Zentrales Arbeitslager Potulice

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Das Zentrale Arbeitslager Potulice (polnisch: Centralny Obóz Pracy w Potulicach, COP Potulice) war in den Jahren 1945–1950 ein Internierungs- und Arbeitslager in der polnischen Stadt Potulice.

Vorgeschichte

Übersichtsplan des vorherigen Lagers Lebrechtsdorf–Potulitz; die Infrastruktur wurde weitergenutzt.

Im 1939 annektierten und eingedeutschten Potulitz wurde am 1. Februar 1941 ein Lager für die von den Deutschen im Rahmen der „Umsiedlung“ vertriebenen Polen errichtet. Ab 1942 gehörte es organisatorisch zum KZ Stutthof.[1] Zunächst wurden die Kellerräume und Nebengebäude des Palastes Potulice (Villa Potulice) als Lager genutzt. Im Herbst 1942 wurden dann 30 Baracken errichtet. Ab 1942 wurde es auch zum Zwangsarbeitslager (auch Lager Lebrechtsdorf–Potulitz),[2] ab 1943 Lager für Kinder von sowjetischen und polnischen Partisanen.[3] Zeitgleich waren zwischen 1.000 und 6.800 Menschen im Lager interniert, insgesamt waren es 25.000 Menschen. Etwa 1.300 der Internierten starben im Lager.

Geschichte des Zentralen Arbeitslagers Potulice

1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde die bestehende Infrastruktur für die Errichtung des Zentralen Arbeitslagers Potulice genutzt, in dem etwa 36.000 Deutsche, aber auch antikommunistisch eingestellte polnische Zivilisten und einige Kriegsgefangene untergebracht waren.[4] Die Internierung erfolgte im Kontext der Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950. Die Gruppe der Volksdeutschen und Mitglieder der Deutschen Volksliste stellten die mit Abstand größte Gefangenengruppe. Unter den Internierten waren anfänglich 1.285 Kinder, im April 1948 waren es 1.100 Kinder unter 12 Jahren. Weitere Internierte entstammten der Polnischen Heimatarmee oder waren Kriegsgefangene aus Tschechien, Ungarn oder Rumänien. Die Internierten arbeiteten sowohl in Werkstätten innerhalb des Lagers, überwiegend jedoch in der Landwirtschaft, wo sie 1.174,6 ha bewirtschafteten. Bis Juni 1945 gehörte zum Lager das ehemalige Außenarbeitslager Bromberg-Brahnau des KZ Stutthof im heutigen Stadtteil Łęgnowo; hier internierte die Rote Armee bis Juni 1945 etwa 1.500 Deutsche. Am 24. September 1946 wurden 234 in einem Arbeitslager im Toruńer Stadtteil Rudak (bestand seit Mai 1945) internierte oder diesem zugewiesene Deutsche nach Potulice verlegt, weil das Lager in Toruń aufgelöst wurde.[5] Alle kleineren Lager in den nordöstlichen Woiwodschaften Polens waren dem COP Potulice untergeordnet.

Mindestens 2.915 Menschen starben nachweislich im Lager, zum Teil durch Infektionskrankheiten wie Typhus, Dysenterie oder Tuberkulose oder Mangelernährung; andere Quellen nennen etwa 3.500 Tote.[6] Die Leichen der Deutschen wurden in eine Grube bei der Stadt geworfen und zugeschüttet. Später entstand an dieser Stelle eine Mülldeponie.[7] Kommandiert wurde das COP zunächst von der Milicja Obywatelska, später direkt vom Ministerium für Öffentliche Sicherheit.[8] 1950 wurde das COP Potulice als Lager für Deutsche aufgelöst.[6]

Spätere Nutzung als Gefängnis

Um 1950/1951 wurde das Arbeitslager zunächst in ein Gefängnis für politische Gefangene umgewandelt. In den Jahren ab 1961 wurde das Gefängnis neu- und umgebaut und entwickelte sich zu einem regulären Gefängnis für Straftäter. 1974 wurde eine Mauer um das Areal errichtet. Heute bietet das Staatsgefängnis Platz für 1.446 Strafgefangene.

Gedenkstätte

Denkmal für die Opfer beider Lager

Zur Zeit der Volksrepublik Polen war die Erinnerung an das polnische Arbeitslager tabuisiert, dementsprechend konnte erst nach 1998 ein Denkmal für die Opfer der Zeit von 1945 bis 1950 erstellt werden. Eine Gedenkstätte für das vorhergehende Lager zur Zeit des Nationalsozialismus war bereits 1969 errichtet worden. Das Denkmal wurde von George Buczkowski geschaffen. Heute erinnert es an die Opfer beider Lager.

Literatur

  • Helga Hirsch: Rache ist eine Krankheit. Im Lager Potulice litten zuerst Polen, nach 1945 Deutsche. Am 5. September wird zum erstenmal der deutschen Opfer gedacht. Das ist das Verdienst eines Deutschen – und eines Polen. In: Die Zeit, 37, vom 3. September 1998.
  • Helga Hirsch: Die Rache der Opfer. Deutsche in polnischen Lagern 1944–1950. Rowohlt Berlin, Berlin 1998, ISBN 3-87134-308-0.
  • Martha Kent: Eine Porzellan-Scherbe im Graben. Eine deutsche Flüchtlingskindheit. Scherz, Bern 2003, ISBN 3-502-18390-2.
  • Bernhard A. Pauli: Flucht aus Potulice. Erinnerungen des Kriegsgefangenen Nummer "5797". Books on Demand: Norderstedt 2021, ISBN 978-3-7534-7921-7.
  • Wilhelm Piennisch: Gott erleben hinter Stacheldraht: Erinnerungen an Potulice 1945–1949. Stephanus: Uhldingen 1996, ISBN 978-3-922816-68-3.
  • Mariusz Skoczek (Magisterarbeit), zum Lager Potulice nach 1945 (polnisch).
  • Witold Stankowski, Gustav Bekker (Hrsg.): Wspólna czy podzielona pamieć? Obóz Potulitz/Lebrechtsdorf/Potulice w latach II wojny światowej i jego powojenne losy 1941–1945 – 1945–1949. Praca zbiorowa. = Gemeinsame oder geteilte Erinnerung? Das Lager Potulitz/Lebrechtsdorf/Potulice im Zweiten Weltkrieg und danach 1941–1945 – 1945–1949. Bydgoski Dom Wydawniczy Margrafsen, Bydgoszcz 2007, ISBN 978-83-609-7632-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karin Orth: Das System Der Nationalsozialistischen Konzentrationslager: Eine Politische Organisationsgeschichte, Hamburger Edition, 1999, ISBN 9783930908523, S. 153
  2. Fotografie budowy obozu niemieckiej Centrali Przesiedleńczej w Potulicach w latach 1941–1944 – Katalog Skarbów – Skarby Dziedzictwa Narodowego – Polska.pl (Memento vom 31. Mai 2009 im Internet Archive)
  3. Hans Mausbach, Barbara Mausbach-Bromberger: Feinde des Lebens: NS-Verbrechen an Kindern, Röderberg, 1979, S. 204
  4. Przewodnik po Miejscu Pamięci Potulice (Memento vom 12. November 2013 im Internet Archive) (PDF-Datei; 1,44 MB)
  5. Landsmannschaft Westpreußen: Westpreussen-Jahrbuch, Band 46, Westpreußen, 1996, S. 146
  6. a b Helga Hirsch: Rache ist eine Krankheit: Im Lager Potulice litten zuerst Polen, nach 1945 Deutsche., Zeit Online vom 3. September 1998
  7. filmpolski.pl: CASUS „POTULICE“
  8. Przewodnik po Miejscu Pamięci Potulice (Memento vom 12. November 2013 im Internet Archive) (PDF-Datei; 1,44 MB)