Menschen, Tiere, Sensationen Tour

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Menschen, Tiere, Sensationen ist der Name einer Konzertreise der Musikgruppe Die Toten Hosen aus Düsseldorf. Die Tournee verlief von März bis September 1992 unter der Leitung von Kiki Resslers Unternehmen Kikis Kleiner Tourservice. Sie führte die Musiker nach Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Spanien, Deutschland, Österreich und die Schweiz bis nach Argentinien und Brasilien. Die Band spielte in Lokalen wie The Borderline und den Marquee Club in London vor überschaubarem Publikum, sowie in Hallen und Stadien. Die beiden Festivals im Waldbronner Fußballstadion und auf der Freilichtbühne Loreley wurden von 11.000[1] beziehungsweise 17.000 Menschen besucht.[2] Ende des Jahres 1992 nahmen Die Toten Hosen an den Demonstrationen Es wird Zeit in Bonn und Heute die! Morgen Du! in Frankfurt am Main teil und stellten dort das Lied Sascha … ein aufrechter Deutscher vor.

Musiker, Gäste und Vorbands

Die Band Die Toten Hosen bestanden zur Zeit der Konzertreise Menschen, Tiere, Sensationen aus Frontmann Campino, den Gitarristen Andreas von Holst und Michael Breitkopf, dem Bassisten Andreas Meurer und dem Schlagzeuger Wolfgang Rohde.

Nachdem die Gruppe im November 1991 ihr Tribut an den englischsprachigen Punkrock in Form des Albums Learning English Lesson One veröffentlicht hatte, wurde sie auf ihrer darauf folgenden Tournee von verschiedenen Musikern begleitet, die am Album beteiligt gewesen waren. Dazu gehörten Honest John Plain von The Boys, der mit seiner im Jahr 1992 aktuellen Band The Crybabies geladen war,[3] Wreckless Eric und die Bands 999, The Vibrators und UK Subs.

In Dortmund und Stuttgart spielten die Manic Street Preachers als Vorgruppe. Bei den Konzerten in der Sporthalle Hamburg und der Bremer Stadthalle 1 war die Hamburger Band Rubbermaids im Vorprogramm.

In Buenos Aires traten zusätzlich die argentinischen Bands Gatos Sucios und Pilsen auf. Pilsen war im Jahr 1992 von ehemaligen Musikern der Los Violadores gegründet worden. Pilsen brachte 1993 ein einziges Album heraus, für das sie mit Ronald Biggs, Campino und Steve Jones von den Sex Pistols zusammenarbeiteten.[4]

Bei den Konzerten der Tour Menschen, Tiere Sensationen in Buenos Aires,[5] in Rio de Janeiro und São Paulo hatte Ronald Biggs einen Gastauftritt in Stevie-Wonder-Verkleidung als Sänger im Song Carneval in Rio (Punk Was) und in der Coverversion des Liedes Police is on my Back, das von The Equals stammt.[6]

Als Parodisten der Wildecker Herzbuben wurden, bei den Konzerten in Deutschland, die Roadies Elmar Packwitz und Uwe Faust eingesetzt, die ein Schild hochhielten, mit dem sie Die Toten Hosen ankündigten, während das Lied Herzilin vom Tonband lief.[7]

Musikalischer Ablauf

Die Konzerte der Tour wurden nach einem kurzen Intro vom Tonband mit der Coverversion des Songs Blitzkrieg Bop von den Ramones begonnen. Zum Set gehörten die Lieder Opel-Gang, Musterbeispiel, Liebesspieler, Freitag der 13. Glückspiraten, Fünf vor Zwölf, Wort zum Sonntag, Hier kommt Alex, All die ganzen Jahre, Alles wird gut, 1000 gute Gründe und Liebeslied. Das Lied Wehende Fahnen vom Album Opel-Gang begleitete Andreas von Holst mit der akustischen Gitarre.[2] Als neue Musikstücke wurden dem Publikum Wünsch DIR was und Hot-Clip-Video-Club vorgestellt,[2] die im Mai 1993 auf dem Album Kauf MICH! veröffentlicht wurden. Im Zugabenteil wurde Bis zum bitteren Ende, Schönen Gruß, auf Wiedersehen gespielt. Das Ende nach der letzten Zugabe setzte stets Eisgekühlter Bommerlunder.

Fest zum Programm gehörten die Songs Do anything you wanna do, im Original von Eddie & the Hot Rods, Carneval in Rio (Punk Was) und Born to Loose als Erinnerung an Johnny Thunders. Zum Set gehörte zudem das Lied Wort zum Sonntag vom Album Damenwahl aus dem Jahr 1986, in dem es ursprünglich hieß: „Solange Johnny Thunders lebt, solange bleib ich ein Punk; solange es was zu trinken gibt, dauern alle unsere Feste an.“ Nachdem Johnny Thunders kurze Zeit nach den Aufnahmen zum Album Learning English Lesson One verstorben war, stellte Campino das Lied auf der Tour erstmals mit geändertem Text vor: „Hey Johnny, kannst du uns grad seh’n? Wir vergessen dich nicht! Wir werden überall von dir erzähl’n, damit dein Name ewig weiterlebt“.

Die Toten Hosen spielten zudem, je nach dem, welche Gastmusiker am Abend anwesend waren, eine Auswahl von Coverversionen wie die Songs von The Boys New Guitar in Town,First Time und Brickfield Nights, oder Nasty Nasty von 999, Disco in Moskau und Baby, Baby von The Vibrators, oder Whole Wide World von Wreckless Eric.

Dem Zirkusmotto und dem Titel der Tournee Menschen, Tiere, Sensationen zufolge waren die Bandmitglieder während der Vorstellung auf der Bühne sehr aktiv. Fryderyk Gabowicz erinnert sich in seinem Fotoband über Die Toten Hosen im Jahr 2006 an den Bühnenauftritt der Band vom 15. Mai 1992 in der Münchner Olympiahalle: „Die Toten Hosen tobten auf der Bühne immer derartig herum, dass ich ständig aufpassen musste, nicht von ihnen über den Haufen gerannt zu werden, wenn ich auf oder neben der Bühne fotografiert habe. Auf jeden Fall hatte ich immer große Hochachtung vor der artistischen Leistung – es ist gar nicht so einfach, wie ein Gummiball herumzuhüpfen und gleichzeitig zu singen oder ein Instrument zu spielen.[8]

Zum Lied Mehr davon vom Album Ein kleines bißchen Horrorschau kletterte Campino regelmäßig in das Lichtergerüst über der Bühne. Beim Open-Air Konzert in der Altstadt von Winterthur landete er bei seiner Kletteraktion notgedrungen in der Dachwohnung des Pfarrers, entwendete dort Gegenstände und warf sie ins Publikum, wofür er sich später mit einer Sachspende in Form von 300 Gesangbüchern für die Gemeinde entschuldigte.[9][10]

Stationen

Datum Halle bzw. Stadion Ort Anmerkungen
5. März 1992 The Borderline London Clubshow vor rund 200 Besuchern. Gäste: 999[11]
18. März 1992 Gorki-Park Neu-Ulm Gäste: 999
20. März 1992 Sporthalle Völklingen Gäste: 999
21. März 1992 Messehalle 1 Leipzig Gäste: 999, The Lurkers[12]
23. März 1992 PC69 Bielefeld Gäste: 999
24. März 1992 Eurogress Aachen Gäste: 999
26. März 1992 Volkshaus Zürich Gäste: 999
27. März 1992 Volkshaus Zürich Gäste: 999
28. März 1992 Festhalle Willisau Konzert vor zirka 8.500 Zuschauern
31. März 1992 Barcelona
2. Apr. 1992 Madrid
3. Apr. 1992 Valladolid
4. Apr. 1992 Mondragón
8. Apr. 1992 Glasgow
9. Apr. 1992 Marquee Club London Gäste: Wreckless Eric, Honest John Plain und Matt Dangerfield von The Boys, Nick Cash und Arturo Bassick von der Band 999.[13]
10. Apr. 1992 Edinburgh
23. Apr. 1992 Espace Ornano Paris
30. Apr. 1992 Eilenriedehalle Hannover Gäste: The Vibrators
1. Mai 1992 Carl-Diem-Halle Würzburg
2. Mai 1992 Eissporthalle Kassel
4. Mai 1992 Stadthalle Lichtenfels Gäste: The Vibrators
5. Mai 1992 Friedrich-Ebert-Halle Ludwigshafen am Rhein
6. Mai 1992 Sporthalle Köln Gäste: The Vibrators
8. Mai 1992 Sporthalle Hamburg Gäste: Rubbermaids
10. Mai 1992 Stadthalle 1 Bremen Gäste: Rubbermaids
13. Mai 1992 Große-Jurahalle Neumarkt
14. Mai 1992 Stadthalle Freiburg
15. Mai 1992 Olympiahalle München Gäste: UK Subs
17. Mai 1992 Bank Austria Zelt Wien
19. Mai 1992 Stadthalle Dornbirn
22. Mai 1992 Deutschlandhalle Berlin Konzert vor zirka 7.000 Menschen.
27. Mai 1992 Hanns-Martin-Schleyer-Halle Stuttgart Gäste: Manic Street Preachers; Das Konzert vor zirka 13.000 Besuchern wurde live vom Sender SDR 3 übertragen.
29. Mai 1992 Westfalenhalle 1 Dortmund Gäste: Manic Street Preachers; Konzert vor zirka 14.000 Menschen.
6. Juni 1992 Provinssirock Seinäjoki
13. Juni 1992 Jübek Open Air Jübek Konzert vor zirka 25.000 Menschen.
14. Juni 1992 Frankfurt am Main
25. Juni 1992 Oslo
27. Juni 1992 Roskilde-Festival Roskilde
4. Juli 1992 Dalarock Festival Hedemora
22. Aug. 1992 Fußballstadion Waldbronn Auftritt vor zirka 11.000 Menschen; Gäste: Wreckless Eric The Vibrators, UK Subs und 999.[1]
29. Aug. 1992 Freilichtbühne Loreley Loreley Auftritt vor zirka 17.000 Menschen; Gäste: Wreckless Eric, The Vibrators, UK Subs und 999.[2]
5. Sep. 1992 Musikfestwochen Winterthur
11. Sep. 1992 Halley Rock Club Buenos Aires Auftritt vor zirka 3.000 Menschen; Gast: Ronald Biggs.[5]
18. Sep. 1992 Circo Voador Rio de Janeiro Gast: Ronald Biggs
19. Sep. 1992 Woodstock São Paulo Gast: Ronald Biggs
14. Nov. 1992 Hofgarten Bonn Die Toten Hosen spielen auf der Demonstration unter dem Motto Es wird Zeit das Lied Sascha … ein aufrechter Deutscher.
13. Dez. 1992 Messe Frankfurt Frankfurt am Main Die Toten Hosen spielen auf dem Festival unter dem Motto Heute die! Morgen Du! das Lied Sascha … ein aufrechter Deutscher vor rund 100.000 Menschen.

Merchandise und Bühnendekoration

Die Bühnendekoration, entworfen von Michael Roman, bestand aus einem Vorhang im Hintergrund aus bunten Totenköpfen. Roman entwarf zudem die Tourplakate, die Eintrittskarten und die T-Shirts, die während der Tour veräußert wurden. Der Aufdruck bestand meist aus tanzenden Skeletten in grellbunten Farben.[14] Zur Tournee erschien die Promo-Single We Love You, einer Coverversion des Songs The Rolling Stones, B-Seite Mehr davon, limitiert auf 700 Stück.[15] Zudem brachte die Band ein eigenes Magazin heraus unter dem Motto: Rock Sensation präsentiert: Alles über Die Toten Hosen – Menschen, Tiere, Sensationen, das man an den Verkaufsständen während der Konzertabende erwerben konnte.

Presse

Edgar Klüsener vom Metal Hammer beschrieb Die Toten Hosen im Jahr 1992 wie folgt: „Was die Düsseldorfer aus der Masse ihrer Kollegen heraushebt, ist auch der schlitzohrige Verzicht auf ‚Anspruch‘, ohne den mancher biederer Deutschrocker sich weder auf die Bühne noch ins Studio wagen würde. Zwar hat es bis heute noch niemand geschafft, ‚Anspruch‘ schlüssig zu definieren, doch irgendwie gehört er halt in alten und neuen Bundesländern zum guten Ton in jeder Lage. Die Punkrocker am Rhein dagegen lassen sich viel zu sehr von ihren Stimmungen und Eingebungen leiten, setzen auf Frische, (Lebens-)Lust, auf Dada und auf Chaos, auf (Selbst-)Ironie, Nonsens und gelegentlich geniale Situationskomik in herzerfrischender Slapstick-Manier.“[16]

Steve Körner schrieb im Musikexpress vom Mai 1992 über das ausverkaufte Konzert in der Leipziger Messehalle 1, dass „wegen der miesen Akustik von den Texten zwar kein Wort zu verstehen“ gewesen sei, das sei den Leuten aber egal gewesen. „Die hüpfen, springen und feiern vom ersten Takt an, kennen ansonsten eh jede Zeile auswendig und brüllen sie begeistert mit“, schreibt er. Was der Band in Leipzig an klanglicher Brillanz fehlen würde, hätten sie durch verstärkten Einsatz wettgemacht.[12]

Literatur (Auswahl)

  • Bertram Job: Bis zum bitteren Ende … Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte. dtv, München 1997, ISBN 3-423-20891-0. (die erste Auflage erschien 1996 bei Kiepenheuer & Witsch, Köln)
  • Hollow Skai: Die Toten Hosen. Hannibal, A-Höfen 2007, ISBN 978-3-85445-281-2.
  • Fryderyk Gabowicz: Die Toten Hosen. Live-Backstage-Studio: Fotografien 1986–2006. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2006, ISBN 3-89602-732-8.
  • Magazin zur Tour Menschen, Tiere, Sensationen, Universa Medien Verlags GmbH, Dortmund 1992.

Einzelnachweise

  1. a b Jürgen Seibold: V.I.P. Die Toten Hosen Paul Zsolnay Verlag, Wien 1992, ISBN 3-552-05005-1, S. 59.
  2. a b c d Markus Hartmann: Die Toten Hosen – Live auf der Loreley in Zillo, Ausgabe Oktober 1992.
  3. The Crybabies. Action Records, abgerufen am 7. März 2013.
  4. Pilsen. Phil Singleton, abgerufen am 7. März 2013.
  5. a b Campino, Andreas Meurer: Pogo in der Pampa: Die Toten Hosen unterm Äquator. In Musikexpress, Ausgabe Dezember 1992, S. 70–71.
  6. Fryderyk Gabowicz: Die Toten Hosen. Live-Backstage-Studio: Fotografien 1986–2006. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2006, ISBN 3-89602-732-8, S. 104–109.
  7. Hollow Skai: Die Toten Hosen. Hannibal, A-Höfen 2007, ISBN 978-3-85445-281-2, S. 38.
  8. Fryderyk Gabowicz: Die Toten Hosen. Live-Backstage-Studio: Fotografien 1986–2006. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2006, ISBN 3-89602-732-8, S. 99.
  9. Reinhold Hönle: Drei Kreuze, dass wir noch hier sind! (PDF; 207 kB) Winterthurer Stadtanzeiger, 3. Juli 2012, S. 26, abgerufen am 26. März 2013.
  10. Johanna Wedl: Keine kommerzielle Kunst | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. August 2012, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 10. August 2018]).
  11. Jürgen Seibold: V.I.P. Die Toten Hosen Paul Zsolnay Verlag, Wien 1992, ISBN 3-552-05005-1, S. 56.
  12. a b Steve Körner: Ost-Premiere: Die Toten Hosen. In: Musikexpress, Ausgabe Mai 1992, S. 70–71.
  13. Die Toten Hosen: Magazin zur Tour Menschen, Tiere, Sensationen. Universa Medien Verlags GmbH, Dortmund 1992, S. 8–11.
  14. Zeitreise-Via-T-Shirt. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 7. März 2013 (T-Shirt zur Tour, hier getragen von Andreas Meurer).@1@2Vorlage:Toter Link/sallys.net (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  15. Hollow Skai: Die Toten Hosen. Hannibal, A-Höfen 2007, ISBN 978-3-85445-281-2, S. 134.
  16. Edgar Klüsener: Die Toten Hosen – Learning English die Erste. In Toten Hosen lebt der Punkrock weiter. Metal Hammer, Ausgabe 1, Januar 1992, S. 32–35.

Weblinks