Florian Pfaff
Florian D. Pfaff (* 1957 in München) ist ein ehemaliger Major der Bundeswehr, der durch seine pazifistische Haltung bekannt wurde.
Leben
Pfaff kam 1976 als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr und studierte nach seiner Verpflichtung zum Zeitsoldaten zwischen 1978 und 1981 Pädagogik an der Universität der Bundeswehr München in Neubiberg mit Hauptinteressengebiet Lerntheorien. In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit dem Thema „Lernen auf Maschinen“. Später wurde Pfaff Berufssoldat.[1]
Bei den in der Öffentlichkeit umstrittenen Einsätzen der Bundeswehr verweigerte er schließlich am 20. März 2003 seine indirekte Mitwirkung am Irakkrieg und bezeichnet sich selbst als Pazifist. Seine Mitwirkung an dem Krieg sah er, damals Angehöriger des Streitkräfteamtes der Bundeswehr, durch seine Mitarbeit im Bundeswehr-Softwareprojekt SASPF als gegeben an. Nach einer einwöchigen (noch am 20. März 2003 angeordneten) psychiatrischen Untersuchung, bei der sich kein krankhafter Befund ergab, befahlen ihm seine Vorgesetzten, die Prüfung zu unterlassen, ob er an Verbrechen mitwirke. Diesem widersetzte er sich. Letztlich blieb auch der Versuch der Bundeswehrführung, ihn fristlos zu entlassen, erfolglos. Am 21. Juni 2005 wurde Florian Pfaff durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) rehabilitiert. Die zuvor vom Truppendienstgericht Nord in Münster ausgesprochene, jedoch nie rechtswirksame Dienstgradherabsetzung wurde aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren (wegen Gehorsamsverweigerung und Ungehorsams) gegen ihn ein. Allerdings ist zu beachten, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, dass der Irakkrieg oder die Unterstützungsleistungen der Bundesrepublik tatsächlich völkerrechtswidrig waren. Es wird somit nicht ausgeführt, ob es sich beim Irakkrieg um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handelte; ebenso wenig wird ausgeführt, ob die dienstliche Tätigkeit von Pfaff ein Verbrechen dargestellt hätte (s. u. Link zum Urteil).
Seither ist Pfaff aktiv in der Friedensbewegung tätig. Florian Pfaff ruft seither alle Bundeswehrangehörigen im Fall befohlener Teilnahme an solchen Kriegen zur Gehorsamsverweigerung und zur Ablehnung direkter und indirekter Unterstützung, sowie die Öffentlichkeit zur Beendigung der Anstiftung von Soldaten zur ungesetzlichen Mitwirkung an Angriffskriegen auf (s. u. sein Buch Totschlag im Amt. Wie der Friede verraten wurde, März 2008). Er vertritt die Ansicht, dass die universelle Gültigkeit der Menschenrechte und der Vorrang des Rechts und der Moral vor der Macht nur gewaltfrei und auf demokratischem Weg erkämpft werden können und jeder Einzelne sich dazu Verbrechen persönlich konsequent entziehen sollte. Seiner Meinung nach ist der erste Schritt zum Frieden die Wahrheit und die beste Methode das Belegen der zum Zweck der Kriegsführung jeweils erfundenen Unwahrheiten. Er sammelt und veröffentlicht (z. B. in Vorträgen) Belege für Lügen zum Zweck der Begehung politisch motivierter Verbrechen (bzw. Anstiftung dazu).
Er veröffentlichte ein internes Papier der Bundeswehr, in dem diese indirekt dazu aufrief, Soldaten dazu zu bringen, im Fall völkerrechtswidriger Angriffskriege wie des Irakkriegs die Gesetze zu ignorieren (Art. 26 GG und § 80 StGB) und der Auffassung des Dienstherrn zu folgen. Im konkreten Fall widersprach die Bundeswehr der Verbindlichkeit des Urteils des BVerwG und forderte, im Fall von Gewissensentscheidungen "mit politischem Hintergrund" (wie sie sich nun nach dem Urteil ausdrückte und was sie Pfaff nunmehr unterstellte): "Der Funktionsfähigkeit der Streitkräfte" sei "in solchen Fällen Rechnung zu tragen, indem der Befehl mit angemessenen Mitteln durchgesetzt wird." Daher erfolgte auch keine Beförderung mehr (entgegen dem im Urteil enthaltenen Verbot jeglicher schwerer Benachteiligung [s. u. Veröffentlichungen (Anhang B, S. 20 b)) und Urteil des BayVerwGH von 2008 mit Aufhebung der 2005 verhängten de facto Beförderungssperre]).
Ein Buch von Pfaff mit den Details zum „Fall“ Pfaff bzw. den Maßnahmen der Bundeswehr zur Sicherstellung der Einsatzfähigkeit auch im Fall von Angriffskriegen erschien am 12. März 2008 (s. u. Veröffentlichungen).
Pfaff machte den Fall von Christiane Ernst-Zettl publik, die 2005 als Sanitätsfeldwebel bei der ISAF-Mission in Afghanistan eingesetzt war, und der das Ablegen der Rot-Kreuz-Armbinde befohlen wurde, um Sicherungsaufgaben zu übernehmen. Sie verweigerte diesen Befehl auszuführen, da sie dadurch die Genfer Konvention verletzt sah. Daraufhin wurde sie disziplinarisch belangt und nach Deutschland zurückversetzt. Beschwerden gegen diese Maßnahmen blieben erfolglos.[2]
Im Mai 2013 wurde Pfaff in den Ruhestand versetzt; seine vorherige Klage auf Beförderung – er wurde als Major seit 2003 nicht mehr befördert – wurde wegen Unbegründetheit vom Bayerischen Verwaltungsgericht München im Februar 2013 abgewiesen.[3]
Pfaff ist seit 2019 Sprecher des Arbeitskreises Darmstädter Signal.[4]
Nachdem Pfaff als Hauptredner bei der Abschlusskundgebung des Oldenburger Ostermarsches 2022 vor dem Hintergrund des russischen Überfalles auf die Ukraine die NATO als „Verbrecherbündnis“ bezeichnete, distanzierten sich die Veranstalter von der Aussage.[5]
Auszeichnungen
- 2006: Nominierung für den taz-Panter;
- 2006 (zusammen mit Bernhard Docke): Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationale Liga für Menschenrechte;
- 2007: AMOS-Preis für Zivilcourage in Kirche und Gesellschaft der Offenen Kirche;[6]
- 2008: World Citizen Award 2008;[7]
Literatur zum Urteil des BVerwG
- Markus Kotzur: Gewissensfreiheit contra Gehorsamspflicht oder: der Irak-Krieg auf verwaltungsgerichtlichem Prüfstand, in: JuristenZeitung (JZ) 2006, S. 25ff.
- Manuel Ladiges: Das Bundesverwaltungsgericht und die Gewissensfreiheit der Soldaten, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2006, S. 956ff.
- Frank Schafranek: Die Gewissensfreiheit des Soldaten – Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2005 – (2 WD 12- 04) –, in: Neue Zeitschrift für Wehrrecht (NZWehrR) 2005, S. 234ff.
Veröffentlichungen
- Totschlag im Amt. Wie der Friede verraten wurde, HWK-Verlag, Wassertrüdingen 2008, ISBN 978-3-937245-03-4
Weblinks
- Interview mit Florian D. Pfaff, Muslim-Markt, 12. März 2008.
- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 2 WD 12.04)
- Rede von Florian Pfaff (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive), Friedensbündnis Karlsruhe, Ostermarsch am 15. April 2006 in Ulm
- Jürgen Rose: Parole „EdeKa“, Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS), 10. Februar 2006.
- Manuel Ladiges: Irakkonflikt und Gewissenskonflikte (Aufsatz zu den Fällen Florian Pfaff und Ehren Watada; PDF; 175 kB), Texte des Bundesverbands Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH), 22. März 2007.
Einzelnachweise
- ↑ Die Hauptvortragenden und ihre Beiträge: Florian Pfaff (Memento des Originals vom 19. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 21. FIfF-Jahrestagung an der Fachhochschule München am 5./6. November 2005 (Thema: Versteckte Computer - Unkontrollierbare Vernetzung).
- ↑ Heide Platen: Sanitätsdienst an der Waffe, in: taz, 14. Oktober 2005, S. 7.
- ↑ Florian Pfaff endgültig nicht befördert, AWC Deutschland e.V., 28. März 2013.
- ↑ Kritische Ex-Soldaten machen weiter taz, 21. Oktober 2019
- ↑ Susanne Gloger: 280 Menschen demonstrieren für Frieden – Hauptredner eckt mit Aussagen zur Nato an. In: Nordwest-Zeitung. 18. April 2022, abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ [1]
- ↑ Nicht zu verwechseln mit dem World Citizenship Award der World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS): „Association of World Citizens“ (Memento vom 23. April 2008 im Internet Archive)
Personendaten | |
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NAME | Pfaff, Florian |
ALTERNATIVNAMEN | Pfaff, Florian D. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Militär, Stabsoffizier der Bundeswehr und Pazifist |
GEBURTSDATUM | 1957 |
GEBURTSORT | München |