Omar Abdel Hamid El-Hussein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Juni 2021 um 15:25 Uhr durch imported>Aka(568) (→‎Leben: Tippfehler entfernt).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Omar Abdel Hamid El-Hussein

Omar Abdel Hamid El-Hussein (* 11. September 1992 in Vordingborg, Seeland, Dänemark; † 15. Februar 2015 in Kopenhagen) war ein dänischer islamistischer Terrorist palästinensischer Herkunft (palæstinensiskdansker), der die Anschläge in Kopenhagen 2015 verübte.

Leben

Omar Abdel Hamid El-Hussein (Spitzname: „Kleiner Hussein vom Platz“)[1][2] wurde am 11. September 1992 als ältester Sohn einer Einwandererfamilie aus Palästina geboren, die aus einem jordanischen Flüchtlingslager nach Dänemark gekommen war. Mit seinem jüngeren Bruder wuchs er in der überwiegend von Migranten bewohnten Wohnanlage Mjølnerparken[3][4] im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro auf.[5][6]

Schule / Ausbildung

Nachdem die Ehe der Eltern geschieden wurde, lebte El-Hussein bei seiner Mutter. Von 2003 bis 2004 besuchte er die Rådmandsgades Skole (Grundschule) in Nørrebro.[7] Es gab Verhaltensauffälligkeiten, so dass die Mutter zu einem Beratungsgespräch mit El-Husseins Lehrern in die Schule eingeladen wurde. Da die Mutter ebenfalls Schwierigkeiten mit der Erziehung El-Husseins hatte, beschloss sie, ihn zu ihrer Familie, die in Jordanien lebte, zu schicken.

Schulleiterin und Lehrer versuchten, die Mutter von diesem Vorhaben abzubringen, da sie es für nicht sinnvoll hielten, einen 12-jährigen Jungen in ein fremdes Land zu schicken, dessen Sprache er kaum beziehungsweise nicht verstand. Sie hielten es für die Entwicklung des Jungen besser, ihn in seiner gewohnten Umgebung zu belassen. Doch die Mutter ließ sich nicht umstimmen. El-Hussein wurde im Jahre 2006 nach Jordanien geschickt und verbrachte dort die nächsten drei Jahre.[8]

Nach eigenen Angaben (vor Gericht) ging er in Jordanien auch zur Schule, bevor er 2009 wieder nach Dänemark zurückkehrte.[9] Er ging jedoch nicht wieder zur Schule zurück und machte infolgedessen auch keinen Schulabschluss.[10][11]

Abrutschen in die Kriminalität

Der Terroranschlag El-Husseins am 14./15. Februar 2015 hatte einen langen „Vorlauf“.[12] El-Hussein rutschte früh in die Kriminalität ab. Ende 2009 wurde er – zusammen mit einem vier Jahre älteren türkischen Komplizen – das erste Mal wegen mehrerer Einbruchsdiebstähle gefasst und kam in Untersuchungshaft. Bei mehreren Einbrüchen in Hellerup, Østerbro und Nørrebro entwendeten die beiden Computer, Fernseher, Handys, Digitalkameras, Schmuck, Uhren, Erspartes.

Im Februar 2010 wurde El-Hussein aus der U-Haft entlassen. Während er auf die Gerichtsverhandlung beziehungsweise auf das Urteil wartete, setzte er seine Diebeszüge mit zwei weiteren Einbrüchen im Mai und Oktober 2010 in Fredriksberg fort. Ende 2010 wurde er wegen dieser beiden Einbrüche erneut von der Polizei verhaftet. Im März 2011 wurden er und sein Komplize wegen insgesamt zwölf Einbrüchen und einer ganzen Reihe von Einbruchsversuchen in der Zeit von Dezember 2009 bis Dezember 2010 von einem Kopenhagener Gericht zu jeweils einem Jahr Gefängnis verurteilt.[13] Das Gericht bewertete es als erschwerend, dass El-Hussein in der Zeit, während der er auf seine Verhandlung beziehungsweise auf ein Urteil wartete, erneut Einbrüche begangen hatte. Bereits am 2. Juli 2011 wurde El-Hussein jedoch wieder aus dem Gefängnis entlassen. Die Haftdauer war verringert worden, weil er noch nicht vorbestraft war.[14]

Zwei Jahre später – 2013 – stand er wieder vor Gericht. Wegen Einbruchdiebstahls, Autodiebstahls und gefährlicher Körperverletzung verurteilte ein Gericht in Frederiksberg ihn zu eineinhalb Jahren Gefängnis. Neben den diversen Diebstählen hatte er im Juni 2011 im Eingang eines Fitness-Centers eine Person mit Fäusten traktiert.

Am 16. August 2013 verurteilte ihn ein Kopenhagener Gericht wegen wiederholter Verstöße gegen das Waffengesetz (Besitz beziehungsweise Mitführen von Klappmessern, Dolchen u. a.) zu 21 Tagen Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung für ein Jahr. Doch bereits drei Monate später – am 22. November 2013 – stach er ohne erkennbaren Grund in der U-Bahn mit einem Messer mehrmals auf einen 19-Jährigen ein und verletzte ihn schwer. Nach zweimonatiger Flucht wurde er schließlich von der Polizei gefasst und im Dezember 2014 von einem Gericht in Frederiksberg wegen grober Körperverletzung zu lediglich zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Die ursprüngliche Anklage wegen versuchten Totschlags war auf grobe Körperverletzung reduziert worden, nachdem El-Hussein sich erfolgreich auf Cannabis-Genuss und schwere Angstzustände berufen hatte. Wegen seiner langen U-Haft und in Erwartung einer Berufungsverhandlung wurde er bereits am 30. Januar 2015 wieder aus der Haft entlassen und auf freien Fuß gesetzt.[15][16][17]

Voksenundervisningscenter / VUC

Trotz Kriminalität und zeitweiser Einbindung ins Banden-Milieu versuchte El-Hussein 2012 noch einmal sein Leben in normale Bahnen zu lenken. Er begann am Voksenundervisningscenter / VUC (Zentrum für Erwachsenenbildung)[18][19][20] im Kopenhagener Vorort Hvidovre eine Ausbildung, die ihn zur Hochschulreife führen sollte.

„Er war ein sehr fleißiger und begabter Schüler, der sich fachlich gut geschlagen hat“, sagte der Rektor Peter Zinkernagel dem dänischen Fernsehen. Die ganze Schule sei schockiert darüber, dass er die beiden Terroranschläge am Wochenende begangen habe.[21][22][23] Mitschüler beschrieben ihn einerseits als aggressiv aufbrausend und als Einzelgänger, auf der anderen Seite aber auch als klug, umgänglich und jemand, der auch Freunde hatte. Er habe sich meist an seine muslimischen Mitschüler gehalten.[24][25] Ein Mitschüler sagte der Zeitung „Politiken“, El-Hussein habe immer sehr klar zu erkennen gegeben, dass er Juden hasse. „Er hatte keine Angst, laut auszusprechen, dass er Juden hasste“, sagte ein früherer Klassenkamerad dem „Ekstrabladet“. Den Konflikt zwischen Israel und Palästina habe er immer wieder leidenschaftlich mit Mitschülern diskutiert. Dabei habe er von einer Minute auf die andere völlig aus der Haut fahren können.[26] Aus dem Abschluss im Zentrum für Erwachsenenbildung wurde aber nichts, als er im November 2013 in einer Kopenhagener S-Bahn einen Jugendlichen mit mehreren Messerstichen schwer verletzte. In Folge wurde er von der Schule verwiesen, womit sich zugleich sein Plan eines Universitäts-Studiums zerschlagen hatte.[27]

Extremistische Äußerungen während seiner Haft

Während seiner Haft fiel El-Hussein dem Gefängnispersonal durch zahlreiche extremistische Äußerungen auf. So sprach er offen über seinen Wunsch für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien zu kämpfen. Aus diesem Grund setzte die Gefängnisbehörde seinen Namen auf eine Liste mit radikalisierten Häftlingen. Eine entsprechende Meldung erfolgte an den dänischen Inlandsnachrichten- und Sicherheitsdienst – PET (Politiets Efterretningstjeneste).[28][29]

Der Anschlag

Bei den Anschlägen auf Teilnehmer einer Diskussionsveranstaltung in einem Kulturcafé zum Thema „Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit“ mit dem schwedischen Mohammed-Karikaturisten Lars Vilks und auf die Große Synagoge im Zentrum von Kopenhagen tötete er zwischen dem 14. und 15. Februar 2015 zwei Menschen und verletzte fünf weitere schwer. Bei den Mordopfern handelte es sich um den dänischen Regisseur Finn Nørgaard und Dan Uzan, einen Wachmann der Synagoge. El-Hussein wurde am 15. Februar 2015 in Kopenhagen von dänischen Sicherheitskräften gestellt und bei einem Schusswechsel getötet.

Namenloses Grab

Die Leiche Omar Abdel Hamid El-Husseins wurde nach dem Freitagsgebet auf dem muslimischen Friedhof von Brøndby am Rande von Kopenhagen bestattet. Nach Angaben der Polizei nahmen fast 500 Menschen an der Zeremonie teil. Das Grab wurde nicht mit seinem Namen gekennzeichnet.[30]

Einzelnachweise

  1. Eine Anspielung auf seine Körpergröße (1,88 m) und Blågårds Plads, einem Platz im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro, der häufig von kriminellen Jugendlichen mit Migrationshintergrund frequentiert wurde. ABC News 17. Februar 2015: Bio of Copenhagen Gunman Omar Abdel Hamid El-Hussein
  2. Information 18. Februar 2015: Omar begyndte som indbrudstyv (Omar begann als Einbrecher) + Bild
  3. Rheinische Post 24. Februar 2015: Der Attentäter aus dem dänischen Kreuzberg
  4. faz.net 23. Februar 2015: Anschlag in Kopenhagen. Im Schatten des Terrors
  5. Der Spiegel 16. Februar 2015: Attentat von Kopenhagen: Der Hass des Omar El-Hussein
  6. faz.net 16. Februar 2015: Attentäter El-Hussein. Der Facebook-Dschihadist
  7. Avisen 18. Februar 2015: Omars skoleleder: Vi prøvede at tale moren til fornuft
  8. Nyherderne TV 2 20. Februar 2015: Skoleleder: Forbyd genopdragelse i hjemlandet
  9. Nach El-Husseins eigenen Angaben vor Gericht kam er im August 2010 nach Dänemark zurück. Tatsache aber ist, dass er sich (spätestens) bereits im Dezember 2009 wieder in Dänemark aufhielt, da er im Verlauf der Gerichtsverhandlung zugab im Dezember 2009 mehrere Einbrüche begangen zu haben s. Nyherderne TV 2 17. Februar 2015: Overblik: Se mistænkt attentatmands lange synderegister
  10. Nyheder 17. Februar 2015: Skoleleder: Vi forsøgte at tale Omar og hans mor til fornuft
  11. Nyherderne TV 2 17. Februar 2015: Overblik: Se mistænkt attentatmands lange synderegister
  12. Information 18. Februar 2015: Omar begyndte som indbrudstyv
  13. Nyherderne TV 2 17. Februar 2015: Overblik: Se mistænkt attentatmands lange synderegister
  14. Nyherderne TV 2 17. Februar 2015: Overblik: Se mistænkt attentatmands lange synderegister
  15. taz 16. Februar 2015: „Bei ihm war die Lunte kurz“
  16. faz.net 16. Februar 2015: Anschläge in Kopenhagen Mutmaßlicher Schütze wütend auf Israel
  17. Der Spiegel 17. Februar 2015: Paris, Toulouse, Kopenhagen: Was die Attentäter verbindet
  18. Danish Ministry of Education: The General Adult Education Programme
  19. Adult vocational training in Denmark
  20. Overview of the Danish Education System (Memento des Originals vom 2. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/eng.uvm.dk
  21. Die Welt 16. Februar 2015: „Vor dem Gefängnis war er ein richtig cooler Kerl“
  22. Die Welt 16. Februar 2015: „Er war ein sehr fleißiger und begabter Schüler“
  23. faz.net 16. Februar 2015: Attentäter El-Hussein. Der Facebook-Dschihadist
  24. faz.net 16. Februar 2015: Attentäter El-Hussein. Der Facebook-Dschihadist
  25. The Guardian 16. Februar 2015: Copenhagen shooting suspect Omar el-Hussein – a past full of contradictions
  26. faz.net 16. Februar 2015: Attentäter El-Hussein. Der Facebook-Dschihadist
  27. faz.net 16. Februar 2015: Attentäter El-Hussein. Der Facebook-Dschihadist
  28. Der Spiegel 16. Februar 2015: Attentat von Kopenhagen: Der Hass des Omar El-Hussein
  29. faz.net 16. Februar 2015: Anschläge in Kopenhagen Mutmaßlicher Schütze wütend auf Israel
  30. Die Presse 20. Februar 2015: Namenloses Grab für Attentäter