Institut für Kulturpflanzenwissenschaften

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. November 2021 um 09:48 Uhr durch imported>Aka(568) (→‎Literatur: Dateigröße angepasst).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften an der Universität Hohenheim ist der Zusammenschluss des früheren Instituts für Acker- und Pflanzenbau sowie des Instituts für Pflanzenernährung.

Organisation

Die Fachgebiete untersuchen vielfältige grundlegende Fragestellungen zu Kultur- und Nutzpflanzen und entwickeln optimale Anbausysteme für die konventionelle Landwirtschaft, wie auch den ökologischen Landbau. Neben klassischen pflanzenbaulichen und statistischen Fragen werden insbesondere Biomasse-/Bioenergieproduktionssysteme untersucht, pflanzenernährerische Fragestellungen bearbeitet, der Blühzeitpunkt und die Qualität pflanzlicher Produkte untersucht.

Das Institut besteht aus folgenden Fachbereichen:

  • Allgemeiner Pflanzenbau
  • Biostatistik
  • Düngung und Bodenstoffhaushalt
  • Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen
  • Ertragsphysiologie der Sonderkulturen
  • Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen
  • Physiologie der Ertragsstabilität
  • Qualität pflanzlicher Erzeugnisse
  • Koordination für ökologischen Landbau und Verbraucherschutz

Geschichte

Mit Margarete von Wrangell (1877–1932) wurde eine deutsch-baltische Agrikulturchemikerin zur Gründungsdirektorin gewählt, die 1923 zusätzlich auf den neu gegründeten Lehrstuhl Pflanzenernährung der Hochschule Hohenheim berufen wurde und damit die erste ordentliche Professorin an einer deutschen Hochschule war. Sie forschte hauptsächlich über die Pflanzenverfügbarkeit von Phosphat im Boden. Neben Feld- und Gefäßversuchen wurden auch Laborversuche mit Bodenorganismen durchgeführt.

Nach ihrem Tod im Jahr 1932 wurde Kurt Maiwald als ihr Nachfolger an das Institut berufen. Zur selben Zeit begann 1933 das Dritte Reich in welchem die NSDAP immer stärker Kontrolle auf Wissenschaft und Lehre auszuüben; die meisten leitenden Positionen wurden von Parteimitgliedern übernommen. Im Hinblick auf den bevorstehenden Krieg, stellte erneut die Autarkie eines der wichtigsten politischen Ziele dar, welches man im Zuge der „Erzeugerschlacht“, mit der die Rationalisierung der Nahrungsmittelversorgung und die damit verbundene Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung erreicht werden sollten. Um dies auf politischer Ebene umsetzen zu können, wurde der Reichsnährstand gegründet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg brach die Nahrungsmittelversorgung zusammen und es war zunächst oberste Priorität diese wieder sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wurde am Institut schwerpunktmäßig über den Umsatz von organischem Material geforscht sowie über die Verwertung von Siedlungsabfällen auch mit der Stickstoffbilanz in landwirtschaftlichen Produktionssystemen Untersuchungen angestellt.

In der Bundesrepublik Deutschland stieg die landwirtschaftliche Produktivität durch Fortschritte in der Pflanzenzüchtung, der Mechanisierung, der Flurbereinigung und der Mineraldüngung stark an und gipfelte schließlich in einer Überproduktion. Zu dieser Zeit gewannen auch Aspekte der Nahrungsmittelqualität mehr an Bedeutung. Die Forschungsschwerpunkte unter Gerhard Michael (ab 1960) am Institut bewegten sich somit von anwendungsorientierten Themen zur Grundlagenforschung in den Bereichen der Ertragsphysiologie und der Qualität von Ernteprodukten (Fett- und Proteinzusammensetzung); außerdem wurden am Institut die Mechanismen der pflanzlichen Aufnahme und des Transportes der Nährstoffe untersucht. Mit der Hilfe von Marschner brachte Michael auch die Isotopentechnologie ans Institut. In den Jahren 1973 und 1974 konnten mit Helmut Beringer und Peter Martin zwei neue Professuren am Institut besetzt werden.

Als Michael sich 1976 in den Ruhestand begab, wurde sein Schüler und langjähriger Assistent Marschner neuer Institutsleiter. Marschner war zwischenzeitlich an der Technischen Universität Berlin als Professor tätig und nahm anschließend den Ruf nach Hohenheim an.

Im Rahmen des Beginns des Technologiezeitalters, fand neben einer Revolution der Labortechnologie, mit schnelleren und empfindlicheren Analysemöglichkeiten auch eine rasche Entwicklung der Computertechnologie statt. Dies führte auch zu einer Verbesserung der Kommunikation und machte die Wissenschaft internationaler. Im Gegensatz zum technischen Fortschritt entwickelte die Gesellschaft zu dieser Zeit auch ein wachsendes Umweltbewusstsein. Neben Schwermetallbelastung der Böden und der Verschmutzung von Wasser und Luft, wurde das Waldsterben zu einer wichtigen Problematik. Die Forschung unter Marschner beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Nährstoffaufnahme von Pflanzen und der Bedeutung der Rhizosphäre Daneben spielten umweltrelevante Themen, Mykorrhiza Forschung und internationale Kontakte und Zusammenarbeit mit China, Westafrika und der Türkei eine wichtige Rolle für das Institut. Marschner führte verschiedene Forschungsgruppen am Institut zusammen. Diese wurden von den Professoren Walter J. Horst, Norbert Claassen, Volker Römheld und Sven Schubert geleitet. Marschner verstarb im Jahr 1996 unerwartet als letzter berufener Institutsdirektor.

Es dauerte einige Jahre mit zwei Berufungsverfahren bis 2001 Nicolaus von Wirén als Nachfolger berufen und zum geschäftsführenden Direktor gewählt wurde. Zu dieser Zeit etablierte sich die Molekularbiologie in der Pflanzenernährung. Von Wirén legte sich auf diesen Schwerpunkt fest, indem er Ammonium-, Eisen- und Harnstofftransport der Pflanze auf molekularbiologischer Ebene untersuchte.

In dieser Zeit deckte Römheld stärker praxisorientierte Themen wie die Düngung und vor allem Rhizosphärenprozesse ab. 2004 kam Torsten Müller als neuer Professor ans Institut und übernahm mit dem Fachgebiet „Düngung mit Bodenchemie“ (später „Düngung und Bodenstoffhaushalt“) schließlich Aufgaben von Römheld, der 2008 in den Ruhestand ging. Auch Müller sieht seinen Forschungsschwerpunkt eher in anwendungsbezogenen Themen aus den Bereichen Düngung und Bodenstoffhaushalt einschließlich Spurengasanalytik sowie in der Prozess-Modellierung.

2009 verließ von Wirén das Institut um seine Forschung am IPK Gatersleben weiterzuverfolgen und Uwe Ludewig wurde als Nachfolger für das Fachgebiet „Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen“ berufen. Unter Müllers Geschäftsführung wurden die beiden Fachgebiete des Instituts durch eine Fusion mit anderen Fachgebieten Bestandteil des jetzigen Instituts für Kulturpflanzenwissenschaften. Ludewig nutzt ebenfalls Technologien der Molekularbiologie und hat das Anliegen Grundlagenthemen und anwendungsbezogene Themen mit in seine Forschung mit einzubeziehen. Schwerpunkte sind Ammonium-Phosphor- und Mikronährstoffernährung. 

Seit 2011 ist Günter Neumann, der seit 1995 am Institut arbeitet, außerplanmäßiger Professor. Er beschäftigt sich vorwiegend mit Rhizosphärenprozessen und Bioeffektoren. 2013 erhielt Christian Zörb den Ruf für das Fachgebiet "Qualität pflanzlicher Erzeugnisse" in welchem auch Qualitätsaspekte der Düngung bearbeitet werden.

Markus Weinmann koordiniert u. a. im Rahmen der EU-Donauraumstrategie das Projekt Balkan Green Deal.

Bekannte Lehrer, Absolventen und Förderer des Instituts

  • Margarete von Wrangell (1877–1932), deutsch-baltische Agrikulturchemikerin, erste Institutsleiterin und erste Lehrstuhlinhaberin in Deutschland
  • Klára Bradáčová, tschechische Pflanzenphysiologin im Biofector Projekt engagiert
  • Walther Brouwer (1895–1979), Pflanzenbauwissenschaftler
  • Kurt Maiwald (1899–1960), Agrikulturchemiker
  • Georg Gliemeroth (1907–1982), Pflanzenbauwissenschaftler
  • Gerhard Michael (1911–2004), Agrikulturchemiker auf dem Gebiet der Pflanzenernährung
  • Horst Marschner (1929–1996), Pflanzenphysiologe, Fachgebiet Mineralstoffwechsel
  • Walter Aufhammer (* 1938), Pflanzenbauwissenschaftler
  • Volker Römheld (1941–2013), Agrarwissenschaftler, Professor für Pflanzenernährung
  • Torsten Müller (* 1961), Agrarwissenschaftler für Bodenchemie und Düngung
  • Nicolaus von Wirén (* 1962), Agrarbiologe insbesondere der Ernährungsphysiologie der Kulturpflanzen
  • Iris Lewandowski (* 1964), Pflanzenbauwissenschaftlerin und Co-Vorsitzende des Bioökonomierates
  • Uwe Ludewig (* 1967), Agrarwissenschaftler insbesondere der Pflanzenphysiologie
  • Günter Neumann (* 1958), Agrarwissenschaftler insbesondere der Pflanzenphysiologe, Spezialist für Rhizosphären-Forschung.
  • Markus Weinmann (* 1974), Pflanzenphysiologe insbesondere im Projekt Biofector engagiert

Literatur

  • Ulrich Fellmeth, Harald Winkel (Hrsg.): Hohenheimer Themen, Sonderband (PDF; 4,0 MB) Die akademischen Lehrer an der Universität Hohenheim 1968 bis 200, Stuttgart-Hohenheim 2008, ISSN 0942-0509.
  • Helena Hamann: Die Geschichte des Instituts für Pflanzenernährung der Universität Hohenheim. Masterarbeit, Inst. f. Kulturpflanzenwissenschaften, Universität Hohenheim 2011, 102 S.
  • Ernst Klein: Die akademischen Lehrer der Universität Hohenheim (Landwirtschaftliche Hochschule) 1818-1968; Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 45. Band; W. Kohlhammer Verlag Stuttgart 1968.
  • Manfred G. Raupp: Probleme des Agrarmarktes in Deutschland; in Der Landbaumann, Ackerbauschule Hohenheim, 1971
  • Harald Winkel (Hrsg.): Festschrift für Günther Franz Geschichte und Naturwissenschaft in Hohenheim. Verlag Thorbecke, Sigmaringen 1982, ISBN 0-7181-2842-7.

Weblinks