Entscheidung Nr. 2009/406/EG (Lastenteilungsentscheidung)

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Entscheidung Nr. 2009/406/EG

Titel: Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Lastenteilungsentscheidung
Geltungsbereich: EWR
Rechtsmaterie: Umweltrecht
Grundlage: EGV, insbesondere Artikel 175 Absatz 1
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
Inkrafttreten: 25. Juni 2009
Fundstelle: ABl. L 140 vom 5. Juni 2009, S. 136–148
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung ist in Kraft getreten, ist aber noch nicht anwendbar.
Bitte den Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union beachten!

Die Entscheidung Nr. 2009/406/EG (Lastenteilungsentscheidung, englisch effort sharing decision)[1] ist ein Beschluss der Europäischen Union, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen in Wirtschaftszweigen, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen, gegenüber 2005 um insgesamt 10 % bis 2020 zu vermindern. Diese Branchen sollen so einen Beitrag zur Einhaltung der Klimaschutzziele der EU leisten. Die Emissionsminderungen nach dem Lastenteilungsverfahren sind damit – neben dem Emissionshandel – ein zweiter wichtiger Pfeiler der EU-Klimaschutzpolitik.

In Rahmen ihres Klima- und Energiepakets 2020 beschloss die Europäische Union im Jahr 2009 unter anderem, ihre Treibhausgasemissionen um 20 % gegenüber dem Stand 1990 zu senken (entspricht −14 % gegenüber 2005). Wichtigstes Instrument hierzu sollte der EU-Emissionshandel (EU-ETS) sein. Der Emissionshandel erfasste aber nur einige der Wirtschaftszweige und etwa die Hälfte der Emissionen. Zu den nicht teilnehmenden Branchen gehören zum Beispiel Verkehr, Immobilienwirtschaft, Dienstleistungen oder die Landwirtschaft. Ökonomische Untersuchungen[2] deuteten darauf hin, dass eine Minderung der Treibhausgasemissionen in diesen Branchen außerhalb des EU-ETS relativ günstiger sein würde als weitere Minderungen in den am ETS beteiligten Branchen.[3] Daher erlegten sich die Mitgliedstaaten der EU Minderungsverpflichtungen für Nicht-ETS-Sektoren auf.

Der Beschluss des Europäischen Parlamentes und des Rates wurde im Mitentscheidungsverfahren[4] am 23. April 2009 gefasst und trat am 25. Juni 2009 in Kraft. Er ergänzt die Burden-Sharing Entscheidung des Rates vom 25. April 2002 (2002/358/EG). Diese hatte die Lastenverteilung der damals 15 EU-Mitgliedstaaten (EU-15) untereinander für den Zeitraum 2008–2012 geregelt. Die Lastenteilungsentscheidung von 2009 betrifft die damals den Regelungen des Kyoto-Protokolls unterliegenden Treibhausgase: Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFCs) und Schwefelhexafluorid (SF6).[5]

Obergrenzen für Treibhausgasemissionen
2020 gegenüber 2005[6]
Land Obergrenze
Belgien −15 %
Bulgarien 20 %
Tschechische Republik 9 %
Dänemark −20 %
Deutschland −14 %
Estland −11 %
Irland −20 %
Griechenland −4 %
Spanien −10 %
Frankreich −14 %
Italien −13 %
Zypern −5 %
Lettland 17 %
Litauen 15 %
Luxemburg −20 %
Ungarn 10 %
Malta 5 %
Niederlande −16 %
Österreich −16 %
Polen 14 %
Portugal 1 %
Rumänien 19 %
Slowenien 4 %
Slowakei 13 %
Finnland −16 %
Schweden −17 %
Vereinigtes Königreich −16 %

Bei der Aufteilung der Emissionsminderungen und der damit verbundenen Kosten auf Sektoren des EU-ETS einerseits und auf solche des Lastenteilungsverfahrens andererseits sowie, innerhalb des Lastenteilungsverfahrens, auf die einzelnen Länder, spielten sowohl Erwägungen der Kosteneffektivität als auch der Fairness eine Rolle. Minimale aggregierte Kosten, d. h. die Emissionen in jedem Land genau so weit zu reduzieren, wie es nicht andernorts zu geringeren Kosten möglich gewesen wäre (Prinzip EU-weit gleicher Grenzvermeidungskosten), hätte ärmeren Staaten – relativ zu ihrem Bruttoinlandsprodukt – verhältnismäßig hohe Lasten auferlegt. Daher wurden zum Einen bei der Lastenteilung das Pro-Kopf-Einkommen berücksichtigt, zum Anderen wurden im Rahmen des Klima- und Energiepakets 2020 die Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten des EU-ETS neu verteilt und differenzierte Ziele für erneuerbare Energien beschlossen.[3]

Die Lastenteilung sieht zudem zur Kostenminderung an einigen Stellen Flexibilität vor:

  • Staaten können, wenn sie ihre Ziele übererfüllen, Mengen an andere Staaten übertragen.
  • Sie können eine begrenzte Menge internationaler Emissionsgutschriften aus dem Clean Development Mechanism einsetzen.
  • Wie die Staaten ihre Minderungsziele erreichen, bleibt ihnen überlassen. Als mögliche Maßnahmenbereiche nennt die Kommission: Minderung des Kraftstoffverbrauchs im Verkehr, das Unterstützen von Gebäuderenovierung, Ausbau erneuerbarer Energien zum Heizen und Kühlen oder klimafreundlichere Landwirtschaftspraktiken.

Die Kommission beschloss am 26. März 2013 die Höhe der sogenannten jährlichen Emissionszuweisungen (

annual emission allocations

, AEAs). Das sind die – in etwa linear sinkenden – Emissionsmengen, die die einzelnen Mitgliedstaaten zwischen 2013 und 2020 in dem jeweiligen Jahr ausstoßen dürfen.[7]

Deutschland muss seine Emissionen in den Nicht-EU-ETS-Sektoren zwischen 2005 und 2020 um 14 % mindern, für das Jahr 2013 beträgt der zulässige Ausstoß 487,1 Mio. t CO2, für 2020 sind es 437,6 Mio. t CO2. Für Österreich sind die korrespondierenden Werte: eine Minderung um 16 %, maximal 54,0 Mio. t CO2 im Jahr 2013 und 49,6 Mio. t im Jahr 2020. Einige Länder mit besonders niedrigem Pro-Kopf-Einkommen, zum Beispiel Bulgarien oder Rumänien, dürfen ihre Emissionen bis 2020 noch steigern.

Im Jahr 2013 lagen die vom Lastenteilungsverfahren erfassten Gesamtemissionen 9,7 % unter dem Niveau des Jahres 2005. Neben Klimaschutzmaßnahmen und technischer Innovation trug auch die Weltwirtschaftskrise ab 2007 dazu bei. Die EU-Kommission rechnet damit, dass die Mitgliedstaaten die Ziele bis 2020 erreichen werden.[8][9]

Für den Zeitraum nach 2020 legte der EU-Rat im Oktober 2014 im Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 einen Entwurf für ein neues Lastenteilungsverfahren vor, das u. a. ein Emissionsminderungsziel von 30 % gegenüber 2005 vorsieht.[3][10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vollständige Bezeichnung: Entscheidung Nr. 406/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020
  2. J. Delbeke, G. Klaassen, T. van Ierland, P. Zapfel: The Role of Environmental Economics in Recent Policy Making at the European Commission. In: Review of Environmental Economics and Policy. Januar 2010, doi:10.1093/reep/rep020 (englisch).
  3. a b c Peter Vis, Jos Delbeke: EU Climate Policy Explained. Hrsg.: Europäische Kommission. Brüssel 2015, ISBN 92-79-48261-0, S. 17–20, 79–82 (englisch, europa.eu [PDF; 2,2 MB]).
  4. nach Art. 251 EG-Vertrag
  5. Effort Sharing Decision. Europäische Kommission, abgerufen am 9. November 2017.
  6. Beschluss 406/2009/EG, Anhang 1
  7. 2013/162/EU: Beschluss der Kommission vom 26. März 2013 zur Festlegung der jährlichen Emissionszuweisungen an die Mitgliedstaaten für den Zeitraum 2013 bis 2020 gemäß der Entscheidung Nr. 406/2009/EG
  8. Implementation of the Effort Sharing Decision. Europäische Kommission, abgerufen am 9. November 2017 (englisch).
  9. Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Bewertung der Durchführung der Entscheidung Nr. 406/2009/EG gemäß deren Artikel 14
  10. Proposal for an Effort Sharing Regulation 2021–2030. Europäische Kommission, abgerufen am 9. November 2017 (englisch).
    Originaltext: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021–2030