Stabelektrode
Die Stabelektrode ist ein mineralisch umhüllter Metallstab, der zum Elektroschweißen verwendet wird.
Stabelektroden zum Lichtbogenhandschweißen
Aufbau
Die Stabelektrode besteht aus einem metallischen Kernstab und einer Umhüllung. Der Werkstoff des Kernstabes richtet sich nach dem zu schweißenden Werkstoff und dessen chemischer Zusammensetzung. Meistens ist dieser Zusatzwerkstoff mit einer Umhüllung umgeben, die Zusätze enthält, um das Schweißen zu erleichtern, das Schweißgut zu schützen und den Prozess metallurgisch zu beeinflussen. Das erste Patent über eine umhüllte Stabelektrode stammt von dem Schweden Oscar Kjellberg aus dem Jahr 1908.
Die Schweißelektrode wird über den Schweißelektrodenhalter an eine Schweißstromquelle angeschlossen. Wird die Elektrode in unmittelbare Nähe des metallischen Werkstücks gebracht, bildet sich ein Lichtbogen, der Werkstoff und Elektrode aufschmilzt und verbindet. Zusätzlich sind Stoffe enthalten, die zur Bildung von Schlacke führen. Sie dient als Flussmittel zur Verringerung der Oberflächenspannung des aufgeschmolzenen Werkstoffs, sorgt für eine gleichmäßige Abkühlung und bindet Verunreinigungen.
Die Umhüllungen der Elektroden haben im Wesentlichen folgende Aufgaben:
- Ionisierung und Stabilisierung des Lichtbogens durch Beimengungen (z. B. durch Rutil)
- Ausgleich des Ausbrands der Legierungsbestandteile durch entsprechende Beigaben
- Erhöhung der Ausbringung (z. B. beim Auftragschweißen)
- gleichmäßige Abkühlung der Schweißnaht
- Abschirmung des Schmelzgutes durch Schutzgase gegen Stickstoff und Sauerstoff (Versprödung, Porenbildung, Oxidation) der Schweißnaht verhindern
Kurzzeichen der Umhüllungsstoffe nach DIN EN 499 bzw. EN ISO 2560
- A = sauer
- R = Rutil
- AR = rutilsauer
- RR = Rutil, dick umhüllt
- C = Zellulose
- R(C) = Rutilzellulose
- RR(C)= Rutilzellulose, dick umhüllt
- B = basisch
- R(B) = Rutil mit basischen Anteilen
- RR(B) = rutilbasisch, dick umhüllt
Feuchtigkeitsaufnahme der Umhüllung
Je nach Material kann der Feuchtegehalt der Umhüllung die Schweißeigenschaften der Stabelektrode stark beeinflussen.[1]
Über den Herstellungsprozess kann die Ausgangsfeuchte der Umhüllung beeinflusst werden, die größtenteils als Kristall- oder Konstitutionswasser in chemisch gebundener Form im Bindemittel (meist Wasserglas) der Umhüllung vorliegt.[1]
Zellulose- und rutil-umhüllte Stabelektroden (z. B. Umhüllungstypen C, R und RC) werden bei niedriger Temperatur (ab 80 °C) getrocknet und besitzen bereits zum Zeitpunkt der Herstellung einen gewissen Feuchtegehalt. Andere Elektrodenumhüllungen werden bei bis zu 500 °C getrocknet, sind aber hygroskopisch und nehmen im Laufe der Zeit Wasser aus der Luft auf. Die Feuchtigkeitsaufnahme ist abhängig von Material, Ausgangsfeuchte und Luftfeuchte. Dieses physikalisch gebundene Wasser (Kapillarwasser) lässt sich durch das sogenannte Rücktrocknen der Elektroden fast vollständig austreiben.[1]
Un- und niedriglegierte Stabelektroden mit Umhüllung der Klassen A, R, RR, RC, RA und RB müssen in der Regel nicht rückgetrocknet werden. Lediglich bei einem ungewöhnlich hohen Feuchtigkeitsgehalt, der etwa zu einer Porenbildung der Umhüllung geführt hat, kann eine einstündige Trocknung bei 100 bis 120 °C vorgenommen werden. Zelluloseumhüllte Elektroden sollen jedoch grundsätzlich nicht rückgetrocknet werden.[2]
Eine Rücktrocknung sollte vorgenommen werden bei
- nicht oder niedrig legierten, basisch umhüllten Stabelektroden für Stähle mit Streckgrenze Re bzw. Rp0,2 von 355 N/mm² oder mehr, bei 300 bis 350 °C, um einer Rissbildung durch Wasserstoffaufnahme vorzubeugen. Basisch umhüllte Elektroden sollten nicht öfter als 3 mal für insgesamt 10 Stunden rückgetrocknet werden.
- Elektroden für nichtrostende Stähle sowie für Nickellegierungen.[2]
Eine Rücktrocknung ist nicht notwendig, wenn die Elektroden in einer feuchtigkeitsundurchlässigen Verpackung gelagert wurden.[2]
Bereits getrocknete Elektroden können bei 120 bis 200 °C für max. 4 Wochen zwischengelagert werden.[2]
Auswahl von Stabelektroden
Die Auswahl von Stabelektroden erfolgt nach werkstoff- und schweißtechnischen Gesichtspunkten. Dabei wird zuerst ein Vergleich der mechanischen Gütewerte des Schweißzusatzes mit den Gütewerten des Grundwerkstoffes vorgenommen, wobei die Mindestanforderungen des Grundwerkstoffes auch im reinen Schweißgut erreicht werden müssen.
Für die Auswahl von Stabelektroden können folgende Kriterien genannt werden:
- Der zu verschweißende Grundwerkstoff
- für unlegierte Stähle und Feinkornbaustahl
- für höherfeste Stähle
- für warmfeste Stähle
- für nichtrostende und hitzebeständige Stähle
- für Gusseisenwerkstoffe
- für Nichteisenmetalle; weiter unterteilt nach:
- der chemischen Zusammensetzung
- den metallurgischen und physikalischen Eigenschaften
- Die Beanspruchung des Bauteils geordnet nach
- konstruktiver Gestaltung des Bauteils
- vorwiegend ruhende oder vorwiegend nicht ruhende Beanspruchung
- Beanspruchungszustand (Größe der Belastung)
- Die Schweißaufgabe geordnet nach
- Schweißbedingungen
- Schweißposition
- vorhandene Schweißstromquelle
- geeigneter Umhüllungstyp
- Die Wirtschaftlichkeit geordnet nach
- Abschmelzleistung
- Ausbringung
- Streckenenergie
Die Auswahl der umhüllten Stabelektroden erfolgt meist nach den Katalogen für Schweißzusätze der Herstellerfirmen.
Stabelektrodenbezeichnung nach DIN EN ISO 2560-A (Unlegierte Stähle und Feinkornstähle)
Beispiel: E 38 2 B 1 2 H5
- E Kurzzeichen nach DIN 1910 für das Schweißverfahren; hier Lichtbogenhandschweißen
- 38 Mindeststreckgrenze in N/mm²; hier 380 N/mm²
- Zugfestigkeit in N/mm²; hier 470–600 N/mm²
- Bruchdehnung in %; hier 20 %
- 2 Mindest-Kerbschlagarbeit (47 Joule) bei −20 Grad Celsius
- B Umhüllungstyp; hier basischumhüllt
- 1 Ausbringung; hier < 105 %
- Stromart; hier: Gleich- und Wechselstrom
- 2 Schweißposition; hier alle, außer Fallposition
- H5 Wasserstoffgehalt hier < 5 ml/100g Schweißgut
Die DIN EN ISO 2560-A:2010-03 verwendet nur noch MPa statt N/mm²; der diffusible Wasserstoffgehalt wird in ml/100 g Schweißgut bezeichnet.
Literatur
- Christian Guilino: Fachkunde für Bauschlosser, Stahlbauer, Schmelzschweißer. Handwerk und Technik, Hamburg 1984, ISBN 3-582-00077-X.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Umgang mit umhüllten Stabelektroden - Transport, Lagerung und Rücktrocknung Merkblatt DVS 0957 (Ersatz für DVS 0504 von April 1988), DVS - Deutscher Verband für Schweissen und verwandte Verfahren e.V., Ausschuss für Technik, Arbeitsgruppe „Lichtbogenschweißen“, DVS-Verlag GmbH, Juli 2005
- ↑ a b c d Empfehlungen für die Lagerung und Rücktrocknung von Stabelektroden, S. Q31 - Q34, ESAB. Abgerufen im Januar 2022