Herdenschutzhund
Der Herdenschutzhund ist ein großer und kräftiger Hund, der für den Schutz und die Verteidigung der ihm anvertrauten Herde gegen Mensch und Tier gezüchtet wird.[1]
Beschreibung
Zum Zusammenhalten der Herde, dem Hüten, verwenden Hirten kleine und wendige Hunde, die als Hütehunde bezeichnet werden. Diese Hunde können aber keine großen Raubtiere wie Wölfe vertreiben und sind daher selbst gefährdet. Diese Aufgabe übernehmen die Herdenschutzhunde, wobei einige Rassen von Herdenhunden sich nicht immer eindeutig den Hüte- oder Herdenschutzhunden zuordnen lassen, weil sie die Herde hüten und schützen, wie der Deutsche Schäferhund. Die Aufteilung der Aufgaben ist besonders in gebirgigen Gegenden mit einem begrenzten Nahrungsangebot für Raubtiere zu beobachten, die dort auch bewachte Ziegen und Schafe angreifen. Bei der Fédération Cynologique Internationale (FCI) sind die Herdenschutzhunderassen deshalb überwiegend unter der Sektion der Berghunde zu finden.
Herdenschutzhunde werden innerhalb einer Nutzviehherde geboren und wachsen dort auf. Die permanente Nähe zu Nutztieren und Artgenossen ist die Grundvoraussetzung für ihren späteren Einsatz als Herdenschutzhund. Viele Herdenschutzhunde verbringen viel Zeit allein mit der Herde. Sie sind von den Hirten weitgehend unabhängig und auch unbeobachtet. Das setzt einen selbstbewussten Hund voraus, der zu eigenständiger Arbeit fähig ist.[2][3]
Besonders deutlich zeigt sich das Schutzverhalten der Herdenschutzhunde in der Dämmerung sowie in der Nacht, da dies die bevorzugten Zeiten der Beutegreifer sind. Das Schutzverhalten und die ausgeprägten, scharfen Sinne, die den Hund jederzeit registrieren lassen, was in seiner näheren und weiteren Umgebung geschieht, sind weitgehend genetisch fixiert.
Schutz- und Territorialverhalten
Ein starkes Schutz- und Territorialverhalten gehören zu den herausragenden Eigenschaften des Herdenschutzhundes. Grundsätzlich wird alles Fremde innerhalb seines Territoriums zurückhaltend und misstrauisch betrachtet und bei dem geringsten Anflug einer Gefahr für die Herde verjagt, wobei die Strategie dieser Hunde eher in der defensiven Abwehr liegt. Das Territorium des als Familienhund gehaltenen Herdenschutzhundes umfasst für gewöhnlich nicht nur das mit dem Gartenzaun abgesteckte eigene Grundstück, sondern auch das weitere sichtbare Umfeld sowie häufig besuchte Plätze und Spazierwege.
Auf den externen Betrachter wirken „friedliche“ Herdenschutzhunde eher verschlafen oder inaktiv. Das liegt zumeist daran, dass der Herdenschutzhund anders als z. B. Hütehunde die meiste Zeit dösend in seinem Revier liegt. Dennoch kann der vermeintlich dösende Hund sich in Sekundenschnelle zu einem imposanten, reaktionsschnell abwehrenden Schutzhund verwandeln. Der sparsame und sinnvolle Einsatz seiner Kräfte ist maßgebend für den effektiven Schutz seiner anvertrauten Herde.
Weder heute noch damals war es im Interesse eines Hirten, dass sein Herdenschutzhund jedem vermeintlichen Feind hinterherjagt und seine Energie nicht sinnvoll einteilt. Vielmehr beobachtet der gut geführte Herdenschutzhund den „Feind“ aus sicherer Distanz, präsentiert sich ihm und macht sich deutlich bemerkbar. In der Regel platziert er sich zwischen seiner Herde und dem Feind.[4]
Legenden
Von vielen Herdenschutzhundformen wird die Legende erzählt, wie tapfer sie sich gegen ganze Wolfs- und Bärenmeuten gestellt hätten. Man spricht von ihrem ausgeprägten Gruppengefühl und ihren siegreichen Angriffen gegen derartige Feinde. Das wird allerdings weithin als Märchen angesehen, denn auch ein noch so imposanter Herdenschutzhund weiß, dass er einen solchen Kampf nicht unversehrt durchstehen könnte.
Herdenschutzhunde greifen in der Regel nicht beißend an. Allein ihre Größe und imposante Erscheinung reicht den meisten zwei- oder vierbeinigen Räubern aus, auf Distanz zu bleiben, zumal viele Hirten in ihrer Herde zwei, drei und noch mehr Herdenschutzhunde halten, die in unsicheren Phasen zumeist als Team agieren.
Rassen
Der WWF nennt als bekannteste Rassen Maremmen-Abruzzen-Schäferhund, Pyrenäen-Berghund, Kaukasischer Owtscharka, Kuvasz und Kangal.[1] Eine Übersicht über Herdenschutzhunderassen weltweit findet sich im Erfahrungsbericht zum Einsatz von Herdenschutzhunden in der Schweiz von 1999 auf Seite 6.[5] Ursprünglich wurden auch die großen Sennenhunde (als FCI-Rassen Berner Sennenhund und Grosser Schweizer Sennenhund) und Bernhardiner als Herdenschutzhunde eingesetzt, teils werden in der Schweiz noch Sennenhunde als Arbeitshunde gehalten.[5] Nicht jeder einzelne Hund dieser Rassen lässt sich unbedingt als Herdenschutzhund einsetzen oder zeigt die typischen Eigenschaften, zu denen eine hohe Territorialität und Eigenständigkeit gehören. Dennoch ist bei Vertretern dieser Rassen ein entsprechendes Verhalten anzutreffen; je nach Rasse und Zuchtlinie gelegentlich bis häufig.[6]
Siehe auch
Literatur
- Petra Krivy: Herdenschutzhunde – Vom Herdenbewacher zum Familienbegleiter. 1. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09749-8.
- Thomas Achim Schoke: Herdenschutzhunde. Animal Learn-Verlag, Grassau 2003, ISBN 3-936188-08-4.
Weblinks
- Fachstelle Herdenschutz, bei HSH-CH
- Robin Rigg: Livestock guarding dogs: their current use world wide. (Memento vom 9. Dezember 2013 im Internet Archive) 2001. (pdf, engl.; 553 kB)
- Film über die Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden im Wallis (Schweiz)
- Herdenschutzhunde vertreiben Wolf und Wanderer SRF Einstein vom 19. September 2013. Film über den Einsatz von Herdenschutzhunden in der Schweiz
- Umgang mit Herdenschutzhunden, Artenschutz in Sachsen, Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, online-Version der Broschüre vom November 2012
Einzelnachweise
- ↑ a b WWF: Der Einsatz von Herdenschutzhunden
- ↑ Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE): Livestock Guardian Dogs Carnivore Damage Prevention News No 9 December 2005
- ↑ Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft: Herdenschutzhunde zur Abwehr von Eindringlingen
- ↑ Günther Bloch: Die Welt der Herdenschutzhunde
- ↑ a b Jean-Marc Landry: Der Einsatz von Herdenschutzhunden in den Schweizer Alpen: erste Erfahrungen (PDF; 402 kB), in: KORA Bericht Nr. 2, August 1999, ISSN 1422-5123 (KORA: Koordinierte Forschungsprojekte zur Erhaltung und zum Management der Raubtiere in der Schweiz)
- ↑ Dorit Urd Feddersen-Petersen: Gutachten zur Haltung von Herdenschutzhunden, Kiel, 2000