Ingeborg Strobl

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Ingeborg Strobl (geb. 3. Juni 1949 in Schladming, Steiermark; gest. 9. April 2017[1]) war eine österreichische Künstlerin. Sie arbeitete konzeptionell mit den Medien Grafik, Fotografie, Aquarell und Skulptur. Ihr Werk umfasst neben Collagen, Objektkunst und Installationen auch Kunst im öffentlichen Raum. Sie lebte und arbeitete ab 1967 in Wien.

Leben

Ingeborg Strobl wuchs als Tochter eines Lehrers mit zwei Geschwistern in Schladming auf. In ihrer Kindheit waren die Natur und das bäuerliche Leben bei ihrer Tante in einem südburgenländischen Dorf an der ungarischen Grenze für sie prägend.[2]

Mit 18 Jahren ging sie nach Wien und studierte an der Universität für angewandte Kunst mit Schwerpunkt Grafik. Während ihres Studiums begann sie zu fotografieren. Von 1972 bis 1974 besuchte sie das Royal College of Art in London, an dem sie den Master of Arts im Fach Keramik erwarb. In den 1970er Jahren arbeitete sie vor allem als Keramikerin und Grafikerin. Ihre plastischen Arbeiten nannte sie „Anti-Design“.[3] Sie begründete 1987 mit ONA B., Evelyne Egerer und Birgit Jürgenssen die feministische Künstlerinnengruppe Die Damen. Von 1999 bis 2001 unterrichtete Strobl an der Universität für angewandte Kunst als Gastprofessorin Kunsterzieher in Gestaltungslehre.[3]

Ingeborg Strobl stellte ab den Siebzigerjahren in Museen in Österreich aus. Sie lebte in einer kleinen Wohnung im 7. Wiener Gemeindebezirk[4] und war bis zu ihrem Tod als freie Künstlerin tätig. Ihren Nachlass vermachte sie dem Mumok in Wien. Das Museum widmete ihrem Lebenswerk postum eine Retrospektive.

Werk

Collagen, Objektkunst

Ingeborg Strobl sammelte Alltagsdinge und Fundstücke, arrangierte sie mit ihren Fotografien, Aquarellen, Texten und Drucksachen zu Collagen oder mit Skulpturen zu Rauminstallationen. Aus scheinbaren Nebensächlichkeiten, Randerscheinungen der Zivilisation, schuf sie poetische Miniaturen. Sie thematisierte und persiflierte mit ihren Werken Begriffe wie Gesellschaft, Konsum, Sehnsucht, Schmerz und erkundete das Verhältnis zwischen der Natur einerseits und dem Menschen und seinen Dingen andererseits, was sie selbst einmal „Clash der Kulturen“ nannte.[4] In ihrer Ausstellung Liebes Wien, Deine Ingeborg Strobl im Wien Museum 2015 ordnete sie Fotografien und Erinnerungsstücke aus dem alltäglichen Leben zu einem Streifzug durch ihr persönliches Wien an.[5]

Kunst im öffentlichen Raum

Mahnmal für verlorengegangene Artenvielfalt
1997 schuf Ingeborg Strobl in der Kulturlandschaft Paasdorf in Niederösterreich eine zwei Meter hohe Stele aus glatt poliertem Donausandstein, in den sie in goldenen Buchstaben die Namen von 14 verschiedenen Rinderarten einmeißelte, die um 1880 in der Region beheimatet waren, und die Namen der 1997 verbliebenen drei Rinderrassen. Das Mahnmal entstand noch vor der medialen Debatte über die Rinderhaltung.[6][7]

ein Garten (zum Beispiel)
Im Jahr 2008 realisierte sie ein permanentes Kunst-am-Bau-Projekt in der Novaragasse in Wien-Leopoldstadt, die früher Gartengasse (1797–1812) und Gärtnergasse (bis 1862) hieß. Sie gestaltete die Fassade mit großflächigen Emailplatten, auf denen Pflanzen abgebildet sind, die in Wien gedeihen würden. Stilistisch nahm sie dabei Bezug auf Holzschnitte aus dem 19. Jahrhundert, die an die Novara-Expedition erinnern.[8]

Glasfassade UnterWasserReich Ramsar
Das UnterWasserReich Ramsar in Schrems ist ein Besucher- und For­schungs­zentrum für Hochmoore des Waldviertels. Ingeborg Strobl gewann 2004 den baukünstlerischen Wettbe­werb zur Gestaltung der Glasfassade. Sie brachte schwarze Darstellungen von Teichfrosch, Zauneidechse und Kreuzotter per Siebdruck auf der gläsernen Außenhaut über einem Hintergrundornament von weißen Amphibien-Skeletten an. Die Fassadengestaltung sorgt gleichzeitig für Sonnenschutz.[9][10]

Rezeption

Wolfgang Kos beschrieb Ingeborg Strobl als ernste und politisch denkende Künstlerin. Sie neige zu großen Zusammenhängen mit ökologischem und zivilisationskritischem Impetus, ohne zu romantisieren. In ihren Fotografien, die Komponenten ihrer Bildarrangements sind, gelte ihr Blick dem Detail, dem Unbeachteten, Ramponierten. Sie hebe gleichsam die Dinge vom Boden auf.[11] Ihre Methode „war die Langsamkeit, die genaue Beobachtung“, schrieb Roman Gerold in seinem Nachruf. Von dem aufmerksamen Blick habe sie sich auch nicht durch die digitalen Medien ablenken lassen wollen.[4] Sie sei eine Verweigerin von „Produktzwang und Konsumdiktat“, schrieb Andrea Schurian. Strobl misstraue dem Kunstmarkt, dem sie „keine vermarktbare Handelsware“ geliefert habe.[12] Anlässlich der Retrospektive im Mumok 2020, die Strobl mit dem Kurator des Museums noch selbst konzipiert hatte, charakterisierte Katharina Rustler sie als eine Kritikerin, „die zeitlebens der Gesellschaft einen Spiegel vorhielt“. Sie habe den Konsumwahn angeklagt, „den neokapitalistischen Umgang mit Tieren, die Verschwendung natürlicher Ressourcen sowie den kommerziellen Kunstbetrieb“. Ein zentrales Motiv ihres Œuvre ist die Darstellung von Tieren mit der Botschaft, dass sich das Verhalten der Menschen darin widergespiegelt.[13]

Ausstellungen

Einzelausstellungen (Auswahl)

Beteiligungen Ihre Arbeiten wurden u. a. im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Museum des 20. Jahrhunderts Wien, Museum der Moderne Salzburg, in der Pinakothek in Ravenna, im Kunstnernes Hus in Oslo, in der Randolph Street Gallery in Chicago und der Städtischen Galerie Karlsruhe ausgestellt.[3]

Preise

Veröffentlichungen

Künstlerbücher
  • Ich esse Fleisch, Folio Verlag, Wien/Bozen 1996, ISBN 3-85256-036-5
Begleitbände zu Ausstellungen
  • Das Tier, Wiener Secession, Wien 1992, ISBN 3-900803-53-6
  • Liebes Wien, Deine Ingeborg Strobl, Text: Wolfgang Kos und Ingeborg Strobl, Verlag für Moderne Kunst, Wien 2015, ISBN 978-3-903004-14-6 (84 Seiten; Voransicht digitalisiert)
  • Ingeborg Strobl, Text: Stella Rollig und Ingeborg Strobl, hrsg. LENTOS Kunstmuseum Linz, Verlag für Moderne Kunst, Wien 2016, ISBN 978-3-903131-24-8 (144 Seiten, Deutsch/Englisch)
  • Gelebt - Ingeborg Strobl, herausgegeben von Rainer Fuchs (Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien), Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2020, ISBN 978-3-96098-808-3 (240 Seiten).

Literatur

  • Stachel in fremden Wunden. Ingeborg Strobl im Gespräch mit Matthias Herrmann, in: Spike Art Quarterly, 1/2004
  • Wolfgang Kos: Gelegentlich Fotos. Zum ephemeren Gesamtkunstwerk der Ingeborg Strobl, in: Camera Austria, 89/2005, S. 31–42
  • Andrea Schurian: Das Tier, die Umwelt und wir. Die österreichische Künstlerin Ingeborg Strobl, in: Parnass Kunstmagazin, 1/2005

Weblinks

Commons: Ingeborg Strobl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. orf.at: Fotokünstlerin Ingeborg Strobl gestorben. Artikel vom 10. April 2017, abgerufen am 10. April 2017.
  2. Andrea Schurian: Das Tier, die Umwelt und wir. Die österreichische Künstlerin Ingeborg Strobl, in: Parnass Kunstmagazin, 1/2005
  3. a b c d e STROBL, Ingeborg, Universalmuseum Joanneum (2015)
  4. a b c Roman Gerold: Künstlerin Ingeborg Strobl gestorben, Der Standard, 10. April 2017
  5. Roland Schöny: Ingeborg Strobl 1949 – 2017, Artmagazine, 10. April 2017
  6. Katharina Blaasch-Patscher: Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich, in: Manfred Wagner (Hrsg.): Niederösterreich und seine Künste (= Niederösterreich. Eine Kulturgeschichte von 1861 bis 2000, Band 2), Böhlau, 2005, ISBN 978-3-205-77218-7, S. 45
  7. Ingeborg Strobl: skulptur in der kulturlandschaft paasdorf. In: Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. Abgerufen am 8. August 2016.
  8. Über das Projekt: ein Garten (zum Beispiel) Ingeborg Strobl, Kunst im Öffentlichen Raum Wien
  9. UnderWaterWorld Ramsar, Schrems, Austria, 2005. Architektur in Progress
  10. Unterwasserreiche Architektur, architektur-online, Heft 5, Juli/August 2006, S. 34 ff. (pdf)
  11. Wolfgang Kos: Gelegentlich Fotos. Zum ephemeren Gesamtkunstwerk der Ingeborg Strobl, s. Literatur S. 38
  12. Andrea Schurian: Ingeborg Strobl: Einblicke, Eindrücke und Erinnerungen, Der Standard, 22. Juli 2015
  13. Katharina Rustler: Ingeborg Strobl im Mumok: Was zur Hölle macht ihr da? Der Standard, 5. März 2010
  14. Liebes Wien, Deine Ingeborg Strobl, 20. Mai 2015 bis 6. September 2015, Wien Museum (Memento des Originals vom 6. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wienmuseum.at
  15. Ingeborg Strobl im Lentos, ooe.orf.at, 23. Juni 2016
  16. Roland Schöny: Ingeborg Strobl 1949 – 2017, Artmagazine, 10. April 2017
  17. 360° Rundgang: Gelebt – Ingeborg Strobl. Virtuelle Tour durch die Ausstellung, Mumok Wien (abgerufen am 14. März 2022)
  18. Würdigungspreis für künstlerische Fotografie 2008 an Ingeborg Strobl