Sophie Calle

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Sophie Calle 2015

Sophie Calle (* 9. Oktober 1953 in Paris) ist eine französische Künstlerin. Ihr Werk umfasst Fotografie, Installationen und Konzeptkunst.

Sophie Calle mit Alexandra Cohen

Leben und Werk

Sophie Calle wurde 1953 als Tochter des Kunsthändlers Robert Calle und der Chirurgin Monique Sindler in Paris geboren. Nach der Trennung der Eltern zwei Jahre später wuchs Calle bei ihrer Mutter auf.[1]

Nach Tätigkeiten als Barfrau und Tänzerin unternahm Sophie Calle in den 1970er Jahren Reisen, die sie in über sieben Jahren in den Libanon, nach Mexiko und in die USA führten. 1978, während eines Aufenthalts in Kalifornien, begann sie zu fotografieren. 1979 kehrte sie zurück nach Paris und startete bald ihre erste Kunstaktion: Um sich wieder an Paris zu gewöhnen, begann sie fremden Menschen zu folgen. Verkleidet mit Perücke und Regenmantel und ausgestattet mit einer Kleinbildkamera und einem Notizbuch verfolgte sie ihre „unbekannten Stadtführer“ durch eine Stadt, in der sie sich einsam und fremd fühlte. Das Ergebnis ihrer Untersuchung wurde anhand von Fotos und geschriebenen Berichten dokumentiert und ausgestellt.

Schließlich lud sie 45 Menschen – Freunde, Bekannte, Unbekannte – ein, in ihrem Bett zu schlafen und sich dabei von ihr fotografieren zu lassen. Es entstand ihre erste Arbeit Die Schläfer (1979), die erste Veröffentlichung ihrer „unglaublich anmutenden, abenteuerlichen Einbrüche in eigene und fremde Privatsphären.“[2][3]

Für das Werk Der Schatten wechselte sie die Perspektive und bat im April 1981 ihre Mutter, einen Detektiv zu beauftragen, sie zu beschatten und Nachforschungen über ihr eigenes Leben als Künstlerin anzustellen. Die Fotos und der Bericht des Detektivs, sowie ihre eigenen Notizen und zusätzliche Fotografien eines Freundes, der wiederum dem Detektiv folgte, wurden daraufhin ausgestellt und veröffentlicht.

Im Juli 1983 fand Sophie Calle ein Adressbuch, dessen Seiten sie kopierte, bevor sie es dem Eigentümer zurückschickte. Sie hatte beschlossen, die in dem Adressbuch verzeichneten Personen aufzusuchen und aus deren Erzählungen ein Porträt des Eigentümers zu verfassen, dem sie nie begegnet ist. Die Texte erschienen vom 4. August bis zum 2. September 1983 in der Serie „L'Homme au carnet“ in der Tageszeitung Libération. Die Veröffentlichung dieses sukzessive entstehenden Porträts rief einen Skandal hervor.[4] 2019 wurde das Adressbuch ins Deutsche übersetzt (ISBN 978-3-518-22510-3).

Im Projekt Hotel arbeitete Sophie Calle als Zimmermädchen in einem Hotel in Venedig, wodurch sie die Gegenstände und Schriftstücke der Hotelgäste erforschen konnte. Während der Aktion Zimmer mit Aussicht (2003) verbrachte sie die Nacht in einem Bett auf der Spitze des Eiffelturms und lud 28 Menschen ein, ihr Gute-Nacht-Geschichten vorzulesen, um sie wach zu halten.

Das Centre Pompidou stellte eine Werkschau zusammen, die vom 10. September bis 13. Dezember 2004 im Martin-Gropius-Bau zu sehen war.[5]

Ihr Beitrag für den französischen Pavillon der Biennale di Venezia im Sommer 2007 war eng angelehnt an ihr eigenes Privatleben. So wurde die Nachricht, mit der sich ihr Lebensgefährte, der französische Autor Grégoire Bouillier, von ihr trennte, die Grundlage des Werks Prenez soin de vous. Sophie Calle erhielt die schlechte Nachricht per E-Mail und wusste nach eigenen Angaben nicht, was sie antworten sollte. Die Nachricht schloss mit dem Satz „Prenez soin de vous“ (dt. „Geben Sie Acht auf sich.“). Für ihren Beitrag in Venedig ließ sie den Text der Trennungsmail von 107 Frauen interpretieren, darunter eine Richterin, eine Wahrsagerin, eine Psychoanalytikerin, eine Bharatanatyam-Tänzerin.[6]

2002 wurde Calle mit dem international renommierten SPECTRUM-Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen ausgezeichnet und ihr Werk vom 30. Juni bis zum 22. September 2002 im Sprengel Museum Hannover gezeigt.[7] Sophie Calle war das Vorbild für die Figur der Maria im Roman Leviathan von Paul Auster.[5] Sie wurde 2010 mit dem schwedischen Hasselblad Foundation Award ausgezeichnet, der von der Hasselblad-Stiftung vergeben wird und mit 100.000 Euro dotiert ist.[8]

Sophie Calle lebt und arbeitet in Malakoff bei Paris und in New York.

Ausstellungen

Literatur

  • Sophie Calle: Wahre Geschichten. 65 Erzählungen. Aus dem Französischen von Sabine Erbrich. (Bibliothek Suhrkamp, Bd. 1519) Suhrkamp, Berlin 2021, ISBN 978-3-518-22519-6.
  • Sophie Calle: Das Adressbuch. Aus dem Französischen von Sabine Erbrich. (Bibliothek Suhrkamp, Bd. 1510) Suhrkamp, Berlin 2019, ISBN 978-3-518-22510-3.
  • Souvenirs de Berlin-Est. Actes Sud, Arles 1999, ISBN 2-7427-2602-0.
  • Sophie Calle: Did you see me? Prestel Verlag, München 2003, ISBN 3-7913-3035-7.
  • Sophie Calle: Wahre Geschichten. Aus dem Französischen von Elke Bahr und Sebastian Viebahn. Prestel Verlag, München, Berlin, London, New York 2004, ISBN 3-7913-3262-7.
  • Sophie Calle: Ich hasse Interviews. Interview mit Fabian Stech anlässlich der Verleihung des Spectrum Preises 2002. In: Kunstforum. Band 162, 2002, S. 210–218.
  • Sophie Calle, Paul Auster: Double Game. Distributed Art Pub, New York City 2007, ISBN 978-1-933045-69-6.
  • Angeli Janhsen: Sophie Calle. In: Neue Kunst als Katalysator. Reimer Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-496-01459-1, S. 29–38.
  • Christiane Weidemann, Petra Larass, Melanie Klier (Hrsg.): 50 Künstlerinnen, die man kennen sollte. Prestel, München 2008, ISBN 978-3-7913-3957-3, S. 140–143.
  • Ania Wroblewski: La vie des autres. Sophie Calle et Annie Ernaux, artistes hors-la-loi. Presses Universitaires Université de Montréal, 2016 ISBN 2760635325 (=Diss. phil., Abt. für französische Literatur, 2013)

Weblinks

Commons: Sophie Calle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sophie Calle im Munzinger-Archiv. Abgerufen am 17. Juli 2018.
  2. Elke Heinemann: Das Drama vom Beobachten und beobachtet werden. Ein Porträt der französischen Künstlerin Sophie Calle anlässlich der Retrospektive im Sprengel Museum Hannover. In: NDR 3. Texte und Zeichen, 28. Juni 2002, 19:05 – 19:25 Uhr.
  3. Sophie Calle: The Sleepers, 1980. Fotomuseum.ch.
  4. https://www.zeit.de/2008/26/Atelier-Calle-26/komplettansicht Abgerufen am 24. November 2019.
  5. a b c Martin-Gropius-Bau: Sophie Calle. Website der Berliner Festspiele (Memento vom 11. Oktober 2007 im Internet Archive).
  6. Tim Ackermann: Die Kunst der Krise in Venedig. In: Die Welt. 13. Mai 2007, abgerufen am 31. Mai 2016.
  7. Spectrum - Internationaler Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen 2002. GermanGalleries.com.
  8. Sophie Calle. Hasselblad Award Winner 2010. Hasselblad Foundation.
  9. Von Menschen, Mäusen und Hirschen in: FAZ vom 19. Januar 2018, Seite 14.
  10. Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2017 (Memento vom 11. November 2017 im Internet Archive). Museum für Moderne Kunst, Frankfurt.
  11. Sophie Calle: M’as-tu vue. Centre Georges Pompidou.
  12. Art Now: Sophie Calle – The Birthday Ceremony. Tate Gallery of Modern Art.