Ruthenen

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Ruthenen (lat. Rutheni, Sg. Ruthenus, latinisiert aus dem Ethnonym Rusyn/Rusin) bezeichnet ostslawische Bevölkerungsgruppen, die in der jeweiligen Zeit nicht unter der Hoheit des Großfürstentums Moskau und des daraus entstandenen Russischen Reichs lebten, sondern unter der seiner westlichen Nachbarn.

12./13. Jahrhundert

Das zur Kiewer Rus gehörende Fürstentum Galizien wurde 1188 von König Bela III. von Ungarn besetzt. Sein damit als Statthalter eingesetzter Sohn Andreas II. ließ sich 1205 zum Rex Galiciae et Lodomiriae krönen und beanspruchte so bis zu seinem Tod 1235 die Hegemonie über das Fürstentum Galizien-Wolhynien, zumeist ohne effektive Kontrolle. Stärkster Teilstaat der Rus war ab Mitte des 12. Jahrhunderts das Fürstentum Wladimir-Susdal (bis 1125 noch Fürstentum Rostow), sein Fürst Juri Dolgoruki insgesamt vier Jahre lang Großfürst von Kiew. Der Metropolit der Russisch-Orthodoxen Kirche residierte in Kiew von der Schaffung dieses Amtes 1063 bis zu seinem Umzug nach Wladimir im Jahr 1299.

Im 13. Jahrhundert entstand die älteste heute erhaltene Kopie der ursprünglich im 12. Jahrhundert verfassten ungarischen Gründungschronik. Diese Gesta Hungarorum beschreiben die Geschichte der Madjaren in Anlehnung an die Verhältnisse im 12. und 13. Jahrhundert: Im Jahre 889 hätten die Madjaren unter sieben leitenden Personen (persones principales) das Land der Skythen nach Westen verlassen. Einer dieser Anführer, Herzog Almus, sei mit allen Seinen in das (oder „in ein“) Land Russlands, genannt Susudal, gekommen. Danach seien sie aber in die Landesteile der Ruthenen (partes Rutenorum) weitergekommen, seien ohne Widerstand zur Stadt Kiew durchgedrungen, hätten den Fluss Dnjepr überschifft (fluvium Deneper transnavigando) und sich das Reich der Ruthenen (regnum Rutenorum) unterwerfen wollen. Regiert worden sei dieses Reich aber von Herzögen (duces). Der Herzog von Kiew habe nach Beratung mit seinen primates zur Schlacht gegen Alamus gerufen.[1]

1355 wurde ein Rurikiden­fürst von Halytsch-Wolodymyr von einem päpstlichen Legaten zum Rex Rusiae („König von Russland“) gekrönt.

15./16. Jahrhundert bis 1772

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit waren Ruthenen zunächst die Slawen griechisch-orthodoxen Glaubens im Großfürstentum Litauen. Als Verkehrssprache des litauischen Großfürstentums entwickelte sich eine Variante der russischen Sprachen, die sich deutlich von der Moskauer unterschied. Diese ruthenische Sprache wird heute von Belarussen als Alt-Belorussisch betrachtet und von Ukrainern als Alt-Ukrainisch. Im Gefolge der politischen Realunion Polens und Litauens in der Lubliner Union von 1569 wurde 1596 die Kirchenunion von Brest geschlossen. Damit pflegten die polnisch-litauischen Untertanen ruthenischer Sprache unter dem Primat des Papstes weiterhin ihren ostkirchlichen Ritus.

1771 bis 1918

Durch die Teilungen Polens kam der größte Teil der Ostslawen in Polen-Litauen unter die Hoheit des Russischen Reiches. Dort entwickelten sich die regionalen Kulturen in Belarus und der Ukraine. Der kleinere Teil kam in das nach dem Fürstentum Galizien-Wolhynien benannte österreichische Kronland Galizien und Lodomerien, das allerdings auch den Süden Kleinpolens umfasste. Diese Bevölkerungsgruppe waren die Ruthenen im Habsburgerreich.

20. und 21. Jahrhundert

Spätestens mit dem Zerfall des Habsburgerreichs definierten sich dessen ostslawische Untertanen zumeist als Ukrainer.

Die ostslawische Mischbevölkerung der Nordkarpaten, verteilt auf die Slowakei, Polen und die Ukraine, zweifellos ein Teil der Ruthenen nach früheren Definitionen, wird heute zumeist als Russinen bezeichnet.

Weblinks

Belege