ISBN 1-4050-0573-4, S. 102
- ↑ The 100 best novels: No 60 – Scoop by Evelyn Waugh (1938), in: theguardian.com, 10. November 2014.
- ↑ Tina Brown Launches Much-Awaited News Site. In: Financial Times . The Huffington Post. 6. Oktober 2008.