Siebenhitze

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Siebenhitze ist der Name verschiedener Ortsteile, Wüstungen, Straßen und Flurstücke in Mitteldeutschland.

Namenserklärung

In westslawischen Sprachen wie dem Slowakischen oder Tschechischen hat Šibenice die Bedeutung „Galgen“ und findet sich dort häufiger zur Bezeichnung von Lokalitäten.[1] In den südslawischen Sprachen nutzt man heute andere Wörter für Galgen, dennoch finden sich dort Ortsnamen wie Šibenica nahe Jajce in Bosnien-Herzegowina, Šibenik in Slowenien oder die Dörfer Šibenik und Sibenik sowie die Stadt Šibenik in Kroatien, die im Jahr 1066 als castrum Sebenici ersterwähnt wird.[2][3] In den Kontakträumen der deutschen Sprache mit den verschiedenen slawischen Sprachen wurde das Wort häufiger zur leichteren Aussprache angepasst. So nannte man die kroatische Stadt Šibenik auf deutsch „Sibenning“ oder das slowenische Dorf Šibenik bei Šentjur „Siebeneck“. Daher vermutet man auch in „Siebenhitze“ in der Kontaktzone zur (westslawischen) sorbischen Sprache, in der Galgen heute šibjeńca heißt, einen ursprünglich slawischen Namen, der später an die deutsche Sprache angepasst wurde.

Urkundliche Belege zu slawischen Benennungen der Siebenhitze-Orte sind für Mitteldeutschland bisher allerdings nicht bekannt. In Sachsen dürften u. a. die Ortsnamen Sebnitz und Seebenisch vom selben Wort abstammen.[4] Im Fall von Sebnitz favorisiert man die Erklärung des dortigen Flussnamens Sebenica als „Finkenwaldbach“.[5] Im thüringischen Greiz vermutete man aufgrund der lokalen Gegebenheiten der Siebenhitze eine gemeinsame Wurzel mit dem englischen Wort seavy und sah daher im Namen eine „Pinsenheide“, da Röhricht und Binsen dort gewachsen sein sollen.[6] Andere Deutungsversuche aus dem Deutschen verweisen auf die Zahl Sieben als Steigerung, also auf eine besonders heiße Stelle[7], oder vermuten „einen historischen Begriff aus der Verarbeitung von Bodenschätzen“.[8] Im sächsischen Vogtland ist der ähnliche Ortsname „Siebenhitz“ mehrfach vertreten, aber in keinem Fall vor dem 17. Jahrhundert nachweisbar. Deshalb wird er dort ausschließlich deutsch gedeutet und die exponierte Lage mit verstärkter Sonneneinstrahlung bzw. verschiedene Gewerbe mit Hitzeentwicklung als Erklärungsansatz gewählt.[9] Da der Name in Sachsen-Anhalt stets nur einen kleinen Teil eines Ortes bzw. Flurstücke bezeichnet, ist seine Urkundengeschichte dort nur im Fall von Eisleben nachverfolgt worden.[10]

Verteilung

Berücksichtigt werden hier nur die heute „Siebenhitze“ genannten Orte, Straßen und Flurstücke, obwohl anzunehmen ist, dass auch die Ort mit dem Namen „Siebenhitz“ zur gleichen Gruppe gehören. Wolfram Voigt vermutet, basierend auf Beobachtungen von Frank Reinhold, einen Zusammenhang des Namens mit historischen Erz- bzw. Kupferlagerstätten.[8] Zudem sind mutmaßlich noch mehr Lokalitäten dieses Namens nachweisbar, da das Thema bisher v. a. für Thüringen und das Mansfelder Land bearbeitet wurde.

Sachsen-Anhalt

Landkreis Mansfeld-Südharz

Saalekreis

  • Siebenhitze in Leimbach, Straßenname westlich der Kirche[12]

Thüringen

Landkreis Greiz

  • Siebenhitze in Greiz, Straßenname westlich vom Schloss[8]

Kyffhäuserkreis

Wartburgkreis

Literatur

  • Julius Boehmer: Eisleber Straßennamen und Verwandtes in geschichtlichen, sprachlichen und volklichen Zusammenhängen. Eine Nachlese. In: Mein Mansfelder Land, 11. Jahrgang, 1936, Nr. 27, Seite 212–216.
  • Adolf Brinkmann / Hermann Größler: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Gebirgskreises (=Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen; 18. Heft), Halle (Saale) 1893.
  • Erich Neuß: Wüstungskunde der Mansfelder Kreise (Seekreis und Gebirgskreis), Zweites Heft, Seite 345–348. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1971, DNB 720075033
  • Wolfram Voigt: Kuriose und ungewöhnliche Flurnamen (2): Die Siebenhitze. In: Flurnamen-Report. Mitteilungen zum Projekt „Flurnamen und Regionalgeschichte“, hrsg. v. Heimatbund Thüringen, 2014, Heft 4, Seite 3–4.

Einzelnachweise

  1. So gibt es in Tschechien zahlreiche Berge namens Šibeník, zudem den Šibeničník oder der Teich Šibeník (Mikulov), sowie in der Slowakei mehrfach die Bergnamen Šibenica und Šibenik. Ins Deutsche übersetzt lauten diese Namen „Galgenberg“ bzw. „Galgenteich“. Im Polnischen weicht das Wort deutlicher von Siebenhitze ab und lautet Szubienica und ebenfalls Teil von Orts- und Flurnamen, etwa der Szubieniczna Góra.
  2. Vgl. Rudi Klingenberg: Geschichte zu Sibenik – Seit ihrer Gründung eine sehr begehrte Stadt. In: sibenik24.de. Abgerufen am 12. Mai 2021.
  3. Vgl. Boehmer, Seite 216, der zudem auf ein Beispiel in Schleswig-Holstein verweist: den „Bach Schiebenitz im Herzogtum Lauenburg, der zur Ville geht und seinen Namen von einem dortigen Galgen trägt. Der Name hat sogar das ursprüngliche sch bewahrt.“
  4. Vgl. Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource (Version vom 4. Februar 2017)
  5. Vgl. Chronik der Stadt Sebnitz. Große Kreisstadt Sebnitz, abgerufen am 13. Mai 2021.
  6. Vgl. Fr. Resch, Ueber die Bedeutung des Orts-Namens Grün. In: Achtzehnter und neunzehnter Jahresbericht des Voigtländischen Alterthumsforschenden Vereins. Jahr 1843 und 1844, Gera, Seite 44–80. Dort Seite 68. Google Books Online-Ausgabe
  7. Vgl. Frank Reinhold: Richt- und Gerichtsstätten in Flurnamen – Eine sprachwissenschaftliche Auswertung. In: Wan ich das Schwert thue aufheben. Beiträge zu Richtstätten und Strafvollzug in Thüringen vom Mittelalter bis zur Neuzeit, hrsg. v. Stadtverwaltung Erfurt, Erfurt 2010, Seite 30–38. Dort Seite 31.
  8. a b c d e f Vgl. Voigt, Seite 3.
  9. Vgl. Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen, Band 2 (M–Z), Berlin 2001, Seite 418–419. Dort steht zwar „vor dem 18. Jahrhundert“, genannt werden aber auch Urkundenformen von 1652 und 1653. Zur slawischen Deutung heißt es: „Keinesfalls aus aso. *Šibenica ‘Galgenort’“.
  10. Vgl. Neuß, Seite 345–346.
  11. a b Vgl. Größler/Brinkmann, Seite XXV. – Neuß, Seite 346.
  12. a b c d Vgl. Voigt, Seite 4.
  13. Vgl. Größler/Brinkmann, Seite XXV. – Neuß, Seite 345–346.
  14. Vgl. Neuß, Seite 347. Er verweist auf diese ohne Belege.
  15. Vgl. Größler/Brinkmann, Seite XXV. – Neuß, Seite 347.
  16. Vgl. Michael Lörzer: Flurname: Siebenhitze. In: Collections@UrMEL. Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena, abgerufen am 13. Mai 2021.
  17. Vgl. Größler/Brinkmann, Seite XXV. – Neuß, Seite 347–348.
  18. Vgl. zudem Beschluss Nr. 47-04/10. In: Stadt-Anzeiger. Amtsblatt der Stadt Allstedt mit den Ortsteilen, 6. Jahrgang, 2010, Heft 6, Seite 4, 6: Im Jahr 2010 Teile in Luckenweg umbenannt.
  19. Vgl. zudem Beschluss Nr. 47-04/10. In: Stadt-Anzeiger. Amtsblatt der Stadt Allstedt mit den Ortsteilen, 6. Jahrgang, 2010, Heft 6, Seite 7: Im Jahr 2010 in Sotterhausen umbenannt.