Bigos
Bigos [ˈbiɡɔs] ist ein Krauteintopf aus gedünstetem Sauerkraut mit verschiedenen Fleisch- und Wurstsorten sowie weiteren variierenden Zutaten. Als Inbegriff der klassischen polnischen Küche angesehen, gilt es vor allem in Polen als Nationalgericht, ist darüber hinaus aus historischen Gründen aber auch in Litauen (litauische Bezeichnung: Bigoss), Belarus (weißrussisch Бігас Bigas) und der (vor allem westlichen) Ukraine (ukrainisch Бігос Bigos) fester Bestandteil der dortigen Küchen.
Etymologie
Woher der Name des Gerichts kommt, ist umstritten. Eine Theorie besagt, dass das Wort aus dem alten italienischen Wort bigutta, was so viel hieß wie Kessel oder Suppentopf, kommen könnte.[1] Einem zweiten Erklärungsansatz nach könnte das Wort Bigos aus dem Lateinischen kommen. So soll es aus bigustus mit bi für zwei und gustus für Geschmack gekommen sein. Interpretiert wird das auf die Geschmäcker süß und sauer, die in einem verbunden werden.[2] Eine andere Interpretation besagt, dass damit das Mischen von Sauerkraut und frischem Weißkohl gemeint sein könnte.[3] Eine dritte, weit verbreitete, Vermutung ist, dass es auf das alte deutsche Wort des 16. Jahrhunderts Beiguss zurückzuführen ist.[4] Es soll daher kommen, weil beim Kochen ständig Flüssigkeit hinzugefügt werden muss (begießen).
Das Gericht
Die Grundzutaten des Gerichts sind Sauerkraut, Weißkohl sowie – in unterschiedlichen Mengen – Schweinefleisch und/oder Rindfleisch und verschiedene Wurstsorten und Gewürze, die bei geringer Hitze gegart werden.[5] Durch das langsame Garen geben die stark fetthaltigen Fleisch- und Wurstzutaten ihr Fett an Kohl und Kraut ab. Je nach Region, Anlass und Vorlieben sowie Vorhandensein von Zutaten wird Bigos jedoch vielfach variiert, so dass es kein feststehendes Rezept gibt. Unter anderem werden Pilze, Trockenpflaumen, Tomaten oder Tomatenmark, Karotten, Zwiebeln, Speck, Wacholder, Lorbeer sowie Piment mitgegart. Es existieren außerdem scharfe Variationen mit Paprika und Saurer Sahne. Zu Bigos wird je nach Region und Vorliebe Brot oder Kartoffeln gereicht. Heute kaum mehr anzutreffen, wurde früher auch heißes Wasser hinzugefügt und das Gericht als Suppe gegessen.
Traditionell wird bei Bigos mehr Fleisch als Kraut in den Topf gegeben. Üblich ist es, Kraut, Speck und Fleisch im Verhältnis 1:1:1 zu verwenden. Die Mischung kann je nach Verfügbarkeit auch abweichen. Generell gilt, dass Bigos eine lange Zubereitungszeit braucht. Mehrfaches Erwärmen über zwei bis drei Tage verbessert den Geschmack nachhaltig. Der Aufwand der Zubereitung über mehrere Tage wird heute eher selten betrieben, ist aber entscheidend für den Geschmack. In Polen gehört Bigos meist zum Standardangebot von Restaurants der polnischen Küche oder polnischen Milchbars und wird zudem neben Wurstprodukten häufig von Imbissständen angeboten. Inzwischen ist es auch in einigen westeuropäischen Ländern auf größeren Jahrmärkten und Volksfesten anzutreffen.
Geschichte
Auch wenn Historiker das Gericht für viel älter halten, wurde das Gericht erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt. Von da an wurde es – vor allem wahrscheinlich wegen der langen Haltbarkeit – im ganzen Land Polen-Litauen beliebt. Dabei weiß man weder, woher genau dieses Gericht kommt, noch wurden – anders als bei anderen traditionellen polnischen Gerichten – Rezepte festgeschrieben. Durch die Größe des Landes, die multikulturelle Gesellschaft und die damit verbundenen unterschiedlichen Vorlieben entstanden viele Varianten. Die Teilung Polens Ende des 18. Jahrhunderts hat ebenfalls dazu beigetragen, dass sich kein einheitliches Rezept durchsetzen konnte. Kein anderes Gericht fand sich in so vielen Poesien wieder. So steht zum Beispiel im Pan Tadeusz:
„W kociołkach bigos grzano. W słowach wydać trudno. Bigosu smak przedziwny, kolor i woń cudną: Słów tylko brzęk usłyszy i rymów porządek; Ale treści ich miejski nie pojmie żołądek.“
„Im Kessel wurde Bigos gekocht. Es ist schwer in Worte zu fassen. Der Geschmack so merkwürdig, die Farbe und der Geruch so wunderbar: Worte sind nur ein Summen und die Reime Zufall; aber den Inhalt wird nur der Magen verstehen.“
Literatur
- Igor Jurjewitsch Klech: Das Buch vom Essen. Pelmeni und Piroggen, Borschtsch und Bigos & Co. Aus dem Russischen und mit einem Nachwort versehen von Tatjana Hofmann. Edition.fotoTapeta, Berlin 2011, ISBN 978-3-940524-12-6.
- Christine Haiden: Bigos & Baklava. Lebensgeschichten und Kochrezepte aus dem neuen Europa. Verlag Welt der Frau, Linz 2003, ISBN 3-9501580-1-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Andrzej Bańkowski: Etymologiczny słownik języka polskiego. 83-01-13016-4.
- ↑ Historia bigosu. (Nicht mehr online verfügbar.) 4. Dezember 2013, archiviert vom Original am 1. Februar 2014; abgerufen am 25. Januar 2014 (polnisch).
- ↑ Bigos. In: Dziennik Polski. 4. Februar 2013, abgerufen am 25. Januar 2014 (polnisch).
- ↑ Witold Doroszewski (Bearb.); Polska Akademia Nauk (Hrsg.): Indeks a tergo do Słownika języka polskiego. (= Słowník języka polskiego, Band 1). Państwowe Wydawnictwo Naukowe, 1958, S. 518 (polnisch);
siehe auch: Thomas Menzel, Gerd Hentschel u. a.: Wörterbuch der deutschen Lehnwörter im Teschener Dialekt des Polnischen. Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg, Oldenburg (Oldb) 2003, ISBN 3-8142-0857-9, S. 14 (Zitat: „… eine Speise aus Sauerkraut und Fleisch. Etym. nhd. Beguß Übergießen mit Wasser.“). - ↑ Klaus Roth (Hrsg.): Nachbarschaft. Interkulturelle Beziehungen zwischen Deutschen, Polen und Tschechen. Waxmann, Münster 2001, ISBN 3-8309-1039-8, S. 266.