Edikt von Saint-Germain-en-Laye (1562)

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Im Edikt von Saint-Germain-en-Laye (auch Januaredikt oder Toleranzedikt von Saint-Germain; französisch L’édit de janvier oder édit de tolérance de Saint-Germain) sicherte am 17. Januar 1562 die französische Regentin Katharina von Medici dem hugenottischen Adel eingeschränkte Glaubensfreiheit im katholisch orientierten Königreich zu.

Front page of the Edict of Saint Germain, with flowing french writing on it.
Erste Seite des Edikts von Saint Germain

Einführung

Katharina von Medici

Es war Katharinas erste Entscheidung als Regentin nach dem Tod ihres Sohnes, des Königs Franz II. Neuer König wurde ihr nächster Sohn, der noch minderjährige Karl IX. Sie handelte in seinem Namen. In der Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten versuchte sie einen mittleren Kurs zu steuern, der die königliche Macht stärken sollte. Ohne die Privilegien der katholischen Kirche anzutasten, gestattete der maßgeblich vom Kanzler von Frankreich, chancelier de France Michel de l’Hôpital konzipierte Erlass den Protestanten Glaubensfreiheit und die private Anbetung Gottes.

Edikt

Das in Saint-Germain-en-Laye erlassene Edikt markierte nach langjähriger Unterdrückung während der Regierungszeit Heinrichs II. sowie nach den Fehlschlägen des Kolloquiums von Poissy und der Konferenzen von Saint-Germain einen eindeutigen Richtungsschwenk in der königlichen Politik gegenüber den Reformierten.[1] In ihm ließ Katharina von Medici Toleranz walten, jedoch nicht uneingeschränkt und auch nur vorübergehend. In einem am 16. Februar geschriebenen Brief bedauerte sie

„... die Härte und Verbissenheit all derer, die es vorzogen, ihre Position mit Waffengewalt zu verteidigen, anstatt zu diskutieren und zu beraten, um sich so der Wahrheitsfindung und dem Verstand unterzuordnen“

.[2] Tatsächlich wartete die Regentin jedoch auf eine Entscheidung des Konzils von Trient.

Der auch als 1. Religionsedikt bezeichnete königliche Erlass erlaubte es den Protestanten, in Vorstädten oder draußen auf dem Land, ihrem von der katholischen Gesinnung abweichenden Glauben nachzugehen. Im Gegenzug wurde von ihnen erwartet, dass sie die inzwischen von ihnen besetzten Gotteshäuser wieder zurückgaben. Zugelassen wurden erstmals Synodentreffen sowie die Schaffung von Kirchenleitungen (Konsistorien). Die Pastoren wurden anerkannt, sie mussten jedoch den Zivilbehörden Treue schwören.[3]

Tags darauf nahm das Konzil von Trient seine Arbeit erneut auf, wobei es den Anschein hatte, dass gegenüber den Protestanten jetzt eine härtere Gangart gewählt worden war. Überdies weigerte sich das katholisch dominierte Parlement de Paris, das Januaredikt zu registrieren. Nach wochenlangen Debatten und mehreren lettres de jussion wurde der Text schließlich am 6. März 1562 angenommen – 5 Tage nach dem von Franz von Guise befehligten Blutbad von Wassy in der Champagne. Rund 200 Protestanten lauschten in einer Scheune innerhalb der Stadt – was ein Verstoß gegen das Edikt war – einer Predigt. Dem Massaker fielen 60 Menschen zum Opfer und mehr als 100 wurden teils schwer verletzt.

Auswirkungen

Das Blutbad von Vassy

Von den Protestanten wurde das Edikt von Saint-Germain-en-Laye als ein Modellfall angesehen. Bei späteren Verhandlungen mit der Monarchie sollten sie es als Referenz für weitere Edikte ins Feld führen.

In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle weigerten sich die Protestanten jedoch – vor allem im Süden Frankreichs – die von ihnen beschlagnahmten Gotteshäuser wieder zurückzugeben, lieber zerstörten sie stattdessen Kirchen und Kapellen. Sie begingen außerdem pädagogischen Vandalismus, indem sie Bilder und Kreuze absichtlich zerstörten, nur um darauf verweisen zu können, dass Gott gegenüber derartigen, von Katholiken als Gotteslästerungen bezeichneten Handlungen, stumm bleibt.[4]

Die rivalisierenden Guisen betrachteten das Edikt als Fehlentscheidung, interpretierten es als Sieg der Gegenpartei und waren zu einer toleranten Haltung nicht bereit. Es kam schon am 1. März 1562 zum Blutbad von Wassy und in der Folge postwendend zum ersten der Hugenottenkriege, die insgesamt über 30 Jahre andauern sollten.

Literatur

  • Ernst Walder: Religionsvergleiche des 16. Jahrhunderts. Band 2: Das Januaredikt von 1562. Das Edikt von Nantes 1598. 2. neubearbeitete Auflage. Peter Lang, Bern 1961, (Quellen zur neueren Geschichte 8, ISSN 0171-7162).
  • August Lebrecht Herrmann: Frankreichs Religions- und Bürgerkriege im 16. Jahrhundert. Voß, 1828
  • Robert J. Knecht: Renaissance France 1483–1610. Blackwell Classic Histories of Europe, John Wiley & Sons, 2001, ISBN 0-6312-2729-6
  • Robert J. Knecht: The French Wars of Religion, 1559–1598. Seminar Studies in History, Longman, 2010, ISBN 1-4082-2819-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Noël Valois: Les essais de conciliation religieuse au début du règne de Charles IX. In: Revue d’histoire de l’Église de France. Tome 31. N°119. 1945, S. 237–276.
  2. H. de La Ferrière: Lettres de Catherine de Médicis, t. I. S. 276.
  3. Jean Delumeau: Renaissance et discordes religieuses. Hrsg.: Georges Duby, L’histoire de France. Larousse, Paris 2007, S. 474.
  4. Michel Péronnet: Le XVIe siècle. Hachette, Paris 1981, S. 287.