Walter Sendlmeier

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Walter F. Sendlmeier (* 1955) ist ein deutscher Sprach- und Kommunikationswissenschaftler und war bis Ende September 2020 Leiter des Fachgebiets Kommunikationswissenschaft an der Technischen Universität Berlin.

Werdegang

Sendlmeier nahm nach dem Abitur in Hamburg 1974 ein Studium der beiden Hauptfächer Kommunikationsforschung und Allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft sowie des Nebenfaches Psychologie in Köln und Bonn auf. 1981 erlangte Walter Sendlmeier den Magister in Kommunikationsforschung (Bonn) und promovierte 1985 in Allgemeiner und vergleichender Sprachwissenschaft (Bonn). 1991 legte er in Bonn seine Habilitation für das Lehrgebiet Kommunikationsforschung und Phonetik ab.

Nach dem Magisterabschluss war Sendlmeier wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie geförderten Projekt zur automatischen Spracherkennung. Nach der Promotion folgte 1986–1988 ein dreijähriger Aufenthalt als Postdoc am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nimwegen (Niederlande) mit einem Stipendium für promovierte Nachwuchswissenschaftler. Während der Anfertigung der Habilitationsschrift zum Thema „Sprachverarbeitung bei pathologischem Gehör“ war Walter Sendlmeier als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den audiologischen Abteilungen der HNO-Universitätskliniken Bonn und Köln tätig.

1991 vertrat Walter Sendlmeier eine Professur für Phonetik an der Universität Stuttgart. In Bonn war er 1992 als Oberassistent am Institut für Kommunikationsforschung und Phonetik tätig. 1993 wurde er an die TU Berlin auf einen Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft berufen. Daraufhin leitete Walter Sendlmeier bis zum 30. September 2020 das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft im Institut für Sprache und Kommunikation in der Fakultät I der Technischen Universität Berlin. Seit 2021 ist Sendlmeier zudem als Sprechtrainer für Führungskräfte bei der LiA - Prof. Röhr-Sendlmeier GmbH tätig.[1]

Sonstige wissenschaftliche Tätigkeiten

Walter Sendlmeier ist Mitglied in wissenschaftlichen Vereinigungen und in Beiräten mehrerer Fachgesellschaften. Er ist auch als Gutachter für wissenschaftliche Einrichtungen und wissenschaftliche Zeitschriften tätig.

Er ist Herausgeber der Reihe „Mündliche Kommunikation“, die beim Logos Verlag (Berlin) erscheint. 1988 bis 1996 war Walter Sendlmeier Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Akustik. Zudem zählte Sendlmeier 1991 zu den Gründungsmitgliedern der International Clinical Phonetics and Linguistics Association (ICPLA). Von 1996 bis 2010 war Walter Sendlmeier Mitherausgeber der „Zeitschrift für Angewandte Linguistik“. Er war Mitglied im Editorial Board des „Journal of Multilingual Communication Disorders“. Er verfasste Gutachten für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, die Zeitschrift „Speech Communication“, den DAAD sowie Fachgutachten für die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Er war 24 Jahre Mitglied im Beirat der Gesellschaft für angewandte Linguistik. Von 2002 bis 2014 hatte er eine Gastprofessur in Mailand an der Universita Cattolica del Sacro Cuore für den Studiengang „Wirtschaftskommunikation Deutschland/Italien“ mit dem Schwerpunkt „Interkulturelle Kommunikation“ inne. Außerdem war Walter Sendlmeier Mitglied im Beirat der „Deutschsprachigen Gesellschaft für Sprach- und Stimmheilkunde“, um als nicht-medizinisches Mitglied die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern.

Walter Sendlmeier hielt bisher über 70 Vorträge auf nationalen und internationalen Fachkongressen.

Forschungsschwerpunkte

  • Mündliche Kommunikation
  • Sprechwirkungsforschung
  • Stimmlicher und sprecherischer Ausdruck von Emotionen
  • Stimme und Persönlichkeit
  • Alter und Stimme
  • Sprachwahrnehmung
  • Sprachverarbeitung bei pathologischem Gehör
  • Frühe Phasen des Spracherwerbs
  • Mentale Repräsentation von Lautsprache
  • Sprachsynthese

Walter Sendlmeiers Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Sprechwirkungsforschung. Er hat einen methodischen Dreiklang – bestehend aus perzeptiven und akustischen Analysen und deren Korrelationen – entwickelt, mit dem zahlreiche Untersuchungen zum stimmlichen Ausdruck von emotionalen Zuständen und von unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen durchgeführt wurden. Die übergeordnete Fragestellung ist hierbei: Wie wirken Menschen aufgrund ihrer Stimme und Sprechweise auf andere Menschen? Massenmediale Wirkungen von Politikern werden ebenso berücksichtigt wie Einflussgrößen des Alters, des Geschlechts sowie der Einstellungen von Sprechern.

Im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes (gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft) zum emotionalen Ausdruck von Stimme und Sprechweise ist eine Emotionsdatenbank entstanden („A database of german emotional speech“[2]), die von professionellen Schauspielern in einem neutralen Zustand und in verschiedenen emotionalen Zuständen eingesprochen wurden. Aus den so gewonnenen über 800 Äußerungen wurden ca. 500 Sätze ausgewählt, die in einem Hörtest zu mehr als 80 Prozent als die intendierten Emotionen erkannt wurden und von den Hörern als natürlich eingestuft wurden. Diese Datensammlung – auch als Berliner Emo-Datenbank bezeichnet – wurde inzwischen national und international tausendfach abgefragt. Dies geschieht häufig im Kontext der Entwicklung von Algorithmen zur automatischen Emotionserkennung.

Publikationen (Auszug)

  • W. F. Sendlmeier: Der Einfluß von Qualität und Quantität auf die Perzeption betonter Vokale des Deutschen. In: Phonetica. Band 38, 1981, S. 291–308. (PDF; 2,42 MB)
  • W. F. Sendlmeier: Psychophonetische Aspekte der Wortwahrnehmung. Buske, Hamburg 1985.
  • T. P. Goldbeck, W. F. Sendlmeier: The Relation of Sentence Modality and Word Accent in Certain Intonation Contours. In: Proceedings of the Fourteenth International Congress of Linguistics. Akademie-Verlag, Berlin 1987, S. 523–528. (PDF; 2,7 MB)
  • T. P. Goldbeck, W. F. Sendlmeier: Wechselbeziehung zwischen Satzmodalität und Akzentuierung in satzfinaler Position bei der Realisierung von Intonationskonturen. In: Intonationsforschungen. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1988, S. 305–321. (PDF; 6,11 MB)
  • W. F. Sendlmeier: Perception and mental representation of speech. In: Linguistics. Band 27, 1989, S. 381–404. (PDF; 2,41 MB)
  • W. F. Sendlmeier: Speech cue enhancement in intervocalic stops. In: Clinical Linguistics and Phonetics. Band 3, 1989, S. 151–161. (PDF; 1,28 MB)
  • W. F. Sendlmeier, D. Stock, T. Portele, W. Hess: HADIFIX und P-TRA - zwei Komponenten zur Sprachsynthese. In: Tagungsband DAGA 90. Wien 1990, S. 1091–1094.
  • W. F. Sendlmeier: Sprachverarbeitung bei pathologischem Gehör. Thieme, Stuttgart/ New York 1992.
  • W. F. Sendlmeier: Phonetisch-rezeptive Aspekte des Fremdsprachenerwerbs. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung. Band 5, Heft 1, 1994, S. 26–40. (PDF; 6,87 MB)
  • W. F. Sendlmeier: Feature, Phoneme, Syllable or Word: How is Speech Mentally Represented? In: Phonetica. Band 52, 1995, S. 131–143. (PDF; 4,4 MB)
  • W. F. Sendlmeier (Hrsg.): Mentale Repräsentation von Zeichen. Themenheft der Zeitschrift für Semiotik. Band 18, Heft 2–3. Stauffenburg Verlag, Tübingen 1996.
  • G. Klasmeyer, W. F. Sendlmeier: The classification of different phonation types in emotional and neutral speech. In: Forensic Linguistics, The International Journal of Speech, Language and the Law. Vol. 4, Nr. 1, 1997, S. 104–124. University Press, Birmingham. (PDF; 13,9 MB)
  • A. Paeschke, W. F. Sendlmeier: Die Reden von Rudolf Scharping und Oskar Lafontaine auf dem Parteitag der SPD im November 1995 in Mannheim - Ein sprechwissenschaftlicher und phonetischer Vergleich von Vortragsstilen. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik. Band 27, 1997, S. 5–39. (PDF; 1,19 MB)
  • W. F. Sendlmeier, M. Riebandt: Which Phonetic Features are Available to Cochlear Implant Patients? In: Clinical Phonetics and Linguistics. London 1998, S. 493–500.
  • U. M. Sendlmeier, W. F. Sendlmeier: Aspekte des frühen Lauterwerbs als Indikatoren einer späteren Legasthenie. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik. Heft 30, 1999, S. 5–16. Verlag Peter Lang: Frankfurt am Main. (PDF; 4,25 MB)
  • F. Missaglia, W. F. Sendlmeier: Die Realisierung deutscher Vokale durch italienische Muttersprachler: Eine experimentalphonetische Untersuchung. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung. Band 10, Heft 1, S. 73–95. Pädagogischer Zeitschriftenverlag, Berlin 1999. (PDF; 3,26 MB)
  • A. Paeschke, M. Kienast, W. F. Sendlmeier: F0-contours in emotional speech. In: Proceedings of the ICPhS. San Francisco 1999, S. 929–932.
  • W. F. Sendlmeier (Hrsg.): Speech and Signals - Aspects of Speech Synthesis and Automatic Speech Recognition. Hector, Frankfurt am Main 2000.
  • A. Paeschke, W. F. Sendlmeier: Prosodic Characteristics of Emotional Speech: Measurements of Fundamental Frequency Movements. In: Proceedings of the ISCA Workshop on Speech and Emotion. Textflow, Belfast, Nordirland 2000, S. 75–80. (PDF; 190 KB)
  • W. F. Sendlmeier, G. Klasmeyer: Voice and Emotional States. In: Voice Quality Measurement. Singular, San Diego, CA 2000, S. 339–357. (PDF; 2,88 MB)
  • M. Kienast, W. F. Sendlmeier: Acoustical Analysis Of Spectral And Temporal Changes In Emotional Speech. In: R. Cowie, E. Douglas-Cowie, M. Schroeder (Hrsg.): Speech and Emotion: proceedings of the ISCA workshop. Newcastle, County Down, Belfast, Sept. 2000, S. 92–97. (PDF; 177 KB)
  • F. Burkhardt, W. F. Sendlmeier: Verification of Acoustical Correlates of Emotional Speech using Formant-Synthesis. In: Proceedings of the ISCA Workshop on Speech and Emotion. Northern Ireland 2000, S. 151–156. (PDF; 175 KB)
  • W. F. Sendlmeier: Stimmlicher und sprecherischer Ausdruck von Basisemotionen. In: Sprache und Musik. Beiträge der 71. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprach- und Stimmheilkunde e.V. Berlin. 12.–13. März 1999. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2000, S. 146–154. (PDF; 2,41 MB)
  • F. Burkhardt, A. Paeschke, M. Rolfes, W. F. Sendlmeier, B. Weiss: A Database of German Emotional Speech. In: Proceedings Interspeech. Lissabon, Portugal 2005. (PDF; 203 KB)
  • W. F. Sendlmeier: Die psychologische Wirkung von Stimme und Sprechweise – Geschlecht, Alter, Persönlichkeit, Emotion und audiovisuelle Interaktion. In: O. Bulgakowa (Hrsg.): Resonanz-Räume – Die Stimme und die Medien. Verlag Bertz + Fischer, Berlin 2012. (PDF; 184 KB)
  • W. F. Sendlmeier: Der hörbare Spiegel. In: R. Hüls, M. Schaarschmidt: Hearing Stories. Geschichten, Gespräche und Gedichte über das Hören: 43-58. Innocentia Verlag, Hamburg 2012. (PDF; 1,35 MB)
  • W. F. Sendlmeier: Voice-Emotion-Personality. In: D. Zakharine, N. Meise (Hrsg.): Electrified Voices. Medial, Socio-Historical and Cultural Aspects of Voice Transfer. V&R unipress, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8471-0024-9, S. 31–47.
  • W. F. Sendlmeier, I. Steffen, A. Bartels: Pejorative prosody. In: R. Finkbeiner, J. Meibauer, H. Wiese (Hrsg.): Pejoration. John Benjamins Publishing Company, Amsterdam/Philadelphia 2016, S. 21–41.
  • W. F. Sendlmeier: Sprechwirkungsforschung – Grundlagen und Anwendungen mündlicher Kommunikation. 3., korrigierte Auflage. Logos Verlag, Berlin 2019.
  • Burgemeister, M.; Sendlmeier, W. F. (2020): Politische Sprechwirkungsforschung – ein Vergleich zwischen Alice Weidel, Annegret Kramp-Karrenbauer und Andrea Nahles. In: Wagner, R. W. (Hrsg.): sprechen, Heft 69 (2020-1). Verlag für Sprechwissenschaft und Kommunikationspädagogik, Heidelberg 2020, S. 15–20 (PDF; 455 KB)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Text LiA-Sprache und Führung. Abgerufen am 22. März 2022.
  2. F. Burkhardt u. a.: A Database of German Emotional Speech. In: Proceedings Interspeech. Lissabon 2005 (tu.berlin).