Verteilung mit schweren Rändern
In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist eine Verteilung mit schweren Rändern (englisch heavy tails) bzw. endlastige Verteilung oder Heavy-tailed-Verteilung[1] (englisch heavy-tailed distribution) eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, deren Dichte langsamer als exponentiell fällt. Anschaulich besagt der Begriff, dass auf den „Rändern“ oder „Verteilungsenden“ der Verteilung mehr Masse liegt als beispielsweise bei der Exponentialverteilung. Es gibt drei wichtige Unterklassen von Verteilungen mit schweren Rändern: die Verteilungen mit fetten Verteilungsenden (englisch fat tails), die Verteilungen mit langen Verteilungsenden (englisch long tails) und die subexponentiellen Verteilungen.
Definition
Eine Zufallsgröße besitzt eine Verteilung mit schweren Rändern, wenn für ihre Verteilungsfunktion gilt:
Für die Teilmenge der subexponentiellen Verteilungen gilt zudem:
Sind unabhängig und identisch verteilte Zufallsvariablen, so gilt unter der Annahme, dass sie subexponentiell verteilt sind, dass die Verteilung der Summe der asymptotisch durch die Verteilung des Maximums der bestimmt ist[3].
Beispiele
- Pareto-Verteilung
- Logarithmische Normalverteilung
- Logarithmische Gammaverteilung
- Lévy-Verteilung
- Cauchy-Verteilung
- Weibull-Verteilung mit Formparameter kleiner 1
- t-Verteilung
Anwendungen
In der Versicherungsmathematik verwendet man Verteilungen mit schweren Rändern zur Modellierung von Großschäden und Extremereignissen. Haftpflichtsparten bezeichnet man wegen ihrer langen Abwicklungsdauer auch als sogenannte Long-tail-Sparten. Dagegen sind Versicherungssparten wie die Kaskoversicherung, die Hausrat- oder Glasversicherung sogenannte Short-tail-Sparten. Die Abwicklung der Schäden in diesen Short-tail-Sparten ist im Allgemeinen kurz. In den Long-tail-Sparten sind Abwicklungsdauern über 40 Jahre keine Seltenheit.
Auch in der Finanzwirtschaft sind schwere Ränder von Bedeutung. So zeigten Benoit Mandelbrot und Eugene Fama, dass die Renditen von Aktien und anderen spekulativen Anlagen erheblich von der Normalverteilung abweichen und in der Regel endlastig sind; diese Erkenntnis ist als Fama-French-Dreifaktorenmodell bekannt.[4][5]
Literatur
- Paul Embrechts, Thomas Mikosch, Claudia Klüppelberg: Modelling extremal events. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-60931-8.
- Christian Grimm, Georg Schlüchtermann: Verkehrstheorie in IP-Netzen. 1. Auflage. Hüthig, Bonn, Heidelberg 2004, ISBN 3-8266-5047-6.
Einzelnachweise
- ↑ Grimm/Schlüchtermann S. 174 f.
- ↑ S. Foss, D. Korshunov, S. Zachary, An Introduction to Heavy-Tailed and Subexponential Distributions, Springer Science & Business Media, 21 May 2013
- ↑ Wolf-Rüdiger Heilmann und Klaus Jürgen Schröter: Grundbegriffe der Risikotheorie. VVW GmbH 2013
- ↑ Mandelbrot, B. (1963), The Variation of Certain Speculative Prices, in: Journal of Business, Vol. 36, No. 4, S. 394--419.
- ↑ Fama, E.F. (1965), The Behavior of Stock-Market Prices, in: Journal of Business, Vol. 38, No. 1, S. 34--105.