Maïmouna Doucouré

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Maïmouna Doucouré (geboren 1985 in Paris) ist eine französische Regisseurin und Drehbuchautorin. Sie wurde vor allem durch ihren Kurzfilm Maman(s) aus dem Jahr 2017, der auf mehreren renommierten Filmfestivals ausgezeichnet wurde, sowie ihr Spielfilmdebüt Mignonnes aus dem Jahr 2020 bekannt.

Leben

Maïmouna Doucouré wurde als Kind einer Kauffrau und eines Mitarbeiters der städtischen Müllabfuhr geboren, die beide ursprünglich aus dem Senegal stammen. Sie lebte zunächst alleine mit ihrer Mutter, da ihr Vater erst einige Jahre nach ihrer Geburt sein Heimatland verließ und zu seiner Familie nach Frankreich zog. Doucouré wuchs im 19. Arrondissement von Paris auf. Nachdem sie ihr Baccalauréat erhalten hatte, studierte sie an der Universität Pierre und Marie Curie in ihrer Heimatstadt Biologie. Das Studium schloss sie mit der Licence ab.[1]

Karriere

Anfänge und Durchbruch mit Maman(s)

Ihren ersten Kurzfilm mit dem Titel Cache-cache veröffentlichte Doucouré im Jahr 2013. In diesem geht es um eine Gruppe Kinder, die in einer Wohnsiedlung lebt und die beschuldigt werden, das Haustier einer älteren Nachbarin entwendet zu haben. Der Film entstand im Rahmen eines Wettbewerbs, der von der Union sociale pour l'habitat veranstaltet wurde, einer Organisation, die sich für vermehrten sozialen Wohnungsbau in Frankreich einsetzt. Mit ihrem Debüt erreichte Doucouré beim Wettbewerb den dritten Platz und erhielt den Preis der Jury beim Kurzfilm-Festival Génération Court in Aubervilliers.[2][3]

2015 produzierte Doucouré einen zweiten Kurzfilm mit dem Titel Maman(s). Er handelt von der achtjährigen Aïda, die mit ihrer Mutter Mariam in einem Vorort von Paris wohnt. Beide erwarten sehnsüchtig die Rückkehr des Vaters Alioune aus dem Senegal, als dieser völlig überraschend mit einer zweiten Ehefrau namens Rama ankommt. Da sowohl sie selbst als auch ihre Mutter mit der neuen Situation nur schwer klarkommen, beschließt Aïda, die Nebenbuhlerin loszuwerden. Der Film ist von Kindheitserinnerungen der Regisseurin inspiriert, die ebenfalls in jungen Jahren mit familiärer Polygamie des Vaters konfrontiert wurde, den sie wie im Kurzfilm auch erst einige Jahre nach ihrer Geburt kennen lernte, da er erst zu diesem Zeitpunkt seiner Familie nach Frankreich nachfolgte.[1] Die Produktion war Teil der Kurzfilm-Initiative Talents en courts, welche vom Centre national du cinéma et de l’image animée und dem Schauspieler Jamel Debbouze ins Leben gerufen wurde.[4]

Für Maman(s), der auf über 200 Filmfestivals aufgeführt wurde, erhielt Doucouré mehrere nationale und internationale Auszeichnungen. Sie gewann unter anderem den Best International Short Film Award beim Toronto International Film Festival 2015,[5] denselben Preis des Sundance Film Festival 2016[6] sowie den Hauptpreis beim Filmfestival CinéBanlieue in Saint-Denis, der ihr von der damaligen Kultusministerin Fleur Pellerin überreicht wurde.[7] Ferner teilte sie sich 2017 mit Alice Diops Werk Vers la tendresse den Preis für den besten Kurzfilm bei der César-Verleihung 2017.[8]

Mignonnes

Ebenfalls 2017 erhielt Doucouré erneut auf dem Sundance Film Festival den Global Filmmaking Award für das Drehbuch ihres Spielfilm-Debüts Mignonnes (außerhalb Frankreichs mit dem Titel „Cuties“).[9] Er behandelt die Geschichte der 11-jährigen Amy, die zwischen ihrer konservativen traditionellen Familie und einer Tanzgruppe gleichaltriger, hypersexualisierter Mädchen, der sie sich anschließt, hin- und hergerissen ist.[10] Der Film basiert sowohl auf Doucourés eigener Erfahrung als allmählich erwachsen werdendes Kind senegalesischer Einwanderer mit niedrigem sozialen Status[11] als auch auf ihren Eindrücken als erwachsene Zuschauerin einer Talentshow. Der Kontrast zwischen den jungen Tänzerinnen der höchst sexualisierten Choreographie und dem traditionellen Erscheinungsbild der im Publikum sitzenden Erwachsenen sei für sie faszinierend gewesen.[12] Nach dieser Erfahrung hätte sie 18 Monate lang recherchiert, indem sie Hunderte junger Mädchen über ihre Erfahrungen mit sexualisierten Bildern und nicht-jugendfreiem Material in sozialen Netzwerken befragte. Das Geschilderte hätte sie zutiefst schockiert und sie dazu bewegt, den Film zu produzieren, um so ihre Stimme gegen das allgegenwärtige gesellschaftliche Problem der Sexualisierung junger Mädchen zu erheben. Viele Erlebnisse der Betroffenen hätte sie aus Mangel an „künstlerischem Mut“ milder als tatsächlich dargestellt.[13]

Mignonnes wurde auf dem Sundance Film Festival 2020 uraufgeführt und lief auch bei der Berlinale in der Sektion Generation Kplus.[14] Neben dem Preis für die beste Regie eines internationalen Dramas in Sundance[15] erhielt Mignonnes insgesamt positive Kritiken, wobei vor allem die Leistung der Laien-Hauptdarstellerin Fathia Youssouf Abdillahi und die Kritik Doucourés an der Sexualisierung junger Mädchen gelobt wurden.[16][17][18] Dafür äußerten sich einige Kritiker negativ über Schwächen der Handlungs-Struktur, auch übertreibe es Doucouré zuweilen mit der Darstellung der Hypersexualisierung.[19][20][21]

Im August 2020 sahen sich Mignonnes und Doucouré einem internationalen Shitstorm ausgesetzt. Der Streaminganbieter Netflix, bei dem die weltweiten Ausstrahlungsrechte liegen, veröffentlichte ein eigenes Filmplakat samt Trailer zum Film, in denen die Darstellerinnen in sexuell provokanten Posen gezeigt wurden. Dies stand im Kontrast zum französischen Originalposter und -trailer, in denen die Mädchen im neutralen Kontext zu sehen waren. Nach mehreren Petitionen, die forderten, den Film von der Plattform zu nehmen,[22] sowie Review Bombing, also massenhafter schlechter Bewertungen für die Produktion auf verschiedenen Filmkritik-Webseiten,[23] entschuldigte sich Netflix öffentlich und ersetzte das Poster durch ein Porträt der Hauptfiguren. Auch die Beschreibung zum Film wurde verändert, da das ursprüngliche Werbematerial Mignonnes nicht akkurat repräsentiert habe.[24]

Doucouré wurde auf sozialen Netzwerken wegen der Kontroverse massiv angefeindet. Zahlreiche Nutzer warfen ihr Sexualisierung Minderjähriger und Pädophilie vor, weswegen sie Twitter schließlich verließ.[9] Doucouré wurde von mehreren Personen öffentlich verteidigt, unter anderem der Schauspielerin Tessa Thompson und mehreren Filmkritikerinnen, die Netflix scharf kritisierten, da das Marketing den Film vollkommen verfälscht dargestellt und auch die Intention der Regisseurin, die sexuelle Darstellung junger Mädchen zu kritisieren, ins völlige Gegenteil umgekehrt habe.[25][26][27]

In einem Interview mit Deadline.com im September 2020 schilderte Doucouré, dass sie auf sozialen Netzwerken Morddrohungen sowie Direktnachrichten erhielt, in denen sie beleidigt und angegriffen wurde. Sie sei ob dieser Reaktionen sehr verwirrt gewesen, weil ihre ganze Aufmerksamkeit im August nur Mignonnes gegolten hätte. Da der französische Kinostart aufgrund der COVID-19-Pandemie insgesamt vier Mal verschoben werden musste, habe sie sich voll und ganz auf das Marketing in ihrem Heimatland konzentriert und daher nichts von der Kontroverse um das Filmplakat in den Vereinigten Staaten mitbekommen, zudem sei ihr das Poster vor Veröffentlichung nicht bekannt gewesen. Neben den negativen Nachrichten erhielt sie laut eigener Aussage auch Unterstützung von zahlreichen Personen, unter anderem der französischen Regierung, die den Film zur Aufklärung in Schulen nutzen wolle und die Filmemacherin eingeladen habe, Teil einer Arbeitsgruppe gegen die gesellschaftliche Hypersexualisierung von Kindern zu werden.[28]

Laut Doucouré repräsentiere das US-amerikanische Poster ganz offensichtlich weder den Film selbst noch seine Botschaft über die Hypersexualisierung von Kindern, die ihr selbst vorgeworfen wurde, obwohl sie natürlich gegen diese sei, da Kindern die Möglichkeit gegeben werden sollte, ihre Kindheit zu genießen, während Erwachsene deren Unschuld so lange wie möglich beschützen sollten. Deswegen könne Doucouré die Aufregung derer verstehen, die nur das Netflix-Marketing der Produktion kennen, sie hoffe aber dennoch, dass sich diese Personen den Film ansehen, weil sie auf derselben Seite im Kampf gegen Hypersexualisierung von Kindern stehe.[13]

Trotz des umstrittenen Filmplakats lobte die Regisseurin den Streaming-Anbieter für seine öffentliche Entschuldigung, zudem hätte Ted Sarandos, der Co-CEO von Netflix, sie per Telefonat persönlich um Verzeihung gebeten. Streaming-Dienste seien zudem eine großartige Möglichkeit, ihre Geschichten bekannter und ihre Botschaften mit mehr Personen zu teilen. Aus diesem Grund verfasse sie zur Zeit ein Drehbuch für ein weiteres Streaming-Projekt, Doucouré ließ aber offen, ob es sich dabei ebenfalls um eine Netflix-Produktion handelt. Zudem arbeite sie an einem Film, der im Kino veröffentlicht werden soll und sowohl in Nordamerika als auch in Afrika spielt.[29]

Filmografie

  • 2009: Coeur de femmes (Kurzfilm, Darstellerin)
  • 2011: Le Jour où tout a basculé (Fernsehserie, Darstellerin Folge 1x12)
  • 2013: Cache-cache (Kurzfilm)
  • 2015: Maman(s) (Kurzfilm)
  • 2020: Mignonnes

Auszeichnungen und Nominierungen (Auswahl)

AFI Fest 2015[30]

  • Nominierung für den Großen Preis der Jury in der Kategorie Real-Kurzfilm, für Maman(s)

Molodist 2015

  • Nominierung in der Kategorie Bester Kurzfilm, für Maman(s)

Toronto International Film Festival 2015[5]

  • Auszeichnung für den besten internationalen Kurzfilm (zusammen mit Sokhna Diallo), für Maman(s)

Sundance Film Festival 2016[6]

  • Auszeichnung für den besten internationalen Kurzfilm, für Maman(s)
  • Nominierung für den Großen Preis der Jury in der Kategorie Kurzfilm, für Maman(s)

César 2017[8]

  • Auszeichnung für den besten Kurzfilm (zusammen mit Zangro), für Maman(s)

Internationale Filmfestspiele Berlin 2020[31]

  • Nominierung für den Gläsernen Bären der Sektion Kplus, für Mignonnes
  • Nominierung für den großen Preis der Internationalen Jury von Generation Kplus in der Kategorie Bester Film, für Mignonnes

Sundance Film Festival 2020[15]

  • Auszeichnung für die beste Regie eines internationalen Dramas, für Mignonnes
  • Nominierung für den Großen Preis der Jury in der Kategorie Internationales Drama, für Mignonnes

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Claire Diao: Les mamans de Maïmouna Doucouré. In: Bondy Blog. 28. Januar 2015, abgerufen am 27. August 2020 (französisch).
  2. Arnaud Laporte: Maïmouna Doucouré : "Pour moi Dieu était sur le toit de la cité". In: France Culture. 24. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (französisch).
  3. Melanie Goodfellow: Director Maïmouna Doucouré reveals the “shocking” inspiration behind Sundance drama ‘Cuties’. In: Screen International. 24. Januar 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  4. Emmanuel Tellier: Regardez “Maman(s)”, le film multiprimé de Maïmouna Doucouré, révélée par Talents en courts. In: Télérama. 12. April 2016, abgerufen am 27. August 2020 (französisch).
  5. a b Norman Wilner: TIFF 2015: And The Winners Are … In: Now. 20. September 2015, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  6. a b Martin Dale: Netflix Buys World Rights to Maimouna Doucouré’s Sundance-Player ‘Cuties’. In: Variety. 14. Januar 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  7. Maman(s) de Maïmouna Doucouré - Grand Prix Cinébanlieue 2015. In: Ciné Banlieue. Abgerufen am 27. August 2020 (französisch).
  8. a b Jordan Mintzer, Rhonda Richford: Cesar Awards: 'Elle' Takes Top Prizes of Best Film, Best Actress. In: The Hollywood Reporter. 24. Februar 2017, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  9. a b Bethany Minelle: Cuties: Netflix pulls 'inappropriate' image promoting schoolgirl dance film. In: Sky News. 21. April 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  10. David Rooney: 'Cuties' ('Mignonnes'): Film Review | Sundance 2020. In: The Hollywood Reporter. 23. Januar 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  11. Maïmouna Doucouré: “‘Mignonnes’ is a universal film”. In: Archyde. 16. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  12. Alex Marshall: Netflix, Accused of Sexualizing Girls, Pulls Artwork for ‘Cuties’. In: The New York Times. 21. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  13. a b Suyin Haynes: ‘This Film Is Sounding an Alarm.’ What Cuties Director Maïmouna Doucouré Wants Critics to Know About Her New Film. In: Time. 4. September 2020, abgerufen am 9. September 2020 (englisch).
  14. Generation Take It to the Limit. In: Internationale Filmfestspiele Berlin 2020. 17. Dezember 2019, abgerufen am 27. August 2020.
  15. a b Sheena Scott: Netflix Apologizes For Inappropriate Marketing Of French Film ‘Cuties’. In: Forbes. 20. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  16. Clarisse Fabre: « Mignonnes » : une jeune adolescente en quête d’identité. In: Le Monde. 19. August 2020, abgerufen am 27. August 2020 (französisch).
  17. Teresa Vena: Review: Cuties. In: Cineuropa. 2. März 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  18. Carlos Aguilar: ‘Cuties’ Film Review: Provocative Coming-of-Age Tale Makes for an Explosive Debut. In: The Wrap. 23. Januar 2020, abgerufen am 11. September 2020 (englisch).
  19. Amy Nicholson: ‘Cuties’: Film Review. In: Variety. 23. Januar 2020, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  20. Kate Erbland: ‘Cuties’ Review: Netflix Coming-of-Age Tale Goes for the Supernatural When Real Life Is Enough. In: IndieWire. 23. Januar 2020, abgerufen am 11. September 2020 (englisch).
  21. David Rooney: 'Cuties' ('Mignonnes'): Film Review | Sundance 2020. In: The Hollywood Reporter. 23. Januar 2020, abgerufen am 11. September 2020 (englisch).
  22. Netflix fait polémique avec la promotion américaine du film « Mignonnes ». In: Le Point. 21. August 2020, abgerufen am 22. August 2020 (französisch).
  23. Axel Weidemann: Sexualisierung von minderjährigen Mädchen? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21. August 2020, abgerufen am 22. August 2020.
  24. Netflix s’excuse et supprime une affiche problématique pour « Mignonnes ». In: 20 Minuten. 21. August 2020, abgerufen am 22. August 2020 (französisch).
  25. Zack Sharf: Tessa Thompson and More Defend ‘Cuties,’ Criticize Netflix’s Marketing for Creating Outrage. In: IndieWire. 21. August 2020, abgerufen am 26. August 2020 (englisch).
  26. Joanna Williams: In defence of Netflix’s ‘Cuties’. In: The Spectator. 21. August 2020, abgerufen am 26. August 2020 (englisch).
  27. Caz Armstrong: “Cuties” and Netflix’s Betrayal of Maïmouna Doucouré. In: In Their Own League. 21. August 2020, abgerufen am 26. August 2020 (englisch).
  28. Cuties director 'received death threats' over Netflix film poster. In: BBC News. 4. September 2020, abgerufen am 9. September 2020 (englisch).
  29. Tom Grater: ‘Cuties’ Director Says She Received Death Threats After Netflix Poster Backlash; Ted Sarandos Called Her To Apologize. In: Deadline.com. 3. September 2020, abgerufen am 9. September 2020 (englisch).
  30. Denise Petski: AFI Fest 2015 Unveils Full Lineup Of Films. In: Deadline.com. 21. Oktober 2015, abgerufen am 27. August 2020 (englisch).
  31. 29.02.2020 Gläserne Bären und die Preise des Deutschen Kinderhilfswerkes bei Generation Kplus. In: Internationale Filmfestspiele Berlin 2020. 29. Februar 2020, abgerufen am 27. August 2020.