August Göbelhoff
August Göbelhoff, in Hannover auch mit dem Markennamen Hut Göbelhoff bezeichnet, war im 20. Jahrhundert ein über Niedersachsen hinaus bekannter Herrenausstatter.[1] Der gleichnamige Firmengründer wurde als einer der Hauptbeteiligten der Brandstiftung der Neuen Synagoge verurteilt.[2]
Geschichte
August Göbelhoff gründete im Jahr 1900 sein gleichnamiges Herrenhut-, Mützen- und Pelzgeschäft an der Georgstraße Ecke Goethestraße, wo er seine Waren hinter einer 50 Meter langen Schaufensterfront präsentieren konnte.[1]
Am 8. Mai 1905 heiratete der Hutgeschäftsbesitzer, mit vollständigem Namen August Friedrich Göbelhoff, die Frieda (Frieda Betty Maria Schulz; geboren 8. September 1881 in Küsten; gestorben 9. Mai 1915 in Hannover), Tochter und eines von neun Kindern des Küstener Land- und Gastwirtes Friedrich Wilhelm Schulz (1843–1904; Besitzer des Vollhofes Nummer 2 in Küsten und des Halbhofes Nummer 13 in Plate bei Lüchow) und der Anna Dorothea Elisabeth Schulz, genannt Doris, geborene Schulze (1841–1918).[3] Eigentümer des Gebäudes unter der – damaligen – Adresse Georgstraße 3 war der Grossist Julius Kauffmann, während laut dem Adressbuch der Stadt Hannover von 1901 im zweiten Stockwerk über dem Ladengeschäft von Göbelhoff das Unternehmen Julius Kaufmann & Co. vormals Simon, May & Co., Grossisten firmierte.[4] Julius Kauffmann wiederum war Gemeindevorsteher der Jüdischen Gemeinde Hannovers.[5]
Zur Zeit des Nationalsozialismus war August Göbelhoff nicht nur an der Judenverfolgung beteiligt, sondern steckte am 9. November 1938 während der sogenannten „Novemberpogrome“ gemeinsam mit dem hannoverschen Kaufmann Richard Sander die Synagoge an der Bergstraße in Brand.[6] „Zu den namentlich bekannten Tätern gehörten [... neben dem] Juwelier Sander [... und dem] Kaufmann Göbelhoff [...] andere hannoversche Geschäftsleute, die der SS angehörten.“[7]
Ebenfalls 1938 eröffnete August Göbelhoffs Sohn ein zweites Ladengeschäft in der hannoverschen Georgstraße.[1]
Während der Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg wurden beide Göbelhoff-Geschäfte zerstört.[1]
Im Oktober 1948 wurde August Göbelhoff wegen der Judenverfolgung und der Brandstiftung an der hannoverschen Synagoge zwar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt,[6] doch fiel das Urteil überraschend milde aus, obwohl die Staatsanwaltschaft Göbelhoff als einen der Hauptbeteiligten an der Brandstiftung sah, der „sogar selbst Hand angelegt [habe] bei der Zerstörung der Synagoge“.[2]
In der Nachkriegszeit baute die Familie Göbelhoff das Unternehmen in der Georgstraße in Hannover wieder auf. Als Spezialgeschäft unter dem Markennamen „Hut Göbelhoff“ entwickelte sich die Firma zu einem über das Land Niedersachsen hinaus bekannten Herrenausstatter, der – neben dem immer seltener nachgefragten Herrenhut – vor allem Wäsche, Hemden, Krawatten und Strickwaren im Angebot hatte.[1]
Im Jubiläumsjahr 1975 betrieb die Firma drei Spezialgeschäfte in der niedersächsischen Landeshauptstadt, in den Sommermonaten auch zusätzlich eine Verkaufsstelle auf der Nordsee-Insel Borkum.[1] Vom 12. Oktober 1976 datiert ein Ulstein Bild als Foto des zwischen Foto Quelle und Karstadt erbauten Technischen Kaufhauses (TEKA) in der Georgstraße mit einem Ladengeschäft von Hut Göbelhoff.[8]
Die Firma August Göbelhoff, die zuletzt als GmbH geführt worden war, sah sich 1992 „infolge hoher Forderungen des Vermieters“ zur Geschäftsaufgabe gezwungen.[1]
Siehe auch
Weblinks
- Hannover Innenstadt Georgstr., Foto bei Getty Images
- August Göbelhoff GmbH, Hannover, Neueintragung und Löschung des Unternehmens bei Amtsgericht Hannover, Handesregister-Blatt HRB 4623
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Waldemar R. Röhrbein: Göbelhoff - August G. GmbH, Herrenausstatter, „Hut Göbelhoff“, in: Stadtlexikon Hannover, S. 223
- ↑ a b Anke Quast: Nach der Befreiung. Jüdische Gemeinden in Niedersachsen seit 1945. Das Beispiel Hannover ( = Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen (nach 1945), Bd. 17), zugleich Dissertation 1999 an der Universität Hannover, Göttingen: Wallstein-Verlag, Wallstein-Verlag, ISBN 978-3-89244-447-3 und ISBN 3-89244-447-1, S. 327f.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Hans Schulz: Selbstbildnis eines Hautarztes Band 1: 1940–1974, 2018, Norderstedt: BoD, ISBN 978-3-7460-0125-8, 69, 75, 77, v. a. S. 91; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Adreßbuch, Stadt- und Geschäfts-Handbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Hannover und der Stadt Linden, sowie der Ortschaften Döhren-Waldhausen, Limmer und Ricklingen 1901, Abteilung II: Straßen- und Häuserverzeichniß, S. 237; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek über die Deutsche Forschungsgemeinschaft
- ↑ Peter Schulze: Beiträge zur Geschichte der Juden in Hannover ( = Hannoversche Studien, Bd. 6), Hannover: Hahnsche Buchhandlung und Verlag, 1998, ISBN 978-3-7752-4956-0 und ISBN 3-7752-4956-7, S. 205; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ a b 1948, in: Hannover Chronik, S. 222
- ↑ Nina Pasche (Text), Jens Binner, Juliane Hummel, Rolf Keller, Silke Petry, Jens-Christian Wagner (Red.): 1938 in Niedersachsen / Hannover / Die Ereignisse im November 1938, illustrierter Artikel auf der Seite pogrome1938-niedersachsen.de, ein Projekt der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Kooperation mit Studierenden der Leibniz Universität Hannover sowie Initiativen, Gedenkstätten und Einzelpersonen in Niedersachsen [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 12. Juli 2020
- ↑ Hannover Innenstadt Georgstr., Foto auf der Seite gettyimages.co.uk
Koordinaten: 52° 22′ 32,6″ N, 9° 43′ 58,1″ O