Opting-out (Schweizer Börsengesetz)

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Im Schweizer Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) besteht die Möglichkeit, dass eine börsenkotierte Gesellschaft in ihren Statuten eine sogenannte Opting-out-Klausel aufnimmt (Art. 125 Abs. 3 und 4 FinfraG).[1] Diese Klausel bewirkt, dass ein Übernehmer entgegen Art. 135 FinfraG kein öffentliches Kaufangebot an alle Besitzer von Beteiligungspapieren machen muss (so genanntes Pflichtangebot), obschon er den Schwellenwert von 33 1/3 % der Stimmrechte überschreitet. Dadurch ist es möglich, dass die Kontrolle an einer börsenkotierten Gesellschaft an den Käufer eines dominierenden Anteils von Beteiligungspapieren übergeht, ohne dass die übrigen Besitzer von Beteiligungspapieren miteinbezogen werden müssen. Dieses Selbstbestimmungsrecht von Schweizer Firmen stellt international ein Unikum dar.[2]

Bei Bestehen einer Opting-out-Klausel kann somit bei einer Firmenübernahme den bisherigen Hauptaktionären (Ankeraktionären) eine Kontrollprämie bezahlt werden. Ein Fallbeispiel ist die Übernahmeofferte der Firma Saint-Gobain für das Schweizer Unternehmen Sika AG.[3] In diesem Fall hätte der Übernehmer durch Kauf von nur 16,1 % des Aktienkapitals eine Stimmenmehrheit von 52,4 % übernehmen können. Vom hohen Übernahmepreis hätten nur die Familien-Ankeraktionäre profitiert, während die Mehrheit der übrigen Aktionäre kein gleichwertiges Angebot erhalten hätten.[4] Inzwischen wurde dieser Übernahmestreit durch einen Kompromiss beigelegt.[5]

Laut Berichterstattung in Zusammenhang mit der geplanten Übernahme von Sika AG hatten Ende 2014 noch 44 börsenkotierte Schweizer Unternehmen eine derartige Opting-out-Klausel in ihren Statuten.[6] Die Ethos-Stiftung fordert von den betroffenen Unternehmen, dass sie die Opting-out-Klauseln aus ihren Statuten entfernen.[7] Nachdem im Schweizer Parlament verschiedene Vorstösse gemacht wurden, um die entsprechende Gesetzgebung zu ändern, liess der Bundesrat verlauten, dass die Regelung bezüglich Stimmrechtsaktien und Opting-out-Klausel beibehalten werden soll.[8]

Als Rechtfertigung für die Opting-out-Klausel bei familiengeführten Unternehmen wird auf Langfristvergleichsstudien verwiesen, welche zeigen, dass familiengeführte Unternehmen in der Regel profitabler und am Markt besser bewertet sind als Unternehmen im Streubesitz. Daraus wird abgeleitet, dass Kleinaktionäre deshalb Stimmrechtsaktien mit mehr Stimmrechten pro Kapitaleinsatz als die übrigen Aktien oder Partizipationsscheine wie auch Opting-out-Klauseln akzeptieren.[9]

Kleinanlegern wird jedoch in einer Publikation für Schweizer Anleger empfohlen, keine Aktien von Unternehmen zu kaufen, welche sowohl eine Opting-out-Klausel wie auch bevorzugte Stimmrechtsaktien aufweisen.[10]

Einzelnachweise

  1. Schweizer Börsengesetz (BEHG, SR 954.1)
  2. Sergio Aiolfi: Opting-out ist zum Unwort geworden. In Neue Zürcher Zeitung, 17. Januar 2015, S. 31
  3. Simon Schmid: Aktionäre im Klassenkampf. In: Tages-Anzeiger, 13. Dezember 2014, S. 49
  4. Sika will an Investorenpräsentation informieren, Finanz & Wirtschaft, 17. Dezember 2014
  5. Ernst Meier: Ich bin stolz, dass wir dem Druck standhielten. Tagesanzeiger, 12. Mai 2018, abgerufen am 2. Februar 2020
  6. Tabelle börsenkotierter Schweizer Unternehmen mit Opting-out- oder Opting-up-Klauseln (Memento des Originals vom 18. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ethosfund.ch
  7. Ethos verlangt die Streichung der Opting-out-Klauseln. 12. Dezember 2014 (Memento des Originals vom 29. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ethosfund.ch
  8. Hansueli Schöchli: «Lex Sika» hat wenig Chancen. Neue Zürcher Zeitung, 28. August 2015, S. 28 [1]
  9. Sergio Aiolfi: Unternehmen brauchen keine modische Zwangsjacke. In Neue Zürcher Zeitung, 20. Dezember 2014, S. 23
  10. Roberto Stefano: Die Familienbande. In: Millionär - Das Anlegermagazin der Handelszeitung. 02/2015, S. 52–57