Richelieu-Klasse
Richelieu-Klasse | |
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Übersicht | |
Typ: | Schlachtschiff |
Namensherkunft: | Kardinal Richelieu |
Einheiten: | geplant: 4, fertiggestellt: 2: Richelieu (1939), Jean Bart (1940) |
Technische Daten | |
Verdrängung: | Entwurf: 35.000 t Konstruktion: 40.927 t |
Länge: | über alles: 248 m |
Breite: | Standard: 35 m Jean Bart nach Umbau: 37 m |
Tiefgang: | Entwurf: 9,70 m |
Geschwindigkeit: | Dauerlast: 29,5 kn Probefahrt Richelieu: 32 kn |
Besatzung: | 1280 Mann Stamm |
Reichweite: | 8.500 sm bei 14 kn |
Antrieb: | 4 Propeller über 4 Wellen; 150.000 PS (110 MW) |
Die Schiffe der Richelieu-Klasse, von denen zwei (Richelieu und Jean Bart) fertiggestellt wurden, waren die letzten und größten Schlachtschiffe der Französischen Marine. Das dritte Schiff der Klasse, die Clémenceau, wurde zwar kielgelegt (17. Januar 1939), ihr Rumpftorso allerdings am 27. August 1944 versenkt.[1] Die Klasse wurde unter dem Eindruck der von Italien gebauten Littorio-Klasse entwickelt.
Planung
Die Planungen für einen neuen Typ von Schlachtschiff für die französische Marine unterlagen zunächst den Beschränkungen, die Frankreich auf den Flottenkonferenzen auferlegt worden waren. Der 1930 vereinbarte Baustopp lief 1935 aus, und für Neubauten war 1936 eine Obergrenze von 35.000 t Leergewicht vereinbart worden. Die Bewaffnung durfte zunächst ein Kaliber von 14 in (356 mm) nicht überschreiten, aber eine „Eskalationsklausel“ im Londoner-Flottenabkommen erlaubte die Aufstockung auf bis zu 16 in.
Die Planer mussten folglich auf Basis der festen Gewichtsgrenze und der vorgesehenen 380-mm-(15-in)-Bewaffnung ein möglichst schnelles und gut gepanzertes Schiff entwerfen. Durch die Zusammenfassung der Geschützrohre in weniger Geschütztürmen als üblich, wie man es schon zuvor bei der Dunkerque mit ihren 330-mm-Geschützen getan hatte, und die Nutzung von platzsparenden Maschinenanlagen gelang es dennoch, einen wirksamen, modernen Panzerschutz für die neue Schiffsklasse zu entwerfen.
Technik
Antriebsanlage
Die Richelieu-Klasse erhielt Sural-Indret-Dampfkessel. Diese von Indret gebauten Kessel erzeugten durch ein innovatives Druckleitungssystem, das auf einer Entwicklung aus der Schweiz basierte, Dampf unter größerem Druck, als es vergleichbare Modelle taten.[2] Sie wiesen als Folge ein so gutes Verhältnis von Leistung zu Größe auf, dass die Maschinenanlagen bei nur ¾ der Größe der Maschinen der deutschen Bismarck-Klasse eine vergleichbare Leistung lieferten.[3]
Jeder der sechs Brenner unter den Dampfkesseln wurde durch ein Rateau-Kompressorsystem mit Luft versorgt. Der Treibstoff erreichte die Brenner bereits vorgewärmt, und das Wasser, das zum Verdampfen gebracht werden sollte, strömte ebenfalls aufgewärmt in die Kessel, so dass es sich deutlich schneller in Dampf umwandeln ließ.
Vier Turbinen wandelten den Dampfdruck, den die Kessel lieferten, in mechanische Arbeit um. Sie wurden von Parsons-Rateau hergestellt und lieferten im Normalbetrieb etwa 150.000 PS (110 MW), konnten aber bei Überlast bis zu 180.000 PS (132 MW) entwickeln. Unter Volllast trieben die Maschinen ein Schiff der Klasse so über die vier Propeller auf bis 32 kn (rund 60 km/h), die Normalgeschwindigkeit lag bei 29,5 kn (rund 55 km/h).
Sowohl der Kessel- als auch der Turbinenbereich waren in je zwei wasserdichte Bereiche unterteilt, um den Totalausfall aller Maschinen im Fall von Schäden zu vermeiden.
Zwei mit den Hauptmaschinen verbundene Generatoren lieferten je 1500 kW für die elektrischen Systeme, ein unabhängiger Dieselgenerator nochmals 1000 kW und zwei kleine Notfallgeneratoren je 150 kW.[2]
Panzerschutz
Für den Panzerschutz der Richelieu-Klasse wollten die Planer einen Schutz der lebenswichtigen Schiffssysteme vor 380-mm-Granaten und 500 kg schweren Fliegerbomben, abgeworfen aus bis zu 5000 Metern Höhe, erreichen. Man kopierte dazu weitgehend das Panzerschutzsystem, das man auf der Vorgängerklasse, der Dunkerque-Klasse, verwendet hatte.
Die gepanzerte Zitadelle, ein Kasten, der Maschinenanlagen und die Munitionsbunker im Schiffsinneren schützte, konnte durch das Fehlen schwerer Geschütztürme am Heck, im Vergleich zu anderen Schiffen, eher kurz gehalten werden und erstreckte sich nicht über die gesamte Schiffslänge. Das Verhältnis der Schifflänge, gemessen an der Wasserlinie, zur Länge der gepanzerten Zitadelle wird für die Richelieu-Klasse mit etwa 55 % angegeben.[4]
Die Zitadelle war 131 Meter lang. Die vertikale Panzerung, der Gürtelpanzer, war fast 6 Meter hoch (zwischen beiden Panzerdecks) und bestand aus Stahlplatten von 330 mm Dicke, die mit Holzplatten von 60 mm Dicke hinterfüttert waren (keine Verbundpanzerung), nach unten hin leicht getäpert (in der Dicke vermindert). Dieser Seitenpanzer war im Winkel von 15°24' nach unten eingezogen, so dass er nur an der Oberkante an der Schiffsaußenwand anlag, in Höhe der Wasserlinie jedoch weiter innen im Schiff verlief und damit außen einen künstlichen Expansionsraum ähnlich einem integrierten Torpedowulst schaffte. Unten stieß dieser Gürtelpanzer auf den nach unten und außen abfallenden Außenbereich des unteren Panzerdecks, womit die seitliche Panzeranordnung von vorn gesehen wie ein „V“ angeordnet war.
Wetterdeck und Zwischendeck waren mit dünnen, zusätzlich gehärteten und damit eher biegsamen Stahlschichten von bis zu 24 mm geschützt. Dann folgte das obere Panzerdeck auf Hauptdeckshöhe. Es existierte nur über dem Zitadellbereich mit einer Schutzpanzerung aus 150 mm bis 170 mm Panzerstahl. Schließlich folgte das untere Panzerdeck knapp über der Wasserlinie. Es hatte in den Bereichen, in denen es unterhalb des oberen Panzerdecks lag, eine Stärke von 40 mm bis 50 mm Panzerstahl, erstreckte sich jedoch fast über die gesamte Schiffslänge und war achtern bis auf 100 mm, über Ruder und Propellern auf 150 mm verstärkt und am Ende in gleicher Dicke hinter dem Ruder senkrecht nach unten fortgeführt. Die Front der Zitadelle (Querschott) vor Turm A war 355 mm dick, das Ende (hinter dem letzten 152-mm-Turm) 233 mm dick. Die Panzerlängsschotts waren 30 mm dick, wurden über dem unteren Panzerdeck auf 20 mm ausgedünnt, achtern erreichten sie 50 mm.
Die Barbetten der beiden Hauptgeschütztürme waren je mit einem Komposit aus 405 mm + 30 mm Panzerstahl unterschiedlicher Härte geschützt, im unteren Bereich auf 80 mm verdünnt. Die Panzerung der Türme selbst war an der Vorderseite 430 mm stark. Die 170 mm dicke Turmdecke war an den Seiten mit einer Böschung abgeflacht, die 195 mm stark war. Die Seiten der Türme waren mit je 300 mm Panzerstahl geschützt. Turm A hatte eine 270 mm starke Rückwand, bei dem überhöhten Turm B waren es 260 mm.
Die Barbetten der 152-mm-Türme waren mit 100 mm Stahl gepanzert, die Turmfronten 130 mm, die Turmdecken 70 mm und die Turmrückseiten 60 mm stark. Der gepanzerte Kommandostand, unmittelbar hinter Turm B, in dem sich während eines Gefechtes das Führungspersonal und die wichtigsten Steuerelemente befanden, hatte einen Panzerschutz von 360 mm an allen Seiten, der lediglich an der Rückseite auf 280 mm reduziert war. Das Dach war mit 170 mm Panzerstahl verstärkt.
Das Gewicht der Panzerung auf der Richelieu erreichte rund 16.500 t, etwa 37 % des Gesamtgewichts.
Struktureller Schutz
Zum Schutz vor Torpedo- oder Seeminentreffern an wichtigen Schiffssystemen, verstärkte man die vertikale Panzerung in diesen Bereichen an ihrer Unterseite durch Torpedowülste und Schotten. Diese Wülste waren zwar in den Rumpf integriert, konnten aber zerstört oder überflutet werden, ohne die Schwimmfähigkeit der Schiffe zu gefährden. Sie hatten auf jeder Schiffsseite eine Breite von maximal 2 Metern und sollten die Energie einer Torpedoexplosion von 300 kg TNT absorbieren. Hinter diesem künstlichen Expansionsraum befanden sich, durch je eine dünne Lage Panzerstahl nach innen und außen abgeschirmt, die Treibstoffbunker. Dahinter folgte eine schmale, leere Abteilung, die ebenfalls noch einmal dünn gepanzert war, und erst dann folgten die Maschinenräume. Somit wurde zusätzlicher Raum zur Verfügung gestellt, um auch die Explosionsenergie abzufangen, die über den Torpdeowulst hinaus ins Schiffsinnere reichte. Die gesamte Breite des Torpedoschutzes erreichte so 5 bis 7 Meter auf jeder Seite. Auf der Jean Bart wurde dieser Schutz später noch verstärkt, so dass er das Schiff um 2 Meter verbreiterte.
Zusätzlich zu den gepanzerten Schotten, die den Torpedowulst in einzelne Längsabschnitte unterteilten, waren Teile des Wulstes mit einer wasserabweisenden Ebonit-Verbindung gefüllt. Dieses System verwendete man auch im schwach gepanzerten Vorschiff, außerhalb des Torpedowulstes, um eine Abteilung mit diesem Kunststoff zu füllen, so dass, im Falle eines starken Wassereinbruchs in dem Bereich, immer noch genug Auftrieb vorhanden sein sollte, um den Untergang zu verhindern.
Das gesamte Schiffsinnere war in etwa 20 wasserdichte Abteilungen gegliedert, die durch Schotten aus Panzerstahl getrennt waren. Ein wirksamer Unterbodenschutz durch zusätzliche Panzerung, wie er zur Reduzierung von Schäden durch magnetisch gezündete Torpedos oder Minen nötig gewesen wäre, war nicht eingeplant.
Bewaffnung
Anmerkung: Die Bewaffnung der Schiffe im Bereich Flugabwehr änderte sich mehrfach. Hier wird nur der ursprüngliche Ausrüstungszustand um 1940 beschrieben. Die Informationen zu den späteren individuellen Änderungen werden in den Artikeln zur Richelieu und Jean Bart erläutert.
Hauptartillerie
Für die Hauptbewaffnung entschied man sich erstmals im französischen Schlachtschiffbau für das Kaliber 380 mm. Die Wahl fiel auf den Typ 380 mm/45 Modèle 1935, von dem man je vier Stück in einem Turm unterbrachte. Die Schiffe der Richelieu-Klasse erhielten je zwei dieser Türme, die man, nach dem Vorbild der britischen Nelson-Klasse, auf dem Vorschiff aufstellte. So ersparte man sich viel Gewicht, das bei der Panzerung von vier Geschütztürmen und der zugehörigen Munitionskammern angefallen wäre. Jeder Turm wog dennoch etwa 2274 Tonnen. Die Aufstellung auf dem Vorschiff beschränkte natürlich das Schussfeld durch die Aufbauten, so dass jeder Turm nur etwa 150° nach Steuerbord oder Backbord schwenken konnte.
Die Geschütze wurden in den Türmen nicht unabhängig verbaut, sondern in Zwillingspaaren aufgestellt, die voneinander durch ein 45 mm starkes Panzerschott getrennt waren, um im Falle eines Treffers oder Unfalls nicht alle vier, sondern nur zwei Geschütze zu verlieren. Jeder Turm verfügte auch über zwei unabhängige Pulver- und Granatbunker, so dass auch hier die Gefahr eines Totalverlustes verringert wurde.
Die höchste Feuergeschwindigkeit pro Geschütz lag bei 2,2 Schuss pro Minute, kurz nach der Fertigstellung 1940 wurde aber lediglich eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 1,33 Schuss ermittelt, da die Munitionszuführung zu langsam arbeitete. Die maximale Reichweite lag, abhängig vom Munitionstyp und den verwendeten Treibladungen, zwischen 37.000 und 41.000 Metern.
Für jedes Geschütz konnten 104 Granaten mitgeführt werden, so dass sich der Gesamtvorrat für acht Geschütze auf 832 Granaten belief.
Es gelang den französischen Konstrukteuren nicht, die Rohre über ein Gyroskop zu stabilisieren, sondern man beschränkte sich auf Servomotoren zur Ausrichtung der Geschütze.[5][6]
Mittelartillerie
Als Sekundärbewaffnung wählte man 152-mm-Geschütze des Typs 152 mm/55 Modèle 1936. Auch hier gingen die Konstrukteure neue Wege, indem sie ein Mehrzweckgeschütz wählten, das sowohl gegen See- als auch gegen Luftziele eingesetzt werden konnte. Diese Geschütze waren in drei Türmen mit je drei Geschützrohren hinter den Aufbauten aufgestellt und konnten Ziele bekämpfen, die sich von der Seite oder von achtern näherten.
Jeder Turm verfügte über separate Zufuhrschächte für Flugabwehrmunition als auch für Munition gegen Seeziele, so dass bei Bedarf schnell gewechselt werden konnte. Das Laden der Geschützrohre konnte unabhängig vom Richtwinkel erfolgen, der bis zu 75° und durch Umbauten nach dem Krieg sogar 85° erreichen konnte. Die maximale Reichweite mit panzerbrechender Munition lag bei knapp 27 km.
Das Modèle 1936 hatte jedoch mit nur fünf Schuss pro Minute eine vergleichbar geringe Kadenz, so dass sie zur Abwehr von schnellen Flugzeugen eher ungeeignet waren.[7][8]
Flugabwehr
Ursprünglich sollten die 152-mm-Geschütze die Abwehr gegen weit entfernte oder hoch fliegende Luftziele übernehmen. Als Folge der unzureichenden Leistungen dieses neuen Geschütztyps entschied man, nur drei 152-mm-Türme aufzustellen und zur Flugabwehr die älteren 100 mm/45 Modèle 1930 zu verwenden. Man verbaute zwölf dieser Geschütze auf der Richelieu-Klasse und stellte sie in sechs Doppellafetten mittschiffs auf.
Das 100 mm/45 Modèle 1930 erreichte unter optimalen Bedingungen eine maximale Feuergeschwindigkeit von zehn Schuss pro Minute und konnten Ziele in bis zu 10.000 Metern Höhe beschießen.[9] Die tatsächlich erreichte Feuergeschwindigkeit lag allerdings deutlich unter diesem Wert. Die Munitionszuführung erfolgte aus den Bunkern der 152-mm-Artillerie und angrenzenden Räumen über ein horizontales Transportsystem, das unter dem Panzerdeck entlangführte. Erst unmittelbar an den Geschützen durchbrach ein Munitionsaufzug an Backbord und Steuerbord das Panzerdeck und lieferte die Granaten ans Oberdeck. Die Sollbestände an eingelagerter Flak-Munition betrugen etwa 3500 100-mm-Granaten.
Die leichte Flugabwehrbewaffnung für die Nahbereichsverteidigung bestand aus 37-mm-L/50-Maschinenkanonen CAD Modèle 1933, von denen zwölf in sechs Doppellafetten aufgestellt waren. Jede dieser Waffen konnte 42 Schuss pro Minute abfeuern. Die theoretische Reichweite lag bei etwa 7000 Metern. Der Waffentyp wurde vor dem Hintergrund der immer größer werdenden Bedrohung aus der Luft als zu leistungsschwach angesehen und ab 1943 durch 20-mm-Oerlikon-Kanonen und 40-mm-Bofors-Geschütze ersetzt.[10]
Zusätzlich wurden noch schwere Maschinengewehre mit Kaliber 13,2 mm vom Typ Hotchkiss 13.2 mm/76 Modèle 1929 aufgestellt. Es gab 24 dieser Waffen auf der Richelieu-Klasse, verteilt auf Doppel- und Vierlingslafetten. Die geringe Geschossmasse und die begrenzte Reichweite von 4200 Metern waren ebenfalls unzureichend für die Abwehr moderner Flugzeuge, und da das entsprechende Kaliber bei den übrigen Alliierten nicht verbreitet war, wurden sie bei der Reparatur und Modernisierung der Schiffe durch 20-mm-Oerlikon-Kanonen ersetzt.[11]
Aufklärung, Entfernungsmesser
Aufklärungsflugzeuge
Die Richelieu-Klasse war zunächst nicht für Radar vorgesehen. Die Aufklärung in größeren Entfernungen sollte von Flugzeugen übernommen werden. Zu diesem Zweck waren auf dem Achterschiff zwei Katapulte aufgestellt, über welche die Flugzeuge des Typs Loire 130 gestartet werden sollten. In einem Hangar konnten zwei, auf den Katapulten zwei weitere Aufklärungsflugzeuge und gegebenenfalls auf dem Dach des Hangars ein weiteres mitgeführt werden. Die Flugzeuge konnten nach ihrer Rückkehr nicht auf dem Schiff landen, sie waren deshalb als Flugboote konstruiert, landeten also auf dem Meer und wurden dann mit einem Kran zurück an Bord des Schlachtschiffs geholt. Es gab einen Aufzug, der die Flugzeuge vom Schanzdeck auf Katapulthöhe bringen konnte.[12]
Radar
Frankreich hatte zwar mit der Entwicklung eines eigenen Radarsystems begonnen, das jedoch erst 1941 zur Verfügung stand. Dieses Radar der Firma Sadir, offiziell als „détection électro-magnétique“ (D.E.M.) bezeichnet, war eine Einheit aus zwei Sendern Typ ME410 im Gefechtsturm und zwei Empfängern Typ ME126 in den achteren Aufbauten. Das Gerät arbeitete mit einer Wellenlänge von 200 cm und konnte hochfliegende Flugzeuge (über 1500 m) bis 80 km Entfernung erfassen. Größere Schiffe konnten bis rund 20 km Entfernung mit einer Genauigkeit von rund 500 m geortet werden.[13] Das System wurde in mehreren Baustufen von Februar bis Mai 1941 auf der Richelieu installiert. 1943 wurde es durch eine umfassende Ausstattung mit amerikanischen und britischen Geräten ersetzt. Die Jean Bart erhielt erst im Zuge der Endausrüstung 1953 Radar, allerdings umfassend moderne Geräte der Nachkriegsgeneration, teils auf amerikanischer und britischer Technik aufgebaut.
Entfernungsmesser
Die Feuerleitsysteme der Richelieu bestanden aus sieben Hauptleitgeräten: Zwei für die 380-mm-Artillerie (der unterste des Stapelleitgeber-Systems auf dem Gefechtsturm und ein weiterer in den achteren Aufbauten), drei für die 152-mm-Türme (die beiden oberen im Stapelleitgeber auf dem Gefechtsturm und ein weiterer auf dem Schornsteinaufbau) und zwei für die 100-mm-Flak (beidseits der Brücke). Die stereoskopischen Entfernungsmesser hatten Basislängen von 14 m für die 380-mm-Artillerie (viermal, in jedem Turm und jedem Leitgeber), 8 m und 6 m für die 152-mm-Artillerie (viermal 8 m, in jedem Turm und im mittleren des Stapelleitgebers, und zweimal 6 m, im oberen Stapelleitgeber und im Leitgerät auf dem Schornsteinaufbau) und 4 m für die 100-mm-Flugabwehrbewaffnung. Für die leichte Flak waren vier Leitgeräte mit 150-cm-Optiken für die 37-mm-Waffen und vier mit 100-cm-Optiken für die 13,2-mm-Waffen vorhanden, wobei zwei weitere baugleiche Exemplare zur Navigation verwendet wurden.
Beim Umbau der Richelieu 1943 wurde das oberste Feuerleitgerät im Stapelleitgeber auf dem Gefechtsturm ersatzlos entfernt. Die neue Flak erhielt entsprechende amerikanische Leitgeräte (14 Typ Mk.51 für die 40-mm-Bofors-Vierlinge und lokale Mk.14-Sichtgeräte an den 20-mm-Oerlikon).
Schiffe der Richelieu-Klasse
Von vier geplanten Schiffen der Richelieu-Klasse wurden nur zwei bis zur Seetüchtigkeit fertiggestellt, bevor deutsche Truppen im Sommer 1940 die Produktionsstandorte besetzten.
Richelieu
Die Richelieu wurde im Oktober 1935 auf Kiel gelegt und lief 1939 vom Stapel. 24 Stunden vor dem Eintreffen deutscher Truppen in Brest floh das Schiff, erst zu 95 % fertiggestellt, nach Dakar. Bei der Landung amerikanischer Truppen in Nordafrika Ende 1942 schlossen sich die dortigen Verbände Vichy-Frankreichs den Alliierten an. Die Richelieu wurde in den USA repariert und modernisiert und diente bis zum Kriegsende im Nordmeer und im Pazifik. Anschließend war sie im Indochinakrieg eingesetzt und wurde schließlich 1958 zum Schulschiff der französischen Marine, bevor sie 1968 in La Spezia abgewrackt wurde.
Jean Bart
Die Jean Bart wurde im Dezember 1935 auf Kiel gelegt und lief im März 1940 vom Stapel. Nur zu 75 % fertiggestellt, lief sie im Juni 1940 von Saint-Nazaire nach Casablanca aus, um der Beschlagnahmung durch deutsche Truppen zu entgehen. Ende 1942 wurde sie bei Gefechten mit amerikanischen Schiffen schwer beschädigt und konnte bis 1945 nicht einsatzbereit gemacht werden. Nach ihrer endgültigen Indienststellung und Modernisierung wurde sie 1956 während der Suez-Krise eingesetzt und 1969 in La Spezia abgewrackt.
Clémenceau
Die Clémenceau wurde am 17. Januar 1939 in Brest auf Kiel gelegt. Sie wurde im selben Dock wie die Richelieu gebaut, und ihr Bau begann wenige Stunden nach dem Stapellauf ihres Schwesterschiffes.[14] Bei der Besetzung der Werftanlagen durch deutsche Verbände im Juni 1940 war der Rumpf noch weitgehend ohne Innenausbauten. Da ein Fertigbau für die deutsche Kriegsmarine geplant war, wurde das Schiff als Schlachtschiff R bezeichnet. Als im Dezember 1941 beschlossen wurde, dass der Weiterbau des Schiffes vorerst nicht erfolgen würde, wurde der Hulk schließlich ausgedockt und nahe dem deutschen U-Boot-Bunker verankert. Im August 1944 griffen Kampfflugzeuge der Alliierten mehrfach die Schiffe in der eingeschlossenen Stadt an ihren Ankerplätzen an, um zu verhindern, dass sie von den deutschen Verteidigern in der Hafeneinfahrt versenkt werden konnten, um diese zu blockieren.[15] Der unfertige Rumpf der Clémenceau wurde dabei versenkt. Er wurde 1948 gehoben und später abgewrackt.[16]
Gascogne
Die Gascogne sollte einige Änderungen gegenüber ihren Schwesterschiffen erhalten. So sollte etwa Turm B auf das Achterschiff verlegt werden, um ein größeres Schussfeld zu erreichen. Zum Baubeginn kam es als Folge der Kriegsgeschehnisse jedoch nicht, jedoch wurde das bereitgestellte Material von der Wehrmacht beschlagnahmt und kurzzeitig ein Fertigbau erwogen. Daher wurde das Schiff spekulativ als Schlachtschiff S bezeichnet.[17]
Auswirkungen
- Viele der Konstruktionsmerkmale der Richelieu-Klasse waren wichtige Faktoren für Entscheidungen, welche die deutsche Marine bei der Planung der Bismarck-Klasse traf. So erwähnte der deutsche Großadmiral Raeder während seiner Aussage beim Nürnberger Prozess, dass die Wahl des 38-cm-Kalibers für die Hauptgeschütze der Bismarck im Wesentlichen auf der Tatsache beruhten, dass die Franzosen für die Richelieu dieses Kaliber verwendeten.[18]
- Die US-amerikanischen Planungen für zukünftige Schlachtschiffneubauten, die mit Ablaufen des Flottenvertrages beginnen sollten, berücksichtigten ebenfalls die Richelieu-Klasse. So waren es lückenhafte Erkenntnisse über deren hohe Geschwindigkeit, welche die amerikanischen Planer ebenfalls zu einem eher schnellen Schlachtschifftyp tendieren ließen.[19]
Literatur
- Robert Dumas: Le cuirassé Richelieu 1935–1968. Marines édition, Bourg-en-Bresse 1992, ISBN 2-909675-00-9.
- René Sarnet, Eric Le Vaillant: Richelieu. Marines édition, Nantes 1997, ISBN 2-909675-32-7.
- Eric Gille: Les bâtiments de ligne de 35000 tonnes type Richelieu. In: Cent ans de cuirassés français. Nantes 1999, ISBN 2-909675-50-5, S. 143 ff.
- Ives Buffetaut: La carrière du Richelieu de 1943 à 1945. In: Gilles Garidel (Hrsg.): Marines Hors Serie Spécial "Marine Française 1943–1945". Bourg-en-Bresse 1995, S. 61ff.
- Zum Einsatz im 2. Weltkrieg: RAdm. Paul Auphan, Jacques Mordal: The French Navy in World War II. US Naval Institute, Annapolis 1959.
- Zum Umbau in New York: René Sarnet, Eric Le Vaillant: Le Richelieu ira à New York. MARINES guerre & commerce, Vol. 48 (März/April 1997), S. 15ff. (mit historischen Farbaufnahmen)
- Zu den Bordflugzeugen: Lucien Morareau: Le Loire 130. Lela Presse, Outreau 2006, ISBN 2-914017-38-3, mit Einzelheiten zum Einsatz speziell auf Richelieu S. 144ff.
Weblinks
Fußnoten
- ↑ David und Hugh Lyon; Siegfried Greiner: Kriegsschiffe von 1900 bis heute Technik und Einsatz. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft mbH, Köln 1979, S. 82.
- ↑ a b Энергетическая установка (Memento vom 24. April 2009 im Internet Archive), russisch, gesichtet 14. August 2009
- ↑ William Garzke, Robert O. Dulin, Alan Raven: Battleships: Axis and Neutral Battleships in World War II. Naval Institute Press, 1985, ISBN 0-87021-101-3, S. 468–469.
- ↑ William Garzke, Robert O. Dulin, Alan Raven: Battleships: Axis and Neutral Battleships in World War II. Naval Institute Press, ISBN 0-87021-101-3, S. 101.
- ↑ Norman Friedman, A.D. Baker, W.J. Jurens: Naval Firepower. US Naval Inst Press, 2007, ISBN 1-59114-555-4, S. 244 ff.
- ↑ http://www.navweaps.com/Weapons/WNFR_15-45_m1935.htm navyweapons.com gesichtet am 12. August 2009
- ↑ William Garzke, Robert O. Dulin, Alan Raven: Battleships: Axis and Neutral Battleships in World War II. Naval Institute Press, ISBN 0-87021-101-3, S. 17.
- ↑ http://www.navweaps.com/Weapons/WNFR_6-55_m1930.htm navyweapons.com gesichtet am 12. August 2009
- ↑ http://www.navweaps.com/Weapons/WNFR_39-45_m1930.htm navyweapons.com gesichtet am 12. August 2009
- ↑ http://www.navweaps.com/Weapons/WNFR_37-50_cail_m1933.htm navyweapons.com gesichtet am 12. August 2009
- ↑ http://www.navweaps.com/Weapons/WNFR_13mm_aamg.htm navyweapons.com gesichtet am 12. August 2009
- ↑ Robert Dumas: Le cuirassé Richelieu. Bourg-en-Bresse 1992, S. 13; Lucien Morareau: Le Loire 130. Outreau 2006, S. 144 ff.
- ↑ Robert Dumas: Le cuirassé Richelieu.Bourg-en-Bresse 1992, S. 36/37; René Sarnet/Eric Le Vaillant: Richelieu. Nantes 1997, S. 137/138 mit weiteren Daten und Beispielen von Radarerfassungsübungen
- ↑ http://www.netmarine.net/g/bat/richelieu/misealeau.htm Netmarine homepage, gesichtet am 12. August 2009
- ↑ Royal Air Force Bomber Command 60th Anniversary (Memento vom 7. Juni 2007 im Internet Archive) RAF.MOD.UK, bombercommand history, gesichtet am 14. August 2009
- ↑ http://site.voila.fr/warshipsdesign/Home/France/clemenceau/clmencea.htm?0.2975749812184164 Private homepage, französisch, Clemenceau, gesichtet 12. August 2009
- ↑ Siegfried Breyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1921–1997 - Internationaler Schlachtschiffbau, Bernd & Graefe Verlag, Bonn 2002, ISBN 3-7637-6225-6, S. 230
- ↑ Nürnberger Prozess, Donnerstag, 16. Mai 1946, Vormittagssitzung, „... nunmehr baute Frankreich Schiffe mit 38 cm im „Richelieu-Typ“ und wir entschlossen uns dahin, ebenfalls Schiffe mit 38 cm zu bauen ...“
- ↑ William H. Garzke, Robert O. Dulin, Thomas G. Webb: BATTLESHIPS. United States Battleships 1935–1992. Revised and Updated Edition. Naval Institute Press, 1995, ISBN 1-55750-174-2, S. 346, 347.