Deformationstheorie ist ein Gebiet der Mathematik, das infinitesimale Eigenschaften von Lösungen von Gleichungen untersucht. Die gegebenen Gleichungen beschreiben hierbei im weitesten Sinne geometrische Objekte, die unter vorgegebenen Bedingungen verformt werden. Anwendungen der Deformationstheorie finden sich sowohl in der algebraischen Geometrie und Darstellungstheorie, sowie in der Störungstheorie und in der Stringtheorie.
Deformationen von komplexen Mannigfaltigkeiten
Deformationen und flache Morphismen
Flache Familien
Eine flache Familie ist ein flacher Morphismus über einem gegebenen Basisschema , welches lediglich als Parameterraum dient. In einer Umgebung eines festen Parameters möchten wir verstehen wie sich die Faser unter kleinen Veränderungen des Parameters vehält.
Beispielsweise könnte ein Modulraum von Varietäten sein und für jeden abgeschlossenen Punkt ist isomorph zur von klassifizierten Varietät.
Deformationen erster Ordnung
Sei ein Körper, ein -Schema und ein abgeschlossenes -Unterschema. Eine Deformation erster Ordnung von in ist ein abgeschlossenes Unterschema
das flach über ist und nach Reduktion zu mit übereinstimmt.
Ist affin, so gehört zu einem Ideal von mit . Die Verdickung ist dann ebenfalls affin und wird von
dargestellt. Deformationen korrespondieren genau zu Idealen von , für die gilt:
- ist flach über .
- Das Bild von in ist .[1]
Lichtenbaum-Schlessinger-Funktoren
Zur Anwendung in der Deformationstheorie führten 1967 Stephen Lichtenbaum und Michael Schlessinger drei Funktoren ein, die eng mit dem Kotangentialkomplex zusammenhängen. Sie stimmen mit den ersten drei Gruppen der André-Quillen-Kohomologie überein.
Für eine -Algebra steht die Menge der Deformationen von über in Bijektion zu Elementen von .[2]
Eine affine Varietät über einem algebraisch abgeschlossenen Körper ist genau dann nichtsingulär, wenn für alle -Moduln gilt.[3] Insbesondere hat in diesem Fall nur triviale Deformationen erster Ordnung.[4]
Kohomologische Interpretation
Funktorielle Beschreibung
Sei die Kategorie der lokalen artinschen Algebren über einem Körper . Ein Prädeformationsfunktor ist ein Funktor
sodass genau einen Punkt enthält.
Einfaches Beispiel
Das eine Element in sei die durch die Gleichung definierte affine Varietät in der affinen Ebene . Für eine lokale artinsche -Algebra sei die Menge der affinen Varietäten in , die nach Reduktion zu mit übereinstimmen.
Über dem Ring der dualen Zahlen sind beispielsweise und zwei verschiedene Deformationen von .
Pro-Darstellbarkeit
Glattheit
Tangentialraum
Schlessingers Kriterium
F hat eine Hülle gdw H1-H3 gelten. F ist pro-darstellbar gdw H1-H4 gelten.
Anwendungen
Dimension des Modulraums
Die Dimension des Modulsraums von Kurven von Geschlecht kann elementar mittels Deformationstheorie hergeleitet werden.
Es gilt
für eine beliebige glatte Kurve von Geschlecht , da der Deformationsraum mit dem Tangentialraum des Modulraums übereinstimmt.
Nach Serre-Dualität gilt
Nach dem Satz von Riemann-Roch ist
Für Kurven von Geschlecht gilt , denn
ist
und es gilt für Geradenbündel von negativem Grad. Folglich beträgt die Dimension von tatsächlich .
Galois-Deformationen
Ist eine Galois-Gruppe oder allgemeiner eine proendliche Gruppe und
eine stetige Darstellung von über dem endlichen Körper , so kann man sich fragen, ob und wenn ja welche, stetigen Darstellungen
existieren, sodass gilt.
Diese Frage kann auf verschiedene Weisen als Deformationsproblem beschrieben werden.
Beispielsweise können wir für jeden lokalen artinschen Ring mit Restklassenkörper die Menge als die Menge der stetigen Darstellungen
definieren, die modulo gleich sind. Der zugehörige Deformationsring wird auch der gerahmte Deformationsring von genannt.
Einzelnachweise
- ↑ Hartshorne, Lectures on Deformation theory: §2
- ↑ Hartshorne, Lectures on Deformation theory: Cor. 5.2
- ↑ Hartshorne, Lectures on deformation theory: Thm. 5.3
- ↑ Hartshorne, Lectures on deformation theory: Cor. 5.4
Literatur