Cohors VIII Fida

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. August 2020 um 21:53 Uhr durch imported>DerMaxdorfer(1656326) (Man könnte auch über einen Artikel Praepositus limitis nachdenken, aber solange der nicht existiert, ist ein Link auf Praepositus (römische Armee) in meinen Augen sinnvoll).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Die Cohors VIII Fida (equitata) („8. teilberittene Kohorte, die Treue“) war eine römische Hilfstruppe, die während der Zeit des hohen Prinzipats und bis in die Spätantike in Kastellen der römischen Provinz Africa proconsularis, später Tripolitania, Dienst tat. Die Einheit gehörte dem Grenzschutz an und hatte später als Sicherungstruppe des Abschnittskommandos Talalati die Aufgabe, die Gebirgsgruppe des Djebel Demmer auf den Höhenzügen des Berglandes von Dahar mit seinen Militärposten und Sperrwerken zu überwachen.

Geschichte der Einheit

Standort Kastell Secedi

Einen ersten Hinweis über die Existenz der Einheit, liefern zwei Ostraca aus dem heute in Libyen gelegenen Kastell Gholaia, die in den Zeitraum von 253 bis 259 n. Chr. datiert werden. Der Ausstellungsvermerk des einen Schriftstückes lautet auf einen 24. April, der Empfang wurde an einem 27. April quittiert. Das zweite Schriftstück ist nur fragmentarisch überliefert. Im erstgenannten Dokument schickt der Kommandeur der Cohors VIII Fida, ein Decurio namens Pomponius Silvanus, einen Meldereiter nach Gholaia ab, um nach Befehlen für seine Einheit anzufragen. Der Standort der Cohors VIII Fida war zu dieser Zeit das – noch nicht lokalisierte – Kastell Secedi.[1]

Standort Kastell Talalati

Lageplan des Kastells Ras el Aïn Tlalet mit der umliegenden Bebauung

Wie Bauinschriften aus dem Jahr 263 n. Chr. beweisen, kann die Einheit nach ihrer Zeit in Secedi im neu gegründeten Kastell von Ras el Aïn Tlalet (Talalati) verortet werden.[2]

Diese Befestigung befand sich rund 600 Kilometer weiter nordwestlich des bisherigen Einsatzortes der Kohorte. Das Zeitfenster der Verlegung wird durch die Erwähnung auf den genannten Ostraca spätestens in den Jahren 258/259 n. Chr. und auf den Bauinschriften aus dem Jahr 263 n. Chr. stark eingegrenzt. Der Grund für diese Maßnahme liegt offenbar in der archäologisch nachweisbaren und in diese Zeit fallenden Aufgabe der weit nach Süden vorgeschobenen militärischen Grenzanlagen im Raum um Gholaia. Diese Aufgabe betraf wohl auch das Kastell Gheriat el-Garbia mit den dazugehörigen Außenposten. Schwere Niederlagen an anderen Grenzabschnitten des Reiches,[3] darunter der endgültige Limesfall in den germanischen Provinzen, innerrömische Auseinandersetzungen,[4] der Mangel an Soldaten und strategische Überlegungen werden Kaiser Gallienus (260–268) am Höhepunkt der Reichskrise veranlasst haben, den tripolitanischen Grenzverlauf zumindest im Raum um Gholaia zurückzuverlegen.[3]

Während der Spätantike ist durch die Notitia Dignitatum Occidentalis, die Teil eines spätrömischen Kodex ist, der seine heutige Textgestalt bis um 425[5] oder etwas später erhielt, für den militärischen Großraum Talalati ein Praepositus limitis Talalatensis[6] nachgewiesen. Der Limes Tripolitanus wurde schon vor der Mitte des 3. Jahrhunderts in einzelne Grenzkommandos aufgeteilt. Der Oberbefehl für diese nachweislich seit der Mitte des 3. Jahrhunderts aufgebauten einzelnen Grenzschutzabschnitte lag wahrscheinlich zunächst noch in der Hand örtlicher Truppenführer, den Praepositi limitis, die ihre Stabsstellen in den größeren rückwärtigen Kastellen hatten. Im ausgehenden 3. Jahrhundert beziehungsweise um 300 n. Chr. wurde der Grenzschutz zentralisiert und der Befehlsgewalt des Statthalters der neu geschaffenen Provinz Tripolitania unterstellt. Noch vor 400 n. Chr. entstand das Amt des Dux provinciae Tripolitanae, eines hohen Offiziers der weströmischen Armee, der als Oberkommandierender der tripolitanischen Grenzschutzverbände fungierte. Die einzelnen Grenzschutzabschnitte unterlagen nun dem Befehl lokaler Kommandanten. Diese behielten zwar den Titel Praepositi limitis bei, hatten jetzt aber für wesentlich kleinräumigere Grenzabschnitte Sorge zu tragen. Im Falle von Talalati war der Praepositus limitis Talalatensis für die Sicherheit am Grenzabschnitt Talalatensis verantwortlich. Die genauere geographische Abgrenzung dieses Abschnittskommandos ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.[7]

Zwei weitere Inschriftensteine dokumentieren umfassende Reparaturarbeiten an den Verteidigungseinrichtungen des Kastells fast hundert Jahre später, um 355/360 n. Chr.[8][9][10]

[…]VAGANI[…]SIO[…]S[…]DINE L[…]
[dd(ominorum) nn(ostrorum)] Constanti Pii Felicis ac triumphatoris s[emper Aug(usti)]
[et Iul]iani fortissimi ac floren[t]issimi Caes[aris]
[castell]um(?) funditus evers[u]m [par]tim ex su[o sumptu]
[partim ex …]VM[…]RESCONII [i]nlaesis N[…]
[provin]cialibus [… T(itus) A]rchon[tius Nilus …]

Übersetzung: „… unserem Herrn Konstantin, dem frommen, glücklichen und ewigen Triumphator Augustus und Julian, dem tapfersten und glänzendsten Caesar. Das völlig zerstörte Kastell wurde teils auf eigene Kosten teils aus … heil/unbeschädigt … Provinzbewohnern … Titus Archontius Nilus.“

Die folgende Inschrift war wesentlich stärker zerstört:[11][12]

[… dil]apsa ad REI[…]
[…]OS propugna[cul...]
[T(itus) Archon]tiu[s] Nilus v(ir) [p(erfectissimus) praeses et comes p(rovinciae) T(ripolitaniae)]
[prov]incialibus o[ptulit]
[ad ex]ercituum u[tilitatem] [p]rocuravi[t]

Übersetzung: „…, die zerfallen waren, … Schutzwehren … hat Titus Archontius Nilus, ein vollendeter Mann, Statthalter und Militärkommandant der Provinz Tripolitanien den Provinzbewohnern dargeboten [und] sich zum Nutzen der Armeen darum gekümmert.“[13]

(Flavius) Titus Archontius Nilus hatte von 355 bis 360 n. Chr. als praeses et comes provinciae Tripolitanae die zivile und militärische Führung der Provinz Tripolitanien inne.[14][15]

Einen letzten Hinweis zur weiteren Geschichte des Kastells als Sitz eines Grenzschutzkommandeurs gibt die bereits genannte Notitia Dignitatum Occidentalis. Die dort enthaltenen Informationen können aber bereits aus dem späten 4. Jahrhundert stammen, da sich nachweisen lässt, dass viele Angaben der erhaltenen Niederschrift zu ihrer Zeit bereits veraltet oder teilweise ungenau waren. Der Archäologe David Mattingly ordnet die Information zu Talalati dem späten 4. Jahrhundert zu.[16] Neben anderen Wissenschaftlern ging auch der Althistoriker Ralf Scharf (1959–2013) davon aus, dass der hier angesprochene Ostteil der Notitia Dignitatum ein kohärentes Dokument sei, das einen terminus post quem von 399 oder möglicherweise eher 401 n. Chr. besaß.[17][18]

Angehörige der Kohorte

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt:

  • Pomponius Silvanus, ein Decurio
  • Julius Varus, ein Reiter
  • Julius Januarius, ein Reiter oder Truppenführer

Siehe auch

Literatur

John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, (= BAR International Series 841), ISBN 978-1-84171-046-4, S. 494.

Anmerkungen

  1. OBuNjem 00095; OBuNjem 00094:

    Teil 1:
    Pomponius Sillvanus dec(urio) Iulio (Va)
    Vario eq(uiti) coh(ortis) VIII Fid(ae) salutem quere [=quaere(?)]
    ad tessera(s) in locum qui dicitur Secedi

    Teil 2:
    Varias misi tes(s)eras Secedi Iuli-
    um Ianuarium Secedi
    VIII Kal(endas) Maias

    Teil 3:
    Accepta V Kal(endas) Maias
    per Pano(!) fr(umentarium)

    Übersetzung, Teil 1: „Pomponius Silvanus, Decurio, entbietet Julius Varus, Reiter der Cohors VIII Fida, den Gruß. Frage nach Befehlen am Einsatzort, der Secedi genannt wird.“

    Zur Übersetzung „in locum“ mit Bezug auf dieses Schreiben siehe: Fritz Mitthof, Konrad Stauner: Zwei Kassen in der römischen Armee und die Rolle der „signiferi“. Ein neues Papyruszeugnis: P.Hamb. inv. 445*. In: Tyche. Beiträge zur Alten Geschichte, Papyrologie und Epigraphik 31, 2016, S. 205–226; hier: S. 222.

    Übersetzungsvarianten für Teil 2: a) „Ich habe verschiedene Befehle nach Secedi zu Julius Januarius in Secedi gesandt. 24. April.“ b) „Ich habe verschiedene Befehle nach Secedi durch Julius Januarius nach Secedi gesandt. 24. April.“

    Die Varianten folgen den Überlegungen James Noel Adams. Quelle: James Noel Adams: The Bu Njem Ostraca: a Postscript. In: Dutch Studies 2, 1995, S. 171–172; hier: S. 172.

    Nun folgt das zweite Fragment mit dem Namen des Pomponius Silvanus:

    ---] Pom(ponius S)ilvanus dec(urio)
    [---] S[---]atianu(m?) eq(uiti) n(umeri)
    [---]B[---]D concessi
    [--- lo]cu(m?) qui dicitur
    [---] absint
    [---]bun

  2. CIL 08, 22765:

    Imp(erator) Caes(ar) [[[P(ublius) Lici]nius Gallienus]] Pius Felix Invictus
    Aug(ustus) Germanicus Persicus maximus pontifex
    maximus tr(i)b(unicia) p(otestate) XII co(n)s(ul) V p(ater) p(atriae) proco(n)s(ul) castra coh(ortis)
    VIII fidae opportuno loco a solo instituit
    operantibus fortissimis militibus suis ex limi-
    te Tripolitano

    Übersetzung: „Kaiser Publius Licinius Gallienus, der fromme, glückliche und unbesiegbare Augustus, Germanenbezwinger, größter Sieger über die Perser, Oberpriester, zum zwölften Mal Inhaber der tribuzinischen Gewalt, zum fünften Mal Konsul, Vater des Vaterlandes, Prokonsul, errichtete das Kastell der Cohors VIII Fida an einer günstigen Stelle von Grund auf mit Hilfe der stärksten Schanzarbeiter unter seinen Soldaten vom Limes Tripolitanus.“

    Eine ähnliche, in acht Teile zerbrochene Inschrift wurde von Bouvet 1908 am östlichen Tor von Ras el-Aïn gefunden. Quelle: Pol Trousset: Recherches sur le limes Tripolitanus, du Chott el-Djerid à la frontière tuniso-libyenne. (Etudes d’Antiquites africaines). Éditions du Centre national de la recherche scientifique, Paris 1974, ISBN 2-222-01589-8. S. 98–102; hier: S. 101.

  3. a b Michael Mackensen: Mannschaftsunterkünfte und Organisation einer severischen Legionsvexillation im tripolitanischen Kastell Gholaia/Bu Njem (Libyen). In: Germania 86,1, 2008 (2009), S. 271–306; hier: S. 286.
  4. Hans Ulrich Nuber: Das Ende des Obergermanisch-Raetischen Limes – eine Forschungsaufgabe. In: Hans Ulrich Nuber u. a. (Hrsg.): Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends in Südwestdeutschland (= Archäologie und Geschichte 1), Sigmaringen 1990, S. 51–68.
  5. Ralf Scharf: Der Dux Mogontiacensis und die Notitia Dignitatum. Eine Studie zur spätantiken Grenzverteidigung. (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände 50), de Gruyter, Berlin, New York 2005, ISBN 3-11-018835-X, S. 1–7.
  6. Notitia dignitatum Occidentalis 25,29.
  7. Christian Witschel: Zur Situation im römischen Africa während des 3. Jahrhunderts. In: Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt, Udo Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit. Steiner, München 2006, ISBN 3-515-08941-1, S. 145–222; hier: S. 184–186.
  8. CIL 08, 22766.
  9. René Rebuffat: Au-delà des camps romains d'Afrique mineure: renseignement, contrôle, pénétration. In: Hildegard Temporini (Hrsg.): Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Bd. 10/2, de Gruyter, Berlin 1982, S. 474–512; hier: S. 481.
  10. René Rebuffat: A propos du „Limes tripolitanus“. In: Revue archéologique 1980, 1 (1980), S. 111; S. 118.
  11. CIL 08, 22768.
  12. René Rebuffat: Propugnacula. In: Latomus 43, 1984, S. 3–26, hier: S. 20.
  13. Zu Zeile 1: R. Rebuffat vermutet, dass man den nicht übersetzten Teil zu „ad rei[ntegr...]“ ergänzen kann, das hieße dann wohl so etwas wie „zur Wiedererneuerung“ oder „bis zur Wiedererneuerung“. Zu Zeile 2: Hier schlägt Rebuffat vor, die ersten zwei Buchstaben zu „muros“ zu ergänzen. Übersetzt würde die zweite Zeile dann „Mauern und Schutzwehren“ oder „Mauern und/samt Zinnen“ bedeuten.
  14. Gareth Sears: Late Roman African Urbanism. Continuity and transformation in the city. (= BAR International Series 1693), Archaeopress, Oxford 2007, S. 72.
  15. Maurice Euzennat: Quatre années de recherches sur la frontière romaine en Tunisie méridionale. In: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, 116-1 (1972), S. 7–27; hier: S. 20.
  16. David Mattingly: Tripolitania. Batsford, London 2005, ISBN 0-203-48101-1, S. 132.
  17. Ralf Scharf: Der Dux Mogontiacensis und die Notitia Dignitatum. Eine Studie zur spätantiken Grenzverteidigung. (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände 50), de Gruyter, Berlin, New York 2005, ISBN 3-11-018835-X, S. 3
  18. Notitia Dignitatum Occidentalis, 25.31, 31.18