Stage-Gate-Modell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. November 2021 um 08:11 Uhr durch imported>Reaktionstechniker(2591346) (Den Abschnitt "Charakteristika" in zwei Absätze geteilt, wo es vom Standard zu Modifikationen geht.).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Das Stage-Gate-Modell ist ein Prozessmodell für die Innovations- und Produktentwicklung. Stage-Gate ist ein geschütztes EU-Warenzeichen des Innovation Management U3 und Product Development Institute Inc.

Geschichte

Das Stage-Gate-Modell wurde von Robert G. Cooper entwickelt, um Innovations- und Entwicklungsprozesse maßgeblich zu optimieren. Das Modell verfolgt hierbei eine Reihe von Zielsetzungen, welche im Rahmen früherer Modelle entweder keine oder lediglich eine suboptimale Berücksichtigung fanden.[1] So bestehen die Ziele in:[2]

  • Qualitätsverbesserung der Prozessdurchführung
  • Schärfere Fokussierung und bessere Prioritätssetzung
  • Parallele Prozessabwicklung mit hohem Tempo
  • Einsatz eines bereichsübergreifenden Teams
  • Expliziter Einbezug von Marktorientierung und Marktbeurteilung
  • Detaillierte Informationsgewinnung und Prognosen im Entwicklungsvorfeld
  • Kreieren von Produkten mit Wettbewerbsvorteilen

Wie so viele andere Entwicklungsmodelle, so hat auch der Stage-Gate-Prozess eine Aktualisierung und Weiterentwicklung erfahren, welche sich jedoch eher an Unternehmen richtet, die bereits über eine fundierte Praxis-Erfahrung mit Coopers Prozess verfügen.

Aufbau

Der Stage-Gate-Prozess unterteilt ein Entwicklungsvorhaben in mehrere einzelne Abschnitte und sogenannte Tore (Gates).[3] Die Einteilung in die einzelnen Abschnitte erfolgt dabei sachlogisch, so dass eine Innovation zu Beginn des Stage-Gate-Prozesses zunächst im Hinblick auf ihre technische und betriebswirtschaftliche Güte analysiert wird, ehe sie an die Entwicklung übergeben und zur Serienreife und anschließenden Markteinführung gebracht wird. Die Anzahl der Abschnitte variiert in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Branche bzw. der einzelnen Unternehmen; so sind bei Aggregatprojekten in der Automobilindustrie zehn Abschnitte keine Seltenheit, während der Standard nach Cooper bei vier bis sechs Abschnitten liegt.[4] Zentraler Bestandteil des Cooperschen Modells sind darüber hinaus Tore, welche zwischen den einzelnen Abschnitten positioniert sind und als Meilenstein fungieren. Bevor ein Projektteam die Aufgaben des nächsten Abschnitts in Angriff nehmen kann, wird im Rahmen der Gates eine Entscheidung getroffen, ob das Projekt fortgeführt oder abgebrochen wird.[5] Dabei wird das Projekt an vorzuweisenden, vorab definierten Resultaten und Kriterien bemessen.[6] Üblicherweise erfolgt diese Projektbewertung durch vorgesetzte Manager der verschiedenen Bereiche, die jene erforderlichen Mittel kontrollieren, die vom Projektteam für den nächsten Abschnitt benötigt werden.[7]

Charakteristika

Die Stärke von Stage-Gate liegt unter anderem darin, dass die Kontrollpunkte die Aufmerksamkeit wesentlich gezielter auf die Qualität lenken und Prozessschritte nicht ausgelassen werden.[8] Ähnlich wie bei dem Prozessmodell von Tidd/Bessant/Pavitt besteht ein expliziter Bezug zur Unternehmensstrategie, was die Grundlage für einen effektiven Prozess und einen Erfolg am Markt darstellt.[9] Ein weiterer Vorteil des Stage-Gate-Prozesses ist, dass jeder Abschnitt bereichsübergreifend strukturiert ist[10], d. h. Aufgaben und Entscheidungen werden niemals von einer einzelnen Organisationseinheit, wie der Forschung oder dem Marketing, alleine getragen, sondern alle partizipierenden Bereiche übernehmen Pflichten und Verantwortung. Weiterhin sind die einzelnen Abschnitte idealtypisch so zu gestalten, dass eine Vielzahl von Aktivitäten von den Mitarbeitern aus den verschiedenen Funktionsbereichen parallel abgearbeitet werden kann.[11] Mittels der fortlaufenden Bewertung, ob ein Projekt fortgeführt oder abgebrochen werden sollte, gelingt es, die Ressourcen eines Unternehmens effektiver auf das Projektportfolio zu verteilen und insgesamt zu optimieren.[12]

Die aktuelle Version des Stage-Gate-Prozesses kennzeichnet sich durch eine wesentlich höhere Flexibilität bei Prozessablauf und Prozessorganisation. So kann ein Projekt im Rahmen einer Gate-Entscheidung auch bedingt fortgeführt werden, ohne dass alle Kriterien des jeweiligen Abschnitts erfüllt wurden, oder es kann bereits mit Arbeitsaufgaben eines folgenden Abschnitts begonnen werden, ohne dass eine Gate-Entscheidung erfolgt ist.[13] Auch wenn Cooper die Vorzüge in einer weiteren Prozessbeschleunigung und noch effizienteren Ressourcenallokation sieht, so sollte dieser aktualisierte Prozess nur von Unternehmen angewendet werden, welche bereits profunde Praxis-Erfahrungen mit Stage-Gate besitzen. Die Erhöhung der Flexibilität geht hierbei ganz klar zu Lasten der Robustheit und geringen Störanfälligkeit des Vorgängerprozesses. Zudem wird der normative Charakter des Stage-Gate-Prozesses im Allgemeinen und der Gates im Besonderen aufgeweicht, Projekte laufen Gefahr, stets bedingt fortgeführt, anstatt rechtzeitig abgebrochen zu werden.

Kritik

In den vergangenen Jahren geriet der Stage-Gate-Prozess in die Kritik: Angesichts des wachsenden Innovationstempos sei der Prozess zu linear, nicht adaptiv genug und ermutige keine Experimente.[14]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Cooper (2002), S. 128ff.
  2. Vgl. Cooper (2002), S. 128ff.
  3. Vgl. Cooper (2002), S. 146.
  4. Vgl. Cooper (2002), S. 146.
  5. Vgl. Cooper (2002), S. 147f.
  6. Vgl. Cooper (2002), S. 148.
  7. Vgl. Cooper (2002), S. 149.
  8. Vgl. Kleinschmidt/Geschka/Cooper (1996), S. 52.
  9. Vgl. Tidd/Bessant/Pavitt (1998), S. 52ff. bzw. Cooper (2002), S. 147ff.
  10. Vgl. Cooper (2002), S. 146.
  11. Vgl. Cooper (2002), S. 146.
  12. Kleinschmidt/Geschka/Cooper (1996), S. 50ff.
  13. Vgl. Cooper (2002), S. 165ff.
  14. Vgl. Cooper (2014): What's next? After Stage Gate, in: Research-Technology Management, Jan.-Feb. S. 20–31

Literatur

  • Robert G. Cooper: Top oder Flop in der Produktentwicklung. Erfolgsstrategien: von der Idee zum Launch. Wiley-VCH, Weinheim 2002, ISBN 3-527-50027-8.
  • E. Kleinschmidt, H. Geschka, R. G. Cooper: Erfolgsfaktor Markt. Kundenorientierte Produktinnovationen. Springer, Berlin 1996, ISBN 3-540-57519-7.
  • Joe Tidd John Bessant Keith Pavitt: Managing Innovation. Integrating Technical, Market and Organizational Change. 3. Auflage. Wiley, Chichester 2005, ISBN 0-470-09326-9.
  • Sabine Pfeiffer, Petra Schütt, Daniela Wühr: Stage Gate. Tor zu mehr Innovation im Maschinenbau? ISF München, München 2010 (online, PDF-Datei; 469 kB)

Weblinks