Bad Jenaz

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Bad Jenaz um 1827

Das Bad Jenaz war ein Kurbad südwestlich der Gemeinde Jenaz im bündnerischen Prättigau. Es war von 1733 bis 1834 in Betrieb.

Vorgeschichte

Von den ursprünglich 160 Heilbädern im Kanton Graubünden existierten Mitte des 20. Jahrhunderts noch 13. Im Prättigau wurden die Mineralquellen nachweislich von fünf Badeeinrichtungen genutzt: Bad Jenaz, Bad Fideris, Bad Ganey oberhalb Seewis (17. Jahrhundert bis 1799), Geilenbad (Belvédère Gadenstätt, Luzein) und beim heute noch bestehenden Hotel Bad Serneus. Das gehäufte Auftreten von Mineralquellen im Prättigau ist auf seine geologische Struktur zurückzuführen. Sie entspringen alle im Bündnerschiefer und im Prättigauer Flysch.[1]

Bad Jenaz

Die Mineralquelle entspringt eine Wegstunde südwestlich des Dorfes im vorderen Teil des Furnertobels (auf dem Jenazer Steilhang mit dem Namen Valdavos) auf einer von Tannen umgebenen, windgeschützten Bergwiese, dem «Badwiesli». Wegen ihrer Abgeschiedenheit wurde sie erst 1730 zufällig von der Bergbäuerin Elsbeth Badraun entdeckt.

Die Gemeinde Jenaz fasste 1733 die Quelle mit ihrem erdig-alkalischen, eisen- und leicht gipshaltigen Säuerling von 6–12 °Celsius und liess auf eigene Rechnung ein Gast- und Badehaus erstellen. Der Zustrom der Gäste führte 1766 zur Vergrösserung der Gebäude, so dass bis zu 130 Gäste aufgenommen werden konnten. Der Appenzeller Bartholomäus Sulser, der als Badearzt wirkte, verfasste 1768 eine Schrift über erfolgreiche Badekuren und die Heilkräfte der Quelle. 1813 wurden die Badgebäude renoviert.

1827 bestand das Bad aus drei Gebäuden. Oberhalb der Badgebäude lag der Blockbau mit den Stall für Kühe, Kälber, Wagenrosse und Reitpferde. Darunter das Badhaus vor der Brunnenstube und daneben ein Wirtschaftsgebäude. Beide waren Walser Strickbauten aus Tannenholz.

Im unteren Geschoss des Wirtschaftsgebäudes befanden sich Schlachthaus, Bäckerei und Räume, wo die Gäste ihren eigenen Kaffee zubereiten konnten. Darüber lagen die Küche, der Eingang zum Weinlager und zwei niedere Stuben. In den oberen Stockwerken gab es acht Gästezimmer mit je acht oder mehr Betten mit Strohsäcken.

Das Badhaus enthielt oben Schlafräume und unten in drei dunklen Gewölben 38 Bäder in der damals in der Region üblichen Form von rechteckigen Kästen aus Tannenholz, davon 18 für Männer, 15 für Frauen sowie fünf geräumigere für finanzkräftige Gäste.

In der Regel wurde vier Wochen lang während einer Stunde täglich im kalten oder gekochten lauwarmen Wasser gebadet. Daneben unterhielt man sich draussen auf dem Kegelplatz oder machte Waldspaziergänge. Tier- und Pflanzenfreunde kamen bei Spaziergängen auf ihre Rechnung. Die Jäger unter den Gästen konnten im Tobel Hirsche, Rehe bis zu Luchs oder Bären jagen. Auf dem Speisezettel gab es zur Abwechslung regionales Wildbret (Hasen, Rehe, Hirsche und Gemsen). Noch 1825 kam ein vom Wirt selbst erlegter Bär auf den Gästetisch.

Die abgelegene Kuranstalt wurde als Trink- und Badekur normalerweise von Einheimischen besucht, weil es an „guter Gesellschaft“ und Attraktionen mangelte. Der Churer Stadtarzt Eblin, von 1816 bis 1817 Badearzt in Fideris, verordnete das Bad den Bedürftigen der Stadt Chur und berichtete 1828 über ihm bekannte Kurerfolge.[2]

Am 27. April 1834 brannten die Gebäude bis auf die Grundmauern nieder. Es wurde Brandstiftung vermutet, weil der Wirt versucht hatte, «dem Bad durch Aufnahme zweifelhafter Weibsbilder neue Zugkraft zu verschaffen». Die Kuranstalt wurde nicht wieder aufgebaut.

Heute sind auf dem Gelände des ehemaligen Jenazer Bads kaum mehr Spuren seiner Geschichte erkennbar. Die 1941 neugefasste Mineralquelle ist dort öffentlich zugänglich.[3]

Ablauf der Bade- und Trinkkur

Das Bad besass während des Betriebs im Sommer (Juni bis September) fast immer einen eigenen Badearzt. Der Ablauf der Kur entsprach der bis ins 19. Jahrhundert üblichen Art:

Vollblütig aussehenden Kurgästen entzog der Badearzt zuerst durch Schröpfen Blut und verordnete ihnen eine Abführkur. Zweimal täglich (vor- und nachmittags) musste in der Wanne gebadet werden. Am ersten Tag je eine halbe Stunde, die nächsten Tage eine halbe Stunde länger bis zu je drei Stunden vor- und nachmittags während zehn bis zwölf Tagen. Dann wurde zum Abgewöhnen die Badezeit täglich wieder um je eine halbe Stunde gekürzt. Die ganze Kur dauerte drei bis vier Wochen. Gleichzeitig gab es eine Trinkkur bei der man vormittags sechs bis zwölf Gläser Mineralwasser trank.[4]

Zusammensetzung des Mineralwassers

Analyse von 1831

Das Wasser der Mineralquelle Jenaz kam aus einem mit Tonlager umgebenen Sandhügel und floss in einen geschlossenen, gewölbten Behälter, aus welchem es in die Siedekessel und Bäder geleitet wurde. Das Wasser war hell, perlend, ohne besonderen Geruch, aber von dintenhaftem Geschmack und setzte an Gläsern einen fettigen Schmutz ab und Silber wurde gelb von ihm. Es hatte eine Temperatur von 10 Grad und enthielt in acht Pfunden (zu 16 Unzen), nach Bauhof in Winterthur:[5]

  • Kohlensaures Gas 16 Kubikzoll
  • Kohlensaure Kalkerde 8 Gran
  • Kohlensaure Talkerde (Bittererde) 1
  • Kohlensaures Eisenoxyd 4
  • Schwefelsaure Talkerde (Bittererde) 11
  • Salzsaure Kalkerdespuren
  • einen eigentümlich fetten Stoff in unbestimmter Menge

Analyse von 1944

Das einfach mineralisierte Wasser ist ähnlich dem Fideriser Mineralwasser (Chlorgehalt, Sulfatewerte, Temperatur). Der Mineralgehalt ist Schwankungen unterworfen (vorhandene Calcium-Ionen) und hatte früher vermutlich einen anderen Ionengehalt. Dies würde die heute fehlende Fettschaumbildung beim Abdampfen des Wassers erklären. Es konnte kein freier Schwefelwasserstoff festgestellt werden. Hans Züllig, Lehranstalt Schiers 1944.[6]

Mineralquelle Bad Jenaz heute

Physikalische Eigenschaften:

  • Temperatur: 6,5 °C (ganzjährig)
  • Spezifisches Gewicht 1,0045 g/cm³
  • Millimolsumme der Ionen 9,05
  • Radioaktivität: praktisch keine

Klassifikation:

  • Chemische Zusammensetzung: Calcium, Magnesium, Hydrocarbonat
  • Ionenkonzentration: n/1000 Total = 12,334
  • Reaktion: leicht basisch (pH 7,8)
  • Physikalisch: kalt (6,5 °C)

Bakteriologische Untersuchung:

  • Keimzahl pro ccm während 24 Stunden Brutzeit 2
  • Gärprobe mit Milchzucker während 24 Stunden Brutzeit in 50 cm³ negativ
  • Gärprobe mit Mannitzucker während 24 Stunden Brutzeit in 50 cm³ negativ

Besondere Eigenschaften:

  • Marmorlösungsvermögen 700 mg (CaCO3)
  • Eisenlösungsvermögen 13 mg

Klassifikation: Kaltes, schwach saures, einfaches, leicht gipshaltiges Mineralwasser

Literatur

  • Luzius Pol: Bericht über den fettigen, heilkräftigen Schaum. In: Höpfner Magazin 1789.
  • Ebel: Jeninser Bad. In: Anleitung die Schweiz zu bereisen. 1805
  • Gabriel Rüsch (Rüesch): Anleitung zu dem richtigen Gebrauche der Bade- und Trinkcuren überhaupt, mit besonderer Betrachtung der schweizerischen Mineralwasser und Badeanstalten. 1.–3. Teil. Ebnat 1825, 1826, 1832
  • Lutz: Bad Jenaz. In: „Vollständigen Beschreibung des Schweizerlandes“. 1827
  • Paul Eblin: Mineralquelle und Bad zu Jenatz im Prättigau, Kanton Graubünden. Ein Beitrag zur Beschreibung der bündnerischen Mineralquellen. Chur 1828.
  • Heinrich von Malten: Beschreibung aller berühmten Bäder in der Schweiz nebst einer allgemeinen Übersicht der Bäder zweiten Ranges und der unbenutzten Heilquellen. Ein Handbuch zum Gebrauche für Kranke und Gesunde, besonders für Reisende. Aarau 1830. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Jakob Rudolf Truog: Das Bad Jenaz. Bündnerisches Monatsblatt: Zeitschrift für bündnerische Geschichte, Landes- und Volkskunde. Band 1941, Heft 3. doi:10.5169/seals-397097.
  • Bruno Weber: Alte Kurhäuser in Graubünden: Jenaz, Fideris, St. Moritz, Le Prese. Unsere Kunstdenkmäler, Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 29, Heft 4, 1978. doi:10.5169/seals-393319.

Weblinks

Commons: Bad Jenaz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kulturforschung Graubünden: Zur Kur! 10 Heilquellen im Prättigau
  2. Paul Eblin: Mineralquelle und Bad zu Jenatz im Prättigau, Kanton Graubünden. Ein Beitrag zur Beschreibung der bündnerischen Mineralquellen. Chur 1828.
  3. Bruno Weber: Alte Kurhäuser in Graubünden: Jenaz, Fideris, St. Moritz, Le Prese. Unsere Kunstdenkmäler, Mitteilungsblatt für die Mitglieder der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 29, Heft 4, 1978
  4. Jakob Rudolf Truog: Das Bad Jenaz. Bündnerisches Monatsblatt, Zeitschrift für bündnerische Geschichte, Landes- und Volkskunde. Band 1941, Heft 3
  5. Archiv des Apotheker-Vereins im nördlichen Teutschland, Band 37, 1831
  6. Paul Eblin: Mineralquelle und Bad zu Jenatz im Prättigau, Kanton Graubünden. Ein Beitrag zur Beschreibung der bündnerischen Mineralquellen. Chur 1828.

Koordinaten: 46° 55′ 14″ N, 9° 41′ 11″ O; CH1903: 771187 / 199059